Mittwoch, 31. Juli 2019

Von intelligenten Mülleimern und blöden Menschen

Hatte ich erwähnt, dass ich mit dem Reisen durch bin? Nicht nur Fliegen, nein, schlicht und ergreifend ist es das Kofferpacken. Die Frage: Was packe ich ein und wie viel davon? Du fängst an mit dem 15-Tage-Wettertrend. Stündlich schaust du rein, ob sich was ändert. Und dann hast du trotzdem die Hälfte der Klotten vollkommen umsonst mitgenommen, weil es abends doch nicht so abkühlt, wie du gedacht hast. Gerade bei einer Busrundreise immer wieder gern: Morgens in meinem Hotelzimmer schaue ich mir das Tagesprogramm an, um zu entscheiden, was im Koffer bleibt und was in den Rucksack kommt. Und wenn der Bus hält, entscheide ich noch mal, was im Bus bleibt und was in die kleine Gym Bag auf den Rücken kommt, weil der Rucksack mir jetzt doch ein wenig überdimensioniert erscheint.

Beispiel Stadtführung: Da hatte ich letztens normale Sandalen an, hätte aber die fetten Wanderschuhe aus dem Koffer gebraucht, weil Stadtführung auch Gipfelerklimmung des Hausberges bedeutete und es vorher tagelang geschüttet hatte. Oder aber, der Besuch einer Kirche steht an und ich schleppe meine ganze Kameraausrüstung mit. Nach einem nicht enden wollenden Gang durch gleißende Mittagshitze stellt sich an der Kirche heraus, dass selbige wegen Komplettsanierung geschlossen ist. Stattdessen stehe ich nun auf einem asphaltierten Platz und weit und breit kein Quadratzentimeter Schatten. Und ich bekomme den leisen Verdacht, dass ich statt Kameraausrüstung eher Sonnenmilch hätte einpacken sollen. Beides habe ich ja clevererweise im Rucksack, also nicht im Koffer - aber eben nicht in der Gym Bag. Knapp daneben ist eben auch daneben.

Nein, ich habe "Meinen Weg", meine Reise in den Sommerferien gefunden. Ich arbeite in einem Projekt an der frischen Luft, das Generationen verbindet. Hieß es doch in meinem SCHAUFENSTER: Die einen ziehen vor dem Frühstück los, andere lieber nach Feierabend. Die meisten machen es alleine, aber es geht auch zu zweit. Wenn auch Ihnen Ihre Fitness am Herzen liegt, kommen Sie zu uns ins Zustell-Team des "SCHAUFENSTER/BLICKPUNKT".
Hallo, der frühe Vogel frisst den Wurm! Ich war vor dem Frühstück in meinem Auerberg alleine unterwegs. Genial! Eines Morgens, es war so eine gute Luft, und es lief sich gerade so schön, als ich mich plötzlich außerhalb meines Zustellbezirkes an der Mondorfer Fähre wiederfand.  Und wie ich da so zur Ruhe komme, steht er doch plötzlich vor mir. In seiner vollen Größe, in seiner ganzen Pracht, sichtbar größer als seine Genossen und - vor allem - um einiges intelligenter. Die geballte Intelligenz in strahlendem Rot steht da vor mir. Und da fiel es mir wieder ein, es hatte in meinem SCHAUFENSTER unter der Überschrift "Der Mülleimer der Zukunft?" geheißen: Bonn Orange testet intelligente Straßenabfallbehälter.

In strahlendem Rot sei er kaum zu übersehen. Er sei sichtbar größer als seine bekannten Artgenossen und habe Solarzellen installiert, mit denen seine Gelbatterie geladen werde. Installiert sei ein GSM-Modul, das Bonn Orange wissen lässt, wie voll der Behälter im Inneren (wo denn auch sonst) ist. Der Mülleimer melde also über Mobilfunknetz, wenn es Zeit wird, ihn zu leeren. Eine weitere Funktion des Abfallbehälters sei ein Pressstempel, der im Innern den eingeworfenen Müll in regelmäßigen Abständen zusammendrückt, sodass die fünf- bis siebenfache Menge Platz findet. Durch die Komprimierung des Mülls könnten theoretisch aus zwei Abfuhren am Tag eine Abfuhr alle zwei Tage werden - eine potentiell enorme Arbeitsersparnis. Der intelligente Abfallbehälter ist mit etwa 6.000 bis 7.000 Euro deutlich teurer als ein normaler Behälter, der 1.000 Euro koste. Zumindest seien die Geräte wartungsarm und die verbaute Gelbatterie halte zwei Jahre. Die laufenden Kosten seien damit gering, sofern es keine Schäden durch Vandalismus gebe.

Das ist die eine Welt, die der intelligenten Mülleimer. Und dann gibt es da noch die andere Welt: Die Welt der Frau, die ich an der Mondorfer Fähre treffe. Jeden Morgen macht sie sich mit ihrem Hund auf, bepackt mit einer Greifzange, einer großen Papiertüte und einem Plastikbeutel. Sie sammelt den Müll vom vorherigen Abend ein. Den Müll von Menschen, die dort geraucht, gegessen und getrunken haben. Und ohne dass man am Abend zuvor dabei gewesen sein muss, weiß man genau, was geraucht, gegessen und getrunken wurde. Denn die Menschen haben alles unter sich fallen lassen, alles liegt auf dem Boden. Diese Frau nun sammelt den Müll dieser Menschen ein, mit der Greifzange. Die Kippen, die zwischen den Betonplatten liegen, muss sie einzeln greifen, mit der Müllzange. An einem Morgen sammelt sie bis zu 600 Kippen ein, mit dem Abfallgreifer. Danach schmerzt die Hand.

Wenn ich das richtig verstanden habe, werden demnächst MüllmännerInnen seltener dort vorbeischauen, wo solch ein ungemein intelligenter Mülleimer steht. Was jetzt aber das Blöde ist, die Menschen, die dort den Müll unter sich fallen lassen, haben wahrscheinlich einen geringeren IQ als der Mülleimer. Deshalb: Nicht weniger Menschen, seien es Müllmänner oder andere Aufsichtspersonen, müssen dort nach dem Rechten (!!) schauen, sondern viel mehr. Ob nun aufklärend oder sanktionierend. Für Menschen, die Sozialstunden ableisten müssen, ein tolles Betätigungsfeld. Und dass diese Menschen ihre Sozialstunden auch ernst nehmen, ja, dafür braucht's auch Personal. Wir brauchen keine intelligenten Mülleimer! Wir brauchen intelligente Projekte, in denen viele intelligente Menschen arbeiten und anständig bezahlt werden. Ja, Menschen! Und wo ich schon mal dabei bin, es braucht mehr Personal in Kindergärten und in Schulen. Und dann, vielleicht, irgendwann in ferner Zukunft muss die Frau an der Mondorfer Fähre nicht mehr den Müll anderer wegräumen und wir leisten uns einen intelligenten Mülleimer.

Apropos Zukunft. Was ich nur zutiefst hoffe, dass es in Zukunft auf unserem Planeten nicht mehr intelligente Mülleimer als Menschen gibt!

Dienstag, 9. Juli 2019

Der Wille des Volkes und das Schwein


Sommerferien, und jetzt? Also für mich persönlich ist das Thema Reisen ja durch! Insbesondere Fliegen - bin ich durch mit. Ich könnte jetzt sagen von wegen ökologischer Fußabdruck und so - wäre aber gelogen. Nein, es ist mir einfach zu stressig. Es fängt beim Kofferpacken zuhause an und endet beim Zoll, wenn du wieder in Deutschland gelandet bist. Nicht umsonst las es sich in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Aufgabegepäck bei Billigfliegern" folgendermaßen: Für das nachträgliche Hinzubuchen von Gepäckstücken zahlen Passagiere von Billigfliegern oft drauf. Günstiger sei es, einen aufzugebenden Koffer schon beim Ticketkauf zu buchen. Das nachträgliche Zubuchen gehe kräftig ins Geld. Darauf weise die Verbraucherzentrale hin. Koffer bis zu 20 Kilogramm kosten als Aufgabegepäck bei der Buchung 25 Euro, danach dann 40 Euro. Weiter ging es um Buchungsoptionen, Priority Boarding und um ein Urteil des Landgerichtes Berlin. Ich mein, allein dass die Verbraucherzentrale mit dem Thema beschäftigt ist … Mich stresst schon das Kofferpacken total. Da stelle ich mich aus gutem Grund extra wochenlang nicht auf die Waage und dann gefühlt hundertmal. Weil, um herauszukriegen, ob der Koffer auch ja nicht mehr wiegt als 20 Kilo, stelle ich mich erst ohne Koffer auf die Waage und dann mit Koffer. Was hab ich mir da schon alles einfallen lassen müssen. Weil die Wanderschuhe schon allein die Hälfte des erlaubten Gewichts ausmachen, trage ich sie natürlich. Oder die warme Winterjacke, es könnte ja, und wenn man dann nicht, für alle Notfälle und so weiter - also auch die warme Winterjacke am Leib!

Was mich aber vor allen Dingen stresst ist das Warten am Gepäckband. Ich hatte es schon erwähnt, gefühlt kommt mein Koffer immer als letzter. Egal was ich mir vorher einschmeiße, ich spiele alle Szenarien durch! Ich schaue mir die Leute um mich herum an: Von wem werde ich gezwungen sein, ein T-Shirt zu tragen? Wer wird mir einen Rock borgen? Trage ich die Hose meines Traummannes, zusammengehalten mit einer Kordel im Bund? Hat er überhaupt eine zweite eingepackt? Und dann gibt es da diese tausend Utensilien, auf die ich hundertprozentig nicht verzichten kann! Was soll ich sagen, jedes Mal (und ich betone, jedes Mal) bin ich mit den Nerven so was von am Ende, durchgeschwitzt und lache lauthals wie eine Bekloppte, wenn mein Koffer endlich durch die Klappe in der Wand auf mich zurollt und brülle: "Oh, mein Koffer, schau, mein Koffer!" Peinliche Situation für meinen Traummann.

Vor Jahren hatte ich auf dem Flughafen in Oslo mein Schlüsselerlebnis. Da stand ich irgendwann ganz allein am Gepäckband. Gefühlt vor Stunden war das letzte Gepäckstück vom Band genommen worden, aber ich stand immer noch da. Oder ich lief wie ein Hund hin und her, am Band entlang. Ich stand und lief so lange mutterseelenallein, bis sich wieder Menschen vor dem Band einfanden, Passagiere eines anderen Fliegers! Dann bin ich in der Halle umhergestreunt und habe irgendwelche anderen Bänder umrundet. Und da sehe ich doch in weiter Ferne einen Koffer auf einem Band liegen, der genau so aussieht wie meiner. Klar war, dass es sich hier, wie sagt der Lateiner : "Libenter homines id, quod volunt, credunt". Oder wie Heinrich IV. zu seinem Sohn sagt: "Thy wish was father, Harry, to that thought." Dass der Wunsch der Vater des Gedankens war.
Ich umrundete also den Koffer, der genau so aussah, wie ich meinen Koffer in Erinnerung hatte, berührte den Koffer, der in Farbe und Material meinem Koffer aber so was von ähnelte. Ich habe ihn dann zögerlich geöffnet und dann lauthals durch die Halle gebrüllt: "Schatz, das sind meine Schuhe und meine Unterhosen." Was ich also eigentlich der Ehrlichkeit halber sagen muss, mein Traummann möchte nicht mehr mit mir fliegen, weil er die Situation mit mir am Gepäckband nicht mehr aushält.
Und als wäre das nicht genug Stress pur las ich in meinem SCHAUFENSTER die Frage "Ist mein Urlaubssouvenir legal?" Muscheln, Schnecken, Korallen oder sogar Seepferdchen - exotische Urlaubssouvenirs können am Flughafen zu unangenehmen Überraschungen führen. Denn das Mitbringen besonders geschützter Tiere und Pflanzen verstoße gegen die internationalen Artenschutzbestimmungen. Daran erinnere zu Beginn der Reisezeit das Amt für Umwelt, Verbraucherschutz und lokale Agenda der Stadt Bonn. Wer am Flughafen mit einem Mitbringsel ertappt wird, muss dieses nicht nur dem Zoll aushändigen, sondern zusätzlich, im Falle eines Verfahrens, mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen. Wer unsicher sei, welche Souvenirs erlaubt sind und welche nicht, dem wird die kostenlose Smartphone-APP "Zoll und Reise" empfohlen.

Ich stell mir jetzt vor, ich hab da so ein Krokodil über der Schulter hängen oder eine lebende Boa um den Hals und von mir aus schaut hinten aus meinem Rucksack ein Stoßzahn heraus. Und klar, mein Akku ist leer. Und dann sagen die mir am Zoll, dass das verboten ist. Oder, was noch blöder ist, da kauf ich extra eine Fake-Tasche aus Krokodilimitat von Prada, und der Straßenverkäufer hat mir so was von hoch und heilig versprochen, dass es eine Fake-Tasche ist. Und dann stellt sich beim Zoll heraus, die ist tatsächlich echt. Also nicht echt Prada, aber echt Krokodil. Ich komm deshalb auf die Tasche, weil ich neulich ein Plakat sah, auf dem der Zoll für Nachwuchskräfte warb. Da hieß es: "Gegen verbotene Trophäen im Einsatz. Jetzt Karriere beim Zoll starten." Und abgebildet war eine Handtasche, die zum Krokodil wurde.      

Wo ich gerade bei Tieren bin, beim Krokodil und beim Elefanten. Es gibt bei Netflix eine britische Science-Fiction-Serie mit dem Namen "Black Mirror" von Charlie Brooker, die verschiedenartige Auswirkungen der Verwendung von Technik und Medien auf die Gesellschaft thematisiert. Eine Folge heißt "Der Wille des Volkes". Dieser Film müsste  Pflichtprogramm an allen Schulen sein! Der englische Premierminister hätte nicht mit dem Schwein schlafen müssen, wenn auch nur eine Sau auf der Straße gewesen wäre!!