Mittwoch, 20. Mai 2015

Aprilscherz war gestern - der Trend geht eindeutig zum lustigeren Maischerz!

"Liebesbeweis mit Tücken", so lautete es neulich auf der Titelseite meines "Schaufensters". Der junge Mann, der seiner Angebeteten einen Maibaum setzen wollte, erfuhr nun, was nicht erlaubt ist. Punkt eins: Wie komme ich an eine Birke? Nicht erlaubt ist selbstredend, einfach einen Baum aus dem Wald zu holen. Das ist nämlich Diebstahl und Sachbeschädigung. Der Baum gehört sich beim Förster gekauft und die Quittung aufgehoben zwecks Vorzeigens. Punkt zwei: Wie transportiere ich Selbige (nicht die Quittung, sondern die Birke)? Sie darf nach vorne überhaupt nicht, nach hinten maximal drei Meter über das Fahrzeug hinausragen und muss gekennzeichnet werden. Und der Transport von Helfern auf der Tragefläche? Ich sage nur, rechtlich ein absolutes No-Go.

Und justament in derselben Ausgabe die Anzeige "Mai-Nacht: Vom Mittelstürmer zum Herzensstürmer". Knauber bot jungen Maibaumstellern professionelle Unterstützung beim Basteln von schönen, persönlichen Maibaumherzen an. Denn, so hieß es in der Anzeige, wer seine Auserwählte mit einem schön geschmückten Baum überraschen wolle, müsse an einiges denken und bei der Gestaltung kreativ sein. Der Mann bastele nun mal nicht täglich ein rosarotes Herz. Deshalb stelle Knauber am 30. April neben einer großen Auswahl an Farben und Accessoires auch jede Menge Ideen bereit. Die weiblichen Fachkräfte gäben viele Tipps zu einer schönen Gestaltung, die Frauen gefallen könnte. Die Mai-Nacht wolle gut vorbereitet sein. Knauber habe deshalb ein großes Maibaum-Sortiment mit Kreppbändern, vorgeschnittenen Holz-Herzen, Sägen, Farben und Schmuck-Accessoires zusammengestellt. Ab dem 29. April verkaufe Knauber frisch geschlagene, ca. vier Meter hohe Maibäume.

Am Ende der Anzeige folgte die Packliste für den Maibaumsteller: Maibaum, Arbeitshandschuhe, Säge, Hammer und Handtacker, Erst-Hilfe-Set, Kreppband zum Schmücken, Gestaltetes Holz-Herz mit dem Namen der Auserwählten, Kabelbinder und Draht zur Befestigung, Seitenschneider/Schere, Seile/ Spanngurte zur Befestigung, Fahrradschloss, um den Baum "diebstahl-sicher" zu befestigen, Fahrzeug und Anhänger, Spanngurte zur Befestigung am Fahrzeug, Bollerwagen, Kühltasche mit Getränken für die Helfer, Grillset zum Mitnehmen  

Was ich jetzt noch unbedingt hinzufügen würde. Ich mein', sonst brauche ich keine Packliste: Kühltasche mit antialkoholischen Getränken für den Fahrer. Wahrscheinlich ist es ohnehin besser, wenn in der Kühltasche nur antialkoholische Gertränke stehen. Nicht, dass der Fahrer mal aus Versehen daneben greift! Es sollte auch im Vorfeld geklärt werden, ob die Helfer aus der Flasche trinken wollen. Sonst gehören Becher auf die Liste. Und, mir soll's egal sein, aber entweder habe ich eine Packliste oder nicht. Also halbherzig ist blöd. Deshalb: Nimmt der junge Mann jetzt nur ein Grillset mit oder auch Fleisch dazu? Weil, die Kühltasche kommt ja eh mit.

Wo ich mir gerade so Gedanken über die Packliste mache. Ich denke da an ...
Wir schreiben das Jahr 1975, also vor 40 Jahren, demnach vor einer halben Ewigkeit: Ich habe in meiner Jugend in der Eifel gewohnt. Mein damaliger Freund stellte zusammen mit seinen drei Kumpels in der Nacht zum 1. Mai vier Maibäume. So war der Plan. Und so die Ausführung: Er hatte eine Ente mit Rolldach. Wir sprechen von einem Auto! Die Ente war mit vier Personen auch ohne Maibaum schon am Rande ihrer Kapazität. Viel weniger Personen durften aber auch nicht im Auto sitzen. Weil, oftmals sprang sie nicht an, und dann brauchte es möglichst viele Menschen zum Anschieben.
Ach ja, die Ausführung: Auf der Fahrt zur ersten Maibaum-Stell-Adresse wurde in einen Feldweg eingebogen, mit der Taschenlampe nach einer Birke gesucht und mit Säge oder Axt selbige gefällt. Sodann Gefällte durch das offene Rolldach in die Ente verfrachtet und weiter Richtung Angebeteter. Nach Aufstellen des ersten Maibaums Fahrt Richtung Adresse Nummer zwei - mit Zwischenstopp! Adresse Nummer drei - dito. Der letzte Maibaum sollte einem Mädchen in Schleiden gestellt werden. Es war schon weit nach Mitternacht, die Ente  in viele Feldwege eingebogen, die Insassen, mit Taschenlampe und Axt bewaffnet, hatten keine einzige Birke angetroffen. Der letzte Feldweg lag offensichtlich schon länger hinter ihnen, denn da fuhren sie auch schon mitten durch Schleiden - am Stadtpark vorbei. Am Schleidener Stadtpark mit seinen wunderschön bepflanzten Blumenrabatten, am Park mitten im Zentrum, mit seinen ausnehmend gepflegten Beeten und - schau, Birken ... Doch, da konnte das Mädchen aus Schleiden sich schon was drauf einbilden, auf diese tolle, große, gerade gewachsene Birke!

Was ich mich hier wieder frage. Wie haben die jungen Männer das bloß früher gemacht, damals, ohne Packliste?

Apropos Packliste. Das Beste hätte ich bald vergessen. Knauber bot in seiner Anzeige an, die dann fertigen, ungemein individuell, total kreativ gestalteten Maibäume auch aufzustellen - gegen einen kleinen Aufpreis natürlich. Was ich persönlich jetzt recht praktisch finde, weil da spart man sich ja schon einen Haufen Vorbereitung - so geplant, wie das heute wohl abläuft.

Da kann man dann nur hoffen, dass die hübschen Holz-Herzchen mit dem Namen der Angebeteten nicht vertauscht werden!