Mittwoch, 25. November 2015

Rohe Eier in Rollladenritzen sind nicht schön - und Bauernglatteis auch nicht

Ich sag nur, studier das "Schaufenster" und du kannst dich vor lauter Bildung gar nicht mehr retten! Gerade war ich noch dabei, das für mich vollkommen neue Wort PechaKucha zu verarbeiten, da fällt mir die Überschrift "Lumen und Kevin" ins Auge. Okay, denke ich, dieses Mal zeigt mir aber mein "Schaufenster", wo der Frosch die Locken hat. Erst Trajektkreisel, dann PechaKucha und jetzt noch der neue Favorit bei den Mädchennamen: Lumen. Gut, ich hab dann bei näherer Betrachtung auch mitbekommen, dass es um Energiesparlampen und LEDs ging und dass Lumen etwas mit dem Maß an Helligkeit zu tun hat - und dass der Kevin in Wahrheit Kelvin heißt und die Lichtfarbe beschreibt.

Apropos Licht. Immer wieder schön ist die Martinsfackel-Ausstellung im Foyer unseres Stadthauses! Wie friedlich die da so hängen, geschützt vor Wind und Wetter. Neulich ging bei uns im Auerberg auch wieder der Martinsumzug, bei schönem Wetter. Wenn ich da an manche Martinszüge denke, an denen mein Traummann und ich als Papa und Mama  teilgenommen haben! Die Laternen, eben noch die reinsten Kunstwerke höchstbegabter Kinder, keine zwei Minuten später wahlweise von der eigenen Kerze abgefackelt, von einer Sturmböe mitgerissen oder vom Regenguss bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht. Okay, ich übertreibe, so war es ja nicht immer. Ab und an war das Wetter uns auch gewogen - wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. Ja, am Ende des Zuges stand fest, dass es vollkommen unnötig gewesen war, das einzigartige Kunstwerk von Laterne in einem Müllbeutel zu verstecken.
Laternenruine hin, Fackelrest her, gefühlte Stunden später war der Martinszugweg abgegangen, das Ziel erreicht. Schon brannte das Martinsfeuer lichterloh, St. Martin teilte seinen Mantel, noch mal ein Lied gesungen - und immer standest du genau so, dass der Wind die Feuerfunken genau in deine Richtung wehte.

Und wenn alles vorbei war, fing's erst an - das Schnörzen. Dann hast du dir als Profieltern die Beine in den Bauch gestanden, immer hübsch im Hintergrund. Hast dein Kind gecoacht, das natürlich Süßigkeiten wollte, aber nicht allein singen wollte, und überhaupt sich nicht sicher war, auf jeden Fall auch schon müde war, das aber selbstredend nie zugegeben hätte. Du hast deinen Liebling daran erinnert, dass es doch gerade das Schnörzen war, auf das er sich so gefreut hatte (obwohl du am liebsten gesagt hättest, dann halt nicht und ab nach Hause).
Du bestärktest den Schatz darin, auch alleine zu singen, wo er doch so toll singen kann, wenigstens ein Lied. Das tat dann der Schatz. Und wenn du Pech hattest, verlangte die ältere Dame an der Haustür noch weitere Strophen dieses Liedes. Und wenn es ganz blöde lief, noch ein weiteres Lied. Und dann hatte sich dein Wunschkind so was von eingesungen und wollte gar nicht mehr aufhören, genoss den Auftritt vor Publikum. Dann, endlich, kam Bewegung rein, will sagen, die Frau an der Tür bewegte sich, Beutel auf, Bonbons rein und weiter! So haben wir uns jahrelang so gaaaanz langsam nach Hause geschnörzt.

Was habe ich damals die Menschen beneidet, die im Warmen auf uns warteten, deren Aufgabe lediglich darin bestand, die Haustür zu öffnen, das Ende des Abgesanges abzuwarten und dann eine Süßigkeit in den aufgehaltenen Beutel zu werfen.
Doch, ich bin ehrlich, seitdem ich aus dem aktiven Martinsumzugsgeschehen ausgeschieden bin, habe ich grundlegend meine Meinung geändert - wegen folgender zwei Naturgesetze: Erstens, du erwartest viele schnörzende Kinder, hast dementsprechend tonnenweise Mandarinen, wahlweise auch Clementinen, eingekauft, es kommt kein S... und dein Körper erleidet in Folge einen Vitamin-C-Schock. Deswegen kaufst du im folgenden Jahr weitaus weniger ein - und kannst den Massenansturm nur bewältigen, indem du Kartoffeln in die aufgehaltenen Beutel schmeißt. Zweitens, schon länger hat es nicht mehr geklingelt, deshalb schmeißt du dich in dein Wohlfühl-da-muss-mich-jetzt-aber-nicht-unbedingt-jemand-sehen-Dress und du kannst drauf gehen, dass ab jetzt doch noch die gesamte Nachbarschaft klingelt (einschließlich das Kind jenes Nachbarn, den du recht attraktiv findest). Deshalb sitzt du nächstes Jahr bis Mitternacht steif gestriegelt und geschniegelt auf dem Sofa - und keine S... klingelt mehr. Ja, ich nehme alles zurück, das Geschnörztwerden ist auch stressig - auch, und vor allem, unter dem Gesichtspunkt Blase. Weil, das ist eh klar, du hältst so lange ein und es klingelt nicht an der Tür, und kaum sitzt du auf der Brille ...

Noch stressiger als St. Martin ist für mich mittlerweile allerdings Halloween: "Mama, haben wir ein T-Shirt zum Zerschneiden?", die Brut kostümiert sich, "Mama, wo ist der Spitzer für den Kajalstift?", die Töchter schminken sich, die Wunschkinder glühen vor. Dann ein "Tschüss, wir sind weg" und zurück "Viel Spaß". Und erst jetzt fällt meinem Traummann und mir ein, dass an selbigem Abend "Süßes oder Saures" von uns erwartet wird, wir aber nichts eingekauft haben (wir Alten sind ja die Martinsfraktion)  und wir nichts vorhaben. Und weil rohe Eier in  Rollladenritzen nicht schön sind, tun wir so, als wären wir nicht da. Das Tollste an Halloween, der Morgen danach - wenn kein rohes Ei am Haus klebt.

Was natürlich praktisch ist, an solch einem Abend kann ich viel für meine Bildung tun, also mein "Schaufenster" lesen - wenn auch mit Taschenlampe unter der Bettdecke. So habe ich wieder ein neues Wort gelernt: Bauernglatteis. Das bildet sich, wenn landwirtschaftliche Fahrzeuge nach dem Einsatz auf dem Acker die Straße verschmutzen. Feuchte Lehm- und Erdklumpen können die Fahrbahn dann schnell in eine Rutschbahn verwandeln. Ich las auch, dass der ADAC an die Landwirte appelliert, die Straßen nach getaner Arbeit zu säubern. Recht so, ADAC, diese Bauern haben ja sonst nichts zu tun.


Mittwoch, 4. November 2015

Karl Lagerfeld und der Herr Landrat während der PechaKucha Night auf dem Trajektkreisel - wie aufregend!

Es gibt Tage, da passiert rein gar nichts, da merke ich nur am Kalenderabreißblatt, dass er stattgefunden hat. Und dann wieder überstürzt es sich. Wie neulich mit dem Alexander und dem Marty. Was war das aufregend! Der Marty kommt am 21. Oktober 2015 in der Zukunft an, in seinem DeLorean. Und den Alexander hat die Vergangenheit eingeholt, also die Wahl. Der zog doch genau am selben Tag ins Stadthaus. Jetzt nicht mit Umzugskartons, nein, der ließ sich in seinem Dienstwagen, einem 5er BMW, chauffieren.

Für mich waren das einfach zu viele aufregende Tage, die da hinter mir liegen! Ein junger Mensch mag das eher wegstecken. Aber ich gehöre zu der Generation, die spontan Handlungsbedarf sieht, wenn ein Auto seinen Geist aufgibt. Ja, ich biete den Autofahrern immer noch Hilfe an, wenn ihre Autos an der roten Ampel neben mir Fahrradfahrerin plötzlich ausgehen - um dann, wenn die Ampel auf Grün springt, festzustellen, dass das so sein sollte, von wegen Benzin sparen. Wie komm ich drauf, also Aufregung ja, aber bitte wohl dosiert.
Erst einmal erfahre ich, dass mein "Schaufenster" 40 Jahre alt wird. Wahnsinn, dass ich das so hautnah noch erleben darf! Und alle gratulieren sie! Doch, das macht mich als Leserin schon auch ein Stück weit stolz, dass ich daran teilhabe. Allein schon die Grußworte der beiden sympathischen Herren auf Seite 2 - da hab ich schon das ein oder andere Tränchen vergossen. Kein Wunder, wie nett die aber auch immer ihre Worte wählen. Und wie nett zurecht die sich für das Foto gemacht haben. Vor allem der Herr Landrat - also so was von nettem Frisürchen.

Und dann blättere ich in meinem "Schaufenster" weiter und traue meinen Augen nicht. Also diese Zerstörungswut nimmt ja wirklich mittlerweile Ausmaße an. Was mag Menschen dazu bewegen und mit welch brutaler Gewalt muss da jemand - man macht sich keine Vorstellung! Sah ich doch auf einem Foto einen Haufen ursprünglich aufrecht stehender Eisenstäbe nunmehr vollkommen verbogen mitten auf der B9. Was habe ich mich da vielleicht aufgeregt! Was mag da wohl in den Köpfen vorgehen? In meinem "Schaufenster" erfuhr ich dann, was da in wessen Kopf vorgegangen ist. Dass das so soll, dass das ein Kunstwerk ist. "Arc '89 für den Trajektkreisel" lautete die Überschrift. 14 Bogensegmente mit dem Neigungswinkel 89 Grad stehen für das Jahr 1989, in dem die Mauer gefallen ist. Nun gut. Und wo ich schon dabei bin: Was hat denn wen geritten, also was haben sich wie viele Menschen eingeworfen, um sich die Bezeichnung Trajektkreisel einfallen zu lassen?

Übrigens, was Kunst betrifft scheine ich offensichtlich eine absolute Ignorantin zu sein. So sah ich letztes Jahr in meinem "Schaufenster" ein Foto vom Eingangsbereich des Juridicums an der Adenauerallee. Zum Tag des offenen Denkmals wurde da auf das Mosaik von Viktor Vasarely über dem Eingang hingewiesen. Seit Jahren fahre ich am Juridicum an der B9 vorbei, aber an Kunst habe ich in dem Zusammenhang noch nie gedacht. Wieder was dazu gelernt!

Da geht es mir mit dem Karl ganz anders. Vom Karl, dem Lagerfeld, war ich schon immer ein Fan. Und deshalb habe ich trotz aller Aufregung die Ausstellung "Karl Lagerfeld  Modemethode" in der Bundeskunsthalle nicht verpasst. Ein Traum! Was mir am Karl Lagerfeld auch gut gefällt, sind die Sätze, die er ab und an mal raushaut. Und da fällt mir ein, ich hätte da noch eine Frage fürs Leserbarometer meines "Schaufensters". Karl Lagerfeld sagt: "Wer in Jogginghose aus dem Haus geht, hat sein Leben nicht mehr im Griff." Stimmen Sie dem zu?
Apropos verpassen. Was ich wohl verpasst habe, ist die PechaKucha Night im Basecamp. PechaKucha, das sind Zusammenkünfte von Menschen, die etwas zu sagen haben - egal ob Informationen, Gelerntes, Wissenswertes oder Kurioses. Ich hätte da über so viel Wissenswertes erzählen können. Jetzt, wo der Trajektkreisel bei mir angekommen ist, hätte ich so gerne mal über die verschiedenen Kreisel gesprochen. Ich bin da nämlich so was von informiert durch mein "Schaufenster".


In etwa so hätte ich meinen Vortrag gehalten: Zunächst einmal, der Kreisverkehr erlebt eine gewisse Renaissance. Aber wenn wir von Kreisverkehr sprechen, meine lieben Zuhörer, welchen meinen wir denn da, bitteschön? Sprechen wir vom zweispurigen , meinen wir den kleinen Kreisverkehr oder unterhalten wir uns über den Minikreisverkehr? Der kleine Kreisverkehr wird nur einspurig befahren, hat einen Durchmesser von mindestens 26 Metern und eine fest eingefasste Kreisinsel. Nicht zu verwechseln mit den immer beliebter werdenden sogenannten Minikreisverkehren, die bevorzugt in kleineren Ortschaften gebaut werden. Deren Durchmesser liegt zwischen 13 und 22 Metern und die Kreisinseln dürfen von Bussen und Lkw überfahren werden. Ich wäre darauf eingegangen (soweit das in sechs Minuten 40 Sekunden möglich ist, denn nur so lange darf ein Vortrag dauern), dass unsere europäischen Nachbarn uns den Kreisverkehr vormachen. Dass Großbritannien führend mit seinen Roundabouts ist, aber auch in den Niederlanden und Schweden sehr viele Kreisverkehre gebaut werden. Hätte meiner Freude Ausdruck verliehen, dass Deutschland sich da jetzt auch wegen der niedrigeren Unfallzahlen auf den Weg macht, also hinterher im Kreis fährt. Und dass ich so was von froh bin, dass der Trajektkreisel (einfach ein schönes Wort) zweispurig ist, wegen der Skulptur. So in etwa hätte ich meinen kleinen Vortrag gestaltet. Aber die nächste PechaKucha Nacht kommt bestimmt und da bin ich dann aber so was von dabei. Und wenn die noch etwas Kurioses hören wollen, also quasi als Zugabe, rede ich noch ein bisschen über den Sechs-Pfoten-Lauf.