Mittwoch, 25. August 2021

Megaperls und megawitzig!

Letztens hatte ich mich ja auf ganz dünnes Eis begeben: Politik. Ich hatte mich ja da über die FIFA-Entscheidungsträger gewundert, dass die sich für Katar entschieden hatten. Jetzt meinte mein Traummann aber, dass das wohl eher mit einer grundsätzlichen Haltung zu tun habe als mit einem fehlenden Internetzugang. Und da fiel mir doch passenderweise das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters in die Hände. Dort wurden justament Haltungstrainer feilgeboten. Es hieß dort, sie seien im Alltag und am Arbeitsplatz verwendbar. Mensch, dachte ich, 4,99 Euro und schon kannst du deine Haltung verbessern. Das wäre doch mal eine gute Investition in die FIFA-Verantwortlichen - und vielleicht auch in den ein oder anderen Politiker. Bei näherem Hinschauen habe ich dann aber schon erkannt, dass hier nicht die Rede von innerer Grundeinstellung war, die jemandes Denken und Handeln prägt. Es ging nicht um sittliche Haltung, sondern schlicht und ergreifend um die Körperhaltung. Ich hätte da auch sofort drauf kommen können. Weil, das Foto zeigte einen Mann und eine Frau, die sich da so eine Art Kinderlaufgurt umgeschnallt hatten. Beide lächelten. Jetzt weiß man natürlich nicht, ob es ob des Haltungstrainers war oder ob der Tatsache, dass beide sich - trotz Haltungsschaden - wohl in ihrem Körper fühlten. Also dass da jeder oder jede genau in dem Körper ist, in dem er oder sie sein will. 

Was ich mich in dem Zusammenhang gefragt habe: Hilft solch Gurt auch, sich auf Spur zu halten. Gut, ich kann mich vorher wahlweise, daneben ist ja gleich Haribo und schräg gegenüber Lindt. Ich kann es zwar vorher entweder mit Gummibärchen oder mit Schokolade als Grundlage probieren. Die Frage ist aber, ob solch ein Haltungstrainer hilft,  sich nach ausgiebigem Alkoholkonsum auf Spur zu halten, also polizeiunauffällig. Weil, in den Kaiserplatz 2 kommt ja jetzt Siegfried Gin rein. Jetzt weiß ich natürlich nicht, ob man da bei denen auch sofort den Gin zu sich nehmen kann oder ob ich den da nur käuflich erwerben kann. 

Wo ich gerade beim Thema Haltung bin. Die finde ich recht witzig, die Haltung von dem Herrn Alexander Krekel. Aber, das muss man ihm lassen: so was von ehrlich und - vor allem - ganz klar und eindeutig. In meinem SCHAUFENSTER lautete die Überschrift: Kommt die Rheinspange? - Bürgerinitiativen und Landschaftsschutzverein befürchten Schwerlastverkehr in der Region. Auch das hatte ich dann irgendwann geschnackelt, dass wir hier von einer Brücke reden. Ja, und dazu hat der Herr Krekel von der FDP Folgendes gesagt: "Wir brauchen eine Brücke, Stauvermeidung ist auch Umweltschutz. Deswegen ist die Brücke auch gut für Bornheim. Aber wir sind nicht dafür, dass die Brücke bei Widdig gebaut wird." Das ist mal ganz klar Kante zeigen: Brücke ja, aber nicht vor meiner Haustür. Windkraft ja, aber kein Windrad vor meiner Nase. Und ich finde, man muss es so auch einmal unumwunden aussprechen dürfen: Klimaschutz ja, aber nur auf anderer Leute Kosten. 

Apropos Werbeblättchen und Haltung, jetzt aber Hundehaltung. Also da kann man sagen, was man will. Wenn es um Werbung geht, ist das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters einsame Spitze. Was mich da nur interessieren würde: Ist es eine Person oder gleich eine Gruppe von Kreativen, die sich da immer so was von feinem Stöffchen einschmeißt? Also, auf einer ganzen Seite: ein entrückt dreinschauender Mann (vermutlich hat es sich dasselbe Stöffchen wie die Kreativen eingeschmissen) gleich in zweifacher Ausführung vollständig in Weiß gekleidet, mit weißem, langen Bart und Haupthaar und zwei weißen afghanischen Windhunden (also vier Hunden). Als Überschrift "Entdecke den keinen Unterschied" - genial, oder? Einmal hält er eine Persilpackung in der Hand und einmal eine Packung Tandil. Ich erfahre, dass eine Waschladung mit Persil BEI ALDI 0,28 Cent kostet und eine Waschladung mit Tandil VON ALDI 0,12 Cent. Einfach genial diese Werbung! Dieser abgedrehte Mann, diese Komposition aus weißen Hunden und Megaperls, dieses geschickt in Szenesetzen der Eigenmarke. So viele Fragen gehen mir da natürlich durch den Kopf: Mit was wurden die Hunde gewaschen und worin? Ist das Model überhaupt ein Mann? Oder verbirgt sich unter all dem Haar eine Frau? Gibt's da überhaupt ein Geschlecht? Weil, da haben die so was von alles richtig gemacht, gendermäßig. 

Wo ich gerade wieder geschlechtermäßig unterwegs bin. Da merke ich immer wieder, was passieren kann, wenn du dir zu viele Gedanken machst. Thema "Mann und Frau" oder "Frau und Mann" oder "Frau oder Mann" oder … Darf ich eigentlich überhaupt noch "Mann" und "Frau" sagen? Und wen meine ich genau damit? Ist das Wort "Frauenquote" nicht eigentlich schon lange überholt? Ist es nicht sogar diskriminierend? Wo ich gerade bei Frauenquote bin, da ist mir kürzlich. Ich rufe in der Praxis meines HNO-Arztes an (im Übrigen, es handelt sich hier auch tatsächlich um einen Mann - zumindest auf den ersten Blick. Ganz abgesehen davon, dass man sich ja immer bekleidet gegenübersteht), um einen Termin zu vereinbaren. Auf der anderen Seite die Stimme eines jungen Mannes, definitiv nicht die mir bekannte Stimme meines Arztes: "Praxis Müller-Schmitz, was kann ich für Sie tun?" Es folgt der Terminvereinbarungsdialog und am Ende ich: "Das ist aber toll, mal ein…", ich weiß gar nicht mehr so genau, was ich gesagt habe. Medizinischer Fachangestellter habe ich wohl nicht gesagt, weil das noch nicht in meinem aktiven Wortschatz angekommen ist, meinem Alter geschuldet. Ich glaube aber auch, dass ich nicht von männlicher Sprechstundenhilfe oder Arzthelfer gesprochen habe. Ich meine, mich zu erinnern, gesagt zu haben: " Das ist aber toll, mal eine Männerstimme zu hören." Darauf mein Gegenüber: " Wieso Männerstimme? Ich bin die neue medizinische Fachangestellte."

Mittwoch, 4. August 2021

Regenbogen oder Geldregen

So ganz bin ich mit VOLLMAR & SÖHNE am Kaiserplatz 2 noch nicht durch. Ich habe nämlich noch zwei Fotos, die ich unbedingt unterbringen möchte. Das geht hier auf der Seite aber nicht. Deshalb, wer sie sehen möchte, gerne einfach auf meine Webseite gehen.

Erst vor kurzem habe ich die alten, graffitibeschmierten Holzrollläden entdeckt und fotografiert. Da wusste ich noch gar nichts von der Schließung. Was für ein Kontrast, wenn die hochgezogen werden und dann dieser Luxus erscheint!




Apropos Luxus und Kontrast. Was genau haben sich die COSMOPOLITAN-Verantwortlichen eigentlich gedacht, als sie das Format verkleinert haben? Hallo, die Buchstaben sind jetzt teilweise so klein, dass ich sie nur mit Lupe entziffern kann! Und bei der COSMOPOLITAN geht es ja, was Mode angeht, eher ums Klotzen als ums Kleckern. Was will ich denn mit Glanz und Glamour im Hochglanz-Kleinformat? 

Vermutlich weil ich zu viel im Luxus schwelge und geschwelgt habe, ist mir offenbar das ein oder andere durchgegangen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Offensichtlich hat der Erdogan den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen gegen Gewalt doch nicht in die Tat umgesetzt. Das hat ihm offensichtlich so was von imponiert oder es hat ihm dann doch leid getan, als er sah, wie viele Frauen im Land für den Erhalt des Abkommens und gegen die patriarchale Regierung in Ankara gekämpft haben. Ich meine, mich auch zu erinnern, dass Erdogan in einer Ansprache im Fernsehen seine Landsleute aufgefordert hat, mindestens drei Kinder pro Familie zu zeugen. Dazu meinte dann die Aktivistin Tugce. "Ich als ledige, kinderlose Frau, die auch keine Kinder haben möchte, ich fühle mich unter Druck gesetzt. Und das ist auch eine Form der Gewalt." Aber für diese Äußerung muss er sich ja dann auch entschuldigt haben. Anders kann ich es mir nämlich nicht erklären.

Oder der Herr Duda in Polen, hat der das letztendlich bereut, dass er die Frauen in seinem Land so was von entmündigt hat? Weil, nach meinem Kenntnisstand (aber, wie gesagt, wer sich ständig bei VOLLMAR & SÖHNE am Schaufenster die Nase platt drückt nach all den Schätzen, die da präsentiert werden) ist das verschärfte Abtreibungsgesetz doch in Kraft getreten, oder? Oder haben ihn, wie den Herrn Erdogan, die Proteste der Frauen so was von gerührt, dass er da auch eine Kehrtwende vollzogen hat. Weil, ich habe sonst keine Erklärung dafür. 

Nur der Orban, der hat offensichtlich sein Ding durchgezogen - als einziger. Weil, anders kann ich mir das nicht erklären, dass nur anlässlich des Fußballspiels Deutschland gegen Ungarn diese Debatte aufkam. Da ging es ja darum, ob das Münchner Stadion beim Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Ungarn in Regenbogenfarben leuchten durfte. Und nach dem UEFA-Verbot für eine Beleuchtung der Münchner Arena in Regenbogenfarben haben dann andere deutsche Stadionbetreiber ein deutliches Zeichen für Toleranz und Gleichstellung gesetzt. Auch das Berliner Olympiastadion beteiligte sich an der Aktion. „Wenn es um Toleranz und Menschrechte geht, sind wir dabei“, twitterten die Betreiber.

Wie gesagt, wer nur im Werbeblättchen ihres Lieblingsdiscounters und der COSMOPOLITAN blättert, hat von Politik und Weltgeschehen keine Ahnung! Und, wie Dieter Nuhr sagt: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten." Es ging aber doch offensichtlich um ein Zeichen der Toleranz und Gleichstellung. Und da ist doch wohl auch die Gleichstellung der heterosexuellen Frau gemeint. In Polen und der Türkei werden die Rechte der Frauen mit Füßen getreten. Warum gab es da solch eine Debatte nicht? Könnte es womöglich sein, dass wir mal so ungemein mutig sein konnten und wollten, weil in Ungarn kein großes Geld oder Ähnliches dranhängt?

Apropos großes Geld und mit Füßen treten, den Fußball. Wenn ich noch ein ganz klein wenig weiter nach Osten schaue, in den mittleren Osten. Das ist ja wirklich dumm gelaufen, dass da keiner mal, bevor Katar als Austragungsort für die Fußballweltmeisterschaft ausgewählt wurde, dass da keiner mal geschaut hat, wie es denn um die Menschenrechte dort bestellt ist. Bestimmt hatte das nichts mit Geld zu tun. Nein, ich denke, die Männer von der FIFA haben einfach kein Internet zuhause. Sonst hätten die ja mal googeln können unter "Katar Menschenrechte". Ich fand: Die Frauenrechte in dem Golfstaat Katar sind laut einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) extrem eingeschränkt. Nach katarischem Gesetz braucht eine Frau unabhängig von ihrem Alter etwa die Erlaubnis eines männlichen Vormunds, um zu heiraten. In der Ehe kann sie als "ungehorsam" eingestuft werden, wenn sie ohne die Erlaubnis ihres Mannes, arbeitet, verreist, das Haus verlässt oder ihm ohne "triftigen Grund" Sex verweigert. Männer können bis zu vier Frauen gleichzeitig heiraten und benötigen dafür keine Erlaubnis. Frauen müssten sich durch "vom Staat durchgesetzte Regeln männlicher Vormundschaft bewegen, die ihre Chancen auf ein volles, produktives und unabhängiges Leben begrenzen", sagte HRW-Expertin Rothna Begum.

Schon blöde, wenn man keinen Zugang zum Internet hat. Tagesschau gucken die Fußballverantwortlichen aber wohl auch nicht. Weil, da habe ich auch schon das ein oder andere Mal von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen in Katar gehört. Aber da habe ich offensichtlich wieder was falsch verstanden.