Mittwoch, 24. Januar 2024

War’s das mit dem Bonner „Walk of Arts“?

Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: In einem offenen Brief haben die Mitglieder des Vereins „Bürger für Beethoven“ die Bezirksvertretung Bonn gebeten, nicht der Empfehlung der Bonner Kunstkommission zu folgen, den Leihvertrag für die Skulptur „Hommage an Beethoven“ von Markus Lüpertz auslaufen zu lassen. „Auch wenn die Lüpertz-Skulptur von Anfang an Diskussionen ausgelöst hat, halten wir es für falsch, ausgerechnet aus der Beethovenstadt Bonn ein Kunstwerk zu entfernen, das sich mit dem Komponisten auseinandersetzt.“ Im Übrigen solle man das bürgerschaftliche Engagement des Vereins „Stiftung für Kunst und Kultur“ nicht gering schätzen: „Immerhin wird dadurch die Beethoven-Darstellung eines international renommierten Künstlers in der Geburtsstadt des Komponisten gezeigt, ohne dass es die Stadt Geld kostet.“ Jeder wisse, dass für den Fall des Abbaus an diesem Standort kein Kunstwerk ähnlichen Ranges aus dem städtischen Haushalt finanziert werden könne.

Lies dir unbedingt hier den vollständigen Brief durch! Am Ende wird es noch mal richtig interessant. Danach haben von den 13 Mitgliedern der Kunstkommission nur fünf an der entsprechenden Abstimmung teilgenommen. Nur drei haben die Verlängerung des Leihvertrages abgelehnt. Wenn du dir dann den vollständigen Brief durchgelesen hast, mal ganz platt gefragt: Was genau gibt es für einen Grund, die Skulptur abzubauen? Wobei ich zugebe, dass ich noch nicht bewusst davor stehen geblieben bin. Und das, obwohl sie schon seit 2014 dort steht. Das werde ich jetzt aber selbstredend nachholen.

Ich habe übrigens hier einmal nachgeschaut, was sich der Lüpertz bei seiner Skulptur gedacht hat: Lüpertz geht es in diesem Werk weniger um das ehrende Abbild, sondern um ein intensives Sinnbild der inneren Kämpfe, der Zerrissenheit und der dramatischen Interpretation des künstlerischen Genies. Und wo ich gerade dabei war. In Bonn gibt es ja von dem Lüpertz noch ein Kunstwerk. Und zwar vor dem Hochhaus des Post-Towers. Dort steht die zehn Meter hohe Bronzeskulptur des „Mercurius“, der auf einer blauen Weltkugel balanciert.

Apropos Kunst in Bonn. Da fiel mir doch justamente ein Artikel meines SCHAUFENSTERS aus dem Jahre 2018 (!!) in die Hand. Ja, hab ich mir aufgehoben! Die Lettern dort lauten: Die Welt von morgen ist bunt – Macke-Hommage am Hofgarten enthüllt. Der Blick zurück, hier in die Zeit des großen Bonner Expressionisten August Macke, ermöglicht eine Vision für die Welt von morgen. Wenn es nach der Vorstellung von Stephan Balkenhol geht, ist die bunt und vielfältig. Das vermittelt jedenfalls das Standbild des Bildhauers, das nunmehr eine Ecke des Hofgartens ziert. Die Bronzefigur guckt ohne sichtbare Regung in den in farbigem Glas dargestellten Himmel, der als eine Art von Baldachin auf einer Empore steht und von vier Streben gehalten wird. Zur Einweihung gab es damals Festreden vom damaligen OB Ashok Sridharan und von Walter Smerling, dem bis heute Vorsitzenden der „Stiftung für Kunst und Kultur“. Auf dem Foto lächelt der Altkanzler Gerhard Schröder mit seiner Ehefrau Kim (die wievielte eigentlich?) in die Kamera und neben ihm der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, dem das Lachen ja in der Zukunft vergehen würde. Weiter heißt es in dem Artikel: Walter Smerling kündigte einen „Walk of Arts“ für Bonn an. Im Laufe der Jahre bis 2030 will er 17 Kunstwerke in Bonns öffentlichem Raum aufstellen. „Kunst ist dafür da, dass wir uns weiterentwickeln“, meinte er. Und die ersten vier Werke dieser Sammlung, also der Lüpertz-Beethoven, der Cragg am Remigiusplatz, der Bogen am Trajekt-Kreisel und jetzt die Macke-Hommage seien ein guter Anfang.

Wenn ich das alles richtig verstanden habe (ich habe auch noch einen Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger gefunden), teilt Walter Smerling den Wunsch der Kommissionsmitglieder nach anderer Kunst auf Bonns Straßen und Plätzen. Deshalb habe sein Verein ja in den vergangenen Jahren auch kontinuierlich weitere Künstler nach Bonn eingeladen, die dem Stadtbild Werke hinzugefügt haben. Und wenn ich das weiter richtig verstehe, hat die Stadt Bonn seit 20 Jahren in Sachen Kunst überhaupt nichts unternommen. Jetzt will man die Skulpturen abräumen, aber weiß noch gar nicht, wo Alternativen herkommen sollen. Schließlich habe die Oberbürgermeisterin klargestellt, dass es kein Geld für solche Projekte in der klammen Stadtkasse gebe. Ja, du hast richtig gelesen, die Rede ist von Skulpturen, Plural. Weil es wohl auch um das Schicksal der Skulptur „Mean Average“ von Tony Cragg geht. Wenn ich jetzt die aktuelle Situation von Kunst im öffentlichen Bonner Raum mit den Visionen aus dem Jahr 2018 vergleiche: Unter „Walk of Arts“ Bonn  findest du im Internet nichts. Stattdessen sollen jetzt auch noch zwei von den vier genannten Skulpturen verschwinden. 

Wenn mir hier in Bonn die Sache zu blöde wird, wenn mir die Bonner Entscheidungsträger ganz blöde kommen. Wenn die mir den Tony wegnehmen, fahre ich einfach. Nein, nicht nach Köln und auch nicht nach Hamburg oder München oder Berlin. Nein, ich fahre nach Wuppertal. Las sich doch kürzlich im Feuilleton einer Zeitung ein seitenlanger Artikel unter der Überschrift „Das neue Berlin heißt Wuppertal – Die Industriestadt wird zum Kraftzentrum der Künste“. Wobei ich das auch ohne diesen Artikel schon lange wusste. Schon seit Jahren ist Wuppertal meine heimliche Geliebte. Und so sieht mein alljährlicher Tag in Wuppertal aus: Zuerst geht es zu Tony Craggs Skulpturenpark. Da schaue ich mir dann nach Herzenslust seine Skulpturen an. Dann eine lange Fahrt durch – oder sollte ich lieber sagen über - Wuppertal  mit der Schwebebahn, um die ich die Wuppertaler so was von beneide. Und dann zu Fuß durch die Innenstadt zum Brauhaus, das in einem ehemaligen Hallenbad beheimatet ist. Was für eine Location! Übrigens, dort in der Fußgängerzone, also im öffentlichen Raum, gibt es ganz viele Kunstobjekte.

Mittwoch, 3. Januar 2024

Wut tut manchmal gut


Also die Frau Kissel-Dutz, die muss so was von Connections zu meinem SCHAUFENSTER haben, von denen ich nur träumen kann! Habe ich in meinem letzten Beitrag von gesprochen, über ihre Einladung des evangelischen Kirchenkreises zur Tanz- und Stille-Meditation. Im darauf folgenden SCHAUFENSTER war da doch zum zweiten Mal der gleiche feine Beitrag zu ihrer Tanz- und Stille-Meditation. Also wenn das keine super Werbung ist!

Apropos Einladung und evangelische Kirche. Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Die Weiterbildungseinrichtung der evangelischen Frauen bietet den Kurs „Inneren Frieden mit den Eltern finden“ an. Er findet vier Mal donnerstags von 17:30 bis 19:00 statt. In dem Kurs geht es um die Beziehung zu den Eltern, die das eigene Leben prägt und Einfluss auf das Gelingen von Partnerschaften, den Umgang mit den eigenen Kindern und auf die Grundzufriedenheit im eigenen Leben hat. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, mit ihren Eltern in Frieden zu leben, fühlen sich von ihnen verletzt, enttäuscht, nicht geliebt oder abgelehnt, haben vielleicht den Kontakt abgebrochen oder minimieren ihn. Oder die Eltern sind verstorben und es konnte vieles nicht geklärt werden. Wie man den inneren Frieden mit den Eltern finden kann, soll Gegenstand des Kurses sein. Der Kurs wird geleitet von Sofie Otto, Referentin für Persönlichkeitsentwicklung mit langjähriger Erfahrung in Gesprächsgruppen, in Trennungsgruppen und für Gruppen in Änderungsprozessen auch bis ins höhere Alter hinein. Die Kosten des Kurses betragen 85 Euro.   

Also erst einmal: Gratulation Frau Otto - welch Gesamtpaket! Da ist ja alles drin, und das bis ins hohe Alter! Spontan meine Frage: Gibt es so einen Kurs auch für Männer? Oder anders: Gibt es die Weiterbildungseinrichtung auch für Männer und, wenn ja, wird der da auch für Selbige angeboten? Und was ich mich auch noch gefragt habe: Wie genau haben das denn früher die Frauen verarbeitet? Wobei es dieses Wort in diesem Zusammenhang ja noch gar nicht gab. Wenn da was verarbeitet wurde, dann war es Fleisch zu Hack. Das war’s dann aber auch schon. Also, wie haben die das gemacht, als es die Frau Otto noch nicht gab? Erst einmal glaube ich, die Frauen, die ihre Eltern bis zum Tod gepflegt haben, hätten gar keine Zeit gehabt, sich die Zeit für die vier Male aus den Rippen zu schneiden. Da gab es die Tochter, die ihre Eltern liebevoll pflegte, ohne dafür auch nur ein Dankeschön zu bekommen. Und die Tochter hatte einen Bruder, der sich einmal im Jahr blicken ließ und die Eltern sich dann so was von gefreut haben, dass der ach so vielbeschäftigte Sohn es einrichten konnte. Und dann sind die Eltern, die du Jahre gepflegt hast, nebenbei hast du übrigens Kinder großgezogen und den Haushalt gestemmt, gestorben. Das war sehr schade, du hast getrauert und hattest plötzlich viel mehr Zeit als vorher. Vielleicht warst du am Ende des Tages sogar ein ganz klein wenig froh, dass es mit der Mama zu Ende gegangen war. So war und ist das Leben! Und natürlich hattest du deinen Frieden mit den Eltern gemacht – wenn du das wolltest!

Was genau heißt das überhaupt? Zu einer Zeit, als es noch keine Referenten für Persönlichkeitsentwicklung gab, als das Wort Persönlichkeitsentwicklung noch nicht erfunden worden war, also als die Frau Otto noch mit einer anderen Tätigkeit sich hätte die Brötchen verdienen müssen, gab es Mütter oder Väter, die du aus vielerlei Gründen zu Recht nicht geliebt hast. Heutzutage ist das übrigens auch so. Aber wir müssten ja ein Völkchen von unglaublich glücklichen Menschen sein, weil wir ja so viele Spezialisten haben, mit denen wir über alles reden können. Wenn ich mich so umschaue, scheint dem aber nicht so zu sein. Was genau ist denn an der These falsch, dass Familie nicht per se gut ist? Dass Familie nur dann gut ist, wenn sie gut tut. Und dass es durchaus sein kann, dass weniger Kontakt mehr Frieden bedeutet? Was ich sagen will, früher gab es diese Kurse nicht. Und ich bezweifle stark, dass die Frauen ohne diese Kurse unglücklicher waren. Auf jeden Fall haben sie sich schon mal die Kursgebühr gespart. Und was auf jeden Fall mal so was von besser war: Die Frauen sind nicht auf die Idee gekommen, dass sie eventuell daran schuld sein könnten, dass ihre Partner fremdgehen. In der Einladung von der Frau Otto steht ja, dass deine Beziehung zu deinen Eltern Einfluss auf das Gelingen deiner Partnerschaft hat.     

Weil, kaum hast du diesen Kurs hinter dich gebracht, kannst du dich. Also wenn du nach dem Kurs von der Frau Otto der Meinung bist, dass du da noch ein wenig mehr Frieden mit deinen toten Eltern reinbringen könntest, dass du dir vielleicht doch mal ein Therapeutendes suchen solltest. Wenn du da jetzt die öde Langeweile hast, weil der Kurs von der Frau Otto vorbei ist und das Therapeutende dich erst einmal auf seine Warteliste gesetzt hat. Vielleicht hast du ja dann das Glück, dass du gerade von deinem Mann verlassen wurdest und zusätzlich über 50 bist. Weil da las es sich eben auch neulich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Trennungsgruppe für Frauen ab 50 – Die Trennung vom Partner verlangt, die eigene Situation neu zu reflektieren. Trauer, Wut und Verletzlichkeit wollen ihren Raum haben (da sag ich mal, wir teilen den Raum nicht durch drei, sondern geben der Wut den ganzen Raum!). Das Treffen bietet betroffenen Frauen ab 50 Jahren Gelegenheit zu gegenseitigem Kennenlernen, zum Gespräch und Erfahrungsaustausch. Die Gesprächsrunde wird von Sabine Cornnelissen, Frauenbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel geleitet (die sind da so was von aktiv bei diesem Evangelischen Kirchenkreis!).

Was mir dazu einfällt ist der amerikanische Film „Club der Teufelinnen“, der davon handelt, wie betrogene Ehefrauen sich an ihren Ehemännern rächen. Was eine ordentliche Portion Wut doch leisten kann! Wo ich mir natürlich jetzt nicht mehr ganz so sicher bin: Mein Göttergatte weiß, dass ich diesen Film liebe. Liebt mein Traummann mich jetzt tatsächlich noch ganz dolle? Oder verlässt er mich nur aus nackter Panik vor den möglichen Konsequenzen nicht?