Mittwoch, 2. August 2017

Es wird zunehmend enger für das männliche Ego

Endlich Sommerferien - und der Wasserwagen der Stadtwerke Bonn lädt uns zu einem erfrischenden Glas Wasser auf dem Münsterplatz ein. Wobei, ich hab mich letztens gefragt, ob der da eigentlich jeden Tag steht. Ich hab schon mal gedacht, ob die das demnächst einstellen, mit dem Wasserwagen, jetzt, wo auf dem Marktplatz der Trinkwasserspender eingeweiht wurde. Was ich persönlich jetzt nicht toll fände. Ich wähl nämlich immer, man kann ja mit oder ohne Gebitzel, mit oder ohne Bläschen im Wasser, und ich wähle immer mit Bläschen. Vielleicht brauchen die demnächst aber auch den Stellplatz für die neuen Steine fürs Münster. Apropos Münster und Blasen. Selbst wenn der Wagen dort demnächst rund um die Uhr steht, ich komm da lange nicht mehr hin. Ich hab so was von Blasen an den Füßen. Seitdem ich wusste, dass das Münster für Jahre schließt, bin ich natürlich täglich in Selbiges. Hab jede Führung mitgemacht, bis die Führer sich von mir schon gestalkt fühlten und mir mit Hausverbot gedroht haben. Was mich natürlich nicht im Geringsten abgehalten hat, weil ja eh jetzt für alle das Hausverbot gilt. Von mir aus kann's jedenfalls jetzt mit den Bauarbeiten losgehen, ich habe fertig mit dem Münster.
Sommerferien, Zeit der Entspannung, neue Kräfte sammeln, den Stress hinter sich lassen. Früher hieß das für meinen Traummann und mich auch mal ein Stündchen länger morgens schlafen. Die Zeiten sind vorbei. Zum einen wegen der senilen Bettflucht, zum anderen aber auch. Wir zwei Hübschen machen uns ja dann mit dem Rädchen auf. Und je später wir uns aufmachen, desto mehr Mensch ist unterwegs: der Rennfahrer im feschen Ganzkörperkondom, der dir beim Überholen die Haut vom Ellenbogen abschmirgelt. Die älteren Herrschaften, die in ihrem Leben noch nie Fahrrad gefahren sind, sich aber im hohen Alter von jetzt auf gleich auf ein E-Bike gesetzt haben. Der Hund und sein Herrchen, beide in trauter Eintracht nebeneinander. Was nicht weiter stören würde, wären die beiden nicht durch eine Hundeleine miteinander verbunden, die sich quer über die gesamte Wegesbreite spannt. Und dann die fußläufigen Mitmenschen, die als Großgruppe allen Ernstes der Meinung sind, alle miteinander nebeneinander promenieren zu dürfen. Und was neulich vor mir herfuhr: ein Mann mit Kinderwagen. Was jetzt so nichts wirklich Spektakuläres wäre, hätte er nicht ...

Ich mein, als Mann wird's ja zunehmend schwerer mit deiner Daseinsberechtigung. In allen Bereichen. Im Beruf sowieso, ich sag nur Frauenquote. Aber auch sonst wird's zunehmend enger. Weil, was kann ein Mann, ein deutscher Mann wirklich gut? Fällt mir jetzt als erstes das Autofahren ein. Aber wenn ich das richtig verstanden habe und das mit der Technik so weitergeht, fährt sich ja ein Auto bald von selbst und parkt sich selbst ein. Das wären ja in der Konsequenz paradiesische Zustände auf der Autobahn. Das tut mir schon leid für das männliche Ego. Keine Lichthupe, kein zu nahes Auffahren, kein Abdrängen von der Straße, kein Reinquetschen vor mir, nur weil ich einen Meter Sicherheitsabstand zum Auto vor mir habe.
Was die meisten Männer Gott sei Dank aber auch noch gut können: Grillen. Und das können die deshalb so gut, weil sie es ganz häufig machen. Zu meiner Zeit (denken muss man sich ja bei dieser Phrase so etwas wie "als ich noch jung war" oder "als du selbst schuld warst, wenn du eine Fünf geschrieben hattest, und nicht dein Lehrer"), zu meiner Zeit hast du nur im Sommer gegrillt. Das Wort Wintergrillen gab's damals noch nicht. Wenn heutzutage irgendwo im Universum Außerirdischen das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters per Zufall in die Hände fiele, es gibt nur ein Thema: Grillen. Vom Gasgrill Silverline, 3-flammig,  über den Säulengrill bis hin zum Campinggrill "Explorer" und den Grill- und Feuerkorb. Und auf den Bildern hantiert immer ein Mann am Grill! Und da bin ich jetzt ehrlich, in meinen Mantel komm ich im Zweifelsfall von alleine rein, aber ein auf den Punkt gegrilltes Kotelett, da bin ich so was von unemanzipiert. Zumal ja auch in so einem Kotelett viel Zeit hinter dem Grill steckt. Aber auch hier ist ja der Fortschritt am Start. Gibt es doch, wie ich meinem Werbeblättchen entnehme, das "BBQ Premium" Funk-Grillthermometer mit den fünf Garstufen rare, medium rare, medium, well, und well done und Timer mit Alarmfunktion bei Erreichen der Zieltemperatur. Und da fiel mir auch wieder der Artikel in meinem SCHAUFENSTER ein: Immer beliebter werden digitale Grillthermometer. Die kleinen Geräte verfügen über Temperaturfühler, die direkt am Fleisch befestigt werden. Via Bluetooth übermitteln die Thermometer den aktuellen Garzustand an ein Smartphone oder Tablet. Der Vorteil: Grillmeister müssen nicht mehr durchgehend am Grill stehen, um den Zustand des Fleisches zu kontrollieren. Insbesondere für Technikfans eine tolle Sache. Hallo, da denk ich, der Mann hat für mein Würstchen stundenlang hinter dem Grill gestanden, womöglich noch geschwitzt wie ein Schwein. Und dann stellt sich heraus, der hat zwischenzeitlich im kühlen Wohnzimmer Fußball geguckt. Wie ich schon sagte, es wird eng für den Mann. Auch da wird er nicht mehr gebraucht.

Apropos brauchen. Und da dachte ich jetzt eben neulich, als vor mir ein Mann mit einem Kinderwagen. Da brauchen wir nach wie vor die Männer, die Väter, die sich bei der Aufzucht der Brut einbringen - wie der Mann vor mir auf dem Fahrradweg. Der schiebt den Kinderwagen tapfer durch die Gegend. Das dachte ich aber auch nur. Weil, was mir schon auffiel, der stand auf einem Skateboard und machte keine Anstalten, ein wenig zur Seite zu gehen, damit ich an ihm vorbeikam. Ist ja auch eine sportliche Herausforderung, auf einem Skateboard stehend einen Kinderwagen zu schieben. Bis mir dann mein Traummann mal wieder die Welt erklärt hat. Dass das kein Skateboard sei, sondern ein Hoverboard, also quasi ein Segway ohne Stange. Und als Stange diente der Kinderwagen. Nichts mit körperlicher Anstrengung und so, nein, der Mann bewegte sich mit Elektrokraft!