Mittwoch, 24. Februar 2021

Kleines Glück: Mit Glühwein vor der Postfiliale

Ich hatte ja letztens erwähnt, dass ich mir erst mal den Rest Glühwein aus der Thermoskanne hinter die Binde gekippt habe. Hatte aber vergessen zu erklären, warum da oftmals noch ein Rest drin ist. Weil, normalerweise habe ich eigentlich keine Probleme, den mir zur Verfügung stehenden Alkohol einer durchschnittlichen Thermoskanne komplett zu verkasematuckeln. Gut, kein Wunder, ich mache das ja auch jeden Tag. Übung macht eben den Meister. Es hat ja schon vor Wochen angefangen, dass ich komplett den Überblick verloren hatte. Jetzt nicht, was meinen Alkoholkonsum betraf, sondern die Kontaktregelungen: Darf ich oder darf ich nicht - oder muss ich vielleicht sogar? Bin ich ein Sozialschwein, wenn ich den mir erlaubten Rahmen ausschöpfe? Wie viele Menschen dürfen auf öffentlichen Plätzen wie lange in welchem Abstand stehen? Und über was dürfen die sich unterhalten? Alkohol, zum Beispiel, ist es überhaupt erlaubt, öffentlich über das Thema Alkohol zu sprechen, geschweige denn zu trinken? Und wenn das Thema im öffentlichen Raum kein Tabu ist, wie viele dürfen sich darüber unterhalten - über Alkohol? Gibt es genaue Versammlungsanweisungen, die eingehalten werden müssen? Ist zum Beispiel Stehen im Kreis oder Oval verboten, Stehen in einer Geraden erlaubt? Parabolisches Stehen hatte ich selbstredend von vorne herein ausgeschlossen.

Wie schon erwähnt, ich bin so was von verunsichert. Nicht umsonst trage ich zwischenzeitlich immer einen Zollstock bei mir, um den korrekten Abstand auf Parkbänken zu gewährleisten. Was jetzt nicht immer gut ankommt. Weil, wenn du dem schon sitzenden Unbekannten zu verstehen gibst, er solle doch gefälligst so rücken, dass jeder immerhin mit einer Arschbacke auf der Bank sitzen kann - kommt nicht gut. Wobei, meistens löst sich die angespannte Situation dergestalt, dass ich die Bank dann für mich allein habe. Wie gesagt, ich war so was von verunsichert. Irgendwann hieß es auch, mein Traummann und ich dürften jetzt nur noch eine Person zu uns nach Hause einladen. Wobei, ich glaube, das war das erste Mal, dass mir eine Einschränkung so was von zu pass kam. Weil, da gibt es bei uns im Freundes- und Bekanntenkreis schon das ein oder andere Pärchen, wo ich nur die eine oder den anderen mag. Den Partner - und hier meine ich selbstredend wieder mein Lieblings-generisches Maskulinum - den Partner hast du halt immer mehr oder weniger in Kauf genommen. Jetzt kannst du sagen: "Das tut mir so was von leid, dass ihr nicht beide kommen könnt. Aber einer ist ja besser als keiner, nicht wahr? Und es kommen ja bestimmt wieder bessere Zeiten." Ich hab mir da wohl vorgenommen, dass ich es damit dann ganz langsam angehen lasse, dass ich den Partner wieder mit einlade. Ich mein, das könnte man ja auch ganz gut begründen, dass man sich über die Jahre jetzt wirklich nichts mehr zu sagen hat. Was ja auch nicht schön für den Partner ist, mit dem ich weiterhin Kontakt habe. Der muss dann bei den Treffen alles seinem Liebsten, wenn's um bestimmte Themen geht, noch einmal im Schnelldurchgang zusammenfassen. Oder es geht den ganzen Abend "Das hatte ich dir aber gesagt" oder "Du hörst mir nie zu, wenn ich etwas erzähle". Und, schwuppdiwupp, habe ich hier auf meinem Sofa die Ehekrise. Hab ich keine Lust drauf!  

Was ich aber eigentlich erzählen wollte, war ja die Sache mit dem Sich-im-öffentlichen-Raum-Treffen. Weil, das hat man ja schon bemerkt: Je länger der Lockdown war, desto länger war die Schlange vor meiner Postfiliale im Auerberg. Oder, weil wir oben schon mal bei der Parabel waren: Proportional zur Länge des Lockdowns verhält sich der Graph der Warteschlange. Bei all der Unsicherheit, die mich umtrieb, wusste ich also: Sich-mit-vielen-Menschen-Treffen, also Schlangestehen, vor der Postfiliale ist erlaubt. Ich habe mir dann um der Authentizität Willen entweder ein Päckchen unter den Arm geklemmt oder so getan, als ob ich eins abholen wollte. Ich mein, so einen Abholschein hat man ja schnell mal kopiert. Und dann kramst du, während du in der Warteschlange stehst, nach deinem Personalausweis und schon wirkt's glaubwürdig. Aber was sag ich, einmal habe ich mich einfach ohne jegliche Vorbereitung angestellt und bin kurz bevor ich hätte reingehen müssen wieder ausgeschert: Hat sich keiner drum geschert!

Bis zum Ausscheren (wo ich gerade bei Scheren bin, aber das ist ein anderes Thema, meine Frisur. Wobei Frisur in dem Zusammenhang fehl am Platze ist. Es geht um das, was bei mir auf dem Kopf wächst, um meine Haare. Und das muss ich ja auch sagen, die ganzen zwischenmenschlichen Kontakte beim Frisör fallen ja auch weg), wenn ich also die Warteschlange verließ, was hatte ich da so was von nette Begegnungen gehabt, Gespräche geführt mit dem Vorder- und Hintermann*in. Manchmal habe ich Leute vorgelassen, weil's gerade so lustig war. Alles, was mir so an sozialem Kontakt gefehlt hat, konnte ich da ausgleichen. Und schon im Januar hatten wir ja den ein oder anderen kalten Tag, ganz zu schweigen vom Kälteeinbruch im Februar. Und was mir ja auch gefehlt hatte, in diesen Tagen, war der ein oder andere Glühweinstand. Sei es auf dem Weihnachtsmarkt oder beim Weihnachtsbaumkauf im Wald. Und auch Karneval gab es ja kein Am-Zug-Stehen-mit-einem-Piccolöchen-in-der-Hand. Und da habe ich eben das eine mit dem anderen verbunden. Ich habe mir für die Warteschlange in meiner Auerberger Postfiliale eine kleine Thermoskanne Glühwein mitgenommen. Und allein schon deshalb war ich sofort im Gespräch. Das ging von "Das ist aber eine gute Idee" bis "Schon früh am Morgen Alkohol?". Ich bin dann deshalb vom Vormittag auf den späten Nachmittag umgestiegen, mit dem Anstellen.

Was übrigens auch immer super funktioniert, um ins Gespräch zu kommen. Wenn ich in diesen Zeiten einfach mal dringend Bedarf nach menschlicher Zuwendung habe. Und das muss ja gar nicht mal immer unbedingt positiv konnotiert sein. Hauptsache zugewandt: Ich schiebe einen Einkaufswagen meines Lieblingsdiscounters mit zig Familienpackungen Klopapier die Kölnstraße entlang und schaue, wo die Geschichte hin läuft. Ich muss nicht explizit erwähnen, dass ich da so was von ins Gespräch komme- mit allen gesellschaftlichen Schichten!

Mittwoch, 3. Februar 2021

Nur mit Hochprozentigem zu ertragen

Ich hatte ja neulich den Artikel meines SCHAUFENSTERS zitiert, in dem es hieß, dass der gesamtstädtische Haushalt, was den Winterdienst anbelangt, entlastet wird, ich aber deshalb nicht weniger für die Straßenreinigung bezahlen muss sondern mehr. Und wie ich so gerade dabei war, diesen Artikel intellektuell zu verdauen, hörte ich im Radio Folgendes: Es sei weniger los in der Bonner Innenstadt. In der Bonner Innenstadt seien im letzten Jahr deutlich weniger Menschen unterwegs gewesen. Die Stadt Bonn habe jetzt Messergebnisse des Unternehmens Hystreet ausgewertet. Die Firma habe mehrere Messanlagen in der Stadt aufgebaut, die rund um die Uhr die Passanten messen. Im Jahr 2019 waren demnach in Post-, Remigius- und Sternstraße mehr als 31 Millionen Menschen unterwegs. Im letzten Jahr waren es nur etwas mehr als 22 Millionen Menschen. Das ist ein Rückgang von 29 Prozent. Vor allem nach dem ersten Lockdown im März waren die Besucherzahlen in der Stadt stark gefallen. Auch im Sommer lagen sie weit unter denen des Vorjahres - so die Stadt Bonn. Vor allem die Touristen seien ausgeblieben.

Ich gebe zu, das war zu viel für mich, gerade noch die Zeilen in meinem SCHAUFENSTER im Hirn verarbeitet und dann das Gehörte im Radio. Ich habe mir dann erst mal den Rest Glühwein aus der Thermoskanne hinter die Binde gekippt. Und während ich stimmungs- und alkoholtechnisch so am Kippen bin, vertiefe ich mich in mein neues SCHAUFENSTER und lese da diese Lettern: Deutlich weniger Menschen in der City - so das Fazit des Amts für Wirtschaftsförderung der Stadt Bonn … Ich gebe zu, ich hatte schon gewaltig einen hängen, weshalb mir erst zeitverzögert klar wurde, dass ich gerade dabei war, das so eben Gehörte nun noch einmal zu lesen.

Habe dann selbstredend die Lektüre dieses Artikels abgebrochen, bin auf Höherprozentiges umgestiegen, hatte jetzt schon ob des  kontinuierlich disziplinierten Alkoholkonsums dermaßen wirre Gedanken im Kopf. Gedanken einer halbwegs Betrunkenen eben: Bekommt dieses Unternehmen Hystreet Geld dafür, dass es feststellt, dass eine Innenstadt leer ist, wenn alles geschlossen ist? Und wenn ja, bezahle ich die dann indirekt? Weil, wenn das was kostet bei Hystreet, dann …

Ich hab dann mal einfach im Stadthaus angerufen und denen folgenden Vorschlag gemacht - um den gesamtstädtischen Haushalt zu entlasten. Ich habe denen angeboten, dass ich das für einen Bruchteil von dem mache, was sie Hystreet bezahlen. Was ich denen natürlich nicht gesagt habe, dass ich da gar keinen Aufwand betreiben muss. Hallo, was gibt es denn da zu messen? Die haben sich bei mir aber nicht mehr gemeldet. Vermute, weil ich doch allzu deutlich gelallt habe.

Nach meinem Telefonat bin ich bei folgenden Zeilen hängen geblieben: Fahrradparkhaus, gut gemeint, nicht gut gemacht. Das ist das erste Fazit des ADFC Bonn/Rhein-Sieg zum neuen Parkhaus am Hauptbahnhof, in dem auch 200 Fahrradstellplätze untergebracht sind. Der ADFC lobt, dass die Stadtverwaltung überhaupt den Investor "Die Developer" angehalten hat, in dem Parkhaus mit Verbindung zu Gleis 1 auch Parkplätze für Fahrräder einzuplanen. Doch die Ausführung lässt erheblich zu wünschen übrig, urteilt der Verkehrsreferent des ADFC, Martin Weiser. "In gute Fahrradparkhäuser wie in Utrecht, Amsterdam und Kopenhagen rollt man komfortabel hinein, im neuen Bonner Parkhaus geht man durch einen Hintereingang mit rechtem Winkel und muss dann das Rad über drei Rampen nach oben schieben - Fahrradfahren nicht nur verboten, sondern gar nicht möglich."

Ich hatte es mir zwischenzeitlich etwas gemütlicher gemacht. Wobei das ja heutzutage auch immer schwieriger wird, es sich so richtig gemütlich zu machen. Früher bist du nach Hause gekommen, hast erst mal die unbequemen Schuhe in die Ecke gepfeffert, den Bauchspeck einquetschenden Rock ausgezogen (wobei, ich bin ehrlich, meist habe ich den oberen Knopf schon damals von vorne herein offen gelassen) und dir dann ein Teechen gemacht. Teechen machst du dir jetzt doch im Homeoffice gefühlt den ganzen Tag. Und ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal einen Rock getragen habe. Seit Monaten - Lockdown hin oder her, also ja oder nein - trage ich an den Füßen wahlweise Birkenstock oder Wollstrümpfe, dazu eine Jogginghose und Sweatshirt. Karl Lagerfeld hat ja lediglich gesagt, wer mit Jogginghose nach draußen geht, hat sein Leben nicht im Griff. Aber wer, bitteschön, geht denn noch raus?

Was ich aber eigentlich sagen wollte, ich lag mittlerweile auf dem Sofa wegen erheblicher Gleichgewichtsproblemen. Ich schwankte. Ja, auch wegen des nicht von der Hand zu weisenden immensen Alkoholkonsums, aber auch, was denn nun witziger war: Unser neues Parkhaus für Radfahrer oder die Tatsache, dass der Martin mein Bonn mit Amsterdam verglich. Die einzige Verbindung, die mir da einfiel, eine Frau (nicht mehr ganz fangfrisch, eher in Richtung Verfallsdatum), auf deren Agenda Folgendes steht: In Amsterdam in solch einem kleinen Lädchen ein paar von diesen allseits bekannten Keksen zu kaufen und schauen, wohin die Geschichte führt.

Apropos Kekse und das Radio lief immer noch. Wie viele Kekse werden sich denn da gelegentlich bei den Verantwortlichen im Radio genehmigt? In Zeiten, wo es immer wieder heißt, doch als Städter nicht in Scharen aufs Land zu fahren und dort den Einheimischen mangels Einkehrmöglichkeiten vors Gartentor zu kacken. In Zeiten, wo wir nicht zu Hauf wandernd und rodelnd in Ausflugszielen unterwegs sein sollen. In diesen Zeiten beschreibt mir gerade in aller Ausführlichkeit der Sprecher im Radio die wunderschöne Winterlandschaft, die Fritz aus der Eifel gepostet hat - um mir dann zu sagen, dass ich da aber nicht hinfahren darf. Und das nicht zum ersten Mal! Oder doch, vom Fritz wars das erste Mal, vorher, glaube ich, wars ein Foto von der Bettina aus Winterberg. Was soll das - die Nase lang machen?

Mittwoch, 13. Januar 2021

War mir neu: Käthe und Beethoven, ein Traumpaar

Diese Zeilen fanden ihren Weg in mein SCHAUFENSTER: Beethoven gratuliert persönlich zur Geburt. Die Stadt Bonn begrüßt ihre im Dezember geborenen Babys auf besondere Weise: Beethoven selbst - der bekanntlich im Dezember vor 250 Jahren in Bonn das Licht der Welt erblickte - gibt sich die Ehre und heißt die neuen Erdenbürger mit "Für Elise" herzlich willkommen. Die rund 20 Zentimeter großen Flauschpüppchen ähneln vom Äußeren her dem Großmeister der Musik und tragen sinnigerweise den Schriftzug "Born in Bonn".

500 Neubonner werden im Durchschnitt pro Monat geboren. Vorsichtshalber hat Hersteller Käthe Kruse 1.000 "Baby Beethovens" gefertigt. Die sind aktuell nicht verkäuflich. Vielmehr gibt es sie mit einem Willkommensschreiben der OB Katja Dörner einen Brief des Standesamts, bei dem die Babys als Neubürger Bonns angemeldet werden.

Die charmante Idee stammt von Claudia Weller. Die ist im Projektteam der Beethoven-Jubiläumsgesellschaft. "Drei Jahre haben wir konzipiert und probiert", erzählt sie. Dann aber waren Puppe und die darin integrierte "Für Elise-Spieluhr" produktionsreif. Die Puppe ist selbstverständlich waschbar. Und die Spieluhr kann man vor dem Waschgang entfernen und nachher wieder in die Puppe aufnehmen.

"Ein aufgeschlossenes Miteinander, Kindertagesstätten und Schulen, in denen man viel erlebt und gerne lernt" wünscht die OB den Neugeborenen in ihrem Anschreiben zur Übersendung der Puppe. Mit ihr hoffen die stolzen Eltern und alle Bonnerinnen wie Bonner, dass die guten Wünsche in Erfüllung gehen.

Ich sage nur "mögen", dass die guten Wünsche in Erfüllung gehen mögen! Dies Wörtchen fehlt mir am Ende dieses wundervollen Artikels. Ein Artikel, der mich, hätte ich ihn verfassen müssen, so was von an meine schriftstellerischen Grenzen gebracht hätte! Und nicht nur mich, wie man unschwer an dem Satz "Vielmehr gibt es sie mit einem Willkommensschreiben der OB Katja Dörner einen Brief …" erkennen kann. Als Verfasserin dieses Textes wäre auch ich so was von emotional aufgewühlt gewesen, die Sätze wären mir davon galoppiert. Und dann wieder die Käthe. Hallo, jetzt ist mir der Stress erspart geblieben, ob oder ob nicht ins Käthe Wohlfahrt-Haus auf dem Weihnachtsmarkt, und jetzt das! Also da bin ich ehrlich, diese ganze Diskussion über Gendersternchen, Innen und Co steht bei mir jetzt nicht auf Position eins. Aber bei den Worten "Hersteller Käthe Kruse" hab sogar ich gezuckt. Ich hätte vielleicht eher geschrieben "Vorsichtshalber wurden in den Käthe Kruse Werkstätten … gefertigt". Selbst wenn ich das Unternehmen gemeint hätte, also die Käthe Kruse GmbH, selbst dann wäre es ja die Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewesen. (Und wo wir schon mal dabei sind, sich die Diskussion eh nicht aufhalten lässt, hätte ich mir schon gewünscht, dass im Zuge dieser Diskussionen endlich auch einmal aus Heulsuse Heulsusende geworden wäre. Und Zimtzicke und blöde Kuh werden dann bitte auch konsequent Zimtzickende und Kuhende.) Überhaupt, vielleicht würde in das konkurrenzlos famose Traktat sogar "die Herstellende Käthe Kruse" besser passen.  

Auch bei den "Baby Beethovens" bin ich mir nicht ganz sicher. Ich weiß nicht, ob ich da den Plural verwendet hätte oder doch eher von 1.000 Baby-Beethoven-Puppen gesprochen hätte. All das, all diese Herausforderungen der deutschen Sprache, was die Grammatik betrifft, hätten mich allein schon schlaflose Nächte gekostet - aber kein Vergleich zu dem, was danach kommt.

Hut ab vor dem Autor! Drei Jahre (!) wurde an dieser Puppe und an der darin integrierten Spieluhr konzipiert! Dafür ist das Püppchen aber auch waschbar. Und man kann die Spieluhr vorher entfernen - muss man aber nicht. Wenn man sie vorher entfernt hat, kann man - muss man aber nicht - die Spieluhr wieder in die Puppe aufnehmen. Wenn man die Spieluhr nicht entnommen hat, ist sie nach dem Waschen kaputt (reintun und raustun als Verben gehen selbstredend nicht!). Und dann die Wünsche der Katja für die Neugeborenen und die Hoffnungen der stolzen Eltern und aller Bonnerinnen wie Bonner! Dramaturgisch nicht zu toppen. Ich war so was von emotional durch den Wind, habe mir vorgestellt, wie es wäre, wenn ich während des ersten Lockdowns schwanger geworden wäre ... Mein Traummann hat mich dann ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und Bedenken hinsichtlich meines Alters geäußert. Möchte ich jetzt nicht näher drauf eingehen.

Hätte er gar nicht machen müssen, mich aus meiner Traumwelt herausreißen, weil, in meinem SCHAUFENSTER lasen sich auch diese Lettern: Gebühren sollen steigen. Weniger Winterdienst führt zu höheren Kosten für Anlieger. Weil Bonn Orange wegen des Klimawandels offenbar weniger mit Winterdienst beschäftigt ist, bleibt mehr Zeit, um die Straßen zu reinigen. Und das führt zu höheren Kosten für die Anlieger. Hintergrund ist, dass der Winterdienst, für den keine Gebühren bezahlt werden müssen, aufgrund der veränderten Wetterprognosen um 213.000 Euro niedriger kalkuliert wird und damit den gesamtstädtischen Haushalt entlastet. Wenn die bonnorange AöR Winterdienst leistet, dann verschiebt sie Kapazitäten aus der Straßenreinigung dorthin, um prioritär für Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen. Leistet sie weniger Winterdienst, dann verbleiben die Kapazitäten und die damit verbundenen Kosten in der Straßenreinigung. Daher führt der für das Jahr 2021 erwartete geringere Bedarf für den Winterdienst zu einer prognostizierten Steigerung des Gebührenbedarfs in der Straßenreinigung um 138.000 Euro. Das wird auf die Gebührenzahler umgelegt. 

Einfach nur wirken lassen! Zu diesem Artikel ist mir beim besten Willen nichts eingefallen - außer vielleicht das Wörtchen "prioritär" aufgefallen. Fein!

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Einen Stress weniger! oder Das Riesenrad

 

Zeilen in meinem SCHAUFENSTER: Ja, die Tage werden immer schneller immer kürzer - aber jetzt beginnt für viele Menschen die schönste Zeit des Jahres. Zur Vorfreude auf die Adventszeit darf man sich schon in wenigen Tagen auf Plätzchenduft, Geschenkideen für Weihnachten, Reibekuchen und vielleicht auch einen leckeren Glühwein mit Freunden und Familie einstimmen. Denn: Am Freitagabend lädt der Bonner Weihnachtsmarkt wieder Besucher von Nah und Fern ein, um in die besinnliche Zeit zu starten… Stimmt: Zeilen aus dem letzten Jahr.

Bin ich froh, dass das Thema Weihnachtsmarkt durch ist! Für mich: immer wochenlanger Dauerstress und, vor allem, Dauerärger. Egal, wie ich mich entschieden habe! Immer dieser Zwiespalt, in dem ich war. Jedes Mal, wirklich jedes Jahr, immer wieder dasselbe Wechselbad der Gefühle. Das Wissen, egal, wie ich mich entscheide, am Ende bereue ich meine Entscheidung. Egal, wie sorgfältig ich abgewogen habe, das Für und Wider. Es spricht alles dafür und alles dagegen: der Besuch bei Käthe Wohlfahrt. Bin ich nicht einmal drinnen die Runde gegangen, sah ich alle mit glücklich verklärtem Blick aus dem Haus kommen, waren alle außer mir in die wunderschöne Weihnachtswelt eingetaucht. Stand ich drinnen und ging nichts mehr wegen Überfüllung, wusste ich ob des Hitzestaus nicht, wohin mit mir. Gut, ich gebe zu, es gab auch das ein oder andere Erfreuliche. Diese Tierchen aus Mineralien zum Beispiel oder die Holzbrettchen, in die ich mir meinen Namen hätte eingravieren lassen können! Auch die Stände mit dem ausgesprochen beeindruckend vielfältigen Angebot an Accessoires aus Filz: einfach fein! Aber unterm Strich für mich ein einziges Fiasko, der Weihnachtsmarkt.

Ich nenne nur die Standnummer 34, ja, den Stand, wo es den frischen Flammlachs auf Buchenholz gab. Jedes Mal, wenn ich mich aufgemacht habe, mit Vorfreude und Hunger im Bauch, war da immer eine dermaßen überzeugend lange Schlange, die mir vom Anstellen abriet. Oder Thema Zuckerwatte. Nicht, dass ich die je gekauft hätte. Aber wie oft ich die hinten auf meinem Mantel kleben hatte, weil irgendjemand hinter mir es nicht gebacken bekommen hatte.

Und dann diese unheimlich originellen Sollen-wir-Kollegen-uns-nicht-alle-einmal-auf-dem-Weihnachtsmarkt-treffen?-Verabredungen! Hatte ich zweimal! Das eine Mal, ein wunderschöner Wintertag, kalt und trocken, so wie ich es liebe - offensichtlich wie es viele Menschen lieben. Weil, da war es an der Weihnachtspyramide so was von voll. Da habe ich anfangs in der sechsten Reihe gestanden, um an ein Glas Glühwein zu kommen - und nach einer gefühlten Stunde in der gefühlten neunten. Dieses Sich-an-einer-runden-Theke-Anstellen-und-Drankommen, bevor der Stand dichtmacht: habe ich bis heute nicht verstanden, wie da die richtige Strategie ist. Egal, jedenfalls erinnere ich mich an dieses Treffen deshalb, weil, als ich endlich meinen Glühwein in der Hand hielt, mich von der Theke jetzt wieder nach hinten gekämpft hatte (nicht, ohne selbstredend die Hälfte zu verschütten!), als auch die letzte Schulter mich angerempelt hatte, war weit und breit kein bekanntes Gesicht mehr zu sehen. Was auch durchaus nicht verwunderlich war, hatten wir uns ja für zwei Stunden verabredet, also bis 19:00 Uhr, und nun zeigte das Ührchen kurz vor acht. Ich habe dann übrigens im Nachgang meine Winterjacke in die Reinigung bringen müssen.

Das zweite Wäre-doch-toll-wenn-wir-mal-was-außerhalb-des-Jobs-unternähmen-Weihnachtsmarkttreffen verlief komplett anders. Alle hatten zugesagt, nur drei - mit mir - waren dann erschienen. Im Nachhinein war klar, warum. Weil, schon als ich mich aufs Rad setzte, hatte es leicht angefangen zu nieseln, und dann nahm der Regen kontinuierlich Fahrt auf. So, nun steh mal zu dritt auf dem Weihnachtsmarkt und trau dich zu sagen: "Also, wenn nur ihr zwei da seid, und ihr zwei gerade die seid, mit denen ich sowieso wenig anfangen kann, fahr ich jetzt einfach wieder nach Hause." Machst du nicht! Also haben wir zunächst einmal im strömenden Regen auf noch weitere Kollegen gewartet, die nicht kamen. (Darf ich eigentlich, wenn ich über ein Ereignis in der Vergangenheit schreibe, darf ich da einfach Kollegen schreiben, ohne Kolleginnen, meine ich? Weil, damals war das ja noch so, dass damit alle gemeint waren.) Irgendwann haben wir dann ob des üsseligen Wetters versucht, zu dritt wenigstens irgendwo reinzukommen - wie alle anderen auch. Ja, und irgendwann haben wir uns unverrichteter Dinge, total durchgefroren und gefrustet verabschiedet. Am anderen Tag war das für alle anderen doch so was von klar, dass das Treffen bei dem Wetter doch wohl ausfallen würde (da sieht man, wie lange das schon her ist. Mit Handy wär das nicht passiert). Wenn ich mich recht erinnere, gab es noch ein drittes Treffen - ohne mich. Das war ganz, ganz toll: super, super Wetter und bei Weitem nicht so voll, wie man hätte annehmen können, dass man hätte lange an der Weihnachtspyramide anstehen müssen.

Was ich übrigens total verdrängt hatte: Einmal waren mein Traummann und ich nach dem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt für Tage außer Gefecht gesetzt. Weil, wir waren zufällig zu einer Zeit an der Weihnachtspyramide vorbeigekommen, als offensichtlich noch kein Mensch Lust auf Alkohol verspürte oder sich nicht traute, das öffentlich zu dokumentieren. Ich sah nur kein Schlangestehen, kein Drängeln, keine spätere Reinigung: Ich weiß bis heute nicht, wie wir nach Hause gekommen sind! Unschön, das Ganze.

Einen klitzekleinen Wermutstropfen gibt’s da doch: das Riesenrad. Betonung liegt auf dem Riesen. Vor vielen, vielen Jahren war das mit den Kindern ein Ritual: die zuvor gekauften gebrannten Mandeln auf dem Riesenrad genießen. Diese Zeit ist schon lange vorbei, aber mein Traummann und ich haben dieses Ritual zu zweit aufrechterhalten. Es gab ein einziges Mal vor gar nicht allzu langer Zeit, als die Töchter dann doch noch einmal mit dabei waren. Was für sie so unfassbar war: In ihrer Erinnerung war das Riesenrad ein riesiges Rad. Und als sie jetzt darauf zusteuerten, wunderten sie sich schon, dass sie es von Weitem nicht sehen konnten. Sie sahen es erst, als wir quasi davor standen - kein Wunder, es war ein ganz kleines Riesenrad! Es war das erste Mal, dass meinen Kindern bewusst wurde, wie alt, wie groß, wie erwachsen sie sind! Wie die Zeit, wie ihre Zeit vergeht!

Mittwoch, 2. Dezember 2020

Und immer diese Angst im Nacken!

So, auch das wäre geschafft! Selbstredend ging es nicht ganz ohne Anfeindungen und Drohungen ab. Und zeitweise habe ich mich auch ein ganz klein wenig unter Druck gesetzt gefühlt. Dass es da sogar eventuell um Gefahr für Leib und Leben gehen könnte, wär ich ja im Traum nicht drauf gekommen. Gut, ich hätte es mir denken können. Weil, das ging ja vorher schon durch die Medien, dass … 

Aber fang ich doch erst mal am Anfang an. Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass ich dabei bin, mir ein zweites Standbein aufzubauen, was das Geldverdienen betrifft. Gut, da kann ich jetzt keine großen Sprünge mit machen, aber immerhin. Und mein Traummann hat dann am Wochenende auch mal ein paar Stunden für sich. Ich war ja schon zweimal als stellvertretende Briefwahlvorsteherin tätig. Und da muss ich wohl recht fix und akkurat gearbeitet haben, denn die haben sich ganz lieb für meine Unterstützung bei der Kommunalwahl und Stichwahl bedankt. Und sofort nachgefragt, ob ich ihnen denn auch bei der Auszählung zum Bürgerentscheid "Rettet das Melbbad" helfen könne. Kein Problem, aus oben erwähnten Gründen. Und es hieß ja auch dann in meinem SCHAUFENSTER: Bonns dritter Bürgerentscheid. Abstimmen über Wohnbebauung am Melbbad. Per Briefabstimmung entscheiden die Bonner im November 2020 darüber, ob am Rande des Melbbades geförderter Wohnraum entstehen soll oder nicht. Bis 6. November erhalten die rund 249.000 Abstimmungsberechtigten ihre Unterlagen, die bis spätestens Freitag, 27. November, zurückgeschickt werden können. Ausgezählt wird am 28. November. Zum dritten Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt Bonn kommt es, weil die Bürgerinitiative "Rettet das Melbbad" ein erfolgreiches Bürgerbegehren gegen den geplanten Wohnungsbau am Melbbad durchgeführt hat und der Stadtrat sich diesem Bürgerbegehren nicht angeschlossen hat. Abgestimmt wird über die durch die Bürgerinitiative formulierte Frage: "Soll das Melbbad in seiner jetzigen Form ohne eine Wohnbebauung erhalten bleiben?" 

Zunächst einmal war ich nach der Lektüre dieser Zeilen so was von traurig. Ich meine, das wäre doch wirklich mal wieder die Gelegenheit gewesen. So oft bietet die sich doch nun wirklich nicht. Aber ich musste mich damit abfinden, dass in diesem Artikel in diesem Zusammenhang das Wörtchen Quorum nicht gefallen ist. Wo, wenn nicht in diesem Artikel, hätte man Quorum unterbringen können? Und dann habe ich mich allerdings als Auerbergerin gefragt: Wo genau kommt der geförderte Wohnraum denn dann hin, wenn nicht da am Melbbad? Doch wohl nicht auch noch zu uns in den Auerberg. Habe mich aber sofort beruhigt, weil, bei uns ist jetzt wirklich alles zugebaut. Auch schön, da musst du dir darüber schonmal keine Gedanken mehr machen. Ich weiß noch, als mein Traummann und ich vor 30 Jahren in den Auerberg zogen. Da gab es viel freie Fläche und immer wieder hast du dich gefragt, was wird da wohl hingebaut. Jetzt weiß ich es. Aber zurück zum Melbbad. Ehrlich gesagt, unterm Strich hatte ich zu dieser Frage gar keine Meinung. Erinnerte mich aber, dass da doch ein Unwetter seine Hände mit im Spiel hatte. Gibt’s da überhaupt noch was zu erhalten? 

Was ich aber eigentlich sagen wollte, ich hatte mir bei der Kommunalwahl und der Stichwahl hinsichtlich, also dass ich da irgendwie in die Bredouille komme, überhaupt keine Gedanken gemacht. Ja, ich habe lustvoll Briefe aufgeschlitzt. Ja, und es gab selbstredend Stimmen, über die hinsichtlich ihrer Gültigkeit per einheitlichem Beschluss abgestimmt werden musste. Wenn zum Beispiel kein Kreuz gemacht wurde, also nichts, dann war die Stimme ungültig. Oder wenn jemand überall ein Kreuzchen gemacht hatte, auch ungültig. Wenn jemand noch einen Bewerber hinzugefügt und den gewählt hatte, auch ungültig. Oder wenn jemand hinter jedem Bewerber statt eines Kreuzchens ein Frage- oder Ausrufezeichen gesetzt hatte, auch ungültig. Oder wenn jemand statt des Stimmzettels das Foto seines Kandidaten beigelegt hatte, auch ungültig: Habe ich alles mit Bravour gemeistert. 

Und dann kamen die Bilder aus den USA. Und ich habe auch mal bei Wikipedia vorbeigeschaut. Da hieß es: Wahlhelfer beziehungsweise Stimmenzähler sind Mitglieder eines Wahlvorstands, welche Stimmzettel in den Wahllokalen ausgeben und die ordnungsgemäße Wahl der Bürger sicherstellen, nach Beendigung der Wahlzeit die Wahlzettel auszählen und für das jeweilige Wahllokal das Wahlergebnis feststellen. Hallo, "welche die ordnungsgemäße Wahl der Bürger sicherstellen". Und, da bin ich ehrlich, wurde mir doch im Nachhinein ein wenig blümerant. Gut, nutzte alles nichts, ich hatte meine Hilfe angeboten und bin dann hin, am 28. November. 

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die von der Stadt mich nicht mehr anrufen. Weil, ich schob, wie gesagt, jetzt so was von Panik, war Nächte zuvor triefnass in Schweiß gebadet aufgewacht, dass ich da jetzt nichts falsch mache. Ich hatte es ja bei den US-Wahlen gesehen, wie da die Wahlhelfer unter Druck geraten waren, bedroht worden waren. Und ständig die Wahlbeobachter im Nacken. Deshalb habe ich vermutlich einfach zu langsam ausgezählt und bei eindeutiger Sachlage zu lange debattiert. Es ist dann ein wenig eskaliert, als es um einen Stimmzettel ging, wo jemand mit größter Akribie das Melbbad gezeichnet, aber kein Kreuzchen gemacht hatte. Da hat mein Team - wegen meiner - einfach zu lange gebraucht, um den Stimmzettel für ungültig zu erklären. Um die Sache abzukürzen, mein Abstimmungsteam hat bis tief in die Nacht malocht. Und das, wenn man bedenkt, dass wir um 7:00 morgens angefangen haben und die anderen Teams schon um 10:00 wieder durch die Tür waren. Aber ich hatte so was von Angst, dass man mir im Nachhinein Wahl- also Abstimmungsbetrug vorwerfen könnte - bei so einer wichtigen Sache. 

Wie gesagt, ich bin mir ziemlich sicher, dass die mich von der Stadt nie mehr anrufen. Weil die genau wissen, dass keiner in meinem Team arbeiten will, weil du da erst um Mitternacht aus dem Stadthaus kommst.

Donnerstag, 12. November 2020

Endlich Herbst!

Neulich in meinem SCHAUFENSTER: Herbstliche Blumenpracht. Das Amt für Umwelt und Stadtgrün hat Mitte Oktober ungefähr 17.000 Herbstblumen auf städtischen Friedhöfen und Grünanlagen, insbesondere auf dem Nordfriedhof, gepflanzt. Einige der Sorten sind Stiefmütterchen, Silberdraht, Silberblatt und Callunen. Die Blumen kosten rund 7.500 Euro. Zeitgleich wurden auch die 37.000 Blumenzwiebeln für den nächsten Frühling eingepflanzt. Dann können sich die Bonnerinnen und Bonner unter anderem an Tulpen, Narzissen, Krokussen und Traubenhyazinthen auf den städtischen Friedhöfen und Grünanlagen erfreuen. Die Kosten hierfür betragen rund 4.800 Euro. Was für ein feiner Artikel. Wie ich mich freue! 

Aber nicht genug der Freude! Hieß es doch in meinem SCHAUFENSTER auch: Bonn färbt sich bunt. An der frischen Luft zu sein, macht in der Herbstzeit ganz besonders deswegen Freude, weil sich Bonn in leuchtend bunte Farben hüllt, die das Laub an den mehr als 110.000 Bäumen in Grünanlagen, an Straßen und auf Friedhöfen erzeugt, bevor es zu Boden fällt. Gerade wurde mir so wohlig warm ums Herze, als es dann so was von dicke kam - gerade für mich als Frau: Hieß es doch, dann müsse das Laub von den öffentlichen Straßen innerhalb kürzester Zeit entsorgt werden, um die Unfall- und Rutschgefahr für alle Verkehrsteilnehmer zu minimieren. Hallo, geht’s noch?! Also wenn das nicht diskriminierend ist. Ich mein, das haben wir ja jetzt alle verstanden, dass das mittlerweile ein absolutes No-Go ist! Ja, sogar ich, die Kämpferin (oder muss ich die Kämpfende sagen?) für das generische Maskulinum habe das verstanden. Ich, die sich immer gefragt hat, ob wir eigentlich keine anderen Probleme haben. Ich, die ohne jeglichen Diskriminierungsgedanken einen Frauenarzttermin wahrgenommen hat, obwohl es sich bei meinem Gynäkologen um eine Gynäkologin handelt. Ich, die kein Problem damit hat, eine Putzfrau Putzfrau zu nennen. Weil es nicht darauf ankommt, welches Wort ich benutze, sondern wir ich Selbiges meine, wie ich es mit Realität fülle. Bedeutet: einfach anständig bezahlen! Ja, sogar ich habe meinem Rechtschreibprogramm hartnäckig klargemacht, dass Laiin (ja, der weibliche Laie) so richtig geschrieben ist.

Was ich aber eigentlich sagen wollte. Da lese ich doch in meinem SCHAUFENSTER, das Laub müsse innerhalb kürzester Zeit von den öffentlichen Straßen entsorgt werden, um die Unfall- und Rutschgefahr für alle Verkehrsteilnehmer zu minimieren. Geht es nur darum, Männer zu schützen? Dürfen oder vielmehr sollen Frauen sich doch ruhig auf die Fresse legen? Ist das vielleicht sogar gewollt? Weil, wenn nicht das, was ist bitteschön gemeint, wenn mit keinem Wort die Verkehrsteilnehmerinnen erwähnt werden und auch nicht die Rede von Verkehrsteilnehmenden ist? Was übrigens auch noch in dem Artikel stand: Im vergangenen Jahr hat jeder Mitarbeiter der Stadtreinigung 5,6 Tonnen Laub - also das Gewicht eines afrikanischen Elefanten - in Bonn beseitigt. Mal ganz abgesehen davon, dass das eine Information ist, die ich in mein Lebtag nicht vergessen werde: Bei der Stadtreinigung, sind das jetzt starke Männer und - handelt es sich bei der Angabe des Gewichtes um einen weiblichen oder männlichen Elefanten, also um eine Kuh oder einen Bullen?      

Wo ich aber gerade bei den beiden feinen Beiträgen zum Herbst bin. Bin ich froh, dass es jetzt draußen wieder so was von üsselig ist! Hallo, ich habe mich ja im Sommer nicht getraut, auch nur ansatzweise kundzutun, dass meine Nase läuft oder sich ein leichtes Kratzen im Hals eingestellt hat. Aber jetzt hat meine Nase alle Gründe dieser Welt zu laufen. Meine Schüler (und hier spreche ich jetzt nur von Jungen) wissen zum Beispiel, dass in meinem Klassenraum den kompletten Herbst und Winter über alle Fenster immer sperrangelweit geöffnet sein werden. Es gab da zwar einige Mimosen, die anmerkten, es würde vielleicht doch ein wenig zu kalt werden. Ich meinte daraufhin, sie müssten sich ja auch morgens entsprechend anziehen, um nicht auf dem Schulweg zu frieren. Der ein oder andere setzte dagegen, dass er morgens immer von den Eltern mit dem Auto gebracht würde. Deshalb nicht wirklich auf kalte Temperaturen eingestellt sei. Ich habe dann mal kurz die Eltern telefonisch kontaktiert, kurz einen Diskurs zur Luftverschmutzung und zum Klimawandel geführt, über die Vorteile, nicht nur für den Prinzen, sondern auch für dessen Personal, einer frühen Selbstständigkeit referiert, habe zum Thema Abhärtung im Zusammenhang mit Stärkung der Immunabwehr, gerade in heutigen Zeiten, gesprochen: Und schon hatte ich die Eltern auf meiner Seite.

Gut, ich gebe zu, seitdem ist die Atmosphäre im Klassenzimmer ein ganz klein wenig angespannt. Was mir aber ehrlich gesagt total egal ist, wenn da jeder so hinter seine Maske vor sich hin schmollt. Was sich auch durch die konsequent immer geöffneten Fenster so was von verbessert hat, wofür mir die Eltern auch so was von dankbar sind: Ich mein, man stelle sich vor, du sitzt als Schüler ziemlich nah am Fenster und plötzlich kommt Sturm auf. Man glaubt ja gar nicht, wie rigoros solch eine Windböe die lose Blattsammlung des Jünglings durchs Klassenzimmer weht und verteilt! Wenn du dir da nicht als Stammhalter irgendwann mal sorgfältigst eine gewisse Ordnung angewöhnst, zum Beispiel das konsequente Lochen und Abheften deiner Arbeitsblätter, dann zieht das auf jeden Fall mehr Arbeit nach sich, als es dem Junior lieb ist.

Wie gesagt, ich bin so was von froh, dass es draußen wieder windet und stürmt und regnet und hoffentlich auch bald hagelt. Weil, da fragt dann keiner mehr, warum ich mir die Nase putze. Wobei, aktuell könnte meine laufende Nase auch damit zu tun haben, dass ich neulich, ich mein, da muss ich mich ja auch noch vollkommen umstellen. Im Sommer bin ich einfach mit dem Fahrrad zum Einkaufen drauf losgefahren und habe draußen brav in der Schlange gestanden, bis ich dran war. Kürzlich habe ich das auch gemacht, das Einfach-Losfahren und Schlange-Stehen. Das Problem war nur, dass ich 20 Minuten vor der Apotheke (ich stand an für eine FFP 2 Maske) bei Sturm, Regen und ungemütlich kalten Temperaturen stand. Vor der Apotheke in der Warteschlange verenden. Nicht an Corona, sondern an Unterkühlung - das wärs noch. 

Mittwoch, 21. Oktober 2020

Obstbeutelknoten oder Obstknotenbeutel?

Neulich las es sich auf der ersten Seite meines SCHAUFENSTERS in großen Lettern folgendermaßen: Die Melbbadfreunde geben nicht auf - Bürgerbegehren zum Melbbad kommt. Die Vertreter der Initiative "Rettet das Melbbad" kamen mit Vertretern der Ratsfraktionen und Verwaltungsrepräsentanten zusammen, um das anstehende  Bürgerbegehren und den geplanten Ratsbürgerentscheid zu besprechen. Und auch auf der ersten Seite, rechts unten, lasen sich die Lettern "Melbbad öffnet 2020 nicht mehr": Grund sind die Schäden durch das Unwetter am Mittwochabend. Bei den Gewittern mit Starkregen wurden nicht nur die Becken und Beckenumgänge, sondern auch der Technikraum überflutet. Die Wassermassen führten Sand und Erdreich mit sich. Im Technikraum befinden sich ein Elektroschaltschrank und Pumpen. Nach erster Einschätzung ist die gesamte Technik in diesem Raum irreparabel beschädigt worden. Das heißt, dass die technischen Anlagen ersetzt werden müssen. Wenn du da jetzt einer Verschwörungstheorie anhängst. Dass sich da jetzt schon das Wetter einspannen lässt!  

Apropos Wetter. Was noch älter ist als eine Zeitung von gestern oder ein Kalenderblatt aus dem Vormonat, sind Wahlplakate nach einer Wahl. Und die wirken um so armseliger, je länger sie Wind und Regen ausgesetzt sind. Wie viele da jetzt noch hängen nach der Kommunalwahl! Ich komm deshalb drauf, weil mich nach wie vor der Herr Post so was von nett anlächelt. Hallo, warum haben wir den eigentlich nicht alle gewählt? Der nette Herr Stephan Post ist ausgebildeter Gärtner und examinierter Krankenpfleger. Ich mein, wer, wenn nicht er, hätte sich besser um uns gekümmert? Was ich auch total sympathisch finde, dass sein Interesse dem Volkstanz gilt. Seit Jahren ist er Mitorganisator des größten Volkstanzfestes Europas. Jedes Jahr findet das in einer anderen europäischen Stadt statt. Also wenn das kein Beitrag zur Völkerverständigung ist!

 Wo ich gerade bei Verschwörungstheorien und Wahlen war. Was ich ganz vergessen hatte zu erzählen: Zum Auszählen der Stimmzettel hatten die uns im Stadthaus auch eine Kiste mit diesen Face-Shields hingestellt. Die hätte man sich noch zusätzlich zum Mund-Nasen-Schutz auf den Kopf setzen können. Ich habe einfach mal ein Shield zusammengebaut. Und siehe da, du konntest durch das Plastik überhaupt nichts sehen. Total undurchsichtig! Da habe ich mich dann schon gefragt, ob die uns extra hingestellt worden waren, damit wir quasi blind zählen. Klar, denkst du da sofort an Wahlmanipulation! Ich hab das dann später ganz entrüstet meinem Traummann erzählt und der hat mir dann. Also da sieht man mal wieder, wie gut es ist, dass ich hier betreut untergekommen bin. Der hat mir dann nämlich erklärt, dass ich die Schutzhülle für das Plastik hätte abmachen müssen. Wie schnell wäre ich jetzt wieder beim Thema Verschwörung gewesen!

Aber apropos Plastik. Wer hat bitteschön unter dem Einfluss welcher Droge in welcher Dosis das Wort Obstknotenbeutel abgesondert? Las ich doch diese Wort zweimal auf meinem Kassenbon meines Lieblingsdiscounters. Einmal zwischen den Posten Klopapier und Mehl. Und dann nochmal zwischen Nudeln und Hefe. Und, klar, dachte ich mit Schweißtropfen unter der Maske und beschlagener Brille, dass ich das Wort nicht richtig gelesen hatte. Hatte ich aber, richtig gelesen. So nennt sich das Plastikbeutelchen an der Gemüse- und Obsttheke. Hallo, hab ich nie drüber nachgedacht. Null Bewusstsein! Da mach ich einmal etwas ohne nachzudenken - und schon so was von falsch! Einfach reingestopft. Ich habe mich natürlich sofort kundig machen wollen, wofür ich solch Obstknotenbeutel jetzt verwenden darf: so was von kompliziert. Kann ich bitteschön, ich weiß gar nicht, was darf ich da überhaupt noch. Wie gesagt, ich hab mich dann schlau machen wollen, aber siehe da: stand da doch allen Ernstes, Paprika, Tomaten, Kürbisse, Zucchini, Auberginen und Gurken seien zwar Früchte und gehörten laut botanischer Definition zu Obst (da sie aus befruchteten Blüten entstehen), würden aber als einjährige Pflanzen (Lebensmitteldefinition: Gemüse) und gemeinhin wegen der fehlenden Süße beziehungsweise Säure als Fruchtgemüse bezeichnet. Geht’s noch, Fruchtgemüse! Darf die Tomate jetzt in solch Obstknotenbeutel oder nicht?

Bei Kartoffeln war ich mir natürlich sicher, dass das nicht mehr geht. Trotzdem, ich konnte einfach nicht an mich halten, habe das Netz aufgeschlitzt (seit ich bei der Briefwahl im Stadthaus hunderte von Briefen aufgeschlitzt habe und dabei eine gewisse Befriedigung verspürt habe, trage ich jetzt immer einen kleinen Brieföffner bei mir!) und die Kartoffeln in solch einen Obstknotenbeutel umgepackt. Und natürlich hat die Kassiererin mich komisch angeschaut, dass da in meinem Einkaufswagen ein völlig zerfetztes Kartoffelnetz lag. Zuhause, nach einem Besuch bei Wikipedia, wusste ich warum: Nicht ob des desolaten Kartoffelnetzes hat die Kassiererin ganz desolat dreingeschaut, sondern weil die Kartoffel noch nicht mal Gemüse ist. Die Weltgesundheitsorganisation sagt: „Kartoffeln, Süßkartoffeln und andere stärkehaltige Knollen zählen nicht als Obst oder Gemüse“, und das Lebensmittellexikon: „In Deutschland zählt die Kartoffel streng genommen nicht zum Gemüse sondern zu den so genannten landwirtschaftlichen Kulturen."

Mit den Zwiebeln habe ich es erst gar nicht versucht und - siehe da - steht doch auch im Internet: Als Zwiebelgemüse bezeichnet man die unterirdischen Pflanzenteile von Lauchgewächsen (Alliaceae), die als Gemüse verzehrt werden. Sie gehören als Wurzelgemüse zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Zum Zwiebelgemüse zählen unter anderem Zwiebeln (Allium cepa). Das leuchtet selbst mir als Laiin ein, dass die Zwiebel zum Zwiebelgemüse zählt.

Was immer eine sichere Bank ist: Himbeeren. Ist aber auch immer eine totale Schweinerei, bis ich die aus ihrem Plastikpott in den Obstknotenbeutel gestopft habe. Und wenn du denkst, Himbeeren gehören zum Beerenobst - weit gefehlt! Das sind Sammelsteinfrüchte.