Was für eine aufregende Zeit liegt da hinter mir! Jetzt muss
aber mal wieder Ruhe einkehren. Zwei Wahlen, zweimal ein Kreuzchen setzen, sich
entscheiden. Als ich den Umschlag mit den amtlichen Unterlagen zum
Bürgerentscheid geöffnet hatte - holla, die Waldfee, sag ich da nur!
Steuerklärung, Organspendeausweis und Testament, alles in Einem, sind dagegen
ein Fliegenschiss. Ich hab die Vielzahl von Zetteln erst einmal zum Anlass
genommen und meinen Schreibtisch aufgeräumt. Dann hab ich alles nebeneinander auf
Selbigen gelegt: die Abstimmungsbenachrichtigung zum Bürgerentscheid
"Kurfürstenbad bleibt!" am 21. 4. 2017, auf der Rückseite der
Abstimmungsschein, den Stimmzettel für den Bürgerentscheid "Kurfürstenbad
bleibt" in der Bundesstadt Bonn am 21. April 2017, den Stimmzettelumschlag
in einem hellen Grün ohne Sichtfenster (!), den Briefumschlag "Rückantwort
Bürgerentscheid" in einem alarmierenden Gelb mit Sichtfenster und das Merkblatt für die Durchführung des
Bürgerentscheides "Kurfürstenbad bleibt!" mit fünf Arbeitsschritten.
Schon die Versicherung an Eides statt zur Abstimmung hat
Fragen aufgeworfen. Weil, ich hatte extra meine drei erwachsenen Töchter
gebeten, dabei zu sein, wenn ich da was ausfülle und unterschreibe, also quasi
betreutes Abstimmen. Ich war mir unschlüssig, ob ich persönlich versichere oder
eine Hilfsperson, in meinem Falle drei Hilfspersonen. Und dann war ich mir
nicht sicher, ob es sich hier um ein geheimes Entscheiden handelt, meine Töchter
also gar nicht wissen dürfen, was ich ankreuze. Allein diese Diskussion hat
meine Brut so was von Nerven gekostet, dass die nach Stunden von dannen gezogen
sind mit den Worten "Das Kreuz kannst du ja wohl ohne uns setzen". Klar,
kein Problem - dachte ich. Aber als ich dann auf dem Stimmzettel die
Abstimmungsfrage las "Soll das Kurfürstenbad erhalten, wieder nutzbar
gemacht und saniert werden? Ja oder Nein?", fragte ich mich plötzlich, wo
ist eigentlich das Kurfürstenbad in Bad Godesberg? Als Auerbergerin weiß ich
das gar nicht.
Überhaupt, es kam halt eins zum anderen, der grell gelbe
Umschlag mit Sichtfenster, auf dem hinten noch mal Punkt für Punkt - ich hab's erst
einmal vor mir hergeschoben. Hatte immer wieder Wichtigeres zu tun, als meinen
Stimmzettel auszufüllen. Und als es dann endlich ans Ankreuzen ging, als ich
mich mental dazu in der Lage fühlte, war die Frist abgelaufen. Was aber auch
noch dazu kam, ich war mir sicher gewesen, dass das Prozedere sowieso noch mal
wiederholt werden müsste. Weil, einmal sprachen sie vom 21. April und einmal
vom 21. 4. Also wenn das kein Formfehler ist, der zur Ungültigkeit eines Bürgerentscheids
führt! Außerdem hatte ich den Eindruck, dass der Kleber auf dem Briefumschlag
mit Sichtfenster in dem alarmierenden Gelb unzureichend klebte.
Es hat mich schon geärgert, dass ich das nicht gebacken
bekommen habe, mich zwischen Ja oder Nein zu entscheiden. Zwei Möglichkeiten,
hallo! "Sie haben eine Stimme. Bitte nur "Ja" oder
"Nein" ankreuzen, sonst ist Ihre Stimme ungültig". Und dann noch
die Hilfe meiner Liebsten dabei! Was wäre das schon mal für eine tolle Vorbereitung
gewesen für die Landtagswahl am 14. Mai. Jetzt hatte ich natürlich schon
Bammel; wie würde das dann erst im Wahllokal ablaufen? Das musst du ja ganz
alleine durchziehen, in der Wahlkabine. Und da geht's sich nicht so einfach mit
Ja oder Nein. Nein, da stellten sich 31 Parteien zur Wahl! Gott sei Dank hatten
die mir ja im Vorfeld mit ihren Wahlplakaten Hilfestellung geleistet.
Ich weiß auch nicht, was mich da in der Wahlkabine geritten
hat. Ich hab doch tatsächlich, ich mein, wie blöd kann der Mensch denn sein.
Wie ich da so der Reihe nach die Parteien durchgehe, sehe ich doch quasi
jeweils deren Wahlversprechen vor meinem geistigen Auge. Ich war ja vorher mit
dem Fahrrad die Kölnstraße runter, dann an der Kreuzung am Landeskrankenhaus
rechts auf den Kaiser-Karl-Ring und über die Victoriabrücke geradelt. Was die
da für riesige Plakatwände an der Kreuzung aufgestellt hatten! Da las es sich
doch zum Beispiel auf einem Plakat "Weniger Stau". Wobei, wenn man
mich fragt, hat doch keine Partei ernsthaft den Plan, den Stau abzuschaffen. Ich
bin der festen Überzeugung, dass die Parteien das gar nicht wollen - weniger
Stau. Weil, warum sonst würden die genau da ihre riesigen Wahlplakate
aufstellen, wenn sie nicht wüssten, dass an der Stelle der Autofahrer täglich
ganz dolle lange staut und sich dabei die Wahlslogans in sein Hirn brennen. Victoriabrücke
ja genau so. Aus demselben Grund hingen da auch so viele (auf Kopfhöhe, damit
es noch enger wurde!), weil da auch ordentlich gestaut und gestanden wird. Ich
persönlich bin mit dem Fahrrad zu Fuß über die Brücke und habe mich wieder mal
in Lebensgefahr begeben. Nein, ich habe mir einmal die Wahlversprechen
akribisch aufgeschrieben. Das hätte ich mal besser nicht tun sollen! Weil, wie
ich da jetzt in der Wahlkabine stehe und die einzelnen Parteien durchgehe, habe
ich quasi, also das, was ich beim Bürgerentscheid zu wenig, hab ich da zu viel.
Ich hatte bei jeder Partei deren Wahlversprechen im Kopf, also weniger Stau,
mehr Sicherheit, weniger Hass, Bildung für alle, faire Löhne. Will ich alles
haben. Und ich hab dann im Eifer des Gefechtes den Wahlzettel mit so etwas wie
einem Fragebogen verwechselt. So eine Art Wünsche-Erfüller-Bogen - und hab halt
hinter ganz vielen Parteien mein Kreuzchen gesetzt.