Donnerstag, 24. März 2022

Reif für die Verkehrsinsel !

 Ich hatte ja erwähnt, dass so eine Webcam vor meiner Auerberger Postfiliale so was von toll wäre, von wegen der Neugier und für die Prahlerei. Bis es soweit ist, behelfe ich mich natürlich nach wie vor mit meiner Verkehrsinsel auf der Kreuzung an der Kölnstraße, da wo die Volksbank und Gilgens an der Ecke sind. Das ist soweit ja auch ein passable Zwischenlösung. Das musst du dir so vorstellen, gut, nenn's auflauern, mir auch egal. Also Beispiel, ich stehe auf meiner Verkehrsinsel und sehe, dass sich von Weitem eine Nachbarin nähert. Da lass ich mir dann das ein oder andere einfallen, wenn ich weiß, dass die notgedrungen jetzt ampeltechnisch auch auf die Verkehrsinsel kommen muss. Will sagen, ich ignoriere einfach die ein oder andere für mich grüne Fußgängerampel, bis die Nachbarin dann bei mir landet, auf meiner Verkehrsinsel, wo sie nicht vor mir flüchten kann - und schwuppdiwupp, eh du dich versiehst, ist wahlweise die Neugier befriedigt oder der Angeberei gefrönt. 

Also wenn ich es mir so recht überlege, stehe ich eigentlich recht oft auf meiner Verkehrsinsel. Auch einfach mal so zum Nachdenken und Runterkommen. Letztens zum Beispiel, die Sonne schien mir so fein ins Gesicht, um mich herum diese gleichbleibende Geschäftigkeit, dieses meditative Verkehrsgewusel. Ja, es hat etwas total Tiefenentspannendes in diesen hektischen Zeiten, wenn du inmitten dieser Betriebsamkeit von dunkelrot-ignorierenden-Autos und Motor-aufheulenden-Autofahrern einfach nur warten musst. Oder auch hören, was für eine Mucke da aus dem offenen Fenster raushaut. Sehen aber auch, wie manch an der Ampel wartender Autofahrer mal so schaut, was sich so im Näschen angesammelt hat. Nun gut, wie ich da so meine Seele baumeln ließ, dachte ich an meinen letzten Beitrag, wo es ja um Klappspaten ging.

 Und das ist ja schon, ich trau mich gar nicht, in dem Zusammenhang das Wörtchen beeindruckend zu verwenden. Also so was von, ja, man muss es neidlos anerkennen, so was von kreativ. Und wenn der Vollidiot so was von kreativ ist, hallo, Hut ab. Ich mein, da musst du erstmal drauf kommen: Da gibt es ja diese Influencer, die den Gastwirten und Hoteliers die Rechung nicht bezahlen, weil sie ja immerhin Fotos von der Location auf Instagram posten und so ja Werbung machen, bei ihren Abermillionen Followern. Ich weiß nicht, ob du das verstanden hast, weil in so ein deppertes Hirn ist es ja recht schwer, sich hineinzuversetzen. Diese Menschen, die vollkommen den Bezug zur Realität verloren haben, wollen gratis Essen und Übernachtung.  

Schau, ich hab dir mal etwas aus dem Internet rausgesucht: Ein Familienrestaurant auf der griechischen Insel Kos hat am 27. Juli ihren Umgang mit frechen Influencer-Anfragen auf Twitter publik gemacht. Wie auf der griechischen Nachrichtenseite mikropragmata berichtet wird, ist das Restaurant mit Dutzenden solcher Anfragen jedes Jahr konfrontiert. Influencer fragen demnach nach kostenloser Unterkunft, gratis Essen oder Produkten im Gegenzug für Postings und Markierungen auf ihrem Instagram-Profil. Eine dieser Kooperationsanfragen sah zum Beispiel so aus: „Hallo! Hoffe, es geht dir gut? Ich habe neulich von einem Freund gehört, dass ihr großartige griechische Mahlzeiten und vegane Optionen serviert. Ich würde gerne mit meinem Freund hierherkommen im Gegenzug für Social-Media-Markierungen. Ich habe Griechenland schon ein paar Mal besucht und hatte Probleme, vegetarische und vegane Optionen zu finden. Würde davon gerne meinem Publikum erzählen. Ich bin von 18. bis 21. Juli in Kos.“

Und wo ich gerade so auf meiner Verkehrsinsel stand und die Gedanken kommen und wieder ziehen ließ … verstehst du, die Gedanken? Verkehrsinsel, Insel Kos, Urlaub, verstehst du? Hallo, ist das nicht ein feiner Übergang? Ich hatte einfach noch keine Lust, meine Verkehrsinsel zu verlassen (zumal ich von Weitem einen alten Mann heranschlurfen sah, den ich auch einmal nach diesen An-die-Eigentümer-dieser-Immobilie-Briefen fragen wollte). Mir fiel eine Werbung von Eurowings ein, die ich auf unserem letzen Flug in deren Angebots-Flyer gelesen hatte: "Sandwich Deal: 1 Sandwich und 1 Getränk nur 7 Euro. So sparen Sie sofort 1 Euro für den nächsten Flug." Hallo, wo genau spare ich jetzt, wenn ich für übertrieben teuer Geld ein labberiges Sandwich kaufe? Da merkst du auch, dass du alt bist: Was habe ich mich immer gefreut auf den dings. Mit Pfeffer und einem kleinem Spatel zum Umrühren. Klar, hättest du dir den auch zuhause mal gönnen können. Aber meist hast du es vergessen. Erst im Flieger, wenn der Servierwagen durch den schmalen Mittelgang sich langsam auf dich zu bewegte, erst dann hast du an den Tomatensaft gedacht, den du dir gleich bestellen würdest, umsonst, gratis! Ich weiß noch, wie ich immer ein klein wenig hin- und hergerissen war, zwischen einem Gläschen Rotwein und Tomatensaft. Was meist vollkommen problemlos war, weil die nette Stewardess (und hier bediene ich mich einmal des generisches Femininums, und außerdem steckt der Mann ja schon drin) immer ein zweites Mal vorbeischaute, wo sich dann der ein oder andere noch einen Kaffee gönnte oder ich ein Gläschen Rotwein. 

Wie lange ist das her, als Stewardess noch ein Traumberuf war! Das Wort klang so international. Dann hieß es später nur noch Flugbegleiterin. Und als ich dann die despektierliche Bezeichnung Saftschubse hörte, und das ist auch schon wieder viele Jahre her, verspürte ich eine gewisse Trauer und kam ich mir sehr alt vor.


Mittwoch, 2. März 2022

Berufswunsch: Influencer oder Klappspaten?

Ich hatte mir in dem Zusammenhang überlegt, ob die mir bei Google Maps. Weil das war ja auch wieder so ein Ding. Was ich nicht wusste, bis ich das mal raushatte, dass ich mir gar nicht extra Freitagmorgen den Wecker auf 5 Uhr stellen muss. Also Beispiel, wenn ich jetzt am Freitag fürs Wochenende an die holländische Küste fahre, will ich ja nicht, das steht ja in keinem Verhältnis, kaum bin ich aus Bonn losgefahren, direkt schon auf der A555 ab Wesseling Stunden im Stau verbringen. Und ich hatte das jetzt schon einige Wochen auf diese Art recherchiert, hatte aktuell um 5 freitags in der Früh dann bei Google Maps geschaut. Und weil mir da schon wieder zu viele Autos unterwegs waren, hatte ich dann am folgenden Freitag den Wecker auf 4 gestellt. Bis mein Traummann mir von dieser Möglichkeit erzählt hat.

So was von toll! Da kann ich jetzt aktuell bei Google Maps schauen, wie lange ich im Stau stehen würde, wenn ich, Bielefeld soll ja auch ganz nette Ecken haben. Ich mein, im Moment ist eh kein Urlaub geplant. Ich bin ehrlich, ja ich weiß, total überreagiert, aber mich stresst das, wenn in meinem Briefkasten diese Briefe auftauchen. Mir ist es zum Beispiel völlig egal, wenn die mir immer an mein Auto dieses Kärtchen "Kaufe Ihr Auto" unter den Scheibenwischer stecken.

Aber wenn diese An-die-Eigentümer-des-Hauses-Briefe in meinem Briefkasten stecken. Neulich wieder von Nöthen & Nöthen. Deren Motto: Wenn Kompetenz von Nöthen ist. Sie schrieben mir, dass sie dringend Einfamilienhäuser suchten und boten mir in dem Zusammenhang eine kostenlose Beratung bei Sanierung und Renovierung an. Ich hab mir dann mal die Zeit genommen und die Nachbarn gefragt, ob sie auch solch Schreiben im Briefkasten hatten. Weil das will ich ja immer schonmal wissen: Schmeißen die mir das ein, weil die genau wissen, wie alt ich bin, oder weil das Haus so einen verwahrlosten Eindruck macht oder einfach mal auf gut Glück halb Auerberg gefragt? Was soll ich sagen, ich bin keinen Schritt weiter: beide Paare, die ich gefragt habe, sehr, sehr jung. Die einen hatten auch den Brief im Briefkasten, die anderen nicht. Jetzt weiß ich immer noch nicht, ob das Paar, das auch diesen Brief im Briefkasten hatte, deshalb von Nöthen & Nöthen angeschrieben wurde, weil sie auch schon auf die Fünfzig zugehen. Und die anderen Nachbarn deshalb nicht, weil sie noch nicht mal vierzig sind. Ob die da bei Nöthen & Nöthen so eine Altersschallgrenze haben. Oder lag der einfach nur bei denen zwischen Werbeprospekten und ist im Altpapier gelandet? Und, ja, kann natürlich auch sein, dass die einen mir nur gesagt haben, sie hätten auch einen Brief im Briefkasten gehabt, um mich nicht zu beunruhigen. Ich werde es nie herauskriegen. Ich habe mir auch mal deren Häuser genauer angeschaut, ob da auch ein bisschen Nachlässigkeit hervorschimmert. Egal, ich bin jedenfalls wieder auf dem Trip, dass in meinem Vorgarten alles picobello aussehen muss, und deshalb kein Urlaub in nächster Zeit.

Wo war ich? Ach ja, dass ich jetzt bei Google Maps schauen kann, wie lange ich im Stau stehen würde, wenn ich jetzt nach Bielefeld. Und das wäre natürlich so was von komfortabel, wenn es so etwas auch für meine Auerberger Postfiliale gäbe. Und jetzt sag mir nicht, dass ich die Briefmarken auch online kaufen kann. Weiß ich. Es las sich auf der Internetseite der Post: Hinter dem Menüpunkt "Versenden" lassen sich Briefmarken digital kaufen und als Code zum Beschriften oder als Marke zum Ausdrucken erwerben. Auch so genannte Ergänzungsmarken in Höhe von fünf oder zehn Cent lassen sich über die App kaufen.

Ich will doch in der Schlange stehen oder sitzen, aber eben nicht unendlich lange. Und wenn ich es mir recht bedenke, so eine. Wie heißen diese dings noch? Ich sitze hier in Bonn auf meinem Sofa und könnte, wenn ich wollte, aktuell sehen, wie es auf dem Marktplatz in Bielefeld so was von stürmt. Gesetzt den Fall, da steht so eine - richtig, Webcam heißen die. Und so eine Webcam an meiner Auerberger Postfiliale wäre natürlich für mich von unglaublichem Nutzen. Da könnte ich dann immer schauen, welch interessante Leute sich in die Schlange eingereiht haben und wie die aktuelle Stimmung ist, was das Draußen-Maske-Tragen angeht. So eine Webcam hätte aber auch sonst ungeahnte Vorteile. So könnte ich mir, wo ich ja gerne wissen würde, wem die Herrschaften Nöthen & Nöthen noch solche Briefe in den Briefkasten gemüllt haben, genau aussuchen, wen ich in der Schlange diesbezüglich interviewen möchte. Und ich mein, dann gibt’s ja diese dings, wie heißt es, Neugier, die ja auch irgendwann einmal befriedigt werden möchte. Wo du aber bei Leibe nicht an der Haustür klingeln kannst. Zu offensichtlich. Aber wenn du jetzt "zufälligerweise" in der Warteschlange hinter ihr stehst.

Das ist ja weiß Gott kein Einzelfall, dass strunzblöde Schüler tatsächlich von einer Karriere als Influencer ausgehen. Oder auch als Spiele-Designer. Oder, wie viele Vollpfosten sehen sich zukünftig bei Apple am Laptop arbeiten, Latte macchiato schlürfend, ohne auch nur ansatzweise den dazu nötigen IQ zu haben oder den Fleiß aufzubringen. Und wenn dessen Mutter mir jetzt in der Schlange ausgeliefert ist, kann ich die jetzt natürlich nicht fragen, was eigentlich aus ihrem depperten Sohn, dem Klappspaten, geworden ist. Aber ich lass dann einfach Klappspaten und deppert weg - und schon ist meine Neugier befriedigt. Und umgekehrt noch besser, so eine Webcam an meiner Postfiliale. Also mal, damit du mich verstehst. Beispiel: Meine Tochter hat den Master gemacht und das möchte ich unbedingt einer blöden Nachbarin unter die Nase reiben. Kann ich auch nicht bei der an der Haustür klingeln. Aber wenn ich jetzt sehe, dass die in der Schlange steht, wo sie nicht vor mir flüchten kann. Dann darf die Schlange ruhig auch mal recht lang sein.