Mittwoch, 23. August 2017

Wo wir gerade beim Thema sind

Mir ist das jetzt zu blöde. Seit Wochen versuche ich, natürlich ist das immer schöner mit toller Überleitung ...
Natürlich ist das unmöglich, wenn du in der Runde sitzt, ein angeregter Austausch über Urlaube im Gange ist und du dann einwirfst: "Apropos Kreuzfahrten, ich hatte letztens meine Darmspiegelung." So ganz ohne Überleitung geht das nicht. Beim besten Willen, du kannst nicht das Wörtchen apropos voranschicken und hoffen, dass es passt. Und wenn alle über ihre Erfahrung bei der Darmspiegelung sprechen und du einwirfst "Wo wir gerade bei Spiegelungen sind, letztens war ich auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer, traumhaft, wie sich abends der Sonnenuntergang im Wasser spiegelte" geht das auch nicht. Zumal das vollkommen andere Themen sind. Ich hab mal bei Wikipedia reingeschaut und da stand: Das Wort Apropos [aproˈpo:] bezeichnet eine aus dem Französischen (à propos = „zu dem Vorgebrachten“) stammende Formulierung, um eine Aussage mit – meist nicht sofort erkennbarem – Bezug zum aktuellen Gesprächsthema anzukündigen (etwa: „wo wir gerade beim Thema sind…“).

Ich hab das neulich versucht, mit dem Thema, das mir so was von am Herzen liegt. Selbst die bei Wikipedia sprechen ja von einem Bezug, der meist nicht sofort erkennbar ist. Und in meinem Blog erwähnte ich den fulminanten Trinkwasserspender auf dem Bonner Marktplatz. Eigentlich wollte ich dann (apropos Spenden) aufs Münster zu sprechen kommen, für das ich als Steinpatin einen Stein gespendet habe. Wollte dann (apropos Münster) auf die zukünftigen Bonn-Besucher hinweisen, die demnächst vor verschlossenen Pforten stehen. Und (apropos Besucher) neulich las ich in meinem Hotelzimmer folgende Information meines Hotels: "Die anderen Gäste zuliebe ..." So war der Plan. Ich hab das dann aber gelassen, wirkten zu konstruiert, die Überleitungen. Überleitungen müssen ein gewisse Leichtigkeit haben. Bei total unterschiedlichen Themen allemal. Aber auch beim selben Thema kannst du nicht, es muss einfach schon irgendwie passen. Wenn in der Runde gerade eine ihr Herz ausschüttet, dass ihr Sohnemann zum dritten Mal die Klasse acht der Hauptschule wiederholt, kannst du auch nicht sagen: "Wo wir gerade beim Thema Schule sind, mein Sohn hat ein Abi mit 0,7 hingelegt." Selbst wenn's thematisch passt, kann's vollkommen unpassend sein.

Oder die Nachbarin, Alter irgendwo zwischen 70 und 80,  erzählt dir unter Tränen, dass ihre Mutter kürzlich im Alter von 105 Jahren gestorben ist. Und auf dein Nachfragen erfährst du, dass die Verstorbene bis zum Schluss noch so was von geistig fit war und friedlich eingeschlafen ist. Ja, ich geb zu, es fällt einem schwer, herzliches Beileid zu wünschen. Vielmehr möchte man die alte Waise beglückwünschen, dass die Verblichene keinen Krebs hatte, nicht an Demenz litt und keine Schmerzen hatte, als der liebe Gott sie zu sich rief. Was aber auch noch hinzukommt, du bist unter Zeitdruck. Trotzdem, da kannst du nicht sagen: "Apropos Geist aufgeben. Ich habs was eilig, mein Fliesenwischer hat nämlich seinen Geist aufgegeben. Gott sei Dank bietet mein Lieblingsdiscounter aber gerade diese Woche aktuell Bad- und Fliesenwischer nebst zwei Ersatzbezügen für den Fliesenwischer feil. Ich hoffe, dass ich noch einen bekomme. Schönen Tag noch." Selbes Thema, Geist aufgeben, aber total daneben! Gute Überleitung geht anderes.

Ganz ohne Überleitung: Früher gabs in meinem SCHAUFENSTER die Rubrik "Leserbarometer, die Frage der Woche". Hab ich immer gern gelesen. Wenn's das noch gäbe, hätte ich die vom SCHAUFENSTER gebeten, sich doch bitte einmal folgender Thematik zu widmen. Was mich nämlich tierisch ärgert: Wenn mein Traummann und ich auf unseren Fahrradtouren unterwegs sind, machen wir uns immer recht früh morgens auf. Und weil für meinen Traummann der Tag mit einem Frühstück beginnt, buchen wir immer die Übernachtungen  mit Frühstück und frühstücken um 7:00. Weder ist für mich das Frühstück der Inbegriff von Urlaub, noch regt sich um diese Uhrzeit in meinem Inneren ein Gefühl, das ich im weitesten Sinne, wenn schon nicht Hunger, so doch Appetit nennen könnte. Aber was tut frau nicht alles für ihren Traummann. Und so sitze ich dann ihm gegenüber und bemühe mich, wenigstens ein Brötchen zu mümmeln. Weil ich aber weiß, dass mich der Hunger am späten Vormittag einholen wird, schmiere ich mir ein zweites Brötchen und nehme es, eingewickelt in eine Serviette, aus dem Frühstücksraum.

Was jetzt mein Problem ist, und da habe ich bis jetzt auch noch keinen Verhaltenstherapeuten gefunden, der mir da weiterhelfen kann. Was jetzt mein Problem ist, ich komme mir dann immer vor wie ein Schwerstverbrecher, wie der mieseste Bodensatz in der Verbrecherhierarchie. Erst neulich las es sich in einem Hotelzimmer in Südlohn folgendermaßen: "Die anderen Gäste zuliebe bitten wir Sie, keine Speisen und Getränke aus dem Frühstücksraum mitzunehmen". Abgesehen davon, dass es "den anderen Gästen zuliebe" heißen muss, warum habe ich gerade in Hotels, wo ich für das Frühstück einen stolzen Preis bezahle, immer das Problem, dass ich mich dermaßen schlecht fühle, wenn ich mein Brötchen raus schmuggle? Dabei gibt es zunehmend immer mehr liebe Mitmenschen, die vertilgen zum Frühstück im Frühstücksraum so viel wie ich nicht in einem ganzen Jahr. Da könnte doch dann auch ein großes Plakat hängen, auf dem steht: Unserer Preisgestaltung für das Frühstück liegt ein durchschnittlicher, unter medizinischem Gesichtspunkt, gesunder, maßvoller Verzehr von Lebensmitteln zugrunde. Da lob ich mir doch solche Übernachtungen wie neulich in einem Privathaus in Ahaus. Dort bekamen wir unser Frühstück aufs Zimmer serviert. Alles, was auf dem Tablett lag, war nur für meinen Traummann und mich. Ich werde jetzt verstärkt mal einen Verhaltenstherapeuten suchen, der das mit mir durchzieht, dass ich mit einem geschmierten Brötchen hoch erhobenen Hauptes den Frühstücksraum verlasse.