Donnerstag, 15. März 2018

Vollpfosten oder Klappspaten


Das würde mich jetzt schon mal interessieren, ob und wenn ja, wie viel ein Pfosten, wenn er denn voll ist, kostet. Also eine Kuh zum Beispiel kostet, wenn sie obendrein dumm ist, 300 bis 600 Euro und ein Finger, wenn er zusätzlich müffelt, kann bis zu 4000 Euro kosten. Ich komm deshalb drauf, weil es sich neulich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen las: Beleidigungen im Verkehrsalltag können teuer werden. Wie die Zeitschrift "Auto Bild" berichtet, werden sie nicht einheitlich wie beim Bußgeldkatalog geahndet. Jeden Einzelfall müsse ein Gericht bewerten. In der Regel fallen dabei Geldstrafen in Höhe von zehn bis 30 Tagessätzen in Bezug auf das jeweilige Nettoeinkommen des Beschuldigten an. Die Höchststrafe liege bei 30.000 Euro. Wiederholungstäter müssten mit mehr Tagessätzen und unter Umständen auch mit einer Haftstrafe rechnen. (Da kannst du dann im Knast deinen  Fäkalienvokabelschatz directement aktuell auffrischen!) Es folgten Beispiele von bereits verhängten Strafen: Bei einem gestreckten Mittelfinger lagen die Geldstrafen zwischen 600 Euro und 4.000 Euro. Zeigt ein empörter Autofahrer einen Vogel, kostet ihn dies 750 Euro. Wer die Zunge rausstreckt muss mit 150 bis 300 Euro Strafe rechnen. Verbale Beleidigungen ahnden die Gerichte mit Geldstrafen zwischen 250 Euro für den Ausdruck "Bekloppter" und 2.500 Euro für "Alte Sau" oder "Miststück". Dazwischen sei so einiges möglich: Für "Leck mich doch" muss der Autofahrer mit 300 Euro Strafe rechnen, "Dumme Kuh" etwa kann 300 bis 600 Euro kosten, "Schlampe" 1.900 Euro, "Arschloch" und "Trottel" 1.000 Euro, für "Asozialer" werden 550 Euro und für "Idiot" 1.500 Euro fällig.
Und da würde mich eben jetzt mal interessieren, ob ich Vollpfosten oder Klappspaten ungestraft sagen darf.

Wo ich gerade bei Vollpfosten bin, ich weiß auch nicht, wie ich drauf komme. Las es sich doch neulich in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Keine Ersatzzahlung für Luxusshoppen, nur erforderliche Kosten werden erstattet" folgendermaßen: Kommt das Fluggepäck verspätet an, muss eine Fluggesellschaft dem Passagier keine luxuriöse Shoppingtour bezahlen. Das Gepäck des Klägers, eines Geschäftsreisenden, traf im konkreten Fall mit einem Tag Verspätung am Zielort auf Malta ein. Er kaufte deshalb Kleidung und Kosmetika im Gesamtwert von 1.286 Euro und stellte dies der Fluggesellschaft in Rechnung. Die Airline zahlte ihm allerdings nur Schadenersatz in Höhe von 300 Euro. Daher verklagte der Mann die Fluggesellschaft. Er rechtfertigte die hohen Ausgaben für Kleidung und Kosmetika mit einem wichtigen Geschäftstermin. Er trage ausschließlich luxuriöse Garderobe und könne zudem wegen einer Allergie Hotel-Kosmetika nicht benutzen. Die Klage hatte keinen Erfolg. Der von der Airline gezahlte Schadenersatz von 300 Euro sei ausreichend. Erforderlich seien nur die notwendigen Dinge für eine Übernachtung gewesen. Der Kläger sei von der Airline informiert worden, dass sein Gepäck am nächsten Tag eintreffen werde. Wenn der Kläger ausschließlich Luxusprodukte bevorzuge, so sei dies sein persönliches Vergnügen.

Jetzt hast du so lange Jura studiert, hast dir einen Paragraphen nach dem anderen ins Hirn gepflanzt, hast dir die Nächte um die Ohren geschlagen und dich auf das erste Staatsexamen vorbereitet, dann die Referendarzeit und das zweite Staatsexamen - um dich dann im Bürgerlichen Gesetzbuch  mit solchen Vollpfosten auseinanderzusetzen!
  
Da lob ich mir doch das Strafrecht mit seinen Beleidigungen und deftigen Geldstrafen.
Was ich mich in dem Zusammenhang letztens gefragt habe. Weil, ich hatte mich ja von Bonn mit der Bahn nach Köln aufgemacht. Um genau zu sein, nach Köln Deutz, zur Helene in die Lanxess-Arena. Und wie ich da so unverkabelt einfach so vor mich hin sitze, im Zug, kommt der Schaffner und ich halte ihm mein Ticket hin. Was jetzt in meinem Fall nicht der von mir vorher entwertete Einzelfahrschein war, sondern das Ticket für das Helene Fischer Konzert, von wegen VRS inkludiert und so. Und wie der Fahrkartenkontrolleur so auf mein Ticket schaut, sagt der doch: "Ach, sieh mal einer an, da geht jemand zu einem Helene Fischer-Konzert." Was ich jetzt schon noch sagen muss, bis dahin war ich die einzige in dem gesamten Waggon gewesen, die keinen Knopf im Ohr hatte: Sämtliche Fahrgäste um mich herum verkabelt, jeder mit sich aber so was von selbst beschäftigt. Und das hatte der Kontrolleur wohl auch mitbekommen, dass da keiner drauf reagiert hatte, auf seine Feststellung. Das änderte sich aber so was von schlagartig, als der lauter nachlegte: "So also sehen Menschen aus, die auf ein Helene Fischer-Konzert gehen." Was soll ich sagen, sitz du mal ab Brühl bis Deutz im Zug, wenn du so angestarrt wirst, und sich die kleinen Kinder vordrängeln, um einen besseren Blick auf dich zu haben. Da wird es dir aber so was von blümerant! Ich fühlte mich so was von ein Stück weit ausgegrenzt und ungeschützt.

Dass ich da jetzt bei der Feststellung "So sieht also jemand aus, der zu Helene Fischer geht" mit dem Begriff Beleidigung aus dem Strafrecht nicht weiterkomme, ist mir auch klar. Wobei, Wikipedia schreibt ja, dass es sich in der Psychologie bei einer Beleidigung um eine herabwürdigende Aussage handelt und in der Linguistik um ein Schimpfwort. Und so, wie der Schaffner das gesagt hat, war das ganz eindeutig herabwürdigend gemeint. Aber beweis das mal vor Gericht. Und du weißt ja im Zweifelsfall auch nicht, wie der Richter zu Helene steht.

Ich für meinen Teil, mir ist das zu riskant, mit dem Vollpfosten und dem Klappspaten. Könnte sein, dass sich das doch schon als Beleidigung rumgesprochen hat, die in meinem SCHAUFENSTER nur nicht alle Beleidigungsmodalitäten aufgelistet haben. Letztens habe ich deshalb meiner Wut über jemandem Ausdruck verliehen, indem ich ihn mit "Brot" beschimpft habe. Wobei mir das persönlich dann doch zu wenig gebracht hat. Könnte daran liegen, dass Brot nur ein Silbe hat. Weil, Trottel, Miststück und Arschloch - jeweils zwei Silben. Demnächst will ich es dann mal mit "Fliese" versuchen.