Mittwoch, 28. Juni 2017

Nur eine schlichte Säule, aber ein Knopfdruck für das ganz große Ganze

Neulich die "Erste Meldung" in meinem SCHAUFENSTER: Bereits im siebten Jahr in Folge erzielt die Region Bonn Übernachtungsrekorde seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1986. 2016 knackte die Stadt Bonn erstmalig die 1,5 Millionenmarke. Ich sag nur, lass uns das mal tüchtig feiern, weil, neulich denk ich, mit meinem Hörvermögen geht's auch bergab. Da sagten sie doch im Radio, unser Münster werde bald für zwei Jahre geschlossen. Die Ohren funktionieren noch so was von gut! Dann wird's ab dem 24. Juli aber eng für den Touristen: das Haus der Geschichte und das Münster geschlossen. Gut, wir haben jetzt schon mal unseren neuen Kreisverkehr am Alten Friedhof und Beethoven geht ja immer. Wobei, das müssen die Touristen ja vielleicht gar nicht mitbekommen, dass das Münster für so lange Zeit geschlossen ist.

Also wenn ich jetzt demnächst eine Besuchergruppe durch Bonn führe, beginne ich meine Führung mit Beethoven. Nicht sofort am Beethovenhaus. Nein, ich versammle uns alle erst einmal unter der Ampel am Bertha-von-Suttner-Platz, wo es dann rechts rein zum Beethovenhaus geht. Das ist ja so was von spektakulär, wenn bei Grün Beethovens Konterfei erscheint. Da kann ich mit meiner Gruppe einige Grünphasen abwarten (damit die Zeit vergeht) und jedes Mal so was von in Ekstase geraten, wenn der Kopf wieder erscheint. Und wo wir dann gerade an einer Ampel stehen, erzähle ich ein wenig über uns Deutsche, über die Hygieneampel und was es mit der so auf sich hat. Und wenn ich merke, dass der ein oder andere Besucher mir sowieso nicht zuhört, weil er auf seinem Smartphone unterwegs ist, erkläre ich auch noch, was eine Ampelkoalition ist. Irgendwann wird jemand aber Pipi machen müssen, und dann bietet sich das Beethovenhaus an. Jetzt nicht nur zum Pipi machen, sondern auch wegen der Kultur. Anschließend geht's weiter Richtung Marktplatz, an der Namen-Jesu-Kirche vorbei und, wenn wir Glück haben, sie geöffnet ist, auch in Selbige hinein. Und wenn es dann gerade Donnerstagnachmittag ist, lade ich meine Gäste zu einem Konzert mit Beethovens Werken ein, zu einem ganz besonderen Klangerlebnis. Musikalisch beseelt verlassen wir die Kirche, halten uns weiter links und erreichen den Marktplatz.

Und, von wegen geschlossenes Münster, es gilt auch hier, möglichst viel Zeit zu verbrennen.
Apropos Zeit verbrennen. Wo ich gerade mit meiner Besuchergruppe auf dem Marktplatz stehe. Da erzählte mir doch neulich eine Bekannte, sie habe sich vor einiger Zeit mit einer Freundin auf dem Marktplatz verabredet. Irgendein Event, deshalb eine riesige Menschentraube, viele Buden und Stände. Die Freundin habe die GPS-Koordinaten ihres Standorts, das Fußgängernavi sei bis auf fünf Meter genau, sehe natürlich aber keine Bierbänke und Weinstände, deshalb habe sie Stunden später zusätzlich ein Foto von ihrer Blickrichtung geschickt, und dann sei es aber auch schon zu spät gewesen, um gemütlich bei einem Glas Wein zu plaudern. Ich weiß noch, wie die mich angeschaut hat, als ich ihr sagte, ich hätte mich einfach vor "Allermann" verabredet.

Wie komm ich drauf? Ach ja, Marktplatz. Wenn ich merke, dass noch einiges an Zeit ins Land gehen muss, geh ich ans Wasser. Erfuhr ich doch durch mein SCHAUFENSTER, welch Bereicherung für unsere Stadt: Oberbürgermeister Ashok Sridharan und Bezirksbürgermeister Helmut Kollig haben einen öffentlichen Trinkwasserspender auf dem Marktplatz eingeweiht. Im Beisein von Vertretern der Deutschen Marktgilde und der Stadtwerke Bonn, die die Aufstellung ermöglicht haben, füllten sie symbolisch die ersten Trinkflaschen. Der Wasserspender in der Nähe des nördlichen Treppenabgangs der Tiefgarage Markt besteht aus einer schlichten Säule , aus der auf Knopfdruck Wasser fließt. Er steht allen Bonnern kostenlos zur Verfügung. Sie können sich dort mit frischem Trinkwasser versorgen oder auf dem Bonner Wochenmarkt erworbenes Obst waschen, um es direkt vor Ort zu verzehren. Die Installation geht auf eine Initiative der Arbeitsgruppe Innenstadtgestaltung zurück und wurde im September 2015 von der Bezirksvertretung Bonn beschlossen. Die Kosten für die Anschaffung und Aufstellung des Wasserspenders von 5.500 Euro haben die Deutsche Marktgilde als Betreiber des Bonner Wochenmarktes und die Händler des Wochenmarktes übernommen. Der Oberbürgermeister dankte den Partnern für ihre Unterstützung bei der Aufstellung des Brunnens, vor allem auch auf Grund der sozialen Komponente des Projektes. Denn mit der Installation schließt sich die Stadt Bonn der Idee der Organisation Join the Pipe an. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die Trinkwasserversorgung weltweit zu verbessern. Für jede Trinkwasserstation, die in Europa aufgestellt wird, finanziert sie ein Wasser- und Hygieneprojekt in einem Entwicklungsland. Normalerweise versuche ich ja, die Inhalte aus meinem SCHAUFENSTER zusammenzufassen, aber hier ist es mir nicht gelungen. Es war aber auch jeder Aspekt so was von wichtig, ich konnte einfach nichts kürzen. Hallo, das Wasser fließt auf Knopfdruck! Und, hätt' ich's nicht gewusst, ich hätte einfach nur einen Wasserspender vor mir gesehen. Aber jetzt, dieses Wissen um das Eingebundensein in etwas ganz Großes.

Ja, auch mir ist klar, dass ich nicht länger als drei Stunden vor dem Wasserspender zubringen kann. Irgendwann ist alles Obst vertilgt und genug getrunken, und ich dirigiere meine Besuchergruppe weiter Richtung Münster. Was jetzt wirklich blöde wäre, wenn bei all dem Wassergetrinke einer Pipi müsste. Weil, Wasserspender schön und gut, aber es muss ja dann auch auf der anderen Seite wieder raus. Und da wäre es jetzt wirklich touristenfreundlich, wenn die öffentliche Toilette auf dem Remigiusplatz intakt wäre. Wie ist denn eigentlich der Stand beim Interessenbekundungsverfahren (ich liebe dieses Wort!)? Ich hätte so was von Interesse an einer intakten öffentlichen Toilette. Meine Besuchergruppe und ich sind zwischenzeitlich am Münsterplatz angekommen, bewegen uns Richtung Münstereingang und - schade, zu spät, zu lange am Wasserspender gestanden, zu häufig den Knopf gedrückt, ärgerlich: Es ist 19:00 Uhr und das Münster hat nur bis18:45 Uhr geöffnet. Wie gesagt, das muss ich denen doch gar nicht auf die Nase binden, dass das Münster ... 

Mittwoch, 7. Juni 2017

Wahlen, Werbung und Wargel - oder heißt es Spargel?

Was für eine aufregende Zeit liegt da hinter mir! Jetzt muss aber mal wieder Ruhe einkehren. Zwei Wahlen, zweimal ein Kreuzchen setzen, sich entscheiden. Als ich den Umschlag mit den amtlichen Unterlagen zum Bürgerentscheid geöffnet hatte - holla, die Waldfee, sag ich da nur! Steuerklärung, Organspendeausweis und Testament, alles in Einem, sind dagegen ein Fliegenschiss. Ich hab die Vielzahl von Zetteln erst einmal zum Anlass genommen und meinen Schreibtisch aufgeräumt. Dann hab ich alles nebeneinander auf Selbigen gelegt: die Abstimmungsbenachrichtigung zum Bürgerentscheid "Kurfürstenbad bleibt!" am 21. 4. 2017, auf der Rückseite der Abstimmungsschein, den Stimmzettel für den Bürgerentscheid "Kurfürstenbad bleibt" in der Bundesstadt Bonn am 21. April 2017, den Stimmzettelumschlag in einem hellen Grün ohne Sichtfenster (!), den Briefumschlag "Rückantwort Bürgerentscheid" in einem alarmierenden Gelb mit Sichtfenster und  das Merkblatt für die Durchführung des Bürgerentscheides "Kurfürstenbad bleibt!" mit fünf Arbeitsschritten.
Schon die Versicherung an Eides statt zur Abstimmung hat Fragen aufgeworfen. Weil, ich hatte extra meine drei erwachsenen Töchter gebeten, dabei zu sein, wenn ich da was ausfülle und unterschreibe, also quasi betreutes Abstimmen. Ich war mir unschlüssig, ob ich persönlich versichere oder eine Hilfsperson, in meinem Falle drei Hilfspersonen. Und dann war ich mir nicht sicher, ob es sich hier um ein geheimes Entscheiden handelt, meine Töchter also gar nicht wissen dürfen, was ich ankreuze. Allein diese Diskussion hat meine Brut so was von Nerven gekostet, dass die nach Stunden von dannen gezogen sind mit den Worten "Das Kreuz kannst du ja wohl ohne uns setzen". Klar, kein Problem - dachte ich. Aber als ich dann auf dem Stimmzettel die Abstimmungsfrage las "Soll das Kurfürstenbad erhalten, wieder nutzbar gemacht und saniert werden? Ja oder Nein?", fragte ich mich plötzlich, wo ist eigentlich das Kurfürstenbad in Bad Godesberg? Als Auerbergerin weiß ich das gar nicht.

Überhaupt, es kam halt eins zum anderen, der grell gelbe Umschlag mit Sichtfenster, auf dem hinten noch mal Punkt für Punkt - ich hab's erst einmal vor mir hergeschoben. Hatte immer wieder Wichtigeres zu tun, als meinen Stimmzettel auszufüllen. Und als es dann endlich ans Ankreuzen ging, als ich mich mental dazu in der Lage fühlte, war die Frist abgelaufen. Was aber auch noch dazu kam, ich war mir sicher gewesen, dass das Prozedere sowieso noch mal wiederholt werden müsste. Weil, einmal sprachen sie vom 21. April und einmal vom 21. 4. Also wenn das kein Formfehler ist, der zur Ungültigkeit eines Bürgerentscheids führt! Außerdem hatte ich den Eindruck, dass der Kleber auf dem Briefumschlag mit Sichtfenster in dem alarmierenden Gelb unzureichend klebte.

Es hat mich schon geärgert, dass ich das nicht gebacken bekommen habe, mich zwischen Ja oder Nein zu entscheiden. Zwei Möglichkeiten, hallo! "Sie haben eine Stimme. Bitte nur "Ja" oder "Nein" ankreuzen, sonst ist Ihre Stimme ungültig". Und dann noch die Hilfe meiner Liebsten dabei! Was wäre das schon mal für eine tolle Vorbereitung gewesen für die Landtagswahl am 14. Mai. Jetzt hatte ich natürlich schon Bammel; wie würde das dann erst im Wahllokal ablaufen? Das musst du ja ganz alleine durchziehen, in der Wahlkabine. Und da geht's sich nicht so einfach mit Ja oder Nein. Nein, da stellten sich 31 Parteien zur Wahl! Gott sei Dank hatten die mir ja im Vorfeld mit ihren Wahlplakaten Hilfestellung geleistet.

Ich weiß auch nicht, was mich da in der Wahlkabine geritten hat. Ich hab doch tatsächlich, ich mein, wie blöd kann der Mensch denn sein. Wie ich da so der Reihe nach die Parteien durchgehe, sehe ich doch quasi jeweils deren Wahlversprechen vor meinem geistigen Auge. Ich war ja vorher mit dem Fahrrad die Kölnstraße runter, dann an der Kreuzung am Landeskrankenhaus rechts auf den Kaiser-Karl-Ring und über die Victoriabrücke geradelt. Was die da für riesige Plakatwände an der Kreuzung aufgestellt hatten! Da las es sich doch zum Beispiel auf einem Plakat "Weniger Stau". Wobei, wenn man mich fragt, hat doch keine Partei ernsthaft den Plan, den Stau abzuschaffen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Parteien das gar nicht wollen - weniger Stau. Weil, warum sonst würden die genau da ihre riesigen Wahlplakate aufstellen, wenn sie nicht wüssten, dass an der Stelle der Autofahrer täglich ganz dolle lange staut und sich dabei die Wahlslogans in sein Hirn brennen. Victoriabrücke ja genau so. Aus demselben Grund hingen da auch so viele (auf Kopfhöhe, damit es noch enger wurde!), weil da auch ordentlich gestaut und gestanden wird. Ich persönlich bin mit dem Fahrrad zu Fuß über die Brücke und habe mich wieder mal in Lebensgefahr begeben. Nein, ich habe mir einmal die Wahlversprechen akribisch aufgeschrieben. Das hätte ich mal besser nicht tun sollen! Weil, wie ich da jetzt in der Wahlkabine stehe und die einzelnen Parteien durchgehe, habe ich quasi, also das, was ich beim Bürgerentscheid zu wenig, hab ich da zu viel. Ich hatte bei jeder Partei deren Wahlversprechen im Kopf, also weniger Stau, mehr Sicherheit, weniger Hass, Bildung für alle, faire Löhne. Will ich alles haben. Und ich hab dann im Eifer des Gefechtes den Wahlzettel mit so etwas wie einem Fragebogen verwechselt. So eine Art Wünsche-Erfüller-Bogen - und hab halt hinter ganz vielen Parteien mein Kreuzchen gesetzt.

Apropos Werbung. Wer ja in diesen Zeiten ganz ohne Werbung auskommt, ist der Spargel. Kein Wunder, enthält er doch viel Kalium, die Vitamine B1 und B2, Folsäure und Vitamin C und E dabei! Was jetzt mich betrifft, ich kann auch nicht ununterbrochen nur Grünkohl essen. Man ist ja recht viel allein, bei Kohl - der Blähungen wegen. Da ist Spargel schon komfortabler. Auf dem Klo bin ich eh allein. Man mag die Parteien nicht immer auseinanderhalten können, weil alle einem alles versprechen. Dagegen der Spargel, der hat da so was von ein Alleinstellungsmerkmal! Was wohl der geballten Kombination von bis zu 35 Duftstoffen geschuldet ist, insbesondere die schwefelhaltigen Verbindungen und seine Asparagussäure. Wie ich schon erwähnte, man besucht ja doch meist allein die Toilette.