Mittwoch, 11. Juni 2025

Fässer voller Sekt wäre mir lieber

 

Eigentlich wollte ich ja heute nur über Schönes reden – nach all dem Müll von letztem Mal. Keine Chance! Schau mal, was ich da noch habe. Folgende Lettern in meinem SCHAUFENSTER: 60-Liter Fässer mit Lösungsmitteln entsorgt. Auf einem Parkplatz in Dransdorf waren 15 illegal entsorgte, rostige Metallfässer entdeckt worden. Welchen Inhalt die Fässer hatten, war zunächst nicht klar. Mitarbeitende des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) untersuchten – unterstützt von Feuerwehr und Ordnungsdienst der Stadt Bonn – in Schutzanzügen die Metallfässer. 12 der 15 Fässer waren mit Lösungsmittel befüllt, das zum Teil bereits ausgehärtet war. Von den Fässern und deren Inhalt ging keine Gefahr aus. Der Einsatz wurde erfolgreich beendet. Mal ganz davon abgesehen, wie viel Manpower da stundenlang gebündelt war. Welcher Asi kommt denn bitteschön auf die Idee, seine Fässer dort zu entsorgen?

Und auf der anderen Seite hast du mich. Ich erhielt per Post ein Schreiben mit meiner neuen BankCard. Du machst dir keine Vorstellung davon, wie unglaublich erleichtert ich war. Denn vorausgegangen waren etliche Tage des Bangens. Unzählige Tage waren ins Land gegangen, an denen ich voller Hoffnung in den Briefkasten geschaut hatte. Und immer wieder diese herbe Enttäuschung, dass wieder kein Schreiben meiner Bank in Selbigem lag. Aber dann endlich die Erlösung. Hieß es doch in dem Begleitschreiben meiner Bank: Ab sofort ist Ihre Karte nachhaltiger, da der Kartenkörper aus 100% recyceltem PVC besteht (Kartenkörper, tolles Wort! Nebenbei, Bahnkörper ist auch ein tolles Wort. Kennst du, an der Straßenbahn: Lebensgefahr - Betreten des Bahnkörpers verboten. Ich denke oft, bis der ein oder andere überhaupt verstanden hat, von welchem Körper die Rede ist, ist er schon längst überfahren worden.). Aber zurück zu mir, was für eine Erlösung! Da fiel mir aber so was von ein Stein vom Herzen. Weil, ich gebe ehrlich und unumwunden zu, dass mir das so was von unzählige schlaflose Nächte bereitet hatte, dass der Kartenkörper meiner alten BankCard nicht aus 100% recyceltem PVC bestand. Und jetzt das! Welche Erleichterung, welche Freude! Stutzig, vielmehr ein wenig unruhig, machte mich aber das klitzekleine Sternchen oben rechts hinter dem Großbuchstaben C. Ich natürlich sofort ganz aufgeregt weiter unten das Sternchen gesucht und gefunden. Dort stand geschrieben: Bitte beachten Sie, dass sich die Recyclingangabe nicht auf die weiteren Elemente wie z. B. Chip, Magnetstreifen oder Unterschriftstreifen bezieht. Welch Wechselbad der Gefühle: Gerade noch so was von im siebten Himmel, dass du auch im Hinblick auf deine BankCard so was von auf der sicheren Seite bist, und dann eben doch nicht so ganz.

So, jetzt aber, ganz anderes Thema: Ich bin ja neuerdings eine VIP. Endlich! Wenn ich bedenke, wie lange ich darauf hingearbeitet habe. Wie viele Rückschläge ich habe einstecken müssen, aber jetzt ist es soweit: Ich bin eine VIP! Wie oft ich schon knapp davor war, eine VIP zu sein, Hoffnung geschöpft habe, und dann wieder große Enttäuschung, alles umsonst. Erst neulich, umsonst. Also ohne dass es etwas gekostet hätte, wäre es zwar nicht gewesen, Aber was tut frau nicht alles, wenn sie sich erst einmal etwas in ihr Köpfchen gesetzt hat. Wo ich wieder mal die Chance hatte, eine VIP zu sein, da hieß es in meinem SCHAUFENSTER: Ein Tag! Eine Insel! Eine Party! Partyfans aufgepasst: Mit dem Inseltanz in der Rheinaue startet eine neue Ära der ausgelassenen Partys. Erlebt die Mallorca-Stars live. Ich kannte keinen dieser Stars aber, horch. Jetzt kommts: Wer es beim Inseltanz so richtig krachen lassen möchte, der bucht am besten gleich das „VIP-Inseltanz Package“. Darin enthalten sind der Zugang zur exklusiven VIP-Insel mit bester Sicht, Begrüßungscocktail, Open Bar mit Sekt und Wein. Als ich ein Ticket erwerben wollte, ausverkauft.

Wo ich aber gerade wieder bei Sekt, Wein und Begrüßungscocktail bin. Wo ich auch so was von gerne VIP gewesen wäre. Neulich lag in meinem Briefkasten eine Einladung des Kunstmuseum Bonn. Eingeladen wurde zur Eröffnung der Ausstellung „Heimweh nach neuen Dingen – Reisen für die Kunst“. Und da muss ich jetzt schon sagen, da habe ich eher Fernweh nach den alten Dingen. Ich habe mich an einem Mittwoch mit dem Rädchen aufgemacht und war 20 Minuten vorher da. Um 19 Uhr sollte es losgehen. Hatte also noch genügend Zeit, weil ich kannte das eigentlich so: Damit die Bude voll ist und alle den Rednern aufmerksam folgen, darf sich jeder auf ein Gläschen Prosecco einstellen. Egal wie lange der Redner redet, selbst wenn er es sich nicht nehmen lässt, das Leben des Kunstschaffenden von Tag 1 an zu beleuchten. Oder der andere Redner ohne Rücksicht auf Verluste jedes einzelne Kunstwerk, und seien es noch so unbedeutende Skizzen, zu besprechen. Von deiner Seite kein Gejammer. Du wusstest, auf was du dich einlässt und hast es über dich ergehen lassen – mit einem Gläschen Prosecco in der Hand. Und meist war es auch das zweite Gläschen, an dem du dich festgehalten hast. Klassische, wie sagt man heutzutage, Win-Win-Situation eben.

Neulich im Kunstmuseum hätte ich auch ein Glas Prosecco trinken können, aber ich hätte es kaufen müssen! Hallo! Im Foyer beobachtete ich eine Frau, die sich mit dem Fotografen und anderen Verantwortlichen unterhielt, wer denn wohl wer sei. Ich hörte sie fragen, ob ihnen dieser und jener Besucher im Foyer bekannt sei. Es ging eindeutig darum, wer denn ein wichtiger Besucher ist, wer eine very important person ist. Denn, jetzt kommts. Hatte man sich besprochen, wer persönlich begrüßt werden sollte, steuerte sie auf Selbige zu. Begrüßte die Gäste, und jetzt horch, und gab ihnen eine Art Getränkebon, ein kleines Zettelchen mit etwa folgenden Worten: „Wie freuen uns, dass Sie den Weg zu uns gefunden haben. Gerne können Sie sich an der Bar ein Glas Wein oder Prosecco holen.“ Da vermisse ich doch bitteschön die guten alten Zeiten, auch wenn die Ausstellung „Heimweh nach neuen Dingen“ heißt. 

Da fällt mir ein, ich hatte dir ja gesagt, dass ich es aber mittlerweile anderweitig geschafft habe, eine VIP zu werden. Erzähl ich dir nächstes Mal. Nur so viel: Ich gehe ganz anders durchs Leben.