Mittwoch, 26. Dezember 2018

Mit Nagelpilz zum Weihnachtsmarkt


Haus steht noch! Allerdings, ich weiß nicht, ob es ohne mein SCHAUFENSTER auch noch stehen würde. Weil, Gott sei Dank hatten die mir unter den Lettern "Advent, Advent … der Adventskranz brennt" auch wieder wirklich tolle Tipps gegeben. Und dass ich den Artikel Wort für Wort bis zum Ende gelesen habe, weil jeder Abschnitt hatte noch einmal so eine richtig alarmierende Überschrift. Da hieß es zunächst "Feuerlöscher bereit halten", für Adventskränze mit echten Kerzen gelte: Offenes Feuer sollte immer im Auge behalten werden. Am besten steht ein Eimer Wasser oder ein Feuerlöscher griffbereit, um die Flammen löschen zu können. Am besten vorab mit dem Equipment zur Brandbekämpfung vertraut machen und die Wartungsintervalle einhalten. Weil der fürsorgliche Schreiber nun zweimal hintereinander die Worte "am besten" am Satzanfang benutzt hatte, haben mein Traummann und ich das natürlich sehr ernst genommen und uns erst einmal einen neuen Feuerlöscher gekauft - und dann haben wir uns mit selbigem vertraut gemacht. Was jetzt das Blöde war, irgendwie hat sich da, ich weiß auch nicht, am Ende hatten wir das ganze Wohnzimmer voller Löschschaum. Wir haben dann einen neuen Feuerlöscher erworben.

Was die Sauerei im Wohnzimmer betraf, hieß es Gott sei Dank weiter in meinem SCHAUFENSTER unter "Fluchtwege freihalten", Brandschutz umfasse auch das umsichtige Verhalten aller Bewohner. Grundsatz Nummer Eins sei, die Fluchtwege immer freizuhalten. Denn bricht ein Feuer aus, werden abgestellte Gegenstände schnell zu gefährlichen Hindernissen. Um den Flammen weniger "Futter" zu geben, empfiehlt es sich, in regelmäßigen Entrümpelungsaktionen ausgediente Möbel, Kartons oder Zeitungsstapel zu entsorgen. Da passte das jetzt ganz gut mit der Schaumsauerei. Wir haben so was von entrümpelt! Da hatten sich über die Jahre hinweg Türme von gebündelten SCHAUFENSTER gebildet, SCHAUFENSTER, die so was von informativ waren, dass ich die unbedingt noch einmal lesen wollte - nun leider dem Schaum zum Opfer gefallen!

Zum Schluss hieß es unter der Überschrift "Rauchmelder schützen", moderne Rauchmelder seien in der Lage, miteinander zu kommunizieren, sodass alle Geräte gleichzeitig Alarm schlagen, wenn eines mit Rauch in Kontakt kommt. Was unsere Rauchmelder betrifft, kann ich nur Folgendes sagen: Auch wenn es nicht brennt, kommunizieren die. Entweder weil die lebenslang haltenden Batterien leer sind oder offensichtlich aus Langeweile, weil sich nichts tut. Was da nur richtig blöde ist, dass ich da nicht einfach mal gegentreten kann, weil die ja an der Decke hängen.   

Wie gesagt, Haus steht, aber zu welchem Preis? Das kontrollierte Abbrennen der Adventskerzen hat mich einiges an Geld und Arbeit gekostet. Ich gebe zu, das Haus ist seit dem ein ganz klein wenig ungemütlich - nach der Entrümpelung. Aber dafür kam natürlich jetzt der Adventskranz um so mehr zur Geltung - und der Feuerlöscher. Ich bin dann einfach häufiger über den Weihnachtsmarkt gebummelt, um mir das an stimmungsvollem und besinnlichem Flair zu holen, was beim besten Willen bei mir zuhause nicht mehr aufkam.
Ich bin ehrlich, wenn's bei mir nicht so trostlos gewesen wäre, hätte ich mich nicht zum Weihnachtsmarkt aufgemacht. Weil, glücklich war die Werbung gerade nicht für Selbigen in meinem SCHAUFENSTER. Eher vermiest haben sie mir den. Eine ganze Seite lud mit einladenden Fotos von Sternstraße und Münsterplatz zum Bummeln ein. Schon beim Lesen schnupperte ich den Glühwein, stand ich an der Weihnachtspyramide, flanierte entlang der Stände, war so was von vertieft in diese Seite, als plötzlich ein dermatologisches Zentrum in seiner Anzeige mich fragt: "Leiden Sie unter Nagelpilz?" Da war es aber so was von vorbei, mit der weihnachtsheimeligen Atmosphäre! Auf derselben Seite, zwischen Weihnachtsstern und Eierlikörpunsch, der Nagelpilz.

Aus oben erwähntem Grund habe ich mir den Weihnachtsmarkt aber nicht vermiesen lassen.   Da bleibe ich ja immer wieder an den Ständen mit den wunderschönen Woll- und Filzsachen stehen. Was da für eine Arbeit drinsteckt, wenn man das Filzen mit Absicht macht, wenn's so sein soll. Weil, bei mir klappt das so was von ohne Mühe. Im Gegenteil, weil ich mir keine Mühe gebe, verfilze ich jede Wollsocke.

Apropos Filz. Da hab ich auch mal wieder gemerkt, dass ich nicht jünger werde. Neulich hieß es in der Frauenzeitschrift Cosmopolitan, alle Welt scheine gerade dauerzubasteln und heimzuwerkeln. In jeder zweiten Hipsterwohnung stehe ein selbst gebauter Tisch aus recycelten Paletten. Mehrstöckige Geburtstagstorten? Gesichtsmasken? Logisch, alles DIY.
Die Message sei immer die gleiche, egal ob selbstgebastelte Eheringe oder gefilzte Taschen: Jeder kann alles schaffen. Doch meist sehe das Ergebnis aus wie von Dreijährigen zusammengeschustert. Und nun hieß es weiter in der Cosmopolitan: Wozu gibt es Profis?
Hier der Hack: "Zurücklehnen und die Dinge eigenhändig delegieren."
Heißt es nicht das Hack, mein erster Gedanke und mein zweiter: wusste gar nicht, dass man zum Filzen Hack braucht. Es machte alles keinen Sinn - und ich musste mal wieder bei Wikipedia vorbeischauen - die mir Recht gaben, dass es das Hack ist und nicht der. Mich aber gleichzeitig informierten, dass es sich bei einem Hack, der englisch häck ausgesprochen wird, um einen Kniff handelt.

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Was für ein Award - der European Funeral Innovation Award!


Hätten wir den auch durch, den November. Und das ist auch gut so. Weil, im November kommt es ja schon immer gefühlsmäßig ziemlich dicke mit Volkstrauertag, Buß- und Bettag und Totensonntag, alles durch, geschafft. Aber ich bin ehrlich, dieses Jahr habe ich bei meinen Friedhofsausflügen nicht nur an die Toten gedacht (oder, dem Genitiv zuliebe, der Toten gedacht), sondern vor allem an Marketing, und zwar an verdammt gutes! Hieß es doch in meinem SCHAUFENSTER unter der Überschrift "Der letzte Fußabdruck soll grün sein" folgendermaßen: "Dem Unternehmen aus Bonn gelingt mit seinem Bestattungskonzept der "grünen Linie" eine geniale Verbindung von Zeitgeist, Marketing und Wertebewusstsein. Der Friedhof als öffentliches Grün mit großem Baumbestand und biologischer Vielfalt wird gestärkt - und bleibt damit wertvoller Lebens- und Kulturraum für Menschen, Pflanzen und Tiere." Mit dieser Begründung ist das Bestattungsunternehmen Hebenstreit und Kentrup mit dem European Funeral Innovation Award ausgezeichnet worden.

Der biologische Kreislauf diene dabei als Ideal von Nachhaltigkeit und stelle gleichzeitig den würdigsten Abschluss eines umweltfreundlichen und gut gelebten Lebens dar. Und so wird an allen denkbaren Stellschrauben gedreht: Die Bestattung erfolgt in einem Sarg aus Kiefer oder Eiche mit geölter oder gewachster Oberfläche. Die Griffe können aus Holz oder Seil bestehen und auch die Innenausstattung ist vollständig biologisch abbaubar. Der Sarg wird von lokalen Schreinern hergestellt - aus Holz aus regionalem und nachhaltigem Forstbetrieb. Die Trauergäste erhalten Einladungen auf Naturpapier und können den ortsnahen Friedhof zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Der Blumenschmuck ist jahreszeitlich orientiert wählbar und stammt möglichst aus heimischem Freiland-Anbau. Das Grabmal aus Naturstein regionaler Steinbrüche wird in handwerklicher  Arbeit von ortsansässigen Steinmetzbetrieben hergestellt. Die Grabbepflanzung besteht aus Gehölzen , Stauden und Gräsern der Region - mit einem möglichst kleinen Anteil an Wechselbepflanzung und damit geringem Gießaufwand.

Und weiter hieß es im Text: Als "grüne Insel" mitten in der Stadt ist der Friedhof das zentrale Element der "grünen Linie". In der Folge wird er als Biotop mit seinem Baumbestand und seiner großen Artenvielfalt gestärkt - und bleibt dadurch ein wertvoller Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Dies bietet vor allem auch bedrohten Arten einen Rückzugsraum. Brutvögel, Fledermäuse, Landkäfer, holzbewohnende Käfer, Spinnen, Bienen und viele mehr werden so besonders geschützt. Die ökologische Aufwertung der Friedhöfe erhöht deren Attraktivität, erhält wertvolles Kulturgut und stärkt das öffentliche Grün mit seinem kulturellen und historischen Stellenwert. Die damit verbundene positive Wirkung auf das Stadtklima führt zur Senkung der Temperatur bei Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, Bindung von Staub und Produktion von Sauerstoff.

Mal ganz abgesehen davon, was es alles für Awards gibt: Lieber Herr Werner Kentrup und liebe Frau Editha Kentrup-Bentzen, den haben Sie sich aber so was von verdient, den Funeral Award. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Konzept bis zum Ende konsequent durchgezogen.    
Was hatte ich nach der Lektüre dieses Artikels in meinem SCHAUFENSTER für ein gutes Gefühl! So viel Gutes, was ich als Tote demnächst auf dem Friedhof bewirke. So viel, auf was ich noch nach meinem Tod Einfluss nehmen kann - und selbstredend werde. Ich hätte da allerdings noch einige Verständnisfragen. Es heißt ja, das Bestattungskonzept diene dem würdigsten Abschluss eines umweltfreundlichen und gut gelebten Lebens. Meinen die mit dem gut gelebten Leben, dass ich ein gutes Leben hatte oder dass ich ein guter Mensch war? Und kann ich nicht mit dieser für mich überraschend positiven Zukunftsperspektive, also nach meinem Tod so viel Gutes bewirken zu können, im Leben jetzt eher mal die Sau rauslassen? Und apropos Sau, kommt solch eine Art der Bestattung nur für Vegetarier in Frage? Oder sollte ich um sicherzugehen, dass auch ich vollständig biologisch abbaubar bin, mich vielleicht doch gleich vegan ernähren? In Zeiten, in denen ich höre, dass sich in mir Überreste von Plastik befinden und Schwermetalle sowieso - ernstzunehmende Fragen.

Wo ich gerade bei vegan und ökologisch bin. Da ist mein Lieblingsdiscounter ja auch so was von auf grüner Linie, so was von angekommen, bei diesem Thema. In seinem Werbeblättchen bot er doch tatsächlich 100% vegane Menstruationstassen feil. Kurz hatte ich überlegt, ob es sich hier um ein neues Lebensmittel handelt. Weil auf der Seite aber die Rede von anderen Hygieneartikel war, habe ich diesen Gedanken recht schnell wieder verworfen.

Was ich mir im Zusammenhang mit der "grünen Linie" aber jetzt mal als erstes vorgenommen habe. Weil, letztens las ich in meinem SCHAUFENSTER über einen veganen Sportverein, der einen Spendenlauf veranstaltete. Und das kann ja in keinem Falle falsch sein, dass ich da mal eintrete.

Ich kam ja auf dieses irre tolle Bestattungskonzept als Beispiel für richtig gute Werbung. Weil, es gibt ja auch andere, also so was von schlechter. Neulich zum Beispiel lag in meinem Briefkasten eine Postkarte: Darauf der Posttower und  die Lettern "Bonn macht es sich selbst". Und auf der Rückseite die erste Zeile "Einfach reinstecken!". Letztendlich ging es um Strom. Da würde mich jetzt wirklich einmal interessieren, welchem Geschlecht der Schöpfer (hier bitte als generisches Maskulinum zu verstehen) dieses Textes angehört - oder welche bewusstseinsverengenden Drogen er in welcher Dosierung eingenommen hat. Für meine Begriffe geht diese Wortwahl nicht. Aber vielleicht bin ich ja auch nicht die Zielgruppe - wie mein Traummann immer zu sagen pflegt, wenn ich eine Werbung blöde finde oder sie nicht verstehe.