Mittwoch, 20. November 2019

Ups, da war die Mutti tot!

Neulich hieß es auf der Kinderseite meines SCHAUFENSTERS "Sehen und gesehen werden": Im Herbst und Winter spreche man auch von der "dunklen Jahreszeit". In dieser Zeit sei es besonders wichtig, im Straßenverkehr als Fußgänger oder Radfahrer gut gesehen zu werden. Wenn Kinder und Jugendliche im Herbst oder Winter zu Fuß zur Schule gehen oder mit dem Fahrrad fahren, ist es oft dämmrig oder sogar noch dunkel. Das Motto "sehen und gesehen werden" ist jetzt oberstes Gebot. Alle Verkehrsteilnehmer haben in der dunklen Jahreszeit oft eine eingeschränkte Sicht im Straßenverkehr, insbesondere wenn noch Regen, Schnee oder Nebel hinzukommen. Daher sind Fußgänger aber auch Radfahrer oft nur sehr schlecht zu erkennen und dadurch passieren leider immer wieder Unfälle, die durch einige einfache Vorsichtsmaßnahmen eventuell hätten vermieden werden können. Wer dunkle Kleidung trägt, kann erst in einer Entfernung von ca. 25 Metern wahrgenommen werden, so dass Autofahrer oft nicht mehr schnell genug reagieren können. Wer aber helle und kontrastreiche Kleidung trägt, wird schon aus einer Entfernung von etwa 40 Metern erkannt. Noch besser ist es, die Kleidung mit Reflektoren zu versehen, denn dann wird man schon aus einer Entfernung von 130 bis 150 Metern sehr gut wahrgenommen.

Dann folgte der tolle Tipp, einen "Sichttest" zu machen. Da hieß es: Macht doch einfach mal mit euren Eltern einen Sichttest, um festzustellen, wie gut man mit und ohne helle Kleidung und Reflektoren auf der Straße zu erkennen ist. Dazu setzt ihr euch abends, wenn es dunkel ist, mit eurem Vater zusammen ins Auto und eure Mutter stellt sich zunächst in dunkler Kleidung und danach mit Reflektoren und heller Kleidung an den Straßenrand. Ihr werdet sofort den Unterschied merken und verstehen, warum es so wichtig ist, im Straßenverkehr durch helle Kleidung oder Blinkies und Reflektoren aufzufallen.
Oder auch nicht, dachte ich mir. Es sei denn, die Eltern ändern die Reihenfolge. Die Mutter stellt sich erst mit Blinkies hin und dann in dunkler Kleidung. Weil, so ist zumindest gewährleistet, dass die Aktion auch pädagogisch sinnvoll ist - abgesehen davon, dass das Kind jetzt Halbwaise ist. Hallo, ein kleiner Zusatz, dass auch der Papa sich da auf die Straße stellen und die Mama fahren kann? Sonst ist man bei jedem kleinen Scheiß so was von pingelig, um nicht in die sexistische Ecke gestellt zu werden. Und hier, wo es um Leben und Tod geht.

Wo ich gerade dabei bin, in dem Zusammenhang, vielleicht löst sich ja über den Herbst und Winter die Sache mit den E-Scootern von ganz allein. Schau, wenn du dich spontan entschließt, zu dritt auf  einem E-Scooter zu fahren. Nebenbei, meiner Meinung haben sich da nicht drei Personen entschieden, statt mit dem Auto mit dem E-Scooter in die Stadt zu fahren. Weil es ja in einem  Artikel in meinem SCHAUFENSTER geheißen hatte, dass die E-Scooter in erster Linie dazu dienen sollen, dass Autos weniger genutzt werden. Wenn du also spontan, dann hast du ja nicht unbedingt immer helle Kleidung oder Reflektoren und Blinkies parat. Da würde sich über die langen dunklen Monate schon mal das ein oder andere Problemchen lösen.

Wobei, einen  Nachteil hätte das schon, wenn jetzt alle E-Scooter-Spaßfahrer auf Grund fehlender Blinkies, wie soll ich sagen, also wenn jetzt der Bedarf an E-Scootern rapide zurückginge, also wenn jetzt allzu viele E-Scooter-Nutzer wegsterben würden. Weil, ich habe mir da ja ein neues ungemein lukratives Standbein aufgebaut. Liebe Plogger, einfach nur joggen und ab und an mal eine leere Chipstüte oder ein halbleeres Safttetrapack (immer eine besonders schöne Schweinerei!!) aufsammeln war gestern. Extremer geht immer! Nein, ich jogge, hebe dabei Müll auf und trage gleichzeitig noch mindestens zwei E-Scooter unterm Arm. Und reich werde ich auch noch dabei, so was von reich! Ja, auch ich bin eine Juicerin, auch ich juice. Ich habe bei der Gelegenheit mal wieder Google konsultiert und "Juicer Bedeutung" eingegeben und landete bei "Entsafter Wikipedia": Entsafter dienen dazu, Säfte aus Obst, Gemüse, Kräutern oder Gräsern zu gewinnen. Als ich mich zwischen drei Entsaftertypen entscheiden sollte, zwischen Saftpressen, Zentrifugenentsafter und Dampfentsafter, wusste ich, hier komme ich nicht weiter. Ich hab's dann noch mal mit "Juicer E-Scooter" probiert, und siehe da, es las sich, dass ein Juicer frei übersetzt ein Saftgeber ist.

Mal ganz abgesehen davon, dass ich sportlich fit bleibe, die Scooter machen sich auch so was von nett nachts in meiner Wohnung, mit ihren LEDs. Und die Aufladegeräte blinken ja auch. Gut, ich muss natürlich aufpassen, dass ich nicht alle naselang über Kabelsalat falle. Und Freunde lade ich natürlich auch nicht mehr ein, weil ich dann ja Licht anmachen müsste, was den Stromverbrauch noch zusätzlich in die Höhe treiben würde. Wobei das mit den sozialen Kontakten jetzt ohnehin auch eher weniger geworden ist, wenn ich da ab dem späten Nachmittag auf E-Scooterjagd gehe. Apropos Stromverbrauch. Gibt’s das eigentlich noch, dass sich mehrere Parteien einen Stromzähler teilen? Das hattest du ja früher in Altbauten. Da wurde die Stromrechnung nach Personenanzahl aufgeteilt. Ich mein, die täten sich dann was verteilen, die Stromkosten, und es bliebe nicht alles an mir hängen.

Wo gerade alles an mir hängt. Warum muss eigentlich ich immer anderer Leute Müll aus dem Einkaufswagen entsorgen? Neulich erst wieder, so viel Müll im Einkaufswagen. Und ich mit meinem gebrochenen Bein (drei Scooter auf einmal die Treppe hoch war einfach zu viel), bis ich den leer hatte. Ich hab mir nämlich einen ausgeliehen, damit ich die Scooter darin stapeln kann.

Freitag, 1. November 2019

Was hat Birkenstock mit der "Urban Soul" zu tun?


Vor ein paar Wochen las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Quartier "Urban Soul" nimmt Formen an. Die aufwendigen Ertüchtigungen (!) des U-Bahn-Bauwerks und die Rohbauarbeiten im Untergrund seien im Bereich des Nordfelds weitestgehend abgeschlossen. Nun stünden die Hochbauarbeiten im Fokus. Die Rede war von 235 Bädern, die Etage für Etage für das zukünftige Motel One in den Rohbau integriert wurden. Dabei hebe der Kran immer passgenau die just in time gelieferte Fertignasszelle in die Aussparungen des Rohbaus.
Mensch, dachte ich, wenn mein SCHAUFENSTER weiterhin den Baufortschritt so kleinschrittig dokumentiert, krieg ich mit Datum und Uhrzeit mit, wann die Klorollen geliefert werden. Mit Blick auf die denkmalgeschützten Gebäude in der Umgebung waren sich die Projektbeteiligten einig, dass auch die neuen Gebäude eine hochwertige Klinkerfassade erhalten sollten. Bei der Materialauswahl habe die Firma Backsteinkontor aus Köln beraten und von verschiedensten Herstellern aus ganz Europa Handmuster anfertigen lassen. In mehreren Bemusterungsrunden (toll!) wurde eine Ziegelei aus der deutsch/niederländischen Grenzregion ausgewählt, die sich mit ihrer Herstellungs- und Brennart ein Alleinstellungsmerkmal in der Ziegelwelt erarbeitet habe. In einem besonderen Veredelungsprozess, dem sog. 2-Brand-Verfahren, erhalten die Backsteine ihre einzigartige Oberfläche und ihr charakteristisches Farbenspiel aus warmen und kühleren Farbnuancen.

Holla, die Waldfee, was für ein feiner Text! Was hat sich da ein Schreiber Mühe gemacht, mir das so genau zu erklären. Habe deshalb spontan den Artikel ausgeschnitten, bin ins Städtchen geradelt und habe mir das vor Ort angeschaut. Und musste wieder mal feststellen: wie tumb ich bin, dass ich dafür einfach keinen Blick habe. Was ich wohl sofort auf Anhieb erblickt habe: Merzenich, mein höchstpersönlicher Hoflieferant in Sachen Berliner! Ich weiß nicht, wie die das schaffen: zwei leckere, frische Berliner für 1,30 Euro. Beinahe so viel kostet in manch Bäckerei gerade mal einer, ohne qualitativ besser zu sein. Ich habe natürlich sofort zwei Berliner käuflich erworben. Und während ich mit dem Rücken zu Merzenich so da stehe und zuerst den ersten Berliner und dann den zweiten Berliner verkasematuckel (nebenbei, ich dachte immer, es hieße verpiesematuckeln), schaue ich auf mein Lieblingsrestaurant Cassius Garten. Da war ich neulich wieder mal und habe im ersten Stock gegessen. Was habe ich mich da vielleicht erschrocken: Früher hatte ich einen Weitblick, konnte in den Himmel schauen. Jetzt hast du das Gefühl, du kannst aus dem Fenster vom Cassius Garten deinem Gegenüber im neuen Gebäude die Hand schütteln.

Wo ich gerade bei der "Urban Soul" bin: Was genau ist eine "Urban Skin Tuchmaske"? Tuchmaske sagt mir was, aber im Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters wurde neulich eine "Urban Skin Tuchmaske" feilgeboten. Da hieß es: verschiedene Sorten, z. B. Urban Skin Durstlöscher, 10 Minuten Tuchmaske mit Sofort-Effekt. Meinen die jetzt urban im Sinne von gebildet und weltgewandt oder urban im Sinne von städtisch? Ist die Maske nur was für gebildete Menschen oder bin ich nach nur 10 Minuten nicht mehr so dumm wie vorher? Oder meinen die vielleicht, dass ich die wie viele Japanerinnen in der Stadt auf dem Gesicht trage, so als Schutzmaske gegen die unsaubere Luft? Dagegen sprechen jetzt aber die 10 Minuten.

Wo ich gerade bei Gesichtspflege bin. Neulich sprang mich in meiner Cosmopolitan eine ganzseitige Werbung an. Da hieß es: Natural Skin Care. Die Kraft der Korkeiche. Zellregeneration durch den multiaktiven Korkeichen-Wirkstoffkomplex. Unsere neue Natural Moisture Gesichtspflegelinie versorgt die Haut nachhaltig mit viel Feuchtigkeit, schützt sie vor äußeren Einflüssen und mindert erste Fältchen (für mich persönlich also eher zu spät). Verantwortlich dafür seien hocheffektive Inhaltsstoffe und der multiaktive Korkeichen-Wirkstoffkomplex. Er stärke die Hautschutzbarriere, steigere die Hautfeuchtigkeit und rege die Zellregeneration an. Somit werde die einzigartige Eigenschaft der Korkeiche, ihre Rindenschicht selbst zu erneuern, auf die Haut übertragen. Korkeichenwälder binden weltweit jährlich 14 Mio. Tonnen Kohlendioxid und produzieren genug Sauerstoff, um eine Kleinstadt zu versorgen (heißt, wenn jeder Bonner sich das draufschmiert, hätten wir in Bonn die Luftverschmutzung im Griff?). Kork sei ein nachwachsender Rohstoff. Für seine Gewinnung müsse kein Baum gefällt werden.
Ich wäre ja sofort dabei, mir das ins Gesicht zu schmieren, für Bonns Sauerstoffhaushalt. Was mich aber so was von irritiert, und das ist wohl meinem Alter geschuldet. Die Anzeige in meiner Cosmopolitan war von Birkenstock. Ja, es hieß, der multiaktive Korkeichen-Wirkstoffkomplex sei exklusiv für Birkenstock Natural Skin Care entwickelt worden. Zu meiner Zeit verkaufte Birkenstock nur Schuhe. Ich habe mich spontan so was von geekelt. Ich stellte mir vor, wenn ich deren Tagescreme auftrage. Namen wie Arizona, Boston und Madrid fielen mir ein. Ich habe noch aus uralten Zeiten die Rio-Sandalen mit Fersenriemen. Und zwar nicht in schwarz. Nein, in bunt: auf einer Sandale rot, grün, blau und gelb! Und das andere Paar hat orangene (soll so!!) Wildlederriemen. Hallo, warum gibt’s die nicht mehr? Jedenfalls, da bröckelt so langsam der Kork aus der Sohle. Ich mein, vielleicht kann man da seine alten abgeben - so im Sinne von Recycling. Das würde ja auch zu deren Konzept passen. Ich stelle mir jetzt also vor, dass die bei den Sandalen, die sie nicht loswerden, und den gebrauchten, dass die da die Korkfußbetten einfach kleinmahlen und mir dann als Naturkosmetik verkaufen. Ich kämpfe immer noch gegen den Ekel an, dass ich mir quasi anderer Leute Fußschweiß aufs Gesicht schmiere. Aber wenns Bonn hilft!