Mittwoch, 27. Mai 2020

Wenn wir dann später zurückblicken …

Wenn wir dann später zurückblicken auf Corona, werden wir uns lachend in den Armen liegen und sagen: "Das waren vielleicht verrückte zwölf Jahre!"

Und genau so ist es! Heute, im Sommer 2032, kann ich das nur bestätigen! Wenn ich bedenke, wie schwierig es in diesen Zeiten alleine schon war, in meinem SCHAUFENSTER einen Artikel zu finden, der nichts mit Corona zu tun hatte. Hier, der, zum Beispiel, wie lange musste ich da suchen - nach solch Lettern: "Pyramide aus Baumscheiben, Unterschlupf für Tiere in Bonn-Gronau".  Darunter ein feines Foto von der Pyramide, hübsch eingezäunt mit einem Jägerzaun. Darunter: "Auf einer kleinen Grünfläche in der Adalbert-Stifter-Straße in Bonn-Gronau hat das Amt für Stadtgrün eine Baumscheiben-Pyramide angelegt. Das Umweltprojekt leistet einen Beitrag zur naturnahen Gestaltung städtischer Grünflächen."   

Und dann erst der Artikel: "Die Totholzpyramide wurde aus Baumscheiben von Laub- und Nadelgehölzen gefertigt, die den extrem warmen und trockenen Sommer 2019 nicht überstanden haben. Die Holzscheiben wurden versetzt und überlagernd aufgeschichtet. Die entstandene Pyramide ist etwa drei Meter hoch und dreieinhalb Meter breit. In den Gängen und Hohlräumen der Pyramide können sich Tiere verstecken, wohnen oder überwintern. Die Holzscheiben bieten zudem vielen Insekten, Pilzen und Flechten einen Lebensraum. Rechts und links der Pyramide stehen die verbliebenen Stämme zweier abgestorbener Birken. Auch sie bleiben vorerst erhalten, um als Biotopbäume noch einigen Arten als Lebensraum zu dienen. Die Totholzbäume werden jährlich auf ihre Standfestigkeit kontrolliert. Falls diese nicht mehr gegeben ist, müssen sie entfernt werden."
So ein feiner, ausführlicher Artikel. Ja, das war eine verrückte Zeit, damals, als ich solche Artikel bis zum Ende gelesen habe, nur um mal etwas anderes zu lesen. Und was soll ich sagen, obwohl das Wort Corona nicht vorkam, war ich nach der Lektüre total durch den Wind, denn es ging ja auch hier um den Tod - um eine Totholzpyramide und abgestorbene Birken. Ja, so waren die Zeiten damals.

Was sich aber wirklich über die langen Jahre hinweg zum Besseren gewendet hat. Ich mein, man hatte es ja in den Jahren zuvor schon mitbekommen. Da gab es einen Trump in den USA, einen Boris Johnson in England, einen Erdogan in der Türkei. Männer, die - wohl gemerkt -  demokratisch gewählt worden waren. Schon da gab es ja Stimmen, ob Wahlen überhaupt anzuerkennen seien. Ob das Internet die Wahlen nicht ad absurdum führe. Immer häufiger war die Rede von Manipulationen, Bots und Algorithmen.
Und dann, ich erinnere mich noch, die Streitereien im Jahr Eins von Corona um die Präsidentschaftswahlen in Polen, dieses elende, langwierige Hickhack um einen neuen Wahltermin. Und auch in meinem SCHAUFENSTER auf der Titelseite die Lettern "Kommunalwahlen - ja oder nein". In Bonn standen Kommunalwahlen an und vier Kandidaten standen parat, die gerne Oberbürgermeister werden bzw. bleiben wollten. Es gab den Ashok Sridharan, die Katja Dörner, die Lissi von Bülow und den Dr. Michael Faber. Es gab die Meinung, dass eine Verschiebung zwingend sei, keine Verschiebung nötig sei, der Wahltermin möglichst zu halten sei und reiner Online-Wahlkampf unfair sei.
Ich weiß gar nicht mehr, wie es damals ausgegangen ist. Und es war ja schon abzusehen, es hatte sich ja bereits abgezeichnet, es gab ja auch wirklich Wichtigeres. Was brauchte es eigentlich Wahlen, absolut überbewertet, damals. Was ich sagen will, dass wir uns irgendwann mal von diesen althergebrachten Ritualen verabschiedet haben, dass wir die Wahlen abgeschafft haben, war schon ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Was auch ein weiterer Schritt in die richtige Richtung war, weil auch so was von überbewertet. Ich mein, es hatte sich ja bereits schon in Finnland abgezeichnet. Die Finnen hatten bereits im Jahre 2016 entschieden, die Schreibschrift abzuschaffen. Und dann diese ewige Diskussion um Eulen und Lerchen. Der Herr Neurobiologe Peter Spork mit seiner Forderung, der Präsentismus in Büro und Schule müsse einer Berücksichtigung von Chronotypen weichen. Der Herr Neurobiologe Peter Spork mit seinem Plädoyer für eine Gleitschulzeit: Der Schüler entscheidet, wann er morgens zur Schule kommt. Kommt er später, bleibt er an diesem Tag entsprechend länger.
Ich bin damals schon - lange Zeit vor Jahr Eins von Corona - einen Schritt weitergegangen und habe empfohlen, dass der Schüler, der selbst um die Mittagszeit noch so gar keinen Bock verspürt, sich jetzt endlich mal auf den Weg zur Schule zu machen, es doch bitteschön auch lassen soll für diesen Tag oder auch für den folgenden. Denn, sind wir mal ehrlich, für die meisten Schüler hätte das Leben ja so was von schön sein können, wenn es damals die Schule nicht gegeben hätte.
Dank Corona haben wir dann aber wirklich Gas gegeben. Weil, Präsentismus, den gabs ja dann beim Lockdown erst mal nicht mehr. Und, man muss es doch mal deutlich sagen, die Schulgebäude waren im Jahr 2020 so was von heruntergekommen, so was von in desolatem Zustand. Die Zeit war einfach reif. Jeder Schüler hatte doch in der Verwandtschaft einen alten Menschen, den er der Gefahr einer Ansteckung nicht aussetzen wollte. In die Schule zu gehen und Corona mit nach Hause zu bringen - wofür, bitteschön? Und dann gab es ja auch viele Lehrer, die durchaus der Meinung waren, dass man die Öffnung der Schulen mal ganz langsam angehen sollte. Es wurde sogar schon vom Notabitur 2021 gesprochen - im April 2020! Es passte einfach alles, es gab viele erdrückende Argumente, nicht zuletzt, dass Bildung ja auch vollkommen überbewertet war. Und deshalb wurde sie abgeschafft.

Heute, im Jahr 2032, wir vermissen sie nicht, die Bildung und die demokratischen Wahlen. Könnte damit zusammenhängen, dass das eine das andere bedingt. 


Mittwoch, 6. Mai 2020

Darf sie das? Ja, ich darf!


Ich hatte ja neulich den Artikel aus meiner Cosmopolitan vom Sommer 2019 erwähnt. Dass damals mein Augenmerk nicht auf dem Klopapier war, sondern auf den Power-Schultern. 
Und dann fiel mir der Artikel "Ist das die Zukunft unserer Innenstädte" aus meinem SCHAUFENSTER in die Hände. Man sieht auf einem recht großen Foto mehrere leere Geschäftslokale nebeneinander, auf jeder Schaufensterscheibe der Schriftzug "Geschäftsaufgabe" und die Straße menschenleer: "Gähnende Leere in unseren Einkaufsstraßen? Diese Fotomontage könnte trostlose Realität werden." In dem Artikel geht es darum, dass die Verbraucher ein Gleichgewicht zwischen Onlinekauf und Shoppen vor Ort finden müssen, wenn sie nicht eines Tages verwaiste Innenstädte haben möchten. Der Artikel stammt vom 29. August 2018. Niemand hätte sich damals einen anderen Grund für menschenleere Innenstädte denken können.
Und wo ich gerade dabei bin, ein anderer Artikel aus meinem SCHAUFENSTER behandelt auch die Situation in der Bonner Innenstadt: Die Innenstadt wäre verödet, der Einzelhandel siech, die Unternehmen ohne Zukunft. Insgesamt befürchtet Dirk Vianden einen "Super-Gau". Es geht in dem Artikel aber nicht um die aktuellen Folgen durch Corona, sondern die Verbände warnen vor einem "Stau-GAU": Ist Bonn auf dem Weg zum Verkehrsinfarkt? Sie treibt die ernste Sorge um Bonns Verkehrsprobleme um. Das city-marketing, der Einzelhandelsverband, Haus & Grund sowie die IHK sehen ein Verkehrschaos voraus.
Das mit dem Verkehrsinfarkt hat sich ja jetzt erst einmal erledigt. In dem Artikel geht es aber um ein fehlendes umfassendes Mobilitätskonzept, die Rede ist vom offensichtlichen Planungschaos bei den unprofessionell handelnden Verantwortlichen, das Nichtvorhandensein eines durchdachten Planes. Und es werden Zweifel an der Kompetenz der städtischen Gesprächspartner geäußert. Und wo wir da jetzt bei, wie soll ich sagen, ich will jetzt nicht von Parteiengezänk, Partikularinteressen der Kommunalpolitik oder auch einfach nur Beschränktheit sprechen. Aber ich hoffe nur zutiefst, dass die unglaublich kompetenten Verantwortlichen im Stadthaus jetzt nicht meinen, das Problem sei gelöst. Nur weil sie momentan nach draußen schauen und wenige Autos sehen.

Heute, im Mai 2020, verbinden wir womöglich mit dem Wort GAU etwas ganz anderes als damals im Dezember 2018, als dieser Artikel erschien. Womit ich wieder in der Gegenwart bin. Und, ja, ich hatte bereits erwähnt, dass auch ich Biberkäufe in Form von Prosecco getätigt habe. Und, ja, ich habe auch erstmals eine Packung Klopapier gekauft, obwohl es noch nicht so ganz dolle pressierte, klorollenvorratstechnisch. Was mich aber zutiefst verunsichert hat, was meine Psyche betrifft: Kürzlich komme ich in meinen Lieblingsdiscounter zur Tür rein und stehe unvermittelt vor einer komplett gefüllten Palette mit Mehl - vor einer komplett gefüllten Palette mit Mehl! (Das soll so - zweimal) Bestimmt seit acht Wochen hatte ich kein Mehl mehr gesehen. Nicht dass ich aktiv danach gesucht hätte. Ich weiß das nur deswegen, weil Mehl normalerweise neben den Eiern liegt und da jetzt immer gähnende Leere herrschte. Was ich aber eigentlich sagen wollte. Wie ich da so stehe, vor dem gigantischen Mehlhaufen, ertappe ich mich doch tatsächlich bei dem Gedanken, Mehl kaufen zu wollen. Und das, obwohl ich Mehl überhaupt nicht vermisst habe. Und, was das Ausschlaggebende ist, ich backe gar nicht, ich kann und ich will gar nicht backen! Was das Klopapier betrifft, fällt mir da jetzt natürlich ein passender Reim ein - zum Backen.

Das frag ich mich sowieso oft, wenn ich hier so an meinem Blog tüftel: Darf sie das? Das hat mir damals sehr gut gefallen, bei dem Komiker Chris Tall, obwohl ich definitiv nicht seine Zielgruppe bin. Immer wenn er Witze über Randgruppen machte, fragte er sich danach selbst, das war der Running Gag: "Darf er das?" Und seine Antwort war selbstredend immer: "Ja, das darf er!" Fand ich gut, dieses "Darf er das?" Ich komm deshalb drauf, ich frag mich eben auch häufig: "Darf sie das? Darf ich das?" Darf sie jetzt, wo sie beim Backen ist, auf Kacken kommen? Sie darf! Ein 1-a-Paarreim!

Wo ich gerade beim Mehl war. Du kannst ja an Hand eines Hasenkaufs ziemlich genau den IQ des Käufers bestimmen. Hieß es doch in meinem SCHAUFENSTER: Kartoffeln zu hamstern ist nicht nötig. Thomas Herkenrath, Präsident des Deutschen Kartoffelhandelsverbandes und internationaler Kartoffelhändler: "Wir bemerken seit Mitte März einen sprunghaften Absatz von Kartoffeln, die Supermarktregale sind zum Teil leergefegt. Der Frühling ist aber nicht die richtige Jahreszeit, um Kartoffeln zu hamstern. Sie keimen schnell, wenn sie ins Warme kommen. Und Frühkartoffeln, die im Mai in den Handel kommen, sind generell nicht lagerfähig." Das bedeutet: Wer die Kartoffeln zu Hause nicht sachgemäß lagern kann oder die Kartoffeln nicht rechtzeitig verbraucht, riskiert, sie umsonst gekauft zu haben.
Und das ist ja in meinem Fall das Tolle: Die Prosecco-Flaschen kann ich auch zur Not unter das Bett legen. Hauptsache, eine steht immer im Kühlschrank. Und abgesehen von der weitaus leichteren Lagerung. Also dass bei mir Prosecco umkäme, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Was aber auch so was von toll und erfräulich (ich habe mich übrigens entschlossen, ab jetzt erfräulich mit ä zu schreiben, um dem Wort dämlich mal was entgegenzusetzen!), was aber so was von erfräulich ist: Nachdem vor Jahren die letzte Folge von "Desperates Housewiwes" ausgestrahlt worden war, fiel ich ja bekanntlich in ein tiefes Loch. Wurde dann kurzfristig wieder aufgefangen von den "Vorstadtweibern" aus Österreich und dann - nichts mehr! Bis mich kürzlich die Fernsehserie "The Marvelous Mrs. Maisel" rettete. Und wo ich schon mal dabei bin: "Die Erfindung der Wahrheit", ein fintenreicher Politthriller mit der tollen Jessica Chastain!