Donnerstag, 23. Oktober 2025

Vielleicht doch zwei Slipeinlagen übereinander?


Ich hatte es dir schon angedroht, also maul nicht rum. Du weißt Bescheid, dass es heute noch einmal in die Schweiz geht – aber dann, versprochen: die Herausforderung 2025 für mich schlechthin!

Dieses Jahr wollte mein Göttergatte unbedingt auf den Titlis. Ein Berg, du verstehst, Aussicht und so. So, was musst du jetzt über den Titlis wissen? Ich fasse mal das Internet zusammen: Auf 3'062 Meter wird nicht nur eine atemberaubende 360° Rundsicht über das weite Engelberger Tal geboten, sondern auch der Blick in die Tiefe, wo zahlreiche Spalten das Gletschereis durchfurchen. So richtig cool wird es dann bei der Bergstation: Quer durch den Titlisgletscher führt eine 150 Meter lange künstliche Gletschergrotte direkt ins Herz des Gletschers. Hier hängt die Decke voller Eiskristalle, geheimnisvoll blau schimmert das Gletschereis und Gletscherspalten öffnen sich in der Decke. Warm anziehen sollte sich, wer ins Eis steigt, denn unter dem 20 Meter dicken Gletscher steigt das Thermometer nicht höher als -1° C! Eine weitere Attraktion ist der «Titlis Cliff Walk» – die höchstgelegene Hängebrücke Europas. Hast du gelesen, Schätzelein? Dass es da oben recht zugig ist, dass du dich da warm anziehen solltest – habe ich. Alles, was ich für den gesamten Sommerurlaub im Köfferchen von Bonn aus mitgenommen hatte, habe ich mir übergezogen. Und trotzdem kann ich nicht sagen, dass ich im Gletscher jetzt geschwitzt hätte. Was da das absolut Perverse ist, abgesehen von der Tatsache, dass die einen Tunnel durch den Gletscher gebohrt haben: Weil da so viele Touristen am Tag durchlatschen. Menschen, die ihre Körperwärme abgeben, wird die Temperatur jetzt künstlich kühl gehalten, damit der Gletscher nicht deshalb über Gebühr schneller schmilzt, als er es ohnehin in Zukunft tun wird.

Das aber nur am Rande. Was ich eigentlich erzählen wollte. Was meinem Göttergatten und mir so was von auffiel - nebenbei, selbstredend waren wir schon wieder so was von früh unterwegs. Was uns so was von auffiel. Ich sollte vielleicht sagen, wer uns so was von auffiel, auch in seiner Massierung: der Inder an sich, respektive die Inder. In unserer Gondel eine indische Touristengruppe und wir hören vom Guide, dass er am selben Tag insgesamt sieben indische Gruppen dort oben hinführen wird. Und was uns noch auffiel. Viele, viele junge Inderinnen trugen, also während meine bestrumpften Füße in geschlossenen Wanderschuhen steckten und meine Finger mangels Handschuhen in Wanderwollsocken, trugen viele Inderinnen nackte Füße in Flipflops und wunderschöne bunte, leichte Saris mit nichts drüber! Ich kam mir so was von fimschig vor – und vor allem so was von unbeweglich. Und wenn du drei Unterhosen, zwei Leggings übereinander, eine Radlerhose, eine Radlerregenhose, gefühlt Minimum fünf Oberteile, Bikinihose- und oberteil als Schal und, wie schon gesagt, Männerwandersocken als Handschuhe umgepüngelt hast, siehst du auch scheiße aus. Da weiß ja noch keiner, dass ich mir aus Sicherheitsgründen zwei Slipeinlagen übereinander in die Unterhose geklebt hatte von wegen Blasenentzündung und so. Worüber ich im Nachhinein so was von froh war. Weil, sieh dir mal das Foto an: ich auf dem Eisthron! Und total tiefenentspannt, während mein Traummann den richtigen Winkel zum Fotografieren suchte.

So, wo war ich? Richtig, ich vollkommen bekloppt verkleidet und unbeweglich. Ich mein, wenn du so scheiße aussiehst, das schlägt dir ja auch so was von aufs Gemüt. Und die Inderinnen leicht bekleidet mit Flipflops und bunten Saris – und singend und tanzend und lachend und posend und … Diese Glückseligkeit, diese unglaubliche Freude – ich konnte sie nicht nachvollziehen. Zumal das meist begehrte Motiv „tanzende Inderinnen vor Großbaustelle mit Kränen, Sendemast im Bauzustand  und Bauequipment“ war. Was wir auch nicht verstanden haben, du lasest Hinweistafeln zum WC, zu Shops und Restaurants - und zum INDIAN GROUPS RESTAURANT. Ist das nicht rassistisch, mein Gedanke. Dass man hier offen und schnörkellos zugibt, die Inder bitteschön gerne zusammen in einem Restaurant zu wissen? Geld sollen sie gerne bringen, sich aber in alle anderen Restaurants zu verteilen, wird eher nicht gerne gesehen? Wegen der Gerüche – nicht der Menschen, sondern deren Essen? Oder deren Essensverhalten? Ich fand das dermaßen so was von rassistisch. Und dachte, schau mal, der Schweizer leistet sich das einfach und der Inder tanzt und singt dazu.

Klar, so offen fremdenfeindlich ist der Schweizer natürlich nicht! Da wäre er ja auch schön blöde, so viel Geld wie da mit den Indern verdient wird! Hintergrund, du ahnst es vielleicht schon, ist sich folgender. Ich weiß nicht, kennst du Bollywood-Filme? Ein eigenes Genre. Liebesschmalz, vor allem viele Stunden lang. Und tu jetzt nicht so überheblich nach dem Motto „So einen Scheiß schau ich mir nicht an“. Weil schau Internet: Bollywood-Filme können Thema im Studium sein, insbesondere in den Bereichen Film- und Medienwissenschaften, da sie ein wichtiges kulturelles Phänomen darstellen, das sich mit globalen Themen, indischer Kultur, dem Bildungssystem und gesellschaftlichen Veränderungen auseinandersetzt. Und genau so ist es. Deshalb haben mein Göttergatte und ich zwei solcher Filme zu Studienzwecken angeschaut. Problem für mich die Länge. Unter drei Stunden läuft da gar nichts. So, also steig von deinem hohen Ross herunter und lern was von mir! Ich mach dir mal Internet in Kurzform: Der Film „Dilwale Dulhania Le Jayenge“( dtsch. Wer zuerst kommt, kriegt die Braut) aus dem Jahr 1995 ist einer der erfolgreichsten Bollywood-Filme. Die Aufnahmen am Titlis sind Teil der romantischen und unvergesslichen Momente des Films und machen den Berg zu einem besonderen Ort für Bollywood-Fans. Aufgrund mehrerer dort gedrehter indischer Filme wird der Ort von vielen indischen Touristen besucht.

Deshalb das Motiv, die Baustelle, vor der gesungen und getanzt wird, man sieht den Schriftzug TITLIS im Bild. Deshalb die Finger zum Herz geformt, der Titlis nennt sich mit Zweitnamen THE MOUNTAIN OF LOVE. Und die Sache mit dem Indian Groups Restaurant, natürlich geht es nur darum, den indischen Gästen ihren Aufenthalt auch in kulinarischer Hinsicht so angenehm wie möglich zu machen.