Dienstag, 30. Dezember 2014

Neulich hab' ich mich gefragt ... Im Alter entscheidet sich der Körper der Frau ja für Ziege oder Kuh

Letztens wurde ich von meinen Yoga-Mitstreiterinnen (okay, es sind auch drei Mitstreiter dabei, die hier jetzt aber keine Rolle spielen) ausgeguckt, für unsere Yogameisterin zu Weihnachten einen Geschenkgutschein zu besorgen. Kein Problem - dachte ich. Die Frau ist Mitte vierzig, hat eine tolle Figur, schlank, sportlich - mit einem Einkaufsgutschein von H&M  bin ich auf der sicheren Seite. 

Denkste! Da hatte ich aber die Rechnung ohne die großzügigen Geldgeberinnen gemacht. Einwände über Einwände: Ich war da noch nie drin, das ist doch nur was für junge Leute ... Ich war völlig perplex, war ich mir doch so sicher gewesen! Und beinahe hätte man mein Unverständnis in meinem Gesicht ablesen können, hätte ich mir nicht meine Yoga-Mitstreiterinnen und mich einmal genauer angeschaut: Wir sind alle alt, alte Frauen jenseits der fünfzig, aber - ich bin eine alte Frau Mitte fünfzig und Ziege. Meine Mitstreiterinnen sind alte Frauen bis Mitte sechzig und größtenteils - keine Ziegen.
Da verstand ich auf einmal und bald war der Kompromiss gefunden: ein Geschenkgutschein von Kaufhof Galeria. Ich: "Da findet sie (unsere Yogalehrerin) in der ersten Etage Kleidung von Desigual und im Untergeschoss unverschämt teure Pralinen."
Und eine Mitstreiterin: "Und frischen Fisch."
Richtig!

Donnerstag, 25. Dezember 2014

Wo sie Recht hat, hat sie Recht, die Frau Hewer-Brösch: "Augen auf und Tasche zu" ist ein super Tipp - wobei, ich hab da auch noch einen

Also gerade in der dunklen Jahreszeit ist mir das wieder so was von präsent: Altwerden ist eine echte Herausforderung. Ständig habe ich das Gefühl, ich sitze im Dunkeln, obwohl die Lampe ihr Bestes gibt. Ohne Nadeleinfädler von Kastenholz geht sowieso schon lange nichts mehr. Aber selbst mit! Vor ein paar Jahren habe ich bei meinem Lieblingsdiscounter eine ungemein günstige Lesehilfe erstanden. Und bis vor Kurzem waren Nadeleinfädler und Brille ein tolles Team. Selbst das ist jetzt schon ein Problem. Neulich war ich kurz davor, die Nachbarin zu bitten, mir zusätzlich noch die Lupe zu halten. 

Gott sei Dank kam mir da - wie so oft - mein Werbeblättchen zur Hilfe: "Lesehilfe mit LED-Licht, Leuchtdauer ca. 45 Stunden." Ich mein, in der Zeit hab selbst ich dann mal den Faden durchs Nadelöhr gezogen! Was tät ich nur ohne mein Blättchen! Wobei, also für mich persönlich, einmal pro Woche das Blättchen im Briefkasten, mehr kann ich nicht bewältigen. Immerhin gilt es ja auch noch das Schaufenster in Ruhe zu studieren! Werbeblättchen- und Schaufensterzeitfenster (das muss jetzt sein), mehr geht einfach nicht! Und da lassen die Werbestrategen sich doch tatsächlich einfallen, noch zusätzlich ein SALE-Prospekt herauszugeben. Mir fiel es ja bis jetzt schon schwer, der Kuscheldecke mit Ärmeln zu widerstehen, oder dem Pfannenschutz oder dem Laubsauger. Wenn die mir jetzt aber diese Kuscheldecke, die ich garantiert nicht brauche - da war ich mir bis jetzt so was von zu 100% sicher - ,wenn mein Lieblingsdiscounter in seinem neuen Schnäppchen-Prospekt mir diese Decke jetzt aber für fast die Hälfte anbietet ...

Also ich persönlich hab den Sale bei meinem Lieblingsdiscounter nie vermisst. Dieser Stress bei H&M und Konsorten: Ich kauf ein Teil und am nächsten Tag hängen die restlichen - genauer gesagt, alle bis auf meins - an einem 95%-SALE-Ständer. Deshalb hab ich da immer so was von einer Kaufblockade - was ja unterm Strich günstig kommt.

Was auch günstig kommt - ich komm drauf wegen der Weihnachtsmärkte, die jetzt ja wieder am Start sind. Ich denk da an einen Sonntag vor zwei Jahren. Es stimmte einfach alles: Die drei Töchter zu Besuch. Wintersonne, klares, kaltes Winterwetter, Vorfreude auf die Weihnachtsfeiertage und dann die spontane Idee, auf den Weihnachtsmarkt zu gehen. Und weil eben alles stimmte, gab es keinen Weihnachtsmarkt-Stau in die Stadt und keine Parkhausschlange in der Stadt. Und als wir im Parkhaus aus dem Auto stiegen, hatte mein Traummann weder ein Brüllerchen abgelassen ob der einen oder anderen Dumpfbacke vor oder hinter ihm in der Schlange noch ob des einen oder anderen Parkhaus-Mitbenutzers, der zu blöde zum Einparken ist. Das hätte mich stutzig machen müssen! Hat es aber nicht. Ich sage nur "Konjunktiv II". Als wir nämlich auf den Münsterplatz zugingen, wussten wir, warum wir so absolut problemlos quasi in die Stadt gefallen waren: Ich sage nur Totensonntag. Und das muss ich jetzt auch mal sagen. Das war selbst für mich zu wenig Angebot. Es liegt eben immer in der Mitte. In dem Zusammenhang bekommt "OPEN air" eine ganz neue Bedeutung. Ich sag's ja immer, gerade Spontaneität will geplant sein!

Was jetzt wohl der Vorteil war - also die Frau Gerlinde Hewer-Brösch, die hat ja letztens die Aktion "Augen auf - nein, nicht und durch - und Tasche zu" als Leiterin der Direktion Kriminalität der Bonner Polizei vorgestellt. Und jetzt aktuell wegen der Weihnachtsmärkte wird ja auf Flyern und Plakaten so was von vor Taschendieben gewarnt. Auf www.bonn.polizei.nrw.de kann man die wichtigsten 15 Tricks der dunklen Gestalten nachlesen. Also was jetzt von Vorteil war an diesem Totensonntag: Wir hatten so was von wenig Vor-Weihnachtstrubel und Gedränge. Einen besseren Schutz vor Taschendieben gibt's nicht. Die hatten wir echt ausgetrickst.
 
Ich hab mich natürlich gefragt, warum gerade jetzt die Werbestrategen meines Lieblingsdiscounters mich noch zusätzlich mit ihrer SALE-Werbung umwerben. Weil, die können ja unmöglich wissen, dass ich tatsächlich schon das eine oder andere Mal fremdgegangen bin. Gut, in meinem Fall ist das jetzt eher Fremdgucken. Aber immerhin, damit fängt's ja meistens an: Ich will das eigentlich gar nicht, also ich schalte da nicht extra rein. Aber jedes Mal, wenn mein Traummann und ich beim Zappen zufälligerweise bei diesen Verkaufskanälen QVC oder HS24 landen, bleiben wir da hängen. Und ganz egal, was die anbieten - das kann jetzt die Schrundencreme sein oder ein Hochkaräter. Und egal wie extrem relaxt ich auf meinem Sofa liege - wenn der durchgestrichene Originalpreis und darunter der aktuelle Verkaufspreis auf dem Bildschirm erscheinen, werde ich unruhig. Vollkommen irrelevant, ob ich das beworbene Produkt brauche, wenn die mir dann noch sagen, dass alle Leitungen besetzt sind und der Pfannenschutz schon jetzt nicht mehr in allen Größen verfügbar ist, muss ich alle Kraft aufwenden, nicht zum Telefonhörer zu greifen ...

Da ist das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters einfach im Nachteil. Das muss man ehrlicherweise sagen. Weil, wie die im Fernsehen stundenlang einen hässlichen Pullover anpreisen, das ist schon genial. Wobei, die Werbestrategen meines Lieblingsdiscounters sind jetzt auch nicht auf den Kopf gefallen: Letztens pries das Werbeblättchen auf zwei Doppelseiten alle Artikel rund ums Laufen an. Also wenn es eins gibt, was ich garantiert nie wollte, dann ist es laufen. Aber weil mich der Hochleistungssportler und mehrfache deutsche Meister im 200-m-Lauf Daniel Schnelting auf diesen Seiten so kompetent anlächelte und mir wirklich ans Herz legte, doch die neue Laufkollektion käuflich zu erwerben - ich habs dann doch nicht getan, weil ich den gar nicht kenne. Aber ich war so nah dran.
Die Schrundensalbe und den Brillantring hab ich auch nicht gekauft. Ich mein, bevor ich mir so einen tollen Klunker anstecke, sollte ich tatsächlich mal meine Hände über eine längere Zeit mit Schrundencreme pflegen. Da käme mir da natürlich gerade zupass, dass die in so einer riesigen Vorteilspackung angeboten wird.

Der 60-sekündige auf- und abschwellende Heulton der Sirenen ertönt nicht, wenn die Bonner Ehrengarde zum Oktoberfest einlädt

Halloween im Maritim - wäre schön gewesen. Ich hab's einfach nicht geschafft. Der Tag müsste halt mehr Stunden haben. Dabei wollte ich die im Maritim immer schon mal fragen, warum die Hotels in ihren Stellenanzeigen einerseits deutsche Zimmermädchen, andererseits aber Roomboys oder Cleaner suchen. Das hätte sich jetzt so was von angeboten, wenn ich sowieso da gewesen wäre. Aber lassen wir das. Um es mal so auszudrücken: Der Konjunktiv II und ich sind nicht die allerdicksten Freunde. Der Indikativ ist mir da weitaus sympathischer. Da weiß ich, was ich habe, bin ich auf der sicheren Seite. Bin ich demnächst aber sowieso, auch ohne. Weil, statt im Kameha Grand oder Maritim abzutanzen, hat's mich wieder mal zu einer Ladies Night hingezogen. Wobei, genauer gesagt, war's eine Women's Night beim Baumarkt meines Vertrauens. Das hatte mit Lady und Gläschen Sekt aber so was von nichts zu tun. Weil hier ging's tatsächlich zur Sache: Ich sag nur, ich hab Laminat und Fliesen verlegt - im alten Flanellhemd!

Und jetzt gibt's sowieso kein Halten mehr für mich - seitdem ich im Schaufenster von dem Führerschein gelesen habe. Jetzt bin ich im Flow und zieh das durch! Jeder braucht ja was Eigenes. Früher war es das Jodel-Diplom, heute ist das der Führerschein für die Kettensäge: Bietet die Stadtförsterei für Privatleute zur Bearbeitung von Brennholz an. In dem Kurs lerne ich den sicheren Umgang mit dem gefährlichen Arbeitsgerät und erwerbe den Motorsägenführerschein nach Vorgaben des Landesbetriebs Wald und Holz. Holla, die Waldfee! Den § 7 der 32. Bundesimmissionsschutzverordnung kenne ich selbstredend jetzt auch in- und auswendig. Hab ja jetzt den Führerschein. Sollten sich die Angler in Bad Honnef mit ihrem akustischen Biss-Signal vielleicht auch mal zu Gemüte führen! Davon abgesehen, im Schaufenster war letztens aber auch eine Tabelle, aus der der geneigte Lärmimmissions-Verursacher punktgenau ablesen konnte, an welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit er sich nicht nur in der Nachbarschaft mit seinem motorbetriebenen Gartengerät ganz dolle unbeliebt macht, sondern sich auch so was von in die Illegalität begibt. Mir persönlich ist das vollkommen egal, weil, wenn ich draußen nicht mehr sägen darf, verleg ich halt drinnen in der Küche Teppichboden - und reiß ihn wieder raus. Das geht allemal recht leise von statten. 

Apropos 'leise von statten': Wenn ich tatsächlich Halloween Zeit gehabt hätte, wäre ich auf den Alten Friedhof gegangen. Da gab's nämlich wieder eine Führung. Diesmal zum Thema "Die Ursprünge von Halloween - Symbole auf Grabstätten". Um 19 Uhr ging's los und man sollte Taschenlampe, Martinslaterne oder Kerze mitbringen. Das war doch mal ne tolle Idee! Schade, so viele Events anlässlich Halloween und ich hab Rücken und Knie vom Laminat Verlegen.

Aber ich will nicht kümen. Letztens ist mir genau das Gegenteil passiert: Also, ich hatte nichts Besonderes vor und habe etwas Tolles erlebt. Samstags fuhren mein Traummann und ich mit dem Fahrrad in die Stadt - wie immer ein paar Punkte auf dem Stadtzettel zum Abarbeiten. Punkt eins, Nadeleinfädler bei Kastenholz. Da hab ich vielleicht geguckt, als die Verkäuferin mir original das gleiche Ding auf die Verkaufstheke legt, was bei mir nach gefühlten hundert Jahren kaputt gegangen war. Also dass es da nach wie vor nur dieses pisselige Blechding gibt. Punkt eins abgehakt, Abstellen der Fahrräder am Beginn der Bonngasse und weiter zu Fuß in selbige - wie der Japaner. Mein Ziel war aber nicht Beethovens Geburtshaus, sondern laut Punkt zwei meines Stadt-Erledigungszettels Promod - wo ich jedoch nie ankam. Als wir nämlich an der Kirche vorbeikommen, herrscht davor ein ungewohnt lebhaftes Treiben. Menschen betreten und verlassen das Gotteshaus. Und plötzlich stehen wir in der Kirche, sind überwältigt vom überbordenden Blau und Gold , bestaunen den hölzernen Altar, und ehe wir uns versehen, nehmen wir an einer einstündigen Führung teil, erfahren den Grund für die prächtigen Farben, erfahren die Geschichte über das Holz ... Als wir die Kirche verließen, war der Nachmittag alt, die Sonnenstrahlen gelangten schon lange nicht mehr in die Fußgängerzone. Wie lange mussten wir in der Kirche gewesen sein? Als Bonner hatten wir die Namen-Jesu-Kirche betreten und als Touristen verließen wir sie. Was für ein schönes Erlebnis - ungeplant, kein Termin im Kalender.

Dieser Katastrophenalarm in der Nacht am letzten Oktoberwochenende war ja auch nicht geplant. Im Schaufenster habe ich dann später gelesen, was da so zu beachten ist - im Ernstfall: "Suchen Sie geschlossene Räume auf und nehmen Sie ggf. Passanten auf." Ich stell mir jetzt nur vor, der Rosenmontagszug zieht an unserem Haus vorbei und die Sirenen beginnen zu heulen ... Was läge da näher, als alles daranzusetzen, sämtliches Vitamin B zu aktivieren, um in die Bonner Ehrengarde aufgenommen zu werden. Da hätte ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Erstens ginge ich Rosenmontag selbst mit im Zug und könnte mir aussuchen, in welchem schmucken Haus ich bei Katastrophenalarm gerne einmal eine Zeit lang verweilen möchte. Und zweitens hätte ich im Oktober immer einen zusätzlichen Anlass, mein Dirndl zu tragen. Die hatten nämlich zünftig mit Dirndl und Krachledernen zum Oktoberfest ins Zeughaus eingeladen. Da muss ich jetzt allerdings zugeben, kommt mir der Konjunktiv gerade zupass. Aber selbst im Selbigen ist dieses Szenario kaum zu ertragen.

Also bis jetzt, der Herbst ... Ich muss direkt aufpassen, dass ich trotz Kettensäge und Laminat noch genug Zeit für das Studium meines Werbeblättchens habe.

Also wenn ich nicht vorher im Radio gehört hätte, dass in Österreich in drei Gemeinden Laubbläser verboten sind, weil die herausgefunden haben, dass die ein Hotspot für Feinstaub sind. Und dass bei Zuwiderhandlung 7000€ Strafe fällig sind.

Also wenn ich nicht vorher im Radio gehört hätte, dass in Österreich in drei Gemeinden Laubbläser verboten sind, weil die herausgefunden haben, dass die ein Hotspot für Feinstaub sind. Und dass bei Zuwiderhandlung 7000€ Strafe fällig sind. Also wenn ich das nicht gewusst hätte, ich hätte mir bei der Ladies Night im Baumarkt meines Vertrauens einen Laubsauger gekauft! Aber bei meinem Glück hab ich den gerade gekauft, da kommen die bei der Stadt Bonn dann auch drauf, auf das mit dem Feinstaub.
Apropos Stadt: Neulich las ich im Schaufenster, dass Bonnorange die Müllfahrzeuge beidseitig mit Magnetmatten ausstattet, auf denen wir über Aktionen und Angebote des Abfallwirtschaftsbetriebs informiert werden. Das stell ich persönlich mir jetzt wahnsinnig spannend vor! Ich an deren Stelle würde, um die leeren Stadtkassen zu füllen, diese Werbeflächen für teuer Geld vermieten. Der Marshall und der Alexander, zum Beispiel, die sehen ja schon in der Anzeige im Schaufenster so was von toll aus. Und die jetzt in ganz groß auf allen Müllfahrzeugen: eine Augenweide! Die singen ja am 30. November in der Kreuzkirche. Was ja schon mal super ist. Jetzt nicht, dass die singen, sondern dass sie das in einem geschlossenen Raum tun. Weil, Kirchenkonzert hin, Weihnachtslieder her, laut ist es trotzdem. Das ist ja das Tolle am usselichen (ich hab's aber auch mit einem S gesehen) Schmuddelwetter: Mit Open-air ist da gar nichts mehr.

Nachts draußen, absolute Ruhe - wenn da nicht die Angler wären! Schach und Angeln, hätte ich gesagt, wenn man mich nach geräuschlosen Betätigungen gefragt hätte. Jetzt natürlich nicht mehr - seitdem ich im Radio gehört habe, dass in Bad Honnef Angler den Schlaf der Bürger stören. Nicht genug, dass Angeln unter Sport läuft. Aber gut, soll mir doch egal sein. Stören ja keinen - wenigstens bis jetzt! Wir Frauen verausgaben uns wenigstens, wenn wir nerven, indem wir reden und reden und reden. Das strengt an! Und was machen die Angler? Die lassen stören - durch ein akustisches Biss-Signal!

Aber sonst ist jetzt in der Jahreszeit draußen Ruhe - und drinnen auch. Ich mach's mir ja an den Tagen, an denen ich nicht weiß, ob ich den Schlafanzug noch oder schon wieder anhabe, immer mit dem Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters bei Kerzenschein so richtig gemütlich. Meist blättert man ja nur, um zu schauen, was es sonst so gibt, ob man schon alles gekauft hat, was man ohnehin nicht braucht. Dieses Mal steht bei mir sogar mal eine neue Hose an. Und da bietet sich als Recherchequelle natürlich das Werbeblättchen an. Aber, ich muss schon sagen, auch das ist für mich schwieriger geworden. So schnell kann ich mich nicht entscheiden, wie es neue Bezeichnungen für Hosen gibt. Früher - also damals zu meiner Zeit - hieß es "Die Kinder brauchen für den Winter neuen Hosen", weil sie aus den alten herausgewachsen oder die Knie durch waren. Also ich persönlich hab jetzt nicht die Knie durch und ich hab auch eigentlich genug Hosen, aber ich bin halt auch herausgewachsen. Jetzt in die andere Richtung als damals meine Kinder. Unterm Strich heißt's, der Kauf einer Hose ist zwingend notwendig. Und da genau wird's für mich dann wieder zu 'ner echten Doktorarbeit: Normale Baumwoll-Leggings, klar, kenn ich, ist nichts für den Winter. Die trage ich ganz oft im Sommer unter schönen Sommerkleidern - und ruinier mir damit das gesamte Outfit. Aber mit Leggings bist du halt immer auf der sicheren Seite, von wegen doch was zu kühl oder doch was zu kurz, das Kleid. Blöd sieht's trotzdem aus.

Wenn mich eine Verkäuferin gefragt hätte, ob ich eine Trekkinghose wünsche, hätte ich noch vor Kurzem spontan 'Nein' gesagt. Weil da bin ich mir ganz sicher, dass ich gerade keine Hose zum Wandern brauche. Damit hätte ich dann eher anfangen müssen. Dann hätte sich auch der Hosenkauf komplett erledigt. Also Trekkinghose - klares 'Nein'. Wäre dumm gelaufen, weil gerade jetzt das Werbeblättchen meines Lieblinsdiscounters 'Treggings' anbietet - mit zwei G! "98% Baumwolle, 2% Elastan. Eng anliegende Passform." Und daneben sieht man lachende junge Menschen Fahrrad fahrend in der Stadt. Nur wegen der G statt der K. Wenn ich das jetzt nicht wüsste - kaum auszumalen! Da ist mein Werbeblättchen eben einfach unbezahlbar. Wieder was dazugelernt. Ich werde diese Treggings jetzt mal anprobieren, weil 2% Elastan ist ja schon überzeugend. Wenn die mir aber doch zu eng anliegend ist, ich also aussehe wie Wurst in Pelle, kann ich ja immer noch auf die klassische Cordhose zurückgreifen. Die hat heute ja Gott sei Dank auch 2% Elastan. Was bleibt sonst noch? Da wäre noch die Stretchhose mit 4% Elastan und, wenn gar nichts mehr geht, die Jogginghose. Aber Jogginghose-outdoor, bis dahin dauert es hoffentlich noch ein Weilchen.

Was ich übrigens in dem Zusammenhang wirklich interessant finde: Normalerweise arbeitet die Modewelt ja nur noch mit englischen Bezeichnungen. Ich sage nur 'Unterwäsche'. Gibt's nicht mehr, heißt jetzt 'underwear'. Und deshalb gibt es auch keine Unterhosen mehr, nur noch Pants, Slips und Strings. Selbiges Schicksal ereilte vor Jahren auch die Strickjacke - gab's nicht mehr. Stattdessen nur noch den Cardigan. Ich musste ja zugeben, Wolljacke hatte was von faul auf dem Sofa liegen, während Cardigan irgendwie sportlicher rüber kam. Doch siehe da, jetzt wurde im Prospekt wieder die gute, alte Strickjacke feilgeboten. Und genau mit so einer - jetzt also wirklich mit einer alten - sitze ich, wenn es draußen so richtig usselich ist, auf dem Sofa und lese mein Schaufenster.

Beim Ranking die Nase ganz vorn zu haben, ist für die Bonner kein Grund zur Freude - und für die Sukkulente auch nicht!

"Gartenhäcksler mit großdimensionierter Trichteröffnung und integriertem Sicherheitsschalter an der Häckselgut-Fangbox" und oder oder (soll so, das Zweimal-Oder) "AKKU-Hoch-Entaster mit automatischer Kettenschmierung" - verständlich, dass ich es da gerade mal zum Höhenfeuerwerk mit dem Fahrrad auf die Nordbrücke geschafft habe. Und ich bin ehrlich, eine Vollsperrung auf eben Selbiger just für die paar Minuten wäre mir durchaus zupass gekommen. Weil, ich weiß nicht, ob man es sich so vorstellen kann: Gefühlte fünf Millimeter hinter mir eine nicht enden wollende Autolawine, irre laut und irre hell wegen der Scheinwerfer - kein Wunder, weil so nah - , die Brücke immer leicht in Schwingung und irgendwo am Horizont über Pützchens Markt das Feuerwerk. Soll ganz toll gewesen sein, das Feuerwerk.

Ich habs halt einfach nicht näher geschafft - wegen des Walzenschneidwerkes und des Alu/Glasfaser-Telekopstiels (den Dativ hätte man mir hier auch durchgehen lassen können). Das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters schafft es immer wieder, mich für diese Geräte zu begeistern! Ich muss dermaßen aufpassen, dass Selbiges nicht auch noch Bedürfnisse in diese Richtung weckt, und ich demnächst vor lauter Gartengerät nicht mehr in meine Garage komme. Da trifft es sich so was von gut, dass der Baumarkt meines Vertrauens mich gerade jetzt zu einer Ladies Night einlädt. Ich hoffe, dass dann endlich wieder Ruhe bei mir einkehrt, wenn ich dort die Geräte einfach mal in die Hand nehmen und das ein oder andere sogar ausprobieren kann. Die in dem Profi-Baumarkt laden jetzt allerdings nur Frauen ein, für die Werkzeugkasten und Geräteschuppen keine Fremdworte sind und die gerne zuhause einmal selbst zum Bohrer greifen. Wenn ich ehrlich bin, ist das bei mir jetzt eher nicht so der Fall. Ich seh in meinem Werbeblättchen nur immer die glücklich lächelnden, absolut tiefenentspannten Männer mit wahlweise Helm, Ohrenschützern und Schutzbrille, wie sie mit Säge, Häcksler und Hoch-Entaster schneiden und zerkleinern. Diese beneidenswert zufriedenen Männer, die etwas bewegen, die Welt verändern - auch wenn es nur das Zerkleinern des Heckenschnitts ist. Dieses sichere Gefühl, angekommen zu sein, im Leben, bei sich - für kleines Geld!

Aber das muss ich denen beim Bau - und Gartenmarkt ja nicht auf die Nase binden. Weil, hingehen möchte ich da unbedingt. Ich stell mir das schon als Erlebnis ganz besonderer Art vor: Roter Teppich zwischen Pflanzenschutzmitteln und Rasendünger, die Cocktailbar neben der Graberde, Gläschen Sekt in der einen und die Elektro-Kettensäge in der anderen Hand. Wobei ich für die Säge wahrscheinlich beide Hände brauche. Ich schlendere dann besser erst einmal in aller Ruhe die Gänge entlang, verweile ein wenig, und dabei allergrößtes Interesse heuchelnd, beim Herbst-Rasendünger, tausche sobald als möglich das leere Gläschen gegen ein volles ein und widme mich sodann dem umfassenden Angebot an Winterschutzmatten aus Naturfasern. Um mich dann, vorbei an mannigfaltigen Herbst-Blumen-Zwiebeln, weiter treiben zu lassen, zwischendurch eben das zweite leere Gläschen gegen ein drittes, zufällig volles eingetauscht, bis zum überaus viel verheißenden Sortiment an Schutzvliesen. Dort tauche ich ein in die wunderbare Welt der Rosenschutzhauben und Winterschlauchvliese, um mich endlich nach dem vierten gelehrten Gläschen an der Kettensäge zu versuchen - unter Aufsicht!

Natürlich steht wieder die Kleiderfrage im Raum. Welches Outfit passt zur Kettensäge? Zünftig solls natürlich sein. Das Dirndl ist aber vom Tisch. Weil, in dem Werbeblättchen trägt der äußerst beseelte Elektro-Kettensäge-Bediener ein zünftiges "Thermohemd, Flanell, outdoortauglich, als Jackenersatz tragbar mit zwei Brusttaschen". Und da habe ich mir überlegt, auch mein uraltes Flanellhemd anzuziehen. Was für ein Glück, dass mir das zusätzlich angegeben wird, dass ich die Knöpfe auch offen lassen und damit raus gehen kann. Das war ja früher so ein Problem. Da hast du dir einfach vollkommen unreflektiert ein Flanellhemd gekauft und bist damit draußen rum gelaufen, ohne zu wissen, ob das überhaupt geht.

Ich überlege noch, ob ich im Baumarkt an einem Vortrag über frostempfindliche Pflanzen und Kübelgewächse teilnehmen oder mich doch mal in die sicherlich lange Warteschlange für den Laubsauger anstellen soll. Sektglastechnisch ist das einerlei. Ich denk, den Laubsauger kann ich auch mit einer Hand bedienen. Wäre natürlich lauter als die Kübelgewächse.

Apropos bedienen und laut. Kein Wunder, dass die Bonner bedient sind, weil es so laut ist! Als ich den Artikel im Schaufenster las, wurde mir so einiges klar. Dass es hier bei uns in Bonn so unverschämt laut ist, hat nichts mit KUNST!RASEN, Klangwellen und Co. zu tun. Es sind auch nicht die Laubsaugersauger oder die Dumpfbacken am Steuer ihres tiefer gelegten Gefährtes, die mich mit ihrer lauten Mucke beglücken. Nein, das ist die Bahn! Laut (lustig jetzt in dem Zusammenhang) Lärm-Ranking des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik zählt Bonn zu den lautesten Städten Deutschlands. Womit wieder mal bewiesen wäre: Ganz weit vorne heißt noch lange nichts. Von was ist immer die Frage. Was ich jetzt nicht weiß, ist, ob die Bahn da etwas falsch verstanden hat. Gut, wenn Züge ausfallen, ist es tatsächlich leiser. Aber was das jetzt gesamtgeräuschtechnisch für eine Verbesserung sein soll, wenn so viele Züge Verspätung haben - das erschließt sich mir noch nicht so ganz.

Wenn Beethoven zu seiner Zeit schon einen Laubsauger hätte käuflich erwerben können, hätte er?

Was für ein Glück! Das hätte auch ins Auge - jetzt hier im besonderen Fall ins Ohr - gehen können: Pützchens Markt Openair - ich mein, dass ist ja keineswegs mehr selbstverständlich!
Der September in Bonn - ich muss schon sagen: "Hut ab!" Diese Bandbreite - auf der einen Seite, also auf der Schäl Sick, Pützchens Markt und auf der anderen das Beethovenfest. Da ist doch wirklich für jeden Geschmack etwas dabei. Ich persönlich finde ja toll, dass Pützchens Markt nicht nach drinnen verlegt wurde, sondern im Gegenteil, dass Beethoven jetzt auch outdoormäßig nachgezogen hat - mit dem Eröffnungskonzert auf dem Münsterplatz. Münsterplatz - da war doch was. Ach ja, hoffentlich sind die Schallwellen nicht wieder über den Rhein geschwappt.

Was ich persönlich gelungen finde, ist das Timing der Verbraucherzentrale NRW. Die bieten kostenlose Rundgänge für Neubürger an - sogenannte nachhaltige Stadtführungen. Da wird Reklame fürs Fahrradfahren gemacht, auf die Radstation mit den Pedelecs verwiesen und Carsharing angesprochen. Da könnte man doch - wenn wir schon beim Thema Umwelt sind - die NeuBonner direkt mal auf Spur bringen, dass wir es hier in Bonn ganz gern ein wenig leiser haben als sonst wo. Ich mein, Lärm ist ja auch im weitesten Sinne Umweltverschmutzung.

Apropos Lärm. Also ich persönlich hatte jetzt nicht allzu viel Zeit, mich auf Pützchens Markt zu tummeln. Weil, das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters hält mich gerade in diesen Tagen wieder so was von auf Trab. Jedes Jahr im Herbst dieselbe Frage: Erstehe ich nun einen Elektro-Laubsauger mit großdimensioniertem Saugrohr und Antivibrations-Handgriff oder nicht? Ich schwanke da hin und her. Weil, wenn ich einen Laubsauger höre und die den Laubsauger in Händen haltende - meist sich nur unmerklich bewegende - dazugehörige Person sehe, möchte ich ihr ... Nebenbei, das Werbeprospekt meines Lieblingsdiscounters bietet als Sonderposten auch wieder so eine Spaltaxt mit hochwertigem Fiberglasstiel an und verweist auf den Axtkopf aus Stahl und die erhöhte Spaltkraft durch die Spreizkeilform.

Wie komm ich drauf? Ach ja, Gartenarbeit. Und dann denke ich wieder, das muss man doch anders lösen können, diese Aversion gegen Laubsaugersauger. Das spräche jetzt für einen Kauf eines solch Selbigen. Ich stell mir das schon auch für mich irgendwie befriedigend vor, wenn ich so stundenlang neben meinem Lieblingsnachbar jedem einzelnen Blättchen, das da vom Bäumchen segelt, hinterher laubsauge. Und wenn kein Blättchen zu Boden fällt, rüttle ich halt zur Not einfach am Baum. Weil, das fällt mir immer wieder auf: Laubgesaugt wird nur bei schönem Wetter, man will ja nicht regungslos im Regen stehen. Und Zeit muss man sich lassen. Laubsaugen hat offensichtlich etwas Meditatives. Selbstredend trage ich dann auch Ohrschützer. Ich will den infernalischen Lärm ja nicht hören. Vielleicht, wenn ich lange genug Laub sauge, lösen sich meine Aggressionen in nichts auf und ich bin zusätzlich insgesamt tiefenentspannter. Das wäre dann mal ein gelungenes Anti-Aggressionstraining und gleichzeitig hätte ich wieder zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen - also die Axt bräuchte ich jetzt erst einmal nicht.

Was ich persönlich jetzt auch nicht bräuchte, ist die stufenlos einstellbare Blasgeschwindigkeit und Saugleistung durch elektronisch regelbare Drehzahl. Weil, ich stell natürlich immer auf Maximum. Das wäre ja sonst zuviel Hantier für so wenig Saugleistung. Das Ganze muss sich ja schon lohnen.
Worüber ich mir noch Gedanken machen muss, ist mein Outfit, also was ich anziehe zum Laubsaugen. Ich mein, da will ich natürlich schon eine gute Figur machen, wenn ich da so lange draußen rumstehe. Also wenn die Sonne jetzt im Herbst die Temperaturen noch einmal richtig hoch klettern lässt, spricht eigentlich nichts gegen ein Dirndl.

Fatal wäre natürlich jetzt, wenn die vom Ordnungsamt dahinterkämen, dass diese öffentliche Laubsaugerei so was von Schallwellen produziert, und das verböten. Dann hätte ich mich jahrelang über diesen Lärm aufgeregt, ohne jetzt mal zurückschla... also zurücksaugen zu können. Andererseits wär natürlich endlich Ruhe - und ich bräuchte weder Sauger noch Axt. Wobei, wenn ich es mir recht überlege, wird es dazu nie kommen. Weil, die haben bei der Stadt ja selbst ganz viel Laubsaugpersonal.

Sollen Pützchens Markt und das Oktoberfest demnächst nach drinnen verlegt werden - wegen der Schallwellen?

Ich bin ehrlich, den Wolfgang Grießl kann ich schon verstehen. Klar, die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs ist da einfach auf der sicheren Seite - jetzt aber wieder metaphorisch gesehen. Weil, die Baustelle auf der Nordbrücke ist ja erst mal Vergangenheit.

Also wenn der Trend sich fortsetzt, dann kann sich sogar der Häuslebauer Chancen ausrechnen. Der Häuslebauer, der für kleines Geld ein Baugrundstück neben dem Flughafen erwirbt und dem beim Einzug plötzlich auffällt, dass da ab und an Flugzeuge starten und landen. Der vergisst, dass das Grundstück ja deshalb auch sehr günstig war. Der Häuslebauer, der ab jetzt alles daran setzen wird, dass der Flughafen nicht ausgebaut wird. Da ist die Kröte, also deren Wanderung, ja oftmals eine sichere Bank. Dass der Flughafen stillgelegt wird wegen des Herrn Häuslebauer - das würde der sich selbstredend nie träumen lassen. Wobei, wenn der Trend so weiter geht, hat er gute Chancen.
Wo war ich? Ach ja, beim Herrn Grießl. Als ich im Schaufenster die Überschrift las, wurde mir mal wieder so was von bewusst: Ein guter Eyecatcher ist alles. Wenn du die Leute nicht mit den ersten Sätzen bei der Stange hältst, vorbei. Aber "Die Klangwelle ist schließlich kein Tsunami" - einfach genial. Und das ist nicht nur eine Überschrift, das hat der Herr Grießl, der ehrenamtliche Präsident der IHK Bonn/Rhein-Sieg, genau so gesagt. Und da hat er Recht, der Herr Grießl. Da soll es ja Beschwerden wegen Schallwellen gegeben haben, die bis nach Beuel gedrungen sein sollen. Und dass den Veranstaltern des Bonner Kunst!Rasens das Leben schwer gemacht wird, ist ja auch bekannt. Gut, ich bin ehrlich, ich kann da nicht mitreden, weil ich wohne ja im Auerberg. Aber Gedanken darüber darf ich mir ja trotzdem machen. Denken verursacht ja keine Schallwellen.

Also ich denke, jetzt ist die Zeit, dass alles mal auf den Tisch kommt. Pützchens Markt, zum Beispiel - ist laut. Wäre es nicht um einiges leiser, wenn einfach alle zuhause blieben und am Computer simulierten - jetzt nicht Krankheit, sondern Achterbahn, Labyrinth und so? Die Vorteile für die Anwohner liegen auf der Hand: Ruhe im Karton, die Nachtruhe wird nicht gestört. Und beim Amt gehen keine Beschwerden ein - da wird dann auch nicht gestört. Und für die Daheimgebliebenen liegen doch die Vorteile auch auf der Hand: kein Im-Stau-Stehen auf irgendeiner Brücke und kein Schlange Stehen vor den Fahrgeschäften. Und ich bin ehrlich, wenn hinter mir im Gedränge ein Kleinkind mit einer Zuckerwatte steht, die um einiges größer ist als das Kind selbst, bin ich schon immer ein wenig angespannt. Und wo wir schon mal dabei sind, Reibekuchen bei Regen und Wind oder Senf auf dem Revers - letztens hat mir eine Windböe die öltriefende Serviette auf meine neue Handtasche getackert. Brauch ich nicht! Da ist es doch zuhause einfach gemütlicher und bequemer. Ganz abgesehen davon, dass ich einfach schneller auf dem Klo bin.
Ich hab von mehreren Seiten gehört, dass die in München auch längst überlegen, das Oktoberfest nach drinnen zu verlegen - also drinnen im Sinne von jeder bei sich zuhause. Macht ja auch Sinn. Das hört man ja auch immer wieder, dass dort die Anwohner in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Besucher strömen ja da von überall her aus dem In- und Ausland herbei, um da zu feiern. Wer will das denn? Also wir in Bonn jedenfalls nicht!

Und diesem durchaus klugen Trend, also dass wir, und der Münchner sowieso, demnächst alle Großveranstaltungen zuhause im Stillen veranstalten, trägt jetzt auch mein Lieblingsdiscounter Rechnung. Das Werbeprospekt bewirbt alles Erdenkliche, was ich zum Gelingen für mein privates Wiesnfest benötige. Von der Schweinshaxe bis zur Leberknödelsuppe, vom Germknödel bis zum Sauerkraut - und "Eisbeinfleisch, stückig in Aspik". Darauf wollte ich persönlich jetzt verzichten. Bierstengel und Riesen-Brezeln sind natürlich immer eine sichere Bank. Wobei ich da natürlich schon aufpassen muss, dass ich die Fenster geschlossen halte. Weil, das Verzehren einer Brezel ist schon mit einer unangenehmen Geräuschentwicklung verbunden. Nicht dass man das noch in Beuel hört! Da ist ja dann der Witz weg: Keine Lärmbelästigung durch Großveranstaltung, dafür aber in jedem Haus lautes Brezel-Knabbern. Das Löffeln einer Speckknödelsuppe geht da sicher leiser vonstatten. Ich hätte dann auch einen triftigen Grund, so eine ungemein dekorative Löwenkopfterrine zu erwerben. Da ist es nämlich wieder, das Phänomen: Bedürfnisse werden gemacht. Bevor ich dieses Werbeblättchen in Händen hielt, wusste ich gar nicht, dass es sie gibt. Das muss man sich mal vorstellen: 54 Jahre alt und bis dahin ohne Löwenkopfterrine gelebt. Klar, dass ich gar kein Bedürfnis hatte, solch eine Löwenkopfterrine zu besitzen. Ich wusste ja gar nicht, dass es sie gibt - ich Ahnungslose! Dank des Werbeblättchens weiß ich es jetzt und, schwupp, habe ich sofort eine Verwendung für sie. Ich überlege noch, ob ich in dieser Terrine meinen Gästen Suppe oder Weißwürste anbiete. Weil, beim Zuzeln kann es ja auch ganz schön laut zugehen und nachher hab ich vor der Haustür das Ordnungsamt stehen.
 
Da passt es grad, dass mir neben dem flotten "Topflappenset - Oktoberfest" und der ebenso adretten Küchenschürze die "Bettwäsche, Mako-Satin - Oktoberfest" ausnehmend gut gefällt. Ich lass das besser mit dem Leute-Einladen und leg mich einfach früh ins Bett. Da bin ich auf der sicheren Seite - wie die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs: Tote liegen ja bekanntlich auch recht still in ihrem Grab.

Ich hoffe nur zutiefst, dass die Amis nun nicht gerade von diesem Werbeprospekt Wind bekommen. Sonst kriegen die wieder einen ganz falschen Eindruck von uns - von wegen Lederhose und Sauerkraut und so. Wobei, wenn die bei der NSA mal Langeweile haben, schauen die sich bestimmt die deutschen Werbeprospekte online an. Die sind für die ja genau so spannend wie meine Telefonate.

Mobildusche oder Frankenbad - das war damals die Frage

Das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters bot mir letztens einen Qualitäts-Einhebelmischer, einen Komfort-Brauseschlauch und einen Duschabstreifer an.
Gott sei Dank ist heute Dusche Standard: Du steigst in die Duschwanne, betätigst den "geräuscharmen Qualitäts-Einhebelmischer mit Verbrühschutz" und schon kommt warmes Wasser raus. Spricht heute keiner mehr drüber.
Die erste Wohnung, die ich mit meinem Traummann bezog, lag in der Altstadt, Dorotheenstraße/ Ecke Adolfstraße und verfügte über ein Etagenklo mit Komfort-Wasserspülung, also kein Plumpsklo auf dem Hinterhof - Wahnsinn. Und zusätzlich eine Mobildusche in der Küche - welch unfasslicher Luxus!
Etagenklo mit Wasserspülung und Mobildusche in der Küche: Damals ein Sechser im Lotto.
Diese Mobilduschen - eine geniale Erfindung, wenn man sich genau an die Benutzungstipps hielt.

Gebrauchsanleitung  
  1. Um mit warmem Wasser zu duschen, früh genug Gedanken machen, ob und gegebenenfalls wann das Duschen angedacht ist.
  2. Das Ob ist ganz wichtig, denn wenn die Haare nicht wirklich schon am Kopf kleben, einfach sein lassen. Eventuell kleinflächig stinkende Körperstellen mit Waschlappen am Waschbecken versorgen.
  3. Wenn es denn aber schon trieft und großflächig müffelt, sich über den gewünschten Duschzeitpunkt im Klaren werden.
  4. Eine Stunde vorher Schalter auf "An" stellen, Kontrolllampe leuchtet rot.
  5. Auch wenn Sie meinen, es wird nun Wasser für einen ganzen Duschvorgang aufgeheizt, vertun Sie sich nicht. Es läuft schneller als Sie denken!
  6. Treffen Sie Vorkehrmaßnahmen.- Öffnen Sie schon vorher die Verschlüsse aller Pflegeprodukte, die Sie verwenden wollen. Eventuelles Klemmen kostet kostbares heißes Duschwasser. - Verzichten Sie am besten ganz auf Duschgel. Das Haarshampoo läuft ohnehin über den Körper nach unten
    Tipp des Mobilduschenherstellers: Überlegen Sie bei dieser Gelegenheit einmal, ob Ihnen nicht eine Kurzhaarfrisur weitaus besser stehen würde.
  7. Wenn Kontrolllampe grün leuchtet, ist das Mobilduschenwasser aufgeheizt.
  8. Besteigen Sie nun die geräumige Mobilduschkabine und freuen Sie sich darauf, bald wieder ganzkörpermäßig sauber zu sein und gesellschaftlich nicht unangenehm aufzufallen.
  9. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten Sie sich bitte zielstrebig vom Kopf bis zu den Füßen vor, ohne den Anspruch zu haben, den Duschvorgang genießen zu wollen. Sie werden sehen, mit der Zeit werden Sie immer weniger Zeit benötigen.
  10. Wenn kein Wasser mehr fließt, gibt es kein Wasser mehr.
  11. Und wenn Ihr Körper noch eingeschäumt ist, waren Sie zu langsam.

    Tipp des Mobilduschenherstellers: Schauen Sie sich doch mal in der Nachbarschaft um. Eventuell können Sie Freundschaft schließen mit Nachbarn, die über ein stinknormales Badezimmer verfügen. Vielleicht befindet sich auch in unmittelbarer Nähe ein Schwimmbad. Werden Sie Mitglied im Schwimmverein.
    Ich habe damals die Mobilduschen-Gebrauchsanleitung sehr, sehr lange und sehr ausführlich studiert, während ich ganzkörper-eingeschäumt auf neues warmes Wasser wartete.

Ich weiß nicht, ob das heute jeder Einhebelmischer hat, diesen Verbrühschutz. Das war natürlich bei der Mobildusche praktisch: Bei so wenig Heißwasser hatte sich das mit dem Verbrühen eh erledigt. Hier steht noch: "pflegeleicht durch glatte Oberflächen ". Also nicht Körperpflege, sondern Schlauchpflege. Ich Schmutzfink. Ich bin ehrlich. Den Brauseschlauch zu pflegen, da bin ich bis jetzt noch nicht drauf gekommen. Aber kann ich ja mal drüber nachdenken. Weil, es ist ja kein Brauseschlauch, sondern ein Komfort-Brauseschlauch!

Mehr denn je auf der SICHEREN SEITE - im wahrsten Sinne des Wortes

Bald sind sie rum! Eben hatte ich noch im Frühjahr mit den vielen Brückentagen (diese Freitage nach dem 1. Mai, nach Christi Himmelfahrt und Fronleichnam) absoluten Freizeitstress! Weil, vier Tage bieten sich ja förmlich an, also wenn man da keinen Kurzurlaub macht ... Jedes Mal, wenn ich diese Freitage in Bonn verbringe, habe ich das Gefühl, irgendwie versagt zu haben von wegen Zeitmanagement und so. Also eben noch Frühjahr, und jetzt sind die Sommerferien schon bald rum - und ich bin urlaubsreif!

Also ich persönlich bin ja nur noch auf meiner Seite. Weil, das Wort Brückentag hat für mich als Bonnerin ja eine ganz neue Bedeutung. Wir Bonner haben ja quasi während der Sommerferien täglich Brückentag. Und da hab ich auch im Vorfeld ganz bewusst keinen Sommerurlaub gebucht. Weil, so lange wie ich da am Abreisetag im Stau vor und auf der Nordbrücke gestanden hätte, da hätte ich vorne weg, damit es sich auch gelohnt hätte, mindestens vier Wochen Urlaub auf den Seychellen machen müssen. Ich hab mich dann lieber gleich proaktiv für den Sommerurlaub in Bonn entschieden. Hab selbstredend auch gleich wieder mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. An erster Stelle stand natürlich die Brücke. So bin ich jeden Tag mindestens zweimal mit dem Rad zur Nordbrücke gefahren und habe kontrolliert, ob da auch gearbeitet wird. Wurde! Sogar am Sonntag! Dann war ich natürlich auf der Bierbörse in der Rheinaue, weil da musste ich ja als Auerbergerin den Rhein nicht überqueren. Gut, im Nachhinein, ich hätte auch über die Kennedy- oder die Südbrücke fahren können - und mit dem Fahrrad sowieso. Aber, so wie zur Zeit die Brücken dicht gemacht werden - da bin ich lieber auf der SICHEREN SEITE - auf meiner.

 Ja, und nicht zu vergessen das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters! Mein Lieblingszeitvertreib! Die Sonderposten, ein Wechselbad der Gefühle, kann ich nur sagen! Auf der einen Seite das Brausepulver meiner Kindheit: Ich schütte es in meine Handmulde, sammle im Mund möglichst viel Spucke, spucke auf das Pulver, sehe und fühle das Bitzeln auf der Haut und schlecke genüsslich die Hand mit der Zunge ab. Oder die AHOI-Brausebrocken, an denen ich geleckt habe, bis die Zunge blutig war!
Auf der anderen Seite die Sonderposten "Schrundensalbe" und "Hornhaut-Reduziercreme" - und dazwischen mein Leben. Ich bin beim Einkauf ZUFÄLLIG an der AHOI-Brause vorbeigekommen und habe sie bewusst gekauft - für die Salbe bleibt ja noch ein wenig Zeit.

Während ich mich zuhause von Brausebrocken zu Brausebrocken jünger fühlte, las ich im SCHAUFENSTER, dass es doch tatsächlich einen Vanilleeis-Tag gibt. Seit Beginn der 90er Jahre steht in den USA der 23. Juli im Zeichen des Vanilleeises. Warum auch immer! Der ist jetzt noch nicht so rüber geschwappt wie Halloween oder Valentinstag, aber sicher sein kann man da nicht! Ich kann nur hoffen, dass die Amis nicht irgend wann mal den Tag der Schrunden zelebrieren! Denkbar ist ja alles. Apropos Eis. Es gibt in Zeiten der Nordbrücke-Brückentage nur einen einzigen Grund, warum ich - mit dem Fahrrad - den Rhein überquere: Der Eisladen in Hangelar. Da radle ich vom Auerberg aus acht Kilometer über die Felder nach Vilich-Müldorf an der Wasserburg Lede vorbei - und erahne in weiter Ferne den Stau auf der Nordbrücke.

Bertha von Suttner und der Japaner

Doch, ich bin ehrlich, anfangs war es schon schwer. Ich hatte ganz verlernt, mein Freizeitzeitfenster (das Wort klingt jetzt irgendwie blöd) selbstständig zu gestalten. Während der Fußball-WM war da eine ganz klar vorgegebene Struktur - und plötzlich dieses tiefe Freizeitloch. Ich kann nur sagen, Gott sei Dank lagen die Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters im Briefkasten. Ich wüsste nicht, wie ich das in den ersten Tagen ohne die geschafft hätte! Die Gefahr bestand ja durchaus! Sie klemmten zwar im Briefkastenschlitz - aber DRAUßEN. Weil, so wie das zeitweise geschüttet hat - ich hab die einzelnen Seiten dann erst einmal trocken gefönt und soweit es ging mit Tesafilm geflickt. Da war ich schon eine ganze Zeit lang mit beschäftigt, von der Straße, was ja super war.

Allein schon dieser eine Sonderposten hat mich über den ersten WM-freien Abend gerettet: "Pfannenschutz, 3er-Set oder Glastellerschutz, 8er-Set". Ich hab dann in aller Ruhe meine Küchenschränke durchforstet, ob da jetzt Handlungsbedarf besteht. Weil, ich bin jetzt 54 und wollte noch mal vollkommen neu definieren, ob ich weiter die Glasteller einfach unreflektiert ineinander stelle oder ob da meinerseits Kaufbedarf besteht. Zumal die Größe individuell kürzbar ist und - das ist selbstredend ein schlagkräftiges Kaufargument - die Dinger bis zu 40 Grad waschbar sind. Wobei, ich wüsst' jetzt gar nicht, aus welchem Grund ich die einzelnen Schutzteile (weil Schutz gibt's nur im Singular) waschen sollte. Ich persönlich staple in meinem Schrank ausschließlich saubere Teller. Kann natürlich auch einfach aus dem Grund sein, weil der Deutsche einfach gerne wäscht, egal warum, Hauptsache waschbar.

Oder "Fudge Cake". Gab's als Sonderposten. Hätte ich sonst einfach das Bildchen angeguckt und fertig. Aber ich hatte ja massig Zeit, die es totzuschlagen galt. Ich hab's dann mal im englischen Wörterbuch nachgeschlagen: Also "blöd daherreden" oder "Quatsch" passte nicht zu "cake". Blieb nur noch "Fondant". Glücklicherweise kannte ich dieses Wort auch nicht, und so blätterte ich nun im Duden und fand als Übersetzung "(Konfekt aus) Zuckermasse". Wieder was gelernt.

Doch, so langsam bin ich wieder im Alltagstrott. Dabei hat mir auch das SCHAUFENSTER geholfen. Das hab ich natürlich auch ausführlichst studiert. Zum Beispiel den Bericht über die Ausstellung im Foyer des Stadthauses über das Leben und Wirken der Bertha von Suttner. Die mit ihrem Roman "Die Waffen nieder" weltberühmt wurde und 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis erhielt. Und da fiel mir auch wieder das Denkmal für sie ein! Daran bin ich auch schon viele Male einfach so vorbeigeradelt - ohne anzuhalten! Und das in Zeiten wie diesen, wo an jeder Ecke auf unserem Planeten zu den Waffen gegriffen wird. Als die Sonne dann endlich wieder heraus kam, bin ich extra an die Ecke Bertha-von-Suttner-Platz/Sandkaule gefahren und habe mir das Denkmal angeschaut - zusammen mit einigen Japanern.

Wenn ich demnächst wieder Zeit überbrücken muss und es in Strömen regnet, will ich auch noch einmal in Ruhe überlegen, ob ich für eine Anti-Rutschfolie im Kühlschrank Verwendung habe.
Bin ich froh, dass mein Lieblingsdiscounter mich so auffängt!

Sie sind wieder da

Neulich titelte das WOCHENENDE-Blättchen vom Schaufenster auf der ersten Seite "Sie sind wieder da". Da hätte ich mich so was von gefreut - wenn ich gewusste hätte, wer gemeint war. Die beiden Kanonen vom Alten Zoll waren gemeint. Ich muss zugeben, ja, Asche auf mein Haupt, ich hab die gar nicht vermisst. Las ich doch weiter, dass sie seit Jahrzehnten ein beliebtes Fotomotiv für Bonner und Touristen sind. Also ich persönlich kenne jetzt keinen aus Bonn, der mir schon mal ganz stolz sein Foto von den Kanonen gezeigt hätte. Heißt natürlich nichts. Der Tourist, klar! Mal ehrlich, der Japaner kennt sich doch in Bamberg, Brügge und Bonn besser aus als der Einheimische. Wenn ich daran denke, wie viele Jahre ich mit dem Fahrrad den Asiaten durchs Foto geradelt bin, bis ich es als Bonnerin endlich auch mal ins Geburtshaus von Beethoven geschafft habe. Während ich mich als Touristin geduldig in jede Schlange, die zu einem Turm hinaufführt, einreihe, nur weil im Reiseführer steht, dass ich von dort oben einen super Ausblick habe.

Das letzte Mal, dass ich in Bonn Schlange gestanden habe, war ... Ich hatte es bis dahin nicht vermisst, aber wenn's schon mal da war! Ich weiß noch, wie Profi-Eltern, Klischee Bildungsbürgertum (und davon gibt es in Bonn ja massig), an mir, also an der Schlange vorbeigingen und ihre Kleinstkinder auf uns Randgruppe aufmerksam machten: "Schau mal, Schatz, das sind Menschen, die in diesem Geschäft einkaufen wollen. Deshalb stehen die da so lange an. Solche Menschen gibt es auch." Ich habe daraufhin das erste und einzige Foto von mir in einer Randgruppen-Warteschlange gemacht. Heute heißt das Selfie, habe ich mir sagen lassen. Ja, jetzt ist es raus, ich habe in der Schlange vor dem neu eröffneten Hollister gestanden. Man muss es doch auch mal so sehen. Wo heute alle online kaufen, ist das quasi eine Attraktion, so ein neuer Offline-Store in der City. Als ich dann endlich rein durfte, habe ich schon gemerkt, dass das Angebot sich in erster Linie an die Generation meiner potentiellen Enkel richtet - soweit ich das beurteilen konnte. Weil, jetzt weiß ich nicht, ob das mit meinen alten Augen zu tun hatte: Aber da war es so was von dunkel drin. Für mich persönlich, für meine Sinne, hat sich das Schlange Stehen aber allemal gelohnt. Zunächst wurde ich von einem äußerst netten und vor allem bildschönen Jüngling in Bermudas und Flip-Flops begrüßt. Dann wurde ich in atemberaubende Düfte gehüllt und von den Wellen Kaliforniens mitgerissen. Das muss ich ehrlicherweise schon sagen: Da hab ich in meinem Leben schon auf mancher Aussichtsplattform gestanden und weniger gesehen!

Apropos Düfte und Sinne. Ich hab jetzt dann auch mal mein WM-Outfit gewaschen. Ich weiß jetzt nicht, ob mir da jemand einen Bären aufgebunden hat. Aber es ist ja wohl so, dass man das Trikot nicht waschen darf, wenn's helfen soll. Ich hab mich natürlich dran gehalten, sollte ja nicht an mir liegen, das mit dem WM-Titel. Hat ja auch geklappt. Aber zu welchem Preis, kann ich Ihnen sagen! Weil, das kann man sich ja vorstellen - immer die gelbe Warnweste an, das war dann am Ende doch ein Angriff auf den Geruchssinn!

Auf der sicheren Seite

In meinem Briefkasten liegt ja auch einmal wöchentlich das WOCHENENDE-Blättchen vom SCHAUFENSTER. Ich hab das jetzt auch mal ausführlich studiert. Ein Glück, sag ich da nur! Ein Glück! Sonst wüsste ich nicht, dass ab dem 1. Juli die Warnweste im Auto Pflicht ist. Also ich persönlich, ich fahre ja jetzt nur noch mit Weste. Bevor ich ins Auto einsteige, erstmal die Weste angezogen! Weil, wenn ich im Fall des Falles auf der Autobahn aus dem Auto steigen muss, bin ich so durch den Wind - da vergesse ich glatt die Weste. Ich bin dann sowieso schon hoffnungslos mit dem Aufstellen des Warndreiecks überfordert, obwohl ich das einmal pro Woche prophylaktisch übe. Ich hab die Weste in allen Farben. Jetzt im Sommer passt das Gelb toll zur braunen Haut.

Apropos gelb - also schwarz, rot, gelb. Dass der Jogi Löw die Sache am letzten Freitag gegen Frankreich in der regulären Spielzeit klar gemacht hat, super! Ich hab am Freitag zum Rudelgucken die gelbe Warnweste angezogen. Ein absoluter Hingucker! Da hatte ich gleichzeitig zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Das Prospekt meines Lieblingsdiscounters hatte mich drauf gebracht. Es pries recht nette Sommerkleidchen an und empfahl dazu Boleros. Ich habe einfach über mein schwarzes Sommerkleid die Weste angezogen! Das Problem war nur. Während die Boleros meines Lieblingsdiscounters aus reiner Baumwolle sind, ist so eine Weste an sich aus ... Ich kanns nicht anders sagen: Ich hab geschwitzt wie ein Schwein! Aber was tut frau nicht alles für Dass-die-Deutschen-Weltmeister-werden. Ein bisschen blöd ist es natürlich schon, wenn dich alle naslang jemand fragt, ob es dir gut geht, so wie der Schweiß dir auf der Stirn steht. Ich hab mich davon aber nicht irritieren lassen - wegen der zweiten Fliege, die ich mit einer Klappe, also der Weste, geschlagen hatte. Weil nach dem Spiel am Freitag, wenn da im Auerberg ein Autokorso, also wenn wir uns entschlossen hätten, spontan in die Autos - hätte ich schon meine Warnweste für den Fall der Fälle angehabt. Im Auerberg gabs aber keinen Autokorso. Aber ich sage immer, Hauptsache auf der sicheren Seite.

Apropos sichere Seite: Ist Ihr Koffer auch immer der vorletzte auf dem Fließband? Weil, der letzte kann er nicht sein! Das ist IMMER MEINER! Ich hab da jetzt keine Lust mehr drauf. Während ich Stund um Stund auf meinen Koffer warte, werde ich so was von urlaubsreif - so toll kann der Urlaub gar nicht werden. Und kaum ist der Urlaub vorbei, ist schon am Fließband die ganze Erholung hinüber. Vor den Sommerferien werde ich ja förmlich mit Reisegepäck zugestellt. In jedem zugestellten Prospekt mindestens eine Doppelseite Koffer und Co. Auch mein Lieblingsdiscounter bietet Reisetaschen auf Rollen, Allround-Rucksäcke und ABS-Hartschalenkoffer (ich denk mal, das hat hier jetzt nichts mit dem Antiblockiersystem beim Auto zu tun) an. Ich werde mir da jetzt ein Gepäckstück kaufen, das so groß wie möglich ist und trotzdem noch als Handgepäck durchgeht. Ich mein, ich brauch ja auch nicht viel. Mit der Warnweste in Gelb oder Orange bin ich immer passend gekleidet, immer auf der ... Und genau nach der Devise hat der Jogi die Mannschaft auch am Dienstagabend spielen lassen: 5:O in der ersten Halbzeit - da bist du auf der sicheren Seite.

Wieder nichts übern Verein

Was für ein Glück, kann ich nur sagen! Was für ein Glück, dass die Friedrichstraße nicht am letzten Samstag ihr Straßenfest gefeiert hat. Auf dem Friedrichstraßenfest haben wir uns noch aufgeregt, dass die Sonne sich erst gegen Mittag bequemte. Aber immerhin! Ich war viel zu warm angezogen. Als ich den tollen Straßenmusikern zugehört habe: Keine fünf Minuten und ich habe meinen Sonnenplatz gegen einen Schattenplatz - nicht getauscht, sondern tauschen wollen! Weil, die schattigen Zuhörplätze waren schon alle belegt. Und so gut, wie die Band gespielt hat, konntest du auch nicht davon ausgehen, dass da bald was frei würde. Wurde auch nicht! Na ja, und dann bindest du dir die Jacke um die Taille und krempelst die Blusenärmel soweit hoch, dass du locker zwei Liter Blut spenden könntest, so wie das sich staut. Und weil ich - ganz klar - meine Sonnenbrille NICHT dabei hatte, habe ich dann gefühlte Stunden abwechselnd mal den rechten, mal den linken Unterarm als Sonnenschutz über die Augen gehalten. Das gibt vielleicht muskulöse Oberarme! Apropos Sonnenbrille. Die brauchte man letzten Samstag hier in Bonn garantiert nicht. Und das Schöne: Das wusstest du schon beim Verlassen der Wohnung. Also für mich persönlich trifft das jetzt nicht zu, weil ich das Haus am Samstag nicht verlassen habe. Aber wenn, dann hätte es kein Vertun gegeben. Was für ein Glück, kann ich nur nochmal sagen, dass wir am letzten Samstag nicht Fußball gespielt haben. Also jetzt nicht der Bonner SC. Der soll ja auch, also Fußball spielen können. Nein, ich meine natürlich unserer Nationalelf. Gut, die haben letzten Donnerstag zwar im Regen gespielt, aber wir konnten das Spiel bei Sonnenschein verfolgen. Umgekehrt ist jetzt blöder: Die spielen bei strahlendem Sonnenschein und wir stehen im Regen - mussten wir am vorigen Samstag aber nicht.

Ich hatte dann einfach mal mehr Zeit, in Ruhe bei einem Gläschen Rotwein das Prospekt meines Lieblingsdiscounters durchzustöbern. Also wenn ich da an meine Zeit denke, also früher, damals eben, da hast du die verstohlen am Automaten gezogen. Und heute bietet die mein Lieblingsdiscounter als Sonderposten an: "Urlaubsgefühle - mit Sicherheit dabei" in den Varianten "bunte Mischung" und "Gefühlsecht". Doch, da hat sich schon viel getan! Direkt darunter zum Beispiel auf der selben Seite gibt's Ohrstöpsel "Travel". Würde ich mir sofort kaufen - wenn ich nur wüsste, welche. Weil, das ist Naturgesetz: Immer wenn ich im Flugzeug über längere Stunden sitze, eh ich mich vertue, hat mein Nachbar sich die Schlafmaske drüber gestülpt und ratzt und schnarcht, noch bevor der Flieger gestartet ist. Und ich sitze bis Singapur hellwach mit der Lehne vom Vordermann unterm Kinn. Und dabei noch der unangenehme Druck im Ohr. Früher gabs einfach nur Oropax. Jetzt muss ich mich zwischen "Ohrdruck beim Fliegen" und "Für ruhigen Schlaf" entscheiden: Ich will aber beides. Am besten, ich steck sie mir beide rein. Apropos Schlaf: Wenn man vielleicht mal mit dem Jogi Löw sprechen könnte, dass das alles in 90 Minuten geklärt wird. Weil dann hätte ich was mehr davon - vom Schlaf.

Mein Lieblingsdiscounter hat einen Alu-Falt-Pavillon

Doch, manchmal muss man sich Zeit geben. Es heißt ja nicht umsonst, Bedürfnisse werden gemacht. Einmaliges Durchblättern eines Werbeblättchens ist einfach zu wenig! Im Moment steht zum Beispiel wieder einmal der Erwerb eines Alu-Falt-Pavillons im Raum. Jetzt gedanklich. Denn der würde ja draußen im Garten stehen: "Alu-Falt-Pavillon mit klappbarer Trägerkonstruktion und Stoff aus 100% Polyester, Wasser abweisend, einfach zu montieren ohne Werkzeug". Also ich persönlich habe ja im Dezember Geburtstag. Der DEZEMBER ist eine sichere Bank: Egal welche Temperaturen draußen herrschen, egal ob Sonnenschein, unvorhergesehene 30 Grad im Schatten - gefeiert wird drinnen. Wenn ich dagegen Utes jährlichen Stress miterlebe: 14-Tagewettertrend, Videotext, lokale Wetterstationen, Vogelflugbeobachtung, Zitieren alter Bauernregeln - Ute, die ihren Geburtstag im JUNI feiert, lässt keine Möglichkeit aus, eine 100%ig richtige Wettervorhersage zu bekommen. Zwei Tage vorher legt sie sich dann fest: Sie feiert im Garten - wie jedes Jahr. Alljährlich wissen das die Gäste schon vorher - weil: Ute hat alle Verwandten eingeladen, sämtliche Arbeitskollegen - nebst Lebensabschnittsgefährten, selbstredend - alle Nachbarn und - klar - Freunde auch. Die passen beim besten Willen nicht in Utes Wohnzimmer, selbst wenn sich alle in Dreierreihen ohne Kleider und Gläser übereinander legen. Und deshalb hat die Ute sich vor Jahren von der ungemein hübsch aufgemachten Seite im Werbeprospekt meines Lieblingsdiscounters zum Kauf verleiten lassen. Es ist aber auch immer wieder verlockend im Werbeblättchen: Blauer Himmel, Sonnenschein und ganz, ganz viele schöne fröhliche Menschen miteinander plaudernd neben und unter dem Alu-Falt-Pavillon. Darüber steht in großen Lettern: "Wenn die Sonne lacht". Jedes Jahr flackert rituell der Gedanke in mir auf, auch einmal im Sommer zu feiern, eine Gartenparty. Einfach so. Aber Gott sei Dank pfeift mich dann immer mein Traummann zurück. Der sieht das realistisch: Ich würde mich schon Wochen vorher mit nichts anderem befassen als mit dem Wetterbericht und mich im Zweifelsfall IMMER falsch entscheiden: Entweder würde ich aufgrund einer Unwetterwarnung oder wegen Ankündigung monsunartiger Regenfälle für einen kleinen gemütlichen Kreis im Wohnzimmer festlich den Tisch decken - und die Gäste würden sich darüber unterhalten, wie schön es doch jetzt bei diesem strahlenden Sonnenschein wäre, im Garten zünftig bei einem Glas Bier. Oder aber aufgrund der Wettervorhersage, die wirklich KEINEN anderen Schluss zuließ, als IM GARTEN zu feiern, tummelt sich eine kaum überschaubare Menschenmenge im Garten. Und mittendrin der Alu-Falt-Pavillon, der hoffnungslos überfordert ist, als von jetzt auf gleich orkanartige Stürme begleitet von Hagelschauern aufkommen und Tausende von Menschen mein Haus stürmen. Da müssen sich die Werbestrategen meines Lieblingsdiscounters aber noch mächtig ins Zeug legen, wenn das je was werden soll, mit dem Alu-Falt-Pavillon!