Dienstag, 15. Dezember 2015

Mit ihm hat's leider nicht geklappt - dafür aber mit der Käthe

So aufregend wie in diesen Tagen war es schon lange nicht mehr - für mich! Neulich komm' ich mit dem Fahrrad oben auf dem Venusberg an, fertig mit der Welt, nach Luft ringend, da seh' ich ihn, ganz ohne Vorwarnung steht er plötzlich vor mir: souverän, selbstverständlich, stattlich.  Mein Gott, was war ich aufgeregt. Er, so unaufgeregt, sich seiner Wirkung bewusst. In dem Moment wusste ich nicht, wohin mit mir - wie ein Teenager. Kamen das Herzklopfen und der rote Kopf noch vom Hochradeln oder von der Aufregung ob seines plötzlichen Erscheinens? Schwer auch, meine Gefühle zu beschreiben. Wie soll ich, wie kann ich, Gemengelage trifft es wohl am ehesten. Endlich kann ich dieses Wort auch einmal benutzen. In meinem "Schaufenster" habe ich es kürzlich gelesen und war sofort hin und weg. Nichts wie in den aktiven Wortschatz übernehmen, dachte ich. Kaum auszudenken, wo ich sprachlich ohne mein "Schaufenster" stünde.

Apropos, wo stand ich? Bei ihm! Und in mir eine berauschende Gemengelage aus Aufgeregtheit, Faszination, Anziehung und - das vor allem - Stolz. Ich bin ehrlich, ich hab kurz überlegt, ob ich mit ihm, aber ich bin dann doch ... Ab dann war ich den ganzen Tag so was von beflügelt. Hinunter geflogen bin ich den Venusberg. Wobei das jetzt wohl eher nichts mit ihm zu tun hatte. (Woran mag es liegen, dass ich, den Venusberg hoch strampelnd, so gar nichts von der Leichtigkeit des Seins verspüre?) Vielleicht lag's aber doch daran, dass er mir folgte. Ja, tatsächlich, ich bildete mir das nicht ein! Ich spürte seine Nähe, und als ich mich umsah, war er tatsächlich hinter mir! So ging es den ganzen Venusberg hinunter, mal ich vor ihm, mal er vor mir. In Poppelsdorf verloren wir uns dann leider aus den Augen. Ich weiß gar nicht, wie ich es an diesem Tag noch in den Auerberg geschafft habe, so aufgedreht, wie ich war! Und gerade hatte ich mich einigermaßen beruhigt, da seh' ich ihn doch wieder, im Auerberg, bei mir in meinem Stadtteil. Er hatte mich doch in Poppelsdorf verlassen! Woher wusste er, dass ich im Auerberg wohne? Seine Bewegungen, geschmeidig, einer Schlange gleich. Ich tat so, als bemerkte ich ihn nicht. Aber von diesem Tag an wartete ich jeden Tag auf ihn. Jeden Tag trafen wir uns an derselben Stelle. Bis zu einem Samstag. Da wartete ich lange Zeit auf ihn, vergeblich. Es dauerte lange, bis ich einsah, dass er nicht mehr kommen würde. Tage später sah ich ihn noch einmal zufällig auf dem Venusberg, von weitem. Aber ich hatte verstanden, es war aus. Nun habe ich ihn schon länger auch nicht mehr auf dem Venusberg gesehen.

Was täte ich nur ohne mein "Schaufenster". Es rettete mich aus meiner größten Not, meiner tiefsten Verzweiflung. So las ich, warum ich an besagtem Samstag umsonst auf ihn gewartet hatte. Der schnittige, gelenkige, weiße Elektro-Gelenkbus fuhr auf der Linie 601 die Strecke vom Venusberg bis Tannenbusch - über Auerberg (!). Samstags aber bediente er die Linie 608, und die fährt nicht im Auerberg. Ich erfuhr auch, dass er sich nur bis zum 30. November in Bonn aufgehalten hatte. Und dann fiel mir auch wieder das Projekt ZeEUS (Zero Emission Urban Bus System) ein, bei dem in Städten wie Stockholm, London, Paris und Bonn (!) Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit und Einsatztauglichkeit von Elektrobussen gesammelt werden. Jetzt erst verstand ich meine Aufgeregtheit. Es war dieses internationale Flair, das ihn umgab, dieser Hauch von Metropole und Glamour. 

Mittlerweile, nun, das Leben geht weiter. Hätte ich auch nur annähernd geahnt, dass mich das so mitnimmt, ich hätte Trost bei Norman Langen gesucht. Weil, das muss ich schon ehrlich zugeben, der Michael Wendler und der Mickie Krause sind jetzt nicht wirklich meine erste Wahl. Deshalb fühlte ich mich auch von der ersten Ankündigung in meinem "Schaufenster" für die Hallengaudi im Telekom Dome nicht angesprochen. Als es mir dann aber zum zweiten Mal das "Who is who" der Mallorca- und Partyszene ans Herz legte und darauf hinwies, dass auch der Norman Langen für mich sänge. Ich hab's dann aber verbaselt, weil ich ja immer an der Bushaltestelle stand. Was ja wohl auch etwas Besonderes war, wenn ich das so nebenbei richtig mitbekommen habe: Im Telekom Dome gibt's auf dem Gebiet des Basketballs in der letzten Zeit nicht so viel Anlass zur Gaudi, oder?

Indes hat sich meine Gefühlswelt wieder stabilisiert und ich kann mich wieder voll auf die Dinge des Alltags konzentrieren. Was auch unbedingt lebensnotwendig ist, wenn ich als Pedalritter (auch dieses Wort hat mir mein "Schaufenster" geschenkt - danke!) unterwegs bin. Im Dunkeln auf der Kölnstraße, zwischen nassen Gleisen und stauenden Autos. Darin der ein oder andere Autofahrer, der mich beneidet, weil ich schneller zur Käthe komme als er, mich deshalb rechts ein ganz klein wenig abdrängt. Trotzdem bin ich früher auf den Marktplatz als er, zwar klitschnass aber früher!

Apropos Marktplatz. Da las ich unter der Überschrift "Tannenschmuck in der Stadt": Das Amt für Stadtgrün stellt an den zentralen Plätzen der Stadt große Tannen auf, um seinen Teil zur stimmungsvollen Dekoration in der Vorweihnachtszeit beizutragen. Für die Beleuchtung sorge erneut SWB Energie und Wasser. Am Alten Rathaus und am Münster ... Stimmt. Toll. Ich hätt's jetzt nicht besser hingekriegt.


Und während die Autofahrer noch auf der Kölnstraße in die Stadt stauen oder in einer langen Schlange vor dem Beethoven-Parkhaus stehen. Weil, das Thema hat sich ja jetzt auch erledigt, das mit dem Beethoven-Parkhaus als Geheimtipp, so viel wie da in meinem "Schaufenster" für geworben wird. Ich also, leicht fröstelnd ob nasser Knie vom Fahrradfahren und wohl wissend, dass die meisten Weihnachtsmarktbesucher noch im Auto ausharrten, hab's dann mal gewagt, mich getraut. Jetzt oder nie, hab ich mir gedacht. Seit Jahren schon träume ich davon, immer wieder habe ich es versucht, immer wieder bin ich kläglich gescheitert. Einmal in meinem Leben (und einmal hat mir jetzt auch gereicht) in aller Ruhe durch Käthes Haus zu gehen. Nur ein einziges Mal Käthes Schätze bestaunen, ohne anderer Leute Ellenbogen in den Rippen. Freier Blick ohne den Rucksack des Vordermanns im Gesicht. Und, ich hab's geschafft, einmal in der ersten Reihe zu stehen und mir Käthe Wohlfahrts Verkaufssortiment in seiner unfasslichen Gänze anzuschauen - und nebenbei habe ich mich aufgewärmt!