Donnerstag, 18. Mai 2017

Oben pfui, unten hui

Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER in einem Artikel so: Erster Eindruck zählt - mit Home-Staging Immobilien besser verkaufen. Vor dem Verkauf einer Immobilie gestalten sogenannte Home-Stager die Räume wohnlich. Das Ziel dahinter: den bestmöglichen Preis für das Objekt zu erzielen. Die Expertin Iris Houghton braucht dafür nicht viele Utensilien aus ihrem Fundus: Ein paar Kissen in der Sitzecke, ein passender Beistelltisch, eine Leselampe sowie ein Bild an der Wand und Pflanzen auf der Fensterbank - so schnell verwandelt die Home-Stagerin einen leeren Raum in ein gemütliches Wohnzimmer. Home-Staging bringe das Potential einer Immobilie zum Vorschein und mache ihre Schokoladenseite sichtbar.
Nicht, dass ich jetzt Bonn als Ganzes verkaufen wollte, aber gesetzt den Fall - mit ein paar Kissen wäre es da momentan nicht getan. Von wegen erster Eindruck!
Also wenn du in Bonn am Hauptbahnhof ankommst, hallo! Gehst du am Haupteingang raus, da wird gerade der riesige Gebäudekomplex gegenüber entkernt. Gut, wenn die urbane Seele, die urban soul, mal fertig ist, der Hammer! Ich hab nämlich mal unter "urban soul /cross architecture" geschaut: wenn das realiter nur halb so toll wird wie deren Animation.
Aber nicht jeder Bonn-Besucher, der aus dem Bahnhofsgebäude tritt, hat ja diese Vision im Kopf - eher keiner!
Sollte der geneigte Bonn-Besucher sich nun aus Versehen nach links entlang der Bahngleise Richtung Victoriabrücke aufmachen wollen, man bringe ihn davon ab - notfalls mit Gewalt. Der Anblick Selbiger ist zur Zeit nun wirklich nicht schön. Auch wenn ein Bridge-Stager dort ein paar frische Blümchen hinstellte, für den ersten Eindruck. Trotzdem denkst du, gleich bricht sie über dir zusammen. Gut, die wird eben momentan saniert und wenn dann mal in der Zukunft  der Lichterhimmel  über der neuen Viktoriabrücke. Wenn zwischen den vier hohen Masten, die an den Brückenauf- und -abfahrten stehen und eine Art Tor zur Stadt darstellen sollen, ein Lichterbaldachin mit LED-Leuchten - Wahnsinn, das Foto damals auf der Titelseite meines SCHAUFENSTERS, so was von futuristisch! Aber nicht jeder, der jetzt gerade Bonn besucht, hat ja diesen tollen Himmel in der Zukunft vor Augen - eher keiner.
Hauptsache, ich weiß, dass das irgendwann mal ganz dolle schön wird - vor allem so was von großstädtisch! Das Wichtigste ist ja schon da: der Kreisverkehr! Leider nicht wirklich einer Weltmetropole angemessen, nicht zweispurig. Es ist nur ein kleiner Kreisverkehr geworden, also einspurig mit einer fest eingefassten Kreisinsel. Wobei, es hätte noch provinzieller daherkommen können, in Gestalt eines Minikreisverkehrs. Dessen Durchmesser liegt gerade mal zwischen 13 und 22 Metern und die Kreisinsel darf von Bussen und Lkw überfahren werden. Ich überleg grad', ein kleiner Kreisverkehr hat mindestens einen Durchmesser von 26 Metern. Wenn man da jetzt die Spuren nur unmerklich verschmälert (ich mein, darauf verstehen wir uns ja, wie man an der Victoriabrücke sieht), wenn man die Spuren ein klein wenig schmaler macht, könnte man glatt zwei Spuren draus machen.

Ich bin jetzt mit meinen lieben Gästen nicht extra den Kreisverkehr abgegangen. Nein, ich habe meine Schritte auf die Poppelsdorfer Allee gelenkt. Wir sind gemütlich Richtung Poppelsdorf flaniert, haben rechts und links die schmucken Häuser wirken lassen. Und als wir unter den Bäumen hervortreten, hallo, ist das Dach vom Poppelsdorfer Schloss eingerüstet. Gut, kann ich jetzt auch verstehen, das Schloss ist ja ein altes Gebäude und deshalb ist da eine Sanierung wohl mal notwendig.

Apropos Dach. Apropos alt. Was ich nicht verstehen kann, ich sag nur: oben pfui, unten hui. Ich mein es genau so herum. Was ist das denn, bitteschön? Das Glasdach vom Haus der Geschichte wird erneuert? Und da lese ich doch, das sei schon seit der Eröffnung des Museums im Jahr 1994 bei starkem Regen undicht. Und jetzt seien auch noch einzelne Glaselemente gerissen. Hallo, was für eine unfassliche Schlamperei. Pfusch am Bau. Und vor allem, wer bezahlt das? Für mich ist das Haus der Geschichte ein neues Gebäude. Und das Dach muss komplett erneuert werden, weil's da rein regnet? Ich fass es nicht. Aber die aktuelle Ausstellung "Geliebt. Gebraucht. Gehasst. Die Deutschen und ihre Autos" unten neben der Dauerausstellung, die zur Zeit geschlossen ist, so was von hui! Und weil ich gerade beim Wasser bin: Man betritt die Ausstellung  durch eine Waschstraße, "in der zum Glück kein Wasser fließt" - zitiere ich mein SCHAUFENSTER. Das mag wohl stimmen, dass das so gedacht ist, ohne Wasser, also trocken, aber ob's von ganz oben, vom Dach ...

Apropos neues Gebäude. Klar, auf den ersten Blick bin ich selbstredend für das neue Schwimmbad. Das neue Schwimmbad in Dottendorf soll ja das Frankenbad ersetzen. Dann kann die Weltelite der Synchronschwimmerinnen nie mehr im Frankenbad empfangen werden! Mein Hauptargument! Und weit genug vom Stadthaus ist Dottendorf allemal! Ich kann da aber wirklich nur hoffen, weil, mit großen Bauprojekten tut sich ja der Bonner (ich benutze jetzt "Bonner" selbstredend als generisches Maskulinum) an sich schwer. Ich kann nur hoffen, dass das nicht so ein Desaster wird, wie damals mit dem WCCB. Dass das endlose Jahre dauert, bis das neue Bad steht, und die Bonner mittlerweile das Schwimmen verlernt haben. Aber ein Schwimmbad als neues, großes Bauprojekt, da sind wir auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Also wenn, dann denke ich, ist ein Schwimmbad am ehesten als Bauvorhaben für uns Bonner geeignet - wassertechnisch gesehen. Der Schürmann-Bau stand ja damals auch unter Wasser. Beim Jahrhundert-Hochwasser wurde das Fundament unterspült, weil bei den Bauarbeiten auf einer Länge von 38 Metern eine Schutzwand vergessen worden war. Und ins Haus der Geschichte regnet's oben rein. Also Wasser wäre ja jetzt nicht wirklich fehl am Platz, in einem Schwimmbad.