Mittwoch, 2. Dezember 2020

Und immer diese Angst im Nacken!

So, auch das wäre geschafft! Selbstredend ging es nicht ganz ohne Anfeindungen und Drohungen ab. Und zeitweise habe ich mich auch ein ganz klein wenig unter Druck gesetzt gefühlt. Dass es da sogar eventuell um Gefahr für Leib und Leben gehen könnte, wär ich ja im Traum nicht drauf gekommen. Gut, ich hätte es mir denken können. Weil, das ging ja vorher schon durch die Medien, dass … 

Aber fang ich doch erst mal am Anfang an. Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass ich dabei bin, mir ein zweites Standbein aufzubauen, was das Geldverdienen betrifft. Gut, da kann ich jetzt keine großen Sprünge mit machen, aber immerhin. Und mein Traummann hat dann am Wochenende auch mal ein paar Stunden für sich. Ich war ja schon zweimal als stellvertretende Briefwahlvorsteherin tätig. Und da muss ich wohl recht fix und akkurat gearbeitet haben, denn die haben sich ganz lieb für meine Unterstützung bei der Kommunalwahl und Stichwahl bedankt. Und sofort nachgefragt, ob ich ihnen denn auch bei der Auszählung zum Bürgerentscheid "Rettet das Melbbad" helfen könne. Kein Problem, aus oben erwähnten Gründen. Und es hieß ja auch dann in meinem SCHAUFENSTER: Bonns dritter Bürgerentscheid. Abstimmen über Wohnbebauung am Melbbad. Per Briefabstimmung entscheiden die Bonner im November 2020 darüber, ob am Rande des Melbbades geförderter Wohnraum entstehen soll oder nicht. Bis 6. November erhalten die rund 249.000 Abstimmungsberechtigten ihre Unterlagen, die bis spätestens Freitag, 27. November, zurückgeschickt werden können. Ausgezählt wird am 28. November. Zum dritten Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt Bonn kommt es, weil die Bürgerinitiative "Rettet das Melbbad" ein erfolgreiches Bürgerbegehren gegen den geplanten Wohnungsbau am Melbbad durchgeführt hat und der Stadtrat sich diesem Bürgerbegehren nicht angeschlossen hat. Abgestimmt wird über die durch die Bürgerinitiative formulierte Frage: "Soll das Melbbad in seiner jetzigen Form ohne eine Wohnbebauung erhalten bleiben?" 

Zunächst einmal war ich nach der Lektüre dieser Zeilen so was von traurig. Ich meine, das wäre doch wirklich mal wieder die Gelegenheit gewesen. So oft bietet die sich doch nun wirklich nicht. Aber ich musste mich damit abfinden, dass in diesem Artikel in diesem Zusammenhang das Wörtchen Quorum nicht gefallen ist. Wo, wenn nicht in diesem Artikel, hätte man Quorum unterbringen können? Und dann habe ich mich allerdings als Auerbergerin gefragt: Wo genau kommt der geförderte Wohnraum denn dann hin, wenn nicht da am Melbbad? Doch wohl nicht auch noch zu uns in den Auerberg. Habe mich aber sofort beruhigt, weil, bei uns ist jetzt wirklich alles zugebaut. Auch schön, da musst du dir darüber schonmal keine Gedanken mehr machen. Ich weiß noch, als mein Traummann und ich vor 30 Jahren in den Auerberg zogen. Da gab es viel freie Fläche und immer wieder hast du dich gefragt, was wird da wohl hingebaut. Jetzt weiß ich es. Aber zurück zum Melbbad. Ehrlich gesagt, unterm Strich hatte ich zu dieser Frage gar keine Meinung. Erinnerte mich aber, dass da doch ein Unwetter seine Hände mit im Spiel hatte. Gibt’s da überhaupt noch was zu erhalten? 

Was ich aber eigentlich sagen wollte, ich hatte mir bei der Kommunalwahl und der Stichwahl hinsichtlich, also dass ich da irgendwie in die Bredouille komme, überhaupt keine Gedanken gemacht. Ja, ich habe lustvoll Briefe aufgeschlitzt. Ja, und es gab selbstredend Stimmen, über die hinsichtlich ihrer Gültigkeit per einheitlichem Beschluss abgestimmt werden musste. Wenn zum Beispiel kein Kreuz gemacht wurde, also nichts, dann war die Stimme ungültig. Oder wenn jemand überall ein Kreuzchen gemacht hatte, auch ungültig. Wenn jemand noch einen Bewerber hinzugefügt und den gewählt hatte, auch ungültig. Oder wenn jemand hinter jedem Bewerber statt eines Kreuzchens ein Frage- oder Ausrufezeichen gesetzt hatte, auch ungültig. Oder wenn jemand statt des Stimmzettels das Foto seines Kandidaten beigelegt hatte, auch ungültig: Habe ich alles mit Bravour gemeistert. 

Und dann kamen die Bilder aus den USA. Und ich habe auch mal bei Wikipedia vorbeigeschaut. Da hieß es: Wahlhelfer beziehungsweise Stimmenzähler sind Mitglieder eines Wahlvorstands, welche Stimmzettel in den Wahllokalen ausgeben und die ordnungsgemäße Wahl der Bürger sicherstellen, nach Beendigung der Wahlzeit die Wahlzettel auszählen und für das jeweilige Wahllokal das Wahlergebnis feststellen. Hallo, "welche die ordnungsgemäße Wahl der Bürger sicherstellen". Und, da bin ich ehrlich, wurde mir doch im Nachhinein ein wenig blümerant. Gut, nutzte alles nichts, ich hatte meine Hilfe angeboten und bin dann hin, am 28. November. 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die von der Stadt mich nicht mehr anrufen. Weil, ich schob, wie gesagt, jetzt so was von Panik, war Nächte zuvor triefnass in Schweiß gebadet aufgewacht, dass ich da jetzt nichts falsch mache. Ich hatte es ja bei den US-Wahlen gesehen, wie da die Wahlhelfer unter Druck geraten waren, bedroht worden waren. Und ständig die Wahlbeobachter im Nacken. Deshalb habe ich vermutlich einfach zu langsam ausgezählt und bei eindeutiger Sachlage zu lange debattiert. Es ist dann ein wenig eskaliert, als es um einen Stimmzettel ging, wo jemand mit größter Akribie das Melbbad gezeichnet, aber kein Kreuzchen gemacht hatte. Da hat mein Team - wegen meiner - einfach zu lange gebraucht, um den Stimmzettel für ungültig zu erklären. Um die Sache abzukürzen, mein Abstimmungsteam hat bis tief in die Nacht malocht. Und das, wenn man bedenkt, dass wir um 7:00 morgens angefangen haben und die anderen Teams schon um 10:00 wieder durch die Tür waren. Aber ich hatte so was von Angst, dass man mir im Nachhinein Wahl- also Abstimmungsbetrug vorwerfen könnte - bei so einer wichtigen Sache. 

Wie gesagt, ich bin mir ziemlich sicher, dass die mich von der Stadt nie mehr anrufen. Weil die genau wissen, dass keiner in meinem Team arbeiten will, weil du da erst um Mitternacht aus dem Stadthaus kommst.

Donnerstag, 12. November 2020

Endlich Herbst!

Neulich in meinem SCHAUFENSTER: Herbstliche Blumenpracht. Das Amt für Umwelt und Stadtgrün hat Mitte Oktober ungefähr 17.000 Herbstblumen auf städtischen Friedhöfen und Grünanlagen, insbesondere auf dem Nordfriedhof, gepflanzt. Einige der Sorten sind Stiefmütterchen, Silberdraht, Silberblatt und Callunen. Die Blumen kosten rund 7.500 Euro. Zeitgleich wurden auch die 37.000 Blumenzwiebeln für den nächsten Frühling eingepflanzt. Dann können sich die Bonnerinnen und Bonner unter anderem an Tulpen, Narzissen, Krokussen und Traubenhyazinthen auf den städtischen Friedhöfen und Grünanlagen erfreuen. Die Kosten hierfür betragen rund 4.800 Euro. Was für ein feiner Artikel. Wie ich mich freue! 

Aber nicht genug der Freude! Hieß es doch in meinem SCHAUFENSTER auch: Bonn färbt sich bunt. An der frischen Luft zu sein, macht in der Herbstzeit ganz besonders deswegen Freude, weil sich Bonn in leuchtend bunte Farben hüllt, die das Laub an den mehr als 110.000 Bäumen in Grünanlagen, an Straßen und auf Friedhöfen erzeugt, bevor es zu Boden fällt. Gerade wurde mir so wohlig warm ums Herze, als es dann so was von dicke kam - gerade für mich als Frau: Hieß es doch, dann müsse das Laub von den öffentlichen Straßen innerhalb kürzester Zeit entsorgt werden, um die Unfall- und Rutschgefahr für alle Verkehrsteilnehmer zu minimieren. Hallo, geht’s noch?! Also wenn das nicht diskriminierend ist. Ich mein, das haben wir ja jetzt alle verstanden, dass das mittlerweile ein absolutes No-Go ist! Ja, sogar ich, die Kämpferin (oder muss ich die Kämpfende sagen?) für das generische Maskulinum habe das verstanden. Ich, die sich immer gefragt hat, ob wir eigentlich keine anderen Probleme haben. Ich, die ohne jeglichen Diskriminierungsgedanken einen Frauenarzttermin wahrgenommen hat, obwohl es sich bei meinem Gynäkologen um eine Gynäkologin handelt. Ich, die kein Problem damit hat, eine Putzfrau Putzfrau zu nennen. Weil es nicht darauf ankommt, welches Wort ich benutze, sondern wir ich Selbiges meine, wie ich es mit Realität fülle. Bedeutet: einfach anständig bezahlen! Ja, sogar ich habe meinem Rechtschreibprogramm hartnäckig klargemacht, dass Laiin (ja, der weibliche Laie) so richtig geschrieben ist.

Was ich aber eigentlich sagen wollte. Da lese ich doch in meinem SCHAUFENSTER, das Laub müsse innerhalb kürzester Zeit von den öffentlichen Straßen entsorgt werden, um die Unfall- und Rutschgefahr für alle Verkehrsteilnehmer zu minimieren. Geht es nur darum, Männer zu schützen? Dürfen oder vielmehr sollen Frauen sich doch ruhig auf die Fresse legen? Ist das vielleicht sogar gewollt? Weil, wenn nicht das, was ist bitteschön gemeint, wenn mit keinem Wort die Verkehrsteilnehmerinnen erwähnt werden und auch nicht die Rede von Verkehrsteilnehmenden ist? Was übrigens auch noch in dem Artikel stand: Im vergangenen Jahr hat jeder Mitarbeiter der Stadtreinigung 5,6 Tonnen Laub - also das Gewicht eines afrikanischen Elefanten - in Bonn beseitigt. Mal ganz abgesehen davon, dass das eine Information ist, die ich in mein Lebtag nicht vergessen werde: Bei der Stadtreinigung, sind das jetzt starke Männer und - handelt es sich bei der Angabe des Gewichtes um einen weiblichen oder männlichen Elefanten, also um eine Kuh oder einen Bullen?      

Wo ich aber gerade bei den beiden feinen Beiträgen zum Herbst bin. Bin ich froh, dass es jetzt draußen wieder so was von üsselig ist! Hallo, ich habe mich ja im Sommer nicht getraut, auch nur ansatzweise kundzutun, dass meine Nase läuft oder sich ein leichtes Kratzen im Hals eingestellt hat. Aber jetzt hat meine Nase alle Gründe dieser Welt zu laufen. Meine Schüler (und hier spreche ich jetzt nur von Jungen) wissen zum Beispiel, dass in meinem Klassenraum den kompletten Herbst und Winter über alle Fenster immer sperrangelweit geöffnet sein werden. Es gab da zwar einige Mimosen, die anmerkten, es würde vielleicht doch ein wenig zu kalt werden. Ich meinte daraufhin, sie müssten sich ja auch morgens entsprechend anziehen, um nicht auf dem Schulweg zu frieren. Der ein oder andere setzte dagegen, dass er morgens immer von den Eltern mit dem Auto gebracht würde. Deshalb nicht wirklich auf kalte Temperaturen eingestellt sei. Ich habe dann mal kurz die Eltern telefonisch kontaktiert, kurz einen Diskurs zur Luftverschmutzung und zum Klimawandel geführt, über die Vorteile, nicht nur für den Prinzen, sondern auch für dessen Personal, einer frühen Selbstständigkeit referiert, habe zum Thema Abhärtung im Zusammenhang mit Stärkung der Immunabwehr, gerade in heutigen Zeiten, gesprochen: Und schon hatte ich die Eltern auf meiner Seite.

Gut, ich gebe zu, seitdem ist die Atmosphäre im Klassenzimmer ein ganz klein wenig angespannt. Was mir aber ehrlich gesagt total egal ist, wenn da jeder so hinter seine Maske vor sich hin schmollt. Was sich auch durch die konsequent immer geöffneten Fenster so was von verbessert hat, wofür mir die Eltern auch so was von dankbar sind: Ich mein, man stelle sich vor, du sitzt als Schüler ziemlich nah am Fenster und plötzlich kommt Sturm auf. Man glaubt ja gar nicht, wie rigoros solch eine Windböe die lose Blattsammlung des Jünglings durchs Klassenzimmer weht und verteilt! Wenn du dir da nicht als Stammhalter irgendwann mal sorgfältigst eine gewisse Ordnung angewöhnst, zum Beispiel das konsequente Lochen und Abheften deiner Arbeitsblätter, dann zieht das auf jeden Fall mehr Arbeit nach sich, als es dem Junior lieb ist.

Wie gesagt, ich bin so was von froh, dass es draußen wieder windet und stürmt und regnet und hoffentlich auch bald hagelt. Weil, da fragt dann keiner mehr, warum ich mir die Nase putze. Wobei, aktuell könnte meine laufende Nase auch damit zu tun haben, dass ich neulich, ich mein, da muss ich mich ja auch noch vollkommen umstellen. Im Sommer bin ich einfach mit dem Fahrrad zum Einkaufen drauf losgefahren und habe draußen brav in der Schlange gestanden, bis ich dran war. Kürzlich habe ich das auch gemacht, das Einfach-Losfahren und Schlange-Stehen. Das Problem war nur, dass ich 20 Minuten vor der Apotheke (ich stand an für eine FFP 2 Maske) bei Sturm, Regen und ungemütlich kalten Temperaturen stand. Vor der Apotheke in der Warteschlange verenden. Nicht an Corona, sondern an Unterkühlung - das wärs noch. 

Mittwoch, 21. Oktober 2020

Obstbeutelknoten oder Obstknotenbeutel?

Neulich las es sich auf der ersten Seite meines SCHAUFENSTERS in großen Lettern folgendermaßen: Die Melbbadfreunde geben nicht auf - Bürgerbegehren zum Melbbad kommt. Die Vertreter der Initiative "Rettet das Melbbad" kamen mit Vertretern der Ratsfraktionen und Verwaltungsrepräsentanten zusammen, um das anstehende  Bürgerbegehren und den geplanten Ratsbürgerentscheid zu besprechen. Und auch auf der ersten Seite, rechts unten, lasen sich die Lettern "Melbbad öffnet 2020 nicht mehr": Grund sind die Schäden durch das Unwetter am Mittwochabend. Bei den Gewittern mit Starkregen wurden nicht nur die Becken und Beckenumgänge, sondern auch der Technikraum überflutet. Die Wassermassen führten Sand und Erdreich mit sich. Im Technikraum befinden sich ein Elektroschaltschrank und Pumpen. Nach erster Einschätzung ist die gesamte Technik in diesem Raum irreparabel beschädigt worden. Das heißt, dass die technischen Anlagen ersetzt werden müssen. Wenn du da jetzt einer Verschwörungstheorie anhängst. Dass sich da jetzt schon das Wetter einspannen lässt!  

Apropos Wetter. Was noch älter ist als eine Zeitung von gestern oder ein Kalenderblatt aus dem Vormonat, sind Wahlplakate nach einer Wahl. Und die wirken um so armseliger, je länger sie Wind und Regen ausgesetzt sind. Wie viele da jetzt noch hängen nach der Kommunalwahl! Ich komm deshalb drauf, weil mich nach wie vor der Herr Post so was von nett anlächelt. Hallo, warum haben wir den eigentlich nicht alle gewählt? Der nette Herr Stephan Post ist ausgebildeter Gärtner und examinierter Krankenpfleger. Ich mein, wer, wenn nicht er, hätte sich besser um uns gekümmert? Was ich auch total sympathisch finde, dass sein Interesse dem Volkstanz gilt. Seit Jahren ist er Mitorganisator des größten Volkstanzfestes Europas. Jedes Jahr findet das in einer anderen europäischen Stadt statt. Also wenn das kein Beitrag zur Völkerverständigung ist!

 Wo ich gerade bei Verschwörungstheorien und Wahlen war. Was ich ganz vergessen hatte zu erzählen: Zum Auszählen der Stimmzettel hatten die uns im Stadthaus auch eine Kiste mit diesen Face-Shields hingestellt. Die hätte man sich noch zusätzlich zum Mund-Nasen-Schutz auf den Kopf setzen können. Ich habe einfach mal ein Shield zusammengebaut. Und siehe da, du konntest durch das Plastik überhaupt nichts sehen. Total undurchsichtig! Da habe ich mich dann schon gefragt, ob die uns extra hingestellt worden waren, damit wir quasi blind zählen. Klar, denkst du da sofort an Wahlmanipulation! Ich hab das dann später ganz entrüstet meinem Traummann erzählt und der hat mir dann. Also da sieht man mal wieder, wie gut es ist, dass ich hier betreut untergekommen bin. Der hat mir dann nämlich erklärt, dass ich die Schutzhülle für das Plastik hätte abmachen müssen. Wie schnell wäre ich jetzt wieder beim Thema Verschwörung gewesen!

Aber apropos Plastik. Wer hat bitteschön unter dem Einfluss welcher Droge in welcher Dosis das Wort Obstknotenbeutel abgesondert? Las ich doch diese Wort zweimal auf meinem Kassenbon meines Lieblingsdiscounters. Einmal zwischen den Posten Klopapier und Mehl. Und dann nochmal zwischen Nudeln und Hefe. Und, klar, dachte ich mit Schweißtropfen unter der Maske und beschlagener Brille, dass ich das Wort nicht richtig gelesen hatte. Hatte ich aber, richtig gelesen. So nennt sich das Plastikbeutelchen an der Gemüse- und Obsttheke. Hallo, hab ich nie drüber nachgedacht. Null Bewusstsein! Da mach ich einmal etwas ohne nachzudenken - und schon so was von falsch! Einfach reingestopft. Ich habe mich natürlich sofort kundig machen wollen, wofür ich solch Obstknotenbeutel jetzt verwenden darf: so was von kompliziert. Kann ich bitteschön, ich weiß gar nicht, was darf ich da überhaupt noch. Wie gesagt, ich hab mich dann schlau machen wollen, aber siehe da: stand da doch allen Ernstes, Paprika, Tomaten, Kürbisse, Zucchini, Auberginen und Gurken seien zwar Früchte und gehörten laut botanischer Definition zu Obst (da sie aus befruchteten Blüten entstehen), würden aber als einjährige Pflanzen (Lebensmitteldefinition: Gemüse) und gemeinhin wegen der fehlenden Süße beziehungsweise Säure als Fruchtgemüse bezeichnet. Geht’s noch, Fruchtgemüse! Darf die Tomate jetzt in solch Obstknotenbeutel oder nicht?

Bei Kartoffeln war ich mir natürlich sicher, dass das nicht mehr geht. Trotzdem, ich konnte einfach nicht an mich halten, habe das Netz aufgeschlitzt (seit ich bei der Briefwahl im Stadthaus hunderte von Briefen aufgeschlitzt habe und dabei eine gewisse Befriedigung verspürt habe, trage ich jetzt immer einen kleinen Brieföffner bei mir!) und die Kartoffeln in solch einen Obstknotenbeutel umgepackt. Und natürlich hat die Kassiererin mich komisch angeschaut, dass da in meinem Einkaufswagen ein völlig zerfetztes Kartoffelnetz lag. Zuhause, nach einem Besuch bei Wikipedia, wusste ich warum: Nicht ob des desolaten Kartoffelnetzes hat die Kassiererin ganz desolat dreingeschaut, sondern weil die Kartoffel noch nicht mal Gemüse ist. Die Weltgesundheitsorganisation sagt: „Kartoffeln, Süßkartoffeln und andere stärkehaltige Knollen zählen nicht als Obst oder Gemüse“, und das Lebensmittellexikon: „In Deutschland zählt die Kartoffel streng genommen nicht zum Gemüse sondern zu den so genannten landwirtschaftlichen Kulturen."

Mit den Zwiebeln habe ich es erst gar nicht versucht und - siehe da - steht doch auch im Internet: Als Zwiebelgemüse bezeichnet man die unterirdischen Pflanzenteile von Lauchgewächsen (Alliaceae), die als Gemüse verzehrt werden. Sie gehören als Wurzelgemüse zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Zum Zwiebelgemüse zählen unter anderem Zwiebeln (Allium cepa). Das leuchtet selbst mir als Laiin ein, dass die Zwiebel zum Zwiebelgemüse zählt.

Was immer eine sichere Bank ist: Himbeeren. Ist aber auch immer eine totale Schweinerei, bis ich die aus ihrem Plastikpott in den Obstknotenbeutel gestopft habe. Und wenn du denkst, Himbeeren gehören zum Beerenobst - weit gefehlt! Das sind Sammelsteinfrüchte.

Mittwoch, 30. September 2020

Brauchen wir die eigentlich noch, die 30er Schilder?

 

Diese Sprüche wie "60 ist das neue 50 oder 40 oder - ne, klar! - 30". Hallo, ich sag dazu nur Folgendes. Es gibt Handcreme mit 5% Urea ( also Pipi!) für sehr trockene Haut und es gibt Fußcreme mit 10% Urea. Und wenn du dir aus Versehen die Fußcreme auf die Hände schmierst, du das aber gar nicht mitbekommst, weil die so was von schnell einzieht - dann bist du alt. Also ich. Stellt sich mir jetzt nur die Frage, was nehme ich in Zukunft für die Füße? Ich tippe da mal auf Schrundencreme.

Ich komm deshalb drauf, weil, ich hatte ja gesagt, dass ich ins Stadthaus komme. Und da hatte ich im Vorfeld schon mal meine Hände sorgsam gepflegt. Nicht dass es nachher an mir gelegen hat. Und wo wir gerade bei der Körperkultur sind. Neulich hörte ich von Menschen, die auf ihre Weise versuchen, den Wegfall vieler kultureller Veranstaltungen mit umso mehr Körperkultur auszugleichen: Wenn die nach Hause kommen, waschen sie sich die Hände (klar!), schmeißen sämtliche Klamotten in die Waschmaschine und duschen. Würde mich nicht wundern, wenn die auch Mäntel und Blazer bei 60 Grad waschen. Und es würde mich nicht wundern, wenn ich demnächst in Kleidungsstücken Etiketten finde mit den Lettern "Nein, dieses Teil darfst du Vollpfosten nicht auf 60 Grad waschen!"

Ein wenig zurecht gemacht fürs Stadthaus hatte ich mich natürlich schon. Das dauert auch immer länger. Weil, das muss ich schon sagen, das ist ja ganz anders gekommen, als ich gedacht hatte. Ich hatte ja gedacht, dass die Nachfrage nach Make-up drastisch zurückgehen würde, weil die Maske eh fast das ganze Gesicht verdeckt. Was ich mir trotz Maske aber nicht nehmen lasse, ist der Lippenstift, falls ich die Maske denn doch mal abnehme. Meist ist der dann aber so was von verschmiert, dass ich aussehe wie ein Clown. Was ich aber eigentlich sagen wollte, ich brauche mittlerweile mehr Make-up als vor Corona, und zwar in jeglicher Form. Ob als Kompaktpuder oder Cover Stick, Hauptsache mit perfekter Deckkraft! Und zwar für die Unterarme und Ellenbogen. Da habe ich vom Einkaufswagen-Schubsen, vom Ampel-Drücken und Türklinken-Öffnen so unglaublich viele blaue Flecken, dass mein Traummann echt in Verdacht geraten könnte.

 Ich habe auch versucht, wo ich schon mal näher an denen da oben dran war, an den Entscheidungsträgern, habe ich mal versucht herauszubekommen, wie es eigentlich zur Zeit um die Schulpflicht in Deutschland bestellt ist. Ich komm deshalb drauf, weil, neulich kam ich ins Gespräch mit einer Mutter, die mir erzählte, dass sie ihr Kind aktuell nicht in die Schule schicke. Und wie ich dann so bin, so blöd, habe ich gefragt, warum. Hätte ich besser gelassen. Weil, ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Ich bekam den Mund gar nicht mehr zu. Sie meinte nämlich, demnächst stünde bei ihnen ein Familienfest an und da wolle sie kein Risiko eingehen, dass ihr Kind durch die Schule das Corona-Virus in die Familie trägt.

Das zieht ja noch größere Kreise. Ein Kind geht nicht in die Schule, weil der alte Opa zu Besuch ist oder die Oma bald kommt. Wenn ich davon ausgehe, dass fast alle Schüler eine Oma oder einen Opa haben, was machen wir dann eigentlich mit den vielen 30er Schildern vor, hinter und neben den Schulen? Wenn immer weniger Kinder, eigentlich keine, aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr in die Schulen gehen, stehen die ja leer. Da braucht's die Schilder doch wirklich nicht mehr. Werden die dann abmontiert und womöglich für neue 30iger-Zonen benutzt - womöglich auf Autobahnen, nachts?

Ich war so was von aufgeregt am Wahlsonntag. Ich war stellvertretende Briefwahlvorsteherin. Eine der schwierigsten Aufgaben für mich: zu meinem Einsatzplatz, Etage 8 A, Säulen 1 + 2 zu gelangen. Das Konzept mit den zwei Aufzugsgruppen hat mich schon zu Beginn vollkommen überfordert. Ja, und was soll ich sagen? Es gab wirklich viel zu tun, und das bitteschön alles mit größter Genauigkeit und vollster Konzentration: die Wahlurne verschlossen, in aller Beisein geöffnet, die Wahlbriefe entnommen, Selbige zugelassen, wenn sie die Kriterien erfüllten, die Briefwählenden gezählt, Stimmzettelumschläge geöffnet, Stimmzettel sortiert, Stimmen ausgezählt. Es wurden Häufchen gebildet, 5er, 10er, 20er-Häufchen, es wurde gestapelt, noch einmal gezählt, zusammengerechnet, gegengerechnet, subtrahiert, kontrolliert. Es wurden Beschlüsse, selbstredend einheitlich, gefasst und dokumentiert. Es wurde überhaupt alles dokumentiert. Es wurde das Gesamtergebnis ermittelt und geprüft, die Schnellmeldung abgegeben und die Briefwahlniederschrift vervollständigt. Und, ja, meine Hände waren nicht zu rau, das Zählen ging zügig von der Hand, sie haben sich tapfer geschlagen, die Hände.

Und wo ich gerade beim Schlagen bin, ich habe eine ganz neue Seite an mir entdeckt - eine zutiefst martialische. Ich weiß nicht, ob ich mir da Sorgen machen muss. Weil, ich hatte so was von Spaß, und das doch immerhin bei einer zerstörerischen Tätigkeit. Ich hatte vorher noch nie, da sieht man mal, jetzt bin ich schon so alt und entdecke immer noch eine neue Facette an mir. Ich hatte vorher noch nie so einen langen Brieföffner aus Metall in der Hand gehalten. Mit so einer langen, ja ich möchte fast sagen, Klinge, einen Brief nach dem anderen aufzuschlitzen - eine ganz neue Erfahrung für mich. Und wenn man sich jetzt vorstellt, dass wir erst alle Briefe aufgeschlitzt und gestapelt haben, bevor wir uns mit deren Inhalt befasst haben. dann hat man vielleicht eine Ahnung, in was für einen Rausch ich da beim Aufschlitzen gekommen bin!

Ich habe übrigens null Zeit gefunden, die Fenja und den Jürgen zu fragen, was genau damals mit der Skulptur "Mother Earth" gelaufen ist.

Mittwoch, 9. September 2020

Ich ziehe ins Rathaus ein!

Neulich sah ich in der Innenstadt einen kleinen Jungen auf einem kleinen Roller mit seinen Eltern. Auf dem kleinen Köpfchen ein großer, schwerer, massiver Helm. Spontan in meinem Kopf: Ist der Helm gegen Corona? Und - ich habe bei meinem Lieblingsdiscounter als Sonderposten Toilettenpapier mit Blümchenmuster gesehen. Spontan in meinem Kopf: Es ist alles wieder in Ordnung.

Nein, Spaß beiseite, ich erwähnte ja schon, dass dieses Virus sämtliche Facetten einer Persönlichkeitsstruktur ans Tageslicht bringt. Mein Traummann und ich waren ja in diesem Corona-Sommer mit dem Rädchen in Tschechien und Polen unterwegs. Wir sind ohne Corona über die Grenzen und mit noch weniger von Selbigem zurückgekommen. Ich wüsste auch beim besten Willen nicht, wie wir es hätten uns einfangen können. Zuerst sind wir von Prag bis Dresden entlang der Moldau und  Elbe geradelt und dann eine Woche in Polen in Krakau und Breslau entlang der Oder und Weichsel. Jeden Tag ein neues Hotel mit Frühstück - schon in Zeiten ohne Corona immer wieder ein neues Abenteuer. In Zeiten von Corona um so mehr! Was sich das Personal für Mühe gibt, gemäß der Hygieneregeln alles richtig zu machen, damit der "Laden" nicht wieder geschlossen wird! Nur eine Stilblüte: Im Hotel "Lwowska 1" in Krakau hatten die eigens für mich eine Person abgestellt, die mir an dem unglaublich leckeren Büffet folgte und mir meine Wünsche auf meinen Teller legte - natürlich mit Handschuhen und Maske!

Und auf der anderen Seite erfahre ich justamente zur selben Zeit in den Nachrichten, dass auf Mallorca am Ballermann wieder richtig zünftig gefeiert wird - drinnen! Wie verlogen ist das denn! Seit Jahren höre ich ständig, dass Mallorca die Schnauze voll hat vom Ballermann-Touristen und grundlegend eine Kehrtwende einleiten möchte. Hallo, wäre das nicht die Chance gewesen, das Virus? Von wegen, da hängen doch Arbeitsplätze dran. Das war doch klar, dass es nicht ohne Einbußen geht! Und in den Nachrichten erklärt eine österreichische Verantwortungsträgerin, man könne natürlich nicht nachvollziehen, welche schon abgereisten deutschen Touristen sich jetzt in einem bestimmten Hotel angesteckt hätten. Hallo, gerade die Hotels haben doch meine Adresse!

Apropos Hotels. Also ich kann mich ja auf vieles einstellen: zu weiche Matratze, oder vielmehr nur eine Matratze für mich und meinen Traummann, funzelige Nachttischlampe, ein fest montierter, nicht abnehmbarer Duschkopf mit null Wasserdruck - kann ich mit leben. Was mich aber total kirre macht, wo ich nicht weiß, wohin mit mir, sind Kleiderbügel, die fest im Schrank installiert sind.

Wo ich gerade bei Kleidern bin - ich ziehe ja demnächst ins Stadthaus um. Und wenn ich da sowieso schon mal bin, will ich nochmal den Jürgen und die Fenja fragen. Weil, da hieß es neulich in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Zum 75-jährigen Bestehen der UN wurde die 4,20 Meter hohe Stahlskulptur 'Mother Earth' enthüllt": Das Kunstwerk, ein Geschenk des Künstlers und Umweltaktivisten Barton Rubenstein, sollte bereits 2017 in Bonn installiert werden. Anlässlich der Enthüllung meinte der Jürgen Repschläger (Bündnis LINKE und Mitglied des Kulturausschusses des Rates der Stadt Bonn), das Kunstwerk in Form eines menschlichen Profils, das aufgrund seines jetzigen Standortes auf der Sonnenseite Bonns stehe, richte den Blick auf den UN Campus. Eigentlich habe der Künstler 2017 gewollt, dass sein Werk als Schenkung am Platz der Vereinten Nationen aufgestellt wird. Die Stadt Bonn habe aber damals seine Schenkung nicht haben wollen. Leider. Auch die Frau SPD Stadträtin Fenja Wittneven-Welter sprach von einem Versäumnis der Stadt und von einer großartigen Bereicherung für die Kunst im öffentlichen Raum. Es sei gut, dass Jörg Haas das Kunstwerk erworben und auf seinem Grundstück vor der "Rohmühle" aufgestellt habe. Auf Anfrage habe das Presseamt der Stadt Bonn geantwortet: Im Jahr 2017 hat sich die Kunstkommission des Rates der Stadt Bonn mit der Skulptur "Mother Earth" befasst. Der Künstler hatte 2017 konkret eine Aufstellung am Platz der Vereinten Nationen vorgeschlagen. Die Kommission hatte sich mit Blick auf die im Umfeld bereits vorhandenen, hochkarätigen Kunstwerke und auch aus künstlerischen Gründen gegen eine Aufstellung ausgesprochen.

Ich muss da mal im Stadthaus genau nachfragen. Dann sollen die mir auch mal erklären, was es mit dem Hare-Niemeyer-Verfahren auf sich hat. Darauf verwies nämlich das Presseamt der Stadt Bonn in dem Artikel. So wie ich das verstanden habe, ging es mal wieder nur darum, wer wem den Schwarzen Peter zuschieben kann. Dass diejenigen, die sich heute im Jahr 2020 über die Entscheidung vom Jahr 2017 beschweren, genau die sind, die damals genau diese Entscheidung gefällt haben. Und ich weiß immer noch nicht, wer genau, also mit Namen, das damals verbaselt hat. Dann waren ja der Jürgen und die Fenja damals auch mit von der Partie.

Weil ich gerade beim Stadthaus und der Stadt Bonn bin. Hallo, da hätte die Stadt ja mal locker 500.000 Euro sparen können. Genau so viel hat nämlich das neue Übungshaus für  die Feuerwehr gekostet. Und ob der immensen Ersparnis hätte sie dann die 30 Km/h-Blitze auf der Josefshöhe entfernen können. In einem anderen Artikel berichtete mein SCHAUFENSTER nämlich über die Fertigstellung eines Übungshauses für die Berufs- und Freiwillige Feuerwehr. Es wurde so geplant, dass dort möglichst viele unterschiedliche Einsatzszenarien bei der Brandbekämpfung simuliert werden können. Die schlichte Bauweise (ohne Innenputz, Estrich und Heizung) wurde bewusst gewählt, damit bei Einsatzübungen nichts beschädigt werden kann, das im Anschluss neu beschafft oder installiert werden muss. So sei es zudem möglich, die Schläuche, wie im realen Einsatz auch, mit Wasser zu füllen und verschiedene Löschtechniken zu üben. Dies sei bei vielen privaten Übungsprojekten aufgrund möglicher Wasserschäden nicht durchführbar (stimmt, sag ich da nur!).  Und ich sag nur, einfach das hässliche Stadthaus räumen und als Übungshaus verwenden! Da kann man wenigstens begründen, warum es so aussieht wie es aussieht. Und wie es da so war, im Stadthaus (ich meinte natürlich Stadthaus und nicht Rathaus), erzähle ich nächstes Mal.

Mittwoch, 19. August 2020

Eins für alle oder jeder eins?

Bei mir im Klassenraum macht sich ein Schülerhandy bemerkbar. Und es entspinnt sich folgender Dialog: "Fritz (nennen wir ihn Fritz), Fritz, mach dein Handy aus." Fritz pusselt am Handy: "Hab ich." Einige Sekunden später meldet sich sein Handy wieder. "Du solltest doch das Handy ausmachen." "Hab ich doch." "Kann nicht sein, ich höre es." "Ich habs aber auf lautlos gestellt." "Ich höre es aber." Fritz pusselt an seinem Handy herum. Sekunden später meldet sich das Handy wieder. "Fritz, dein Handy klingelt!" "Ich habs aber wirklich auf lautlos gestellt." "Fritz, dein Handy klingelt." "Ich habs aber auf lautlos gestellt." "Fritz, du schaltest dein Handy jetzt aus." "Hab ich doch, auf lautlos." (Fritz' Handy klingelt immer weiter.) "Du machst jetzt sofort dein Handy AUS!" "Hab ich doch." "Nein, hast du NICHT. Du behauptest, du hättest das Handy auf lautlos gestellt. Hast du aber nicht. Deshalb machst du es jetzt ganz aus." "Versteh ich nicht, lautlos ist doch aus." "NEIN, AUS IST OFF!" Dann ist die Stunde vorbei.  

Und kürzlich habe ich mich mit einer Bekannten verabredet. Weil die aber noch nicht genau wusste, wann sie aus dem Büro kommt, habe ich das Handy angelassen. Als sie anruft, geht mein Traummann ran und reicht dann weiter an mich. Am anderen Ende die Stimme meiner Bekannten: "Warum, bitteschön, geht dein Mann an dein Handy?" Darauf ich: "Wir haben zu zweit nur eins." Darauf  betretenes Schweigen am anderen Ende. Da wurde mir schlagartig klar: Mein Mann und ich sind die einzigen Menschen auf diesem Planeten, die sich ein Handy teilen.

Ich komm deshalb drauf, weil letzte Woche meine Tochter zu mir sagte, dass man sein Handy nie ausschaltet. Und klar, wo ich jetzt sechzig geworden bin, hab ich natürlich die nackte Panik, dass sich bei mir der Altersstarrsinn breit macht. Logisch, dass ich da jetzt nachgegeben habe. Ich vergaß zu erwähnen, die Diskussion kam nur auf, weil ich ihr abgelegtes Handy geerbt habe. Ja, und was soll ich sagen, mein Traummann und ich waren in der Stadt - mit dem Handy und in Geschäften, die es noch gab. Auch nicht selbstverständlich! Wie oft ich schon in die Stadt gefahren bin, auf dem "Stadtzettel" die ein oder andere Besorgung, und stehe dann vor einem neuen Fresstempel oder vor abgeklebten Schaufenstern, hinter denen gerade ein neuer Fresstempel eingerichtet wird.

Also mein Traummann und ich waren bei Deichmann, das Smartphone eingeschaltet in der Tasche. Und als wir uns einige Minuten später auf dem Marktplatz auf der Gebäudekante vom Görtz-Schuhladen so richtig gemütlich eingerichtet haben und eine Fischfrikadelle verkasematuckeln, macht's plötzlich Pling. Ich hol das Handy raus und schau aufs Display. Da fragt mich doch tatsächlich der Herr Google, wie es mir bei Deichmann gefallen hat! Hallo, geht’s noch? Es gab dann Aufklärungsgespräche mit meinem Betreuungspersonal, also mit meinem Traummann und meinen Töchtern. Das sei nun auch kein Weltuntergang, man könne nicht bei jeder Kleinigkeit alles grundsätzlich in Frage stellen. Überhaupt sei alles nur eine Frage der Einstellung - der Grundeinstellung am Smartphone, und die könne man ja so ändern, dass der Herr Google über meinen Aufenthalt im Dunkeln tappe. Langer Rede, kurzer Sinn: Ich trau dem Braten nicht. Ich schalte mein Handy lieber wieder aus.     

Apropos Grundeinstellung. Meine ist ja nach wie vor die: Wenn ich draußen bin, also weg, bin ich weg. Was ja auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt … Zeitreise, vor fast 50 Jahren: Eine Doppelhaushälfte in der Eifel, genauer gesagt, in Vussem, im Rosenweg. In der anderen Hälfte wohnt der Pastor mit seiner Haushälterin. Ich erinnere mich, dass meine Mutter sagte, ich solle mir beim Sonnen auf der Terrasse ein Bikinioberteil anziehen, ich wisse ja, wer neben uns wohnt. Damals habe ich schon als Teenager gedacht, soll der doch nicht rausgucken.

Was ich aber eigentlich sagen will, als ich im jugendlichen Alter war, also in der Pubertät, hing bei uns zuhause das Telefon an der Wand, fest (daher das Wort Festnetz!), im Wohnzimmer, an der Schnur! Es erübrigt sich, Gründe zu nennen, warum ich mit diesem Telefon gefühlt nie kommuniziert habe - während mein Vater vor dem Fernseher saß. Wie lange ist das her, als mehrere Menschen sich einen Festnetzanschluss teilten? Während heute jeder Mensch ein eigenes Handy hat. Wobei, ich höre ja immer mal wieder in den Medien, dass es auf dem Land (also in der Eifel?)  Probleme mit dem Digitalen gibt. Ich stelle mir jetzt vor, dass ich immer noch in dem Haus wohne, der Festnetzanschluss im Wohnzimmer. Um mich herum die Nachbarn haben alle nur noch Handys und keinen Festnetzanschluss - und immer wieder keinen Empfang - auf dem Land, in der Eifel, im Tal, am Hang. Und dann stehen die alle bei mir Schlange, um zu telefonieren.

Apropos Smartphone. Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Welche Vorteile hat ein Smartphone? Die BEA lade zu dem Vortrag "Smartphone" ein, um alles Wissenswerte über sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von modernen Steuerungssystemen im Haus zu erfahren. Aus welchen Gründen sollte man sich heute damit auseinandersetzen, die Wohnung oder das Haus - hallo, Konzentration beim Lesen! - als Smart Home zu gestalten oder zumindest "Smart Home-ready" zu machen? Welche Vorteile bringt die neue Technologie? Wie kann man konkret Wohn- und Lebensqualität, Sicherheit und effiziente Energienutzung verbessern? Was passiert mit meinen Daten? Im Anschluss an den Vortrag haben die Zuhörer ausführlich Gelegenheit, eigene Fragen zu stellen (welche auch sonst, wenn nicht die eigenen Fragen?) Dazu gab es die Abbildung eines Hauses im Querschnitt und um das Haus herum Piktogramme. Man sah eine Waschmaschine, einen Computer, eine Heizung und ein Garagentor. Gut, ich hätte da jetzt hingehen und Fragen stellen können. Da wäre dann aber außer mir keiner mehr zu Wort gekommen. Weil, wenn ich im Urlaub bin, warum sollte ich gerade dann Wäsche waschen oder das Garagentor öffnen?

Mittwoch, 22. Juli 2020

Die zwei großen B's - Beethoven und Brüste


Was ist eigentlich aus der Beethovenhalle geworden? Wie ist da der aktuelle Stand? Ich komm deshalb drauf, weil, neulich fahr ich mit dem Rad am Rhein entlang und da springen mich doch die Lettern "Baywatch" an.
Und da fiel mir in dem Zusammenhang das Starmodel Chrissy Teigen ein, über das ich in der Bunten gelesen hatte: Sie habe sich im Alter von 20 Jahren die Oberweite vergrößern lassen. Heute bereue sie diesen Eingriff und wolle sich nun ihre Brüste verkleinern lassen. Dazu wurde eine Expertin befragt, warum Brustverkleinerungen derzeit im Trend seien. Ihre Antwort: "Ein kleinerer Busen ist ein neues Schönheitsideal. Die Brust muss nicht mehr so riesig sein. Viele Frauen leiden unter großen Brüsten und dem Gewicht. Der Trend geht weg von der großen Brust." Frage: "Von wie vielen Fällen sprechen wir?" Antwort: "In den letzten fünf Jahren gab es eine Zunahme von 20% an Brustverkleinerungen. Inzwischen gibt es 1,5 Millionen Eingriffe pro Jahr. Fast so viele wie im Falle einer Brustvergrößerung." Frage: "Welche Vor- und Nachteile hat die Operation?" Antwort: "Die Vorteile bestehen darin, dass die Brust besser aussieht (!!), alle Sportarten wieder möglich sind und das Brustkrebsrisiko reduziert wird. Die Nachteile liegen in der Narbenbildung." Was soll ich fragen? Sind die Frauen, die sich jetzt die Brüste verkleinern lassen, dieselben, die sie sich vor Jahren haben vergrößern lassen? Und, was soll ich zu mir sagen? Alles richtig gemacht! Einfach nichts gemacht!

Wie komm ich jetzt drauf? Ach ja, weil ich auf der Höhe der Beethovenhalle an dem Wort "Baywatch" vorbeigefahren bin. Irgendwie hat Corona ja auch was für sich. Wir würden uns sonst über unser marodes Opernhaus ärgern, darüber, dass die Beethovenhalle nicht in die Pötte kommt, darüber, dass die Stadthalle droht einzustürzen. Es würde eh nichts stattfinden!
Wo ich gerade dabei bin , beim Nicht-Stattfinden. Der ESC fand ja wegen Corona auch  nicht statt. Was muss das für die Barbara Schöneberger ein Wechselbad der Gefühle gewesen sein! Jahrelang hat sie den deutschen Vorentscheid moderiert. Den gab's dieses Jahr gar nicht, was aber nichts mit Corona zu tun hatte. Dann stand sie früher immer am Abend des ESC in Hamburg bis tief in die Nacht auf der Open Air Bühne -  und das meist im Regen. Und dieses Jahr hatte sie einen ganzen Samstagabend die Elbphilharmonie für sich - allein! Wahnsinn!

Apropos Wahnsinn. Was ja auch das wirklich Interessante an dem Virus ist: Wenn ein Mensch ohnehin schon Tendenzen zum Abseitigen hatte, Corona bringt's jetzt in seiner ganzen Gänze zum Vorschein. Als Beispiel: eine Warteschlange vor einem Gemüsestand, alle mit Masken, alle mit viel, viel Abstand, drum herum viel frische Luft - so wie es sich gehört. Ich stelle mich an, ans Ende. Und im selben Moment, wie von der Tarantel gestochen, zuckt der bis zuletzt Letzte  so zusammen, als ob ich ihm auf den Rücken gesprungen wäre und nun an ihm klebe wie ein Frosch. Offenbar meinte der Bedenkenträger, hinter ihm sei nicht auf ausreichend genügend Abstand geachtet worden. Was definitiv nicht stimmte. Für meine Begriffe kein Einzelfall. Und weil ich das nun recht häufig beobachtet hatte, habe ich mich mal kundig gemacht. Nicht dass ich da etwas nicht mitbekommen habe! Ich habe dann mal im Internet kurz quer gelesen:

Abstand - kein Muss mehr (?). Nun gibt es einen neuen Plan. Mit einer Lockerung der geplanten Regel für einen Mindestabstand will Wirtschaftsminister Peter Altmaier (??) im Streit vorankommen. Das Ministerium des CDU-Politikers hat einen neuen Vorschlag erarbeitet. Die Bundesländer sollen demnach selbst entscheiden, wie viel Abstand bei ihnen eingehalten werden muss. Bisher sollten die 1000 Meter grundsätzlich bundesweit gelten (kein Wunder, dass ich das Verhalten vieler Menschen nicht verstehe, wenn sie sich so was von aufregen, weil ich ihnen zu weit auf die Pelle gerückt bin. 1000 Meter!!!). Länder und Kommunen, die das nicht wollen, hätten dann beschließen müssen, diese Regel nicht anzuwenden. Studien warnen vor den negativen Folgen der Abstandsregel. Diese ursprünglich geplante Regelung, genannt Opt-out, hätte aus Sicht von Kritikern in den Ländern und Gemeinden dazu führen können, dass bereits gefundene Kompromisse neu verhandelt werden müssten. Nun könnte eine sogenannte Opt-in-Regelung kommen: Wer 1000 Meter Abstand will, muss sich dann aktiv dafür entscheiden. Eine Sprecherin sagte: "Daher haben wir einen Vorschlag vorgelegt: Die 1000 Meter Abstandsregelung gilt und bildet den Grundsatz, aber die Länder können abweichen und die Auslegung bestimmen." Das gebe Ländern und Kommunen den nötigen Planungsspielraum, um Flächen für den Windausbau zu sichern und gleichzeitig die Akzeptanz vor Ort für die Windräder zu sichern.

Das kommt vom Querlesen. Wenn man es nicht kann, soll man es lassen! Ich war so auf die Worte Abstand und Meter fixiert. Und wo ich gerade dabei bin, ich bin neulich wieder  unterhalb der Beethovenhalle mit dem Rad gefahren und - klar - einfach wieder falsch gelesen. Es heißt dort natürlich BauWatch und nicht Baywatch! BauWatch Baustellenüberwachung: "BauWatch schützt Ihre Baustelle effektiv und nachhaltig vor Diebstahl & Vandalismus!" Ich mein, das macht ja auch durchaus Sinn, so lange wie da die Baustelle schon im Gange ist. Und justamente stand doch ganz aktuell in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Die neue alte Halle ist im Werden": Sie sei sicherlich Bonns anspruchsvollste Baustelle. Das Chaos vergangener Tage, Monate und Jahre sei nunmehr einer professionellen Ordnung gewichen. Man glaubt den Handwerkern, wenn sie sagen, sie wissen, was sie tun (!). Die Frage nach den Schuldigen für das Baudesaster bleibt unbeantwortet. Lutz Leide ist seit dem 1. November 2019 im Amt. Er ist nicht da für Vergangenheitsbewältigung. Er ist da, um eine Mehrzweckhalle fertigzustellen. Die groben Fehler der Vergangenheit sind offenbar überstanden. Es gibt eine seriöse Planung, Es gibt seriöse Projektpläne. Und man baut nicht einfach drauf los, was in der Vergangenheit nach Meinung der heute Verantwortlichen der Kardinalfehler gewesen ist.

Als ich den Artikel gelesen hatte, fielen mir spontan alle Zahnärzte ein, die ich im Laufe meines Lebens bedingt durch Umzüge durchlaufen habe. Nie, wirklich nie, hat einer gesagt, dass sein Vorgänger ein ordentliches Gebiss hinterlassen hatte. Der vorherige Zahnarzt war immer schlecht, kein guter, aber jetzt war ich Gott sei Dank in besten Händen!