Mittwoch, 15. September 2021

Total tiefenentspannt!

So was von, bin ich - tiefenentspannt! Letztens war mir ja gendermäßig ein Patzer unterlaufen und neulich hat's meinen Traummann erwischt: Er rief beruflich eine ihm unbekannte Kollegin an (deshalb Kollegin, weil laut Adressbuch eindeutig ein weiblicher Name). Es folgte ein langes Telefonat mit einem Gegenüber, das eine eher männliche Stimme hatte. Vor Jahren hätte mein Traummann einfach aus dem Bauch heraus gefragt, ob er denn mit besagter Kollegin spricht. In diesen Zeiten bist du aber so was von verunsichert, dass du dich das nicht traust. So vermutete mein Mann also zum Beispiel: Sein Gesprächspartner (generisches Maskulinum!) war mal eine Frau, die sich hat umoperieren lassen und nun, bedingt durch Hormone, eine tiefe Stimme hat oder so … Am Ende stellte sich heraus, dass es ein männlicher Kollege war, der besagte Kollegin am Telefon vertrat.

Wow, hatte ich schon erwähnt, dass ich total tiefenentspannt bin und die Werbekampagnen meines Lieblingsdiscounters so was von gut finde? Erst kürzlich hatte ich das im Zusammenhang mit Persil und Tandil erwähnt, das mit dem "Entdecke den kleinen Unterschied". Dasselbe mit Bodylotion von Nivea und Körpermilch von Lacura. Mal abgesehen von der Preisdifferenz, neben der Abbildung der Lacura-Körpermilch erfahre ich durch das Logo ÖKO-TEST, dass von 31 Körperlotionen 10 mit sehr gut abgeschnitten haben, auch die Eigenmarke. Und ich, die Werbeblättchenblätterin frage mich natürlich, ob oder warum nicht Nivea mit sehr gut abgeschnitten hat. Geschickter kannst du deine Eigenmarke nicht in Szene setzen. Auch jetzt wieder diese neue Kampagne "Meinungsfreiheit ist unbezahlbar - Qualität nicht". Dort meint ein Kunde: "Aldi kümmert sich doch nicht um die Umwelt." Eine andere Kundin: "Aldi ist so groß, da kann Obst und Gemüse nicht täglich frisch sein." Einfach genial! Hatte ich schon erwähnt, dass ich die Werbestrategen so was von beneide ob ihrer Kreativität? Ich hatte mich aber schon gefragt, ob die Gruppe von Kreativen sich da vielleicht auch immer mal so was von feinem Stöffchen einschmeißt. Und justament zeitgleich mit deren Kreativitätsschub …  

Holla die Waldfee, bin ich tiefenentspannt. Hieß es doch in der Verlautbarung: Die Lebensmittel können in allen Lidl-Filialen zurückgegeben werden. Der Kaufpreis wird erstattet, auch ohne Vorlage des Kassenbons. Lidl in Deutschland entschuldige sich bei allen Betroffenen für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Hallo, wer ist denn so blöde und gibt davon auch nur ein einziges Teil zurück? Im Gegenteil, ich hatte mich zwar tatsächlich mit all diesen Produkten eingedeckt, aber als ich das erfahren habe, bin ich natürlich sofort noch mal in alle Filialen, die ich mit dem Rädchen und dem hinten dranhängenden Einkaufswagen erreichen kann. Leider mit null Erfolg! Und da vermute ich eben, dass die Kreativen, die bei meinem Lieblingsdiscounter in Lohn und Brot stehen, dass die da alles abgeräumt haben. Dass die heimlich bei der Konkurrenz eingekauft haben. Weil anders kann ich mir deren Ideenreichtum nicht erklären. Ich jedenfalls bin froh, dass ich da jetzt erst einmal einen ansehnlichen Vorrat habe. Ich mein, dieses Gefahre nach Holland kostet ja auch immer Zeit und Geld.

Ups, total relaxt, mir fällt ein, ich hatte noch gar nicht gesagt, um welche Lebensmittel es sich denn handelte. Es las sich: Lidl ruft Haschkekse zurück - Die Kekse »Mary & Juana«, der Cannabistee »Tea of Mind«, der Riegel »Raw Cannabis Protein Bar Apple« und das kalt gepresste »Vita D'or Bio Hanföl« enthalten mehr THC als gedacht. Der Discounter warnt vor dem Verzehr dieser Cannabisprodukte und ruft eine Reihe von Cannabisprodukten und ein Hanföl wegen erhöhten THC-Gehalts zurück. Kunden sollten den Rückruf unbedingt beachten und die Produkte nicht weiter verwenden. Tetrahydrocannabinol (THC) ist eine psychoaktive Substanz, die in Pflanzen der Gattung Hanf (Cannabis) vorkommt. Dem THC wird der Hauptanteil der berauschenden Wirkung zugesprochen (kann ich nur bestätigen!) - Lidl rief Hanfkekse der Sorten Chocolate, Classic, Cranberry und Hash zurück, die unter dem Namen »Mary & Juana« verkauft werden. Die Lebensmittel werden alle vom tschechischen Hersteller Euphoria Trade hergestellt. Ich mein, das war doch klar, dass ich bei diesen Produktnamen und diesem Herstellernamen von vornherein zugeschlagen hatte, noch eh ich wusste, dass da sogar mehr THC drin ist.  

Wie gesagt, mir geht es dementsprechend gut - trotz Ende der Schulferien, trotz Beginn des neuen Schuljahres. Ich bin total tiefenentspannt und Tschechien steht selbstredend schon als Urlaubsziel für nächstes Jahr auf dem Programm. Nachbarn haben einen Anhänger und eine Dachbox; die leihe ich mir dann mal aus. Da muss echt einiges an THC drin sein, so relaxt, wie ich bin. Weil als wir aus dem Urlaub zurückkamen, mussten mein Traummann und ich uns erst mal den Weg zur Haustür mit der Machete freikämpfen. So hoch war das Unkraut gewachsen. In jeder Steinritze hatte sich ein Samenkorn verwirklicht, hatte sich vermehrt, war zur Blüte gelangt. Ich mein, unterm Strich ginge mir das in meinem jetzigen feinen Zustand am Gesäß vorbei, wenn unser Haus in ein paar Wochen von Wildwuchs überwuchert wäre. Wenn nur nicht ständig diese unzähligen Anfragen und Angebote in meinem Briefkasten lägen. Ich weiß gar nicht, wohin mit dem Altpapier. Gut, ich scheue mich nicht, das nachts auf die Tonnen der Nachbarn zu verteilen, aber es ist eben auch ein enormer Arbeitsaufwand und sollte kein Dauerzustand werden.

Da fällt mir ein, ich habe ja noch gar nichts über die Inhalte der Anerbieten gesagt - gemach, gemach, nächstes Mal. 

Mittwoch, 25. August 2021

Megaperls und megawitzig!

Letztens hatte ich mich ja auf ganz dünnes Eis begeben: Politik. Ich hatte mich ja da über die FIFA-Entscheidungsträger gewundert, dass die sich für Katar entschieden hatten. Jetzt meinte mein Traummann aber, dass das wohl eher mit einer grundsätzlichen Haltung zu tun habe als mit einem fehlenden Internetzugang. Und da fiel mir doch passenderweise das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters in die Hände. Dort wurden justament Haltungstrainer feilgeboten. Es hieß dort, sie seien im Alltag und am Arbeitsplatz verwendbar. Mensch, dachte ich, 4,99 Euro und schon kannst du deine Haltung verbessern. Das wäre doch mal eine gute Investition in die FIFA-Verantwortlichen - und vielleicht auch in den ein oder anderen Politiker. Bei näherem Hinschauen habe ich dann aber schon erkannt, dass hier nicht die Rede von innerer Grundeinstellung war, die jemandes Denken und Handeln prägt. Es ging nicht um sittliche Haltung, sondern schlicht und ergreifend um die Körperhaltung. Ich hätte da auch sofort drauf kommen können. Weil, das Foto zeigte einen Mann und eine Frau, die sich da so eine Art Kinderlaufgurt umgeschnallt hatten. Beide lächelten. Jetzt weiß man natürlich nicht, ob es ob des Haltungstrainers war oder ob der Tatsache, dass beide sich - trotz Haltungsschaden - wohl in ihrem Körper fühlten. Also dass da jeder oder jede genau in dem Körper ist, in dem er oder sie sein will. 

Was ich mich in dem Zusammenhang gefragt habe: Hilft solch Gurt auch, sich auf Spur zu halten. Gut, ich kann mich vorher wahlweise, daneben ist ja gleich Haribo und schräg gegenüber Lindt. Ich kann es zwar vorher entweder mit Gummibärchen oder mit Schokolade als Grundlage probieren. Die Frage ist aber, ob solch ein Haltungstrainer hilft,  sich nach ausgiebigem Alkoholkonsum auf Spur zu halten, also polizeiunauffällig. Weil, in den Kaiserplatz 2 kommt ja jetzt Siegfried Gin rein. Jetzt weiß ich natürlich nicht, ob man da bei denen auch sofort den Gin zu sich nehmen kann oder ob ich den da nur käuflich erwerben kann. 

Wo ich gerade beim Thema Haltung bin. Die finde ich recht witzig, die Haltung von dem Herrn Alexander Krekel. Aber, das muss man ihm lassen: so was von ehrlich und - vor allem - ganz klar und eindeutig. In meinem SCHAUFENSTER lautete die Überschrift: Kommt die Rheinspange? - Bürgerinitiativen und Landschaftsschutzverein befürchten Schwerlastverkehr in der Region. Auch das hatte ich dann irgendwann geschnackelt, dass wir hier von einer Brücke reden. Ja, und dazu hat der Herr Krekel von der FDP Folgendes gesagt: "Wir brauchen eine Brücke, Stauvermeidung ist auch Umweltschutz. Deswegen ist die Brücke auch gut für Bornheim. Aber wir sind nicht dafür, dass die Brücke bei Widdig gebaut wird." Das ist mal ganz klar Kante zeigen: Brücke ja, aber nicht vor meiner Haustür. Windkraft ja, aber kein Windrad vor meiner Nase. Und ich finde, man muss es so auch einmal unumwunden aussprechen dürfen: Klimaschutz ja, aber nur auf anderer Leute Kosten. 

Apropos Werbeblättchen und Haltung, jetzt aber Hundehaltung. Also da kann man sagen, was man will. Wenn es um Werbung geht, ist das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters einsame Spitze. Was mich da nur interessieren würde: Ist es eine Person oder gleich eine Gruppe von Kreativen, die sich da immer so was von feinem Stöffchen einschmeißt? Also, auf einer ganzen Seite: ein entrückt dreinschauender Mann (vermutlich hat es sich dasselbe Stöffchen wie die Kreativen eingeschmissen) gleich in zweifacher Ausführung vollständig in Weiß gekleidet, mit weißem, langen Bart und Haupthaar und zwei weißen afghanischen Windhunden (also vier Hunden). Als Überschrift "Entdecke den keinen Unterschied" - genial, oder? Einmal hält er eine Persilpackung in der Hand und einmal eine Packung Tandil. Ich erfahre, dass eine Waschladung mit Persil BEI ALDI 0,28 Cent kostet und eine Waschladung mit Tandil VON ALDI 0,12 Cent. Einfach genial diese Werbung! Dieser abgedrehte Mann, diese Komposition aus weißen Hunden und Megaperls, dieses geschickt in Szenesetzen der Eigenmarke. So viele Fragen gehen mir da natürlich durch den Kopf: Mit was wurden die Hunde gewaschen und worin? Ist das Model überhaupt ein Mann? Oder verbirgt sich unter all dem Haar eine Frau? Gibt's da überhaupt ein Geschlecht? Weil, da haben die so was von alles richtig gemacht, gendermäßig. 

Wo ich gerade wieder geschlechtermäßig unterwegs bin. Da merke ich immer wieder, was passieren kann, wenn du dir zu viele Gedanken machst. Thema "Mann und Frau" oder "Frau und Mann" oder "Frau oder Mann" oder … Darf ich eigentlich überhaupt noch "Mann" und "Frau" sagen? Und wen meine ich genau damit? Ist das Wort "Frauenquote" nicht eigentlich schon lange überholt? Ist es nicht sogar diskriminierend? Wo ich gerade bei Frauenquote bin, da ist mir kürzlich. Ich rufe in der Praxis meines HNO-Arztes an (im Übrigen, es handelt sich hier auch tatsächlich um einen Mann - zumindest auf den ersten Blick. Ganz abgesehen davon, dass man sich ja immer bekleidet gegenübersteht), um einen Termin zu vereinbaren. Auf der anderen Seite die Stimme eines jungen Mannes, definitiv nicht die mir bekannte Stimme meines Arztes: "Praxis Müller-Schmitz, was kann ich für Sie tun?" Es folgt der Terminvereinbarungsdialog und am Ende ich: "Das ist aber toll, mal ein…", ich weiß gar nicht mehr so genau, was ich gesagt habe. Medizinischer Fachangestellter habe ich wohl nicht gesagt, weil das noch nicht in meinem aktiven Wortschatz angekommen ist, meinem Alter geschuldet. Ich glaube aber auch, dass ich nicht von männlicher Sprechstundenhilfe oder Arzthelfer gesprochen habe. Ich meine, mich zu erinnern, gesagt zu haben: " Das ist aber toll, mal eine Männerstimme zu hören." Darauf mein Gegenüber: " Wieso Männerstimme? Ich bin die neue medizinische Fachangestellte."

Mittwoch, 4. August 2021

Regenbogen oder Geldregen

So ganz bin ich mit VOLLMAR & SÖHNE am Kaiserplatz 2 noch nicht durch. Ich habe nämlich noch zwei Fotos, die ich unbedingt unterbringen möchte. Das geht hier auf der Seite aber nicht. Deshalb, wer sie sehen möchte, gerne einfach auf meine Webseite gehen.

Erst vor kurzem habe ich die alten, graffitibeschmierten Holzrollläden entdeckt und fotografiert. Da wusste ich noch gar nichts von der Schließung. Was für ein Kontrast, wenn die hochgezogen werden und dann dieser Luxus erscheint!




Apropos Luxus und Kontrast. Was genau haben sich die COSMOPOLITAN-Verantwortlichen eigentlich gedacht, als sie das Format verkleinert haben? Hallo, die Buchstaben sind jetzt teilweise so klein, dass ich sie nur mit Lupe entziffern kann! Und bei der COSMOPOLITAN geht es ja, was Mode angeht, eher ums Klotzen als ums Kleckern. Was will ich denn mit Glanz und Glamour im Hochglanz-Kleinformat? 

Vermutlich weil ich zu viel im Luxus schwelge und geschwelgt habe, ist mir offenbar das ein oder andere durchgegangen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Offensichtlich hat der Erdogan den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen gegen Gewalt doch nicht in die Tat umgesetzt. Das hat ihm offensichtlich so was von imponiert oder es hat ihm dann doch leid getan, als er sah, wie viele Frauen im Land für den Erhalt des Abkommens und gegen die patriarchale Regierung in Ankara gekämpft haben. Ich meine, mich auch zu erinnern, dass Erdogan in einer Ansprache im Fernsehen seine Landsleute aufgefordert hat, mindestens drei Kinder pro Familie zu zeugen. Dazu meinte dann die Aktivistin Tugce. "Ich als ledige, kinderlose Frau, die auch keine Kinder haben möchte, ich fühle mich unter Druck gesetzt. Und das ist auch eine Form der Gewalt." Aber für diese Äußerung muss er sich ja dann auch entschuldigt haben. Anders kann ich es mir nämlich nicht erklären.

Oder der Herr Duda in Polen, hat der das letztendlich bereut, dass er die Frauen in seinem Land so was von entmündigt hat? Weil, nach meinem Kenntnisstand (aber, wie gesagt, wer sich ständig bei VOLLMAR & SÖHNE am Schaufenster die Nase platt drückt nach all den Schätzen, die da präsentiert werden) ist das verschärfte Abtreibungsgesetz doch in Kraft getreten, oder? Oder haben ihn, wie den Herrn Erdogan, die Proteste der Frauen so was von gerührt, dass er da auch eine Kehrtwende vollzogen hat. Weil, ich habe sonst keine Erklärung dafür. 

Nur der Orban, der hat offensichtlich sein Ding durchgezogen - als einziger. Weil, anders kann ich mir das nicht erklären, dass nur anlässlich des Fußballspiels Deutschland gegen Ungarn diese Debatte aufkam. Da ging es ja darum, ob das Münchner Stadion beim Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Ungarn in Regenbogenfarben leuchten durfte. Und nach dem UEFA-Verbot für eine Beleuchtung der Münchner Arena in Regenbogenfarben haben dann andere deutsche Stadionbetreiber ein deutliches Zeichen für Toleranz und Gleichstellung gesetzt. Auch das Berliner Olympiastadion beteiligte sich an der Aktion. „Wenn es um Toleranz und Menschrechte geht, sind wir dabei“, twitterten die Betreiber.

Wie gesagt, wer nur im Werbeblättchen ihres Lieblingsdiscounters und der COSMOPOLITAN blättert, hat von Politik und Weltgeschehen keine Ahnung! Und, wie Dieter Nuhr sagt: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten." Es ging aber doch offensichtlich um ein Zeichen der Toleranz und Gleichstellung. Und da ist doch wohl auch die Gleichstellung der heterosexuellen Frau gemeint. In Polen und der Türkei werden die Rechte der Frauen mit Füßen getreten. Warum gab es da solch eine Debatte nicht? Könnte es womöglich sein, dass wir mal so ungemein mutig sein konnten und wollten, weil in Ungarn kein großes Geld oder Ähnliches dranhängt?

Apropos großes Geld und mit Füßen treten, den Fußball. Wenn ich noch ein ganz klein wenig weiter nach Osten schaue, in den mittleren Osten. Das ist ja wirklich dumm gelaufen, dass da keiner mal, bevor Katar als Austragungsort für die Fußballweltmeisterschaft ausgewählt wurde, dass da keiner mal geschaut hat, wie es denn um die Menschenrechte dort bestellt ist. Bestimmt hatte das nichts mit Geld zu tun. Nein, ich denke, die Männer von der FIFA haben einfach kein Internet zuhause. Sonst hätten die ja mal googeln können unter "Katar Menschenrechte". Ich fand: Die Frauenrechte in dem Golfstaat Katar sind laut einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) extrem eingeschränkt. Nach katarischem Gesetz braucht eine Frau unabhängig von ihrem Alter etwa die Erlaubnis eines männlichen Vormunds, um zu heiraten. In der Ehe kann sie als "ungehorsam" eingestuft werden, wenn sie ohne die Erlaubnis ihres Mannes, arbeitet, verreist, das Haus verlässt oder ihm ohne "triftigen Grund" Sex verweigert. Männer können bis zu vier Frauen gleichzeitig heiraten und benötigen dafür keine Erlaubnis. Frauen müssten sich durch "vom Staat durchgesetzte Regeln männlicher Vormundschaft bewegen, die ihre Chancen auf ein volles, produktives und unabhängiges Leben begrenzen", sagte HRW-Expertin Rothna Begum.

Schon blöde, wenn man keinen Zugang zum Internet hat. Tagesschau gucken die Fußballverantwortlichen aber wohl auch nicht. Weil, da habe ich auch schon das ein oder andere Mal von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen in Katar gehört. Aber da habe ich offensichtlich wieder was falsch verstanden.

Dienstag, 13. Juli 2021

Einmal um's Carré

Neulich hieß es in meinem SCHAUFENSTER: Wer sein Fahrrad liebt, schließt ab. Ich liebe mein Fahrrad jetzt nicht wirklich, aber trotzdem, guter Tipp! Das Zweirad sei eines der liebsten Fortbewegungsmittel und bei Langfingern ein beliebtes Diebesgut. Auch ein toller Tipp: Gestalten Sie das Fahrrad individuell. Je auffälliger ein Rad aussieht, desto seltener wird es gestohlen, da die Wiedererkennung ein viel zu hohes Entdeckungsrisiko für den potentiellen Dieb darstellt. Hab ich gemacht und gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ich bin ja nun nicht immer zu Fuß unterwegs, sondern eben auch mit dem Rad. Damit ich aber trotzdem immer auf alle Eventualitäten vorbereitet bin, habe ich jetzt einen Einkaufswagen meines Lieblingsdiscounters hinten ans Rad befestigt, also geschraubt, richtig professionell. Und da muss ich mir jetzt keine Gedanken machen, dass da jemand auf die Idee kommt, mein Rad zu klauen. Hallo, so laut, wie das da hinter dir scheppert, so viel Aufmerksamkeit kannst und willst du dir als Dieb nun wirklich nicht leisten.

Apropos sich leisten können, kürzlich ging ich, wie schon tausende Male zuvor, um folgendes Carré. Da gab und gibt es mein TUI- Reisebüro in der Wesselstraße 10. Geschäftsführerin ist eine ungemein sympathische Frau. Seit Corona leide ich mit ihr und hoffe zutiefst, dass die neuen Zeiten, die jetzt doch hoffentlich wieder hereinbrechen, für diese kluge und emphatische Frau auch so bleiben. Weiter geht es am Eingang zur Kaiserpassage vorbei, trostlos, Richtung Busbahnhof zu meiner Bank an der Ecke, Wesselstraße 2. Die gibt’s trotz Corona noch und der geht es wohl auch besser als meinem Reisebüro. Apropos Bank. Da fällt mir ein, hallo, wie viele Dekaden lebst du schon auf diesem Planeten, wenn du? Als ich aufwuchs, eine junge Frau, später Mutter von Kindern war, gab es das unumstößliche Gesetz: Wenn du sparst, gibt's Zinsen und dann hast du am Ende mehr Geld. Heute ist es genau anders herum: Wenn du Geld auf der Bank hast, musst du schauen, dass du nicht über einen bestimmten Betrag kommst, sonst musst du Zinsen bezahlen. Gut, für mich persönlich ist das jetzt nicht wirklich ein Problem. Aber dennoch, Zinsen gibt es schon lange nicht mehr, und für den ein oder anderen wird demnächst die Matratze wieder durchaus eine Option. Ja, eh du der Bank Strafzinsen bezahlst, steckst du dein Bargeld doch lieber unter die Matratze. Ist auch einfacher für die, die es mit dem berühmten Enkeltrick immer wieder versuchen. Bis jetzt mussten die sich immer irgendetwas einfallen lassen, um die Oma dazu zu veranlassen, für den Enkel Geld abzuheben (interessant in dem Zusammenhang, es ist immer vom Enkel die Rede. Meinen die auch die Enkelin? Oder ist es tatsächlich der blöde Enkelsohn, der es mal wieder nicht gebacken bekommt und dringend von der Oma Geld braucht?)  Egal, jetzt müssen die jedenfalls nur noch klingeln, mit einer Wasserpistole drohen und der Oma befehlen: "Oma, hol das Geld aus dem Bett!" Ich war aber bei meiner Bank an der Ecke. Die wird auch morgen noch stehen, aber mein langjähriger Berater, den wird's da in Zukunft nicht mehr geben. Der geht nämlich in Rente. Gefühlt eine halbe Ewigkeit hat er uns beraten - damals in Zeiten, als es noch 7% Zinsen gab.

Und weiter geht's ums Carré, nicht wirklich einladend. Am Kaiserplatz angelangt, wieder der Schwenk nach links, im Sommer angenehmer Schatten unter den Bäumen. Mit Wehmut passiere ich den zweiten Eingang zur Kaiserpassage. Kein Grund mehr für mich, dort einzubiegen. Denke an den "Lila Laden": Wie häufig ist der eigentlich umgezogen in der Kaiserpassage? Irgendwann war der auch mal hier am Eingang zur Passage. Vorbei an den kleinen "Wühltischen" vor dem Reformhaus Bacher, Kaiserplatz 14. Hoch bis zur Ecke Kaiserplatz 2: VOLLMAR & SÖHNE. Zwei Schaufenster für Schmuck zum Kaiserplatz hin, dann die Auslagen im Eingangesbereich und um die Ecke noch einmal vier Schaufenster: Ich bin ehrlich, von wegen sich leisten können, ich weiß gar nicht, ob ich dort je etwas gekauft habe. Aber, so oft und so lange, wie ich dort schon vor den Schaufenstern gestanden habe, ist allemal wie kaufen oder zumindest werben. In diesen Schaufenstern habe ich in den Jahrzehnten erstmals Dinge bestaunt, von denen ich nicht mal annähernd eine Ahnung hatte, dass es sie gibt. Dort sah ich zum ersten Mal Geldscheinspangen aus Silber, es gab Party-Card- Holders aus Silber und Geburtslöffel für Jungen und Mädchen aus Silber. Auslagen, so ungemein mondän, so ästhetisch und unerreichbar für meinen Geldbeutel. Auslagen, die so was von teuer sind, wo gefühlt immer mindestens eine Stelle zu viel vor dem Komma steht, dass ich automatisch Argumente finde, warum ich die gar nicht haben wollte, selbst, wenn man sie mir schenkte: ein Lesezeichen in Herzform aus 925 Sterling Silber, viel zu schwer für ein Lesezeichen in meinen Taschenbüchern. Oder Champagnerkelche aus 925 Sterling Silber - hallo, ich will doch die Blubberbläschen sehen.

Und jetzt, am 17. Juli, hat das Geschäft VOLLMAR & SÖHNE geschlossen, nach 160 Jahren. Wobei das Wort Geschäft mir so banal daherkommt, wenn ich die Schaufenster vor mir sehe. Als Synonyme werden mir Shop und Laden angeboten. Die treffen es erst recht nicht. Für mich war es wohl eher immer eine wunderschöne Ausstellung, ein Genuss für die Augen, ein Augenschmaus. Jedes Mal, wenn ich mich nach dem Staunen wieder abwandte und meines Weges ging, war die Welt für ein paar Minuten märchenhaft gewesen. Und oft fuhr ich nach Hause zu meinem Traummann und sagte: "Schatz, die haben bei Vollmar wieder so schön dekoriert, das musst du dir unbedingt anschauen."

Alles hat seine Zeit, vermutlich auch die Geburtslöffel für Jungen und Mädchen. Weil, das muss man bitteschön in Zukunft auch bedenken. Wie manipulativ greift der Opa oder die Oma in das Selbstbestimmungsrecht des Neugeborenen ein, wenn das sich noch gar nicht so sicher ist, welchem Geschlecht es in Zukunft angehören will?

Mittwoch, 9. Juni 2021

Paket im blauTonne Für Altpapiere

Dass ich häufiger mit meinem Einkaufswagen im Auerberg unterwegs bin und oft vor der Postfiliale rumlungere, ist ja nun hinlänglich bekannt. Ich komm deshalb drauf, weil es in meinem SCHAUFENSTER unter der Überschrift "Pakete gut versenden" gute Tipps zu lesen gab: Um zu verhindern, dass Pakete unterwegs stecken bleiben oder automatisch aussortiert werden, ist es wichtig, dass Name und Adresse vollständig und gut lesbar angegeben sind. Diesen Tipp finde ich so was von gut. Wobei ich mir gewünscht hätte, dass der Autor dieses Artikels noch einmal ganz ausführlich erklärt, was genau sich hinter dem Wort 'Adresse' auf der einen und hinter dem Wort 'Absender' auf der anderen Seite verbirgt. Und das nicht nur im übertragenen Sinn. Will sagen, wo genau hat die Adresse zu stehen und wo der Absender?  Nicht, dass ich bei all der Sorgfalt, die ich auf Schönschreibung verwende, unter die Briefmarke meinen Namen schreibe und mich dann wundere, wenn das Paket wieder bei mir ankommt.

In dem Artikel ging es auch um das Thema Ersatzzustellung beim Nachbarn: Die meisten Paketdienste behalten sich in ihren Vertragsbedingungen die sogenannte Ersatzzustellung an Nachbarn vor. Die kann praktisch sein, wenn der auch tagsüber zu Hause ist. (Stimmt, sonst macht's keinen Sinn!) Grundsätzlich muss jedoch kein Nachbar ein fremdes Paket annehmen. Sobald der Empfang allerdings quittiert wird, muss das Paket sorgfältig verwahrt und darf dem Empfänger nicht einfach vor die Tür gestellt werden. Denn dann haftet der Nachbar unter Umständen, falls die Sendung wegkommt oder Schaden nimmt.     

Was ich mich in dem Zusammenhang schön häufiger gefragt habe, und da merke ich auch immer wieder, wie alt ich bin. Ein ganz neues Phänomen: Früher hast du dir nicht eine Sekunde über die Reise, die Pausen, die dein Paket auf irgendeiner Paketstation macht, Gedanken gemacht. Mittlerweile verbringen die Menschen unsäglich viel Zeit damit, Follower ihres Paketes zu sein. Also im Internet zu schauen, wo genau sich jetzt das Paket auf dem Weg zu ihnen befindet. Was ich mich bei der Lektüre dieses ungemein ausführlichen Artikels in meinem SCHAUFENSTER allerdings auch gefragt habe, ob die Paketzusteller auch Zugang zu diesen Informationen haben. Ich habe da so meine Zweifel.

Weil, neulich waren mein Traummann und ich über die Osterfeiertage in Hamburg bei unserer Tochter. Das waren diese Tage, wo unsere Entscheidungsträger mal so richtig, wo sie so dermaßen die Mallorca-Urlauber geärgert haben. Kaum waren die trotz Corona geflogen, da kam der Herr Span mit der spontanen Impfkampagne um die Ecke. Ätschibätsch! Gut, jetzt muss man natürlich sagen, er kam mit dem schlechten Impfstoff um die Ecke. Was ich aber eigentlich sagen wollte, als wir Ostermontag spät abends zurückkamen, lag vor unserer Haustür ein Päckchen, was dort definitiv mehr als zwei ganze Tage gelegen haben muss, bei Wind und Wetter. Da ist es natürlich besser einem Paket ergangen, über das mich der Zettel in meinem Briefkasten in Kenntnis setzte. Ich stelle mir allerdings folgendes Szenario vor: Mein Traummann und ich sind für drei Wochen in oder auf, ja wo eigentlich? So weit ist es schon, dass ich mir spontan nicht mal mehr vorstellen kann, wo ich Urlaub mache.

Apropos Urlaub, in diesen Zeiten, wo du entweder gar nicht in einem Hotel übernachten darfst und wenn doch, du dein Frühstück meist unter der Tür durchgeschoben bekommst, also nichts mit Buffet. In diesen Zeiten erinnere ich mich deshalb an einen tollen Hotelaufenthalt, weil die da abends so was von ein tolles Buffet hatten. Und zwar eins mit Fleisch in allen Varianten und ein extra Buffet für Vegetarier. Und da weiß ich noch, wie ich da das ein oder andere Mal so was von ein schlechtes Gewissen hatte, dass ich als Nicht-Vegetarierin an deren Buffet gegangen bin, weil das gar so lecker war. Ich habs dann auch gelassen ob des schlechten Gewissens, weil, ich konnte ja von beidem nehmen, die aber nicht.

Wie komm ich jetzt vom Paket über Impfstoff zum Buffet? Ach so, was ich nämlich nicht so ganz verstehe und da könnten die alten, weißen Männer, von denen ja in diesen Zeiten so was von die Rede ist. Die kommen ja in letzter Zeit wirklich nicht gut weg. Da hätten die mal so was von eine Chance, aus ihren niedrigen Umfragewerten rauszukommen. Weil, ein dickes, fettes Argument, sich doch bitteschön impfen zu lassen, ist doch immer wieder die Sache mit der Solidarität. Überhaupt, das Wort Solidarität hat ja in diesen Tagen so was von eine Renaissance erfahren. Die jungen Menschen sollten solidarisch mit den alten Menschen sein. Die Alten wurden zuerst geimpft, weil sie am stärksten betroffen waren, vom Tod.

Was ich sagen will, in Zeiten von Corona ist man immer ganz fix damit, wenn es darum geht, wer sich vernünftig verhält und wer tendenziös ein Sozialschwein ist. Was dabei ganz wichtig ist, man selbst gehört immer zu der ersten Gruppe. Und dabei könnten die alten, weißen Männer, also die Männer in meinem Alter, die, die keiner Risikogruppe angehören, die könnten da so was von punkten - am Buffet: Am Buffet, an dem du auf der einen Seite alle Impfstoffe bekommst, auch den, der für junge Frauen nicht unbedingt an erster Stelle steht. Und auf der anderen Seite den Impfstoff, der für junge Frauen empfohlen wird. Ja, und da sind wir bei meinem schlechten Gewissen, was ich damals hatte, als ich mich am vegetarischen Buffet angestellt habe. Das mit dem schlechten Gewissen gilt natürlich auch für die alten, weißen Frauen, also für mich.


Jetzt bin ich aber so was von abgekommen, von dem Päckchen, das in meiner blauen Tonne lag. Von dem Paketzustellenden, der offensichtlich in der Unterrichtseinheit gefehlt hat, als es um das Thema Zustellung ging. Mein Szenario: Wir sind irgendwo im Urlaub, für längere Zeit aushäusig und meine Nachbarn stellen unsere Mülltonnen gemäß Abfallplaner an die Straße - auch die blaue Tonne!


Mittwoch, 19. Mai 2021

Nur mit 1-a-Blasenmuskel!

Ich hatte ja neulich doch recht viel davon gesprochen, was es momentan in Bonn nicht zu sehen gibt. Und kaum war der Artikel in den Orbit geschickt, fiel mir doch auf, ich hatte doch tatsächlich etwas vergessen. Ja, es gibt noch etwas in Bonn, und obendrein noch preisgekrönt! In meinem SCHAUFENSTER hieß es: Der Beethoven Rundgang ist von dem "Art Directors Club für Deutschland" in der Kategorie "Spatial Experience-Outdoor" (Raumerlebnis im Freien) ausgezeichnet worden. Dabei setzte sich die Installation als Gesamtkonzept unter rund 7.000 Bewerbungen durch. Hallo! Der ADC Wettbewerb sei einer der größten Kreativwettbewerbe im deutschsprachigen Raum. Im Stadtgebiet stehen insgesamt elf Informationssäulen des Beethoven-Rundgangs "BTHVN-Story". Sieben der 2,5 Meter hohen Stelen sind multimedial konzipiert. Dort können Interessierte beispielsweise mit dreisprachigen Animationsfilmen, Informationstexten und Fotos Beethoven neu entdecken.

Deshalb hier jetzt mein Tipp: mit dem Zug anreisen und das denkmalgeschützte Hallendach unseres Hauptbahnhofs bewundern. Dann auf zum Beethoven-Rundgang. Aber, aufgepasst, nur für Leute mit 1-a-Blasenmuskel, der Tipp. Weil, auch wenn die Überschrift in meinem SCHAUFENSTER "Begehbares Andenken" hieß, heißt das noch lange nicht, dass du da irgendwo reingehen kannst, um Pipi zu machen. Was ja in diesen Tagen ein Thema von immens wichtiger Bedeutung ist. Man kann die abgehen, die Stelen, davor stehenbleiben, drum herumgehen, aber nicht in sie hineingehen.

Nicht, dass das Pipi-Thema nicht auch schon vor Corona das ein oder andere Mal Thema gewesen wäre, auch an dieser Stelle: Es ging um stundenlanges Stehen im Stau und wie ich damit umgehe. Apropos, da las ich doch neulich Folgendes: Einem natürlichen Bedürfnis nachzukommen, sei Autofahrern in England nur erlaubt, wenn sie gelenkig seien: Sie dürfen sich neben der Straße erleichtern, solange sie sich neben dem Hinterreifen des Autos befinden und dieses mit der rechten Hand berühren. Da wäre natürlich zunächst einmal wieder meine Frage, welche Droge in welcher Menge sich da jemand reingepfiffen hat, während er sich das ausgedacht hat. Und, ob wir hier vom kleinen oder vom großen Geschäft sprechen. Spricht dieser Artikel nur über im Stehen pinkelnde Männer? Muss ich mich diskriminiert fühlen oder darf ich als Frau Pipi und Aa machen, wie ich will?

Was ich aber eigentlich sagen wollte, der Radius ist recht eingeschränkt in diesen Zeiten, wenn man nicht permanent den Leuten in den Vorgarten defäkieren möchte. Dementsprechend habe ich ja meinen Radius angeglichen. Ich erinnere an meine Ausflüge in die Warteschlange vor meiner Postfiliale im Auerberg. Ein schier unerschöpflicher Quell an spontanen Begegnungen und lustigen Unterhaltungen. Ich hatte zwischenzeitlich schon auf Aperol umgesattelt, aber als es dann doch wieder so was von kalt wurde, habe ich kurzerhand zusätzlich auch wieder meine Thermoskanne Glühwein mitgenommen. Wann hat's denn das das letzte Mal gegeben - Glühwein im Mai? Vom Tragen, also vom Gewicht war das jetzt kein Problem, weil ich ja ohnehin immer mit meinem Einkaufswagen unterwegs bin. Was in vielerlei Hinsicht wirklich ungemein praktisch ist. Zum Beispiel hat es sich in der Nachbarschaft rumgesprochen, dass ich mich da öfters einfach mal aus purer Langeweile anstelle. Und so habe ich schon das ein oder andere Paket in die ein oder andere Richtung befördert. Wie gesagt, mit dem Einkaufswagen kein Problem. Ich komm ob meines persönlichen Equipments drauf. Da kommt natürlich einiges zusammen, wenn du für alle Eventualitäten vorbereitet sein willst. Als ich nur Glühwein getrunken habe, brauchte ich ja nur die Thermoskanne. Der Aperol ist da schon sportiver. Ich habe jetzt im Einkaufswagen immer eine kleine Kühlbox für den Prosecco und die Eiswürfel. Neulich wurde es doch tatsächlich einmal eng im Wagen: Mehrere Pakete retour, Kühlbox und einige Artikel von Lidl, die ich zwar nicht brauchte, die aber laut Ankündigung aus Asien verzögert eingetroffen waren. Da hatte ich mir gedacht, besser mal mitnehmen, könnte in Zukunft Mangelware werden.

Neulich, ich bin ehrlich, hab ich die Sache zu weit getrieben. Ich hatte ja oben erwähnt, dass die Gespräche in den Warteschlangen immer so was von amüsant sind. Aber manchmal sind sie mir auch einfach zu oberflächlich und alles ist schon gesagt. Da langweile ich mich dann, obwohl ich in der Schlange stehe. Da ist ja für mich der Witz weg. Dieser Tatsache geschuldet, haue ich dann schon mal Klopper raus, nur um zu provozieren, damit Stimmung in die Schlange kommt. Wie gesagt, neulich bin ich einfach zu weit gegangen. Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat. Also, wie fange ich an: In diesen Zeiten bin ich ja so was von froh, dass mein Hausarzt, also dessen Praxis, direkt bei mir ums Eck ist. Gut, wahrscheinlich könnte ich auch bei dem aufs Klo, aber ich geh ja meistens gar nicht rein. Ich stehe ja nur in der Schlange, draußen. Das ist eben auch so was von echt toll. Die Praxis ist in einem alleinstehenden Haus. Also die Hauseingangstür ist gleichzeitig die Tür zur Praxis. Was dazu führt, dass die Patienten sich draußen schlängeln. Und dort hatte ich mich neulich auch einmal eingereiht, weil die Postfiliale noch nicht geöffnet hatte. Für alle Fälle hatte ich extra meine Versichertenkarte eingesteckt und einen, allerdings wirklich nicht dringenden, Rezeptwunsch. Was mir da wohl auffiel, die Stimmung in dieser Warteschlange war weitaus gedrückter als ich es vor der Post gewohnt bin. Will sagen, mir drückte die Stimmung so was von aufs Gemüt. Ich weiß, das ist keine Entschuldigung, letztendlich ist es unverzeihlich, so was macht man nicht. Ich weiß auch nicht, warum ich so auf Krawall gebürstet war. Ich habe dann in diese gedrückte Stimmung hinein etwas gesagt, was absolut nicht stimmt, aber ich habe es rausgehauen. Ich habe halblaut vor mich hin gemurmelt: "Ein Glück, dass der Doktor mich schon vor Wochen geimpft hat. Es ist halt doch gut, wenn man Privatpatient ist und zusätzlich mit seinem Hausarzt befreundet ist." Holla, die Waldfee, da war aber plötzlich. Ich bin dann sofort ausgeschert und hab mich davongemacht. Mein armer Hausarzt, das tut mir so leid. Hoffentlich hat mich keiner unter meiner Maske erkannt!

Donnerstag, 29. April 2021

Panik: Die Zahlen fallen!

Was in diesen Tagen ja so was von vorrangig ist, das ist die Frage nach der persönlichen Befindlichkeit. In welchem oder in wessen Körper stecke ich und, vor allem, hat man mich vorher gefragt? Gut, zunächst einmal stecke ich im Körper einer Frau, ohne vorher gefragt worden zu sein oder es hartnäckig hinterfragt zu haben. Und als Buddhistin ginge ich wohl einfach davon aus, in meinem vorigen Leben eine Schnecke oder ein Fisch gewesen zu sein. Und damit wäre es dann gut. Ich habe immer schon gefühlt, dass ich anders bin als andere. Nicht, dass ich damit nicht leben könnte, mit meiner, wie soll ich es formulieren, Neigung. Im Gegenteil, mittlerweile stehe ich dazu und freue mich darüber, habe mich mit meinem Schicksal arrangiert. Aber, ich denke, wir werden zu wenig wahrgenommen, wir Ombrophilen. Aktuell spricht die Wissenschaft nur von ombrophilen Tieren. Wir fühlen uns diskriminiert, weil wir bestenfalls als pluviophil gelten. Wir wollen aber als ombrophile Menschen anerkannt werden. Und dafür kämpfe ich! Auch wir haben ein Recht darauf, als Minderheit eine Stimme zu bekommen - wofür auch immer. Dafür setze ich mich ein. Davon abgesehen, gerade heutzutage ist es ja so was von Vorteil, ombrophil zu sein, also den Regen zu lieben: Je üsseliger das Wetter, je mehr Regen fällt, desto lieber bin ich draußen. Da gibt’s einfach weniger Menschen als bei Sonnenschein. Einfach toll in diesen Zeiten, wo einfach zu viele Deutsche in Deutschland rumhängen.

Was ich aber eigentlich sagen wollte, ich bin mir gerade recht unsicher - nicht in was ich stecke, sondern wo ich lebe. Ich komm wegen der Bilder von Impfzentren drauf, die ich im Fernsehen sehe. Weil, so ein bisschen was von einem, immer mehr habe ich den Eindruck, dass ich quasi in einem Impfzentrum lebe. Diese riesigen Impfzentrum mit super ausgebauten Impfstraßen, also ein Impfzentrum mit einem Drive-In. Alles logistisch auf dem neuesten Stand, perfekt. Die Autos werden so was von fein geleitet, aber - es gibt nichts. Keinen Impfstoff.

Wie in Bonn! Also beeindruckend ist das schon, geradezu imposant, wie sie da so stehen, und vor allem so was von neu, und funktionieren tun sie, glaub ich, auch noch. Ich hab mich sogar schon bei dem Gedanken ertappt, dass ich ein klein wenig stolz war, dass in Bonn überhaupt etwas funktioniert. Oh, schau mal, so wie ich in Aachen stundenlang den Dom bewundere, so stehe ich hier in Bonn davor. Jedes Mal, wenn ich mit meinem Rad die Kölnstraße Richtung Stadt fahre, lese ich am Ring die aktuellen Zahlen. Kürzlich lauteten sie 2314 und 265. Und als ich eine Stunde später auf dem Nachhauseweg zufällig zurückschaute, las ich doch tatsächlich die Zahlen 1981 und 232! Hallo! Was mich da so fasziniert hat, diese Panik, die bei mir aufkam. Ich habe mit meinem Rädchen angehalten und gebannt geschaut, wie die Zahlen runterzählten. In diesen Tagen, in denen es nur um die Anzahl der zur Verfügung stehenden Impfdosen geht. In diesen Tagen packt mich doch tatsächlich die Panik, wenn die Anzahl der aktuell freien Parkhaus-Plätze schrumpft. Seit Wochen prangen sie unübersehbar an Bonns Einfallstraßen, diese riesigen, neuen Anzeigetafeln mit den Lettern "Beethovenstadt Bonn, Stadt. City. Ville". Daneben unübersehbar leuchtend "Parkleitsystem", darunter "freie Parkhaus-Plätze Zentrum und Beethovenhalle". Und dann wirst du weitergeleitet, wo ich mich dann frage, wohin? Hier gibt’s doch nichts zu sehen! Wie in einem Impfzentrum: alles logistisch parat, aber es gibt nichts.

Wo wir gerade beim Beethoven-Parkhaus sind, die Beethovenhalle zum Beispiel, eine never ending Story. Da las sich kürzlich in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Sachstand Beethovenhalle" Folgendes: Die Fertigstellung der Beethovenhalle im Rahmen der bisherigen Kosten- und Terminziele ist nach aktuellen Erkenntnissen unter Beibehaltung der aktuellen Rahmenbedingungen gefährdet. In den vergangenen zwölf Monaten wurden auf der Basis einer internen und externen Analyse eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den angestrebten Fertigstellungstermin Mitte 2024 zu erreichen und den als "Worst-case-Szenario" bezeichneten Kostenrahmen von 166 Millionen Euro einzuhalten (da hatte ich schon den Gedanken, wie viel Impfstoff man davon kaufen könnte). Weiter hieß es, wesentliche Probleme konnten jedoch nicht aufgelöst werden. Die nicht abgeschlossene Planung führe weiterhin zu einer Leistungslücke, die sich zunehmend auf den Projektablauf auswirke (den Satz, diese Formulierung - da musst du erst mal drauf kommen). SGB-Betriebsleiter Lutz Leide erarbeitet einen Vorschlag für das weitere Vorgehen, um dem Risiko einer weiteren Projektverzögerung und Kostenerhöhung zu begegnen. Der arme Herr Leide! Ich sag nur, Obacht bei der Wahl des Nachnamens!

Dann gibt’s da ja auch noch das Münster, dessen Sanierung zwar voranschreitet: Die Altäre werden gereinigt , die Farben leuchten wieder, der Marmor strahlt und der Alabaster wirkt transluzid (das Wort musste unbedingt rein!) wie Alabaster und nicht wie eine undefinierbare dunkle Masse. Aber: geschlossen. Über unser Opernhaus habe ich jetzt keine aktuellen Informationen. Was aber auch völlig belanglos ist. Weil, wenn ich mit meinem Rad am Rhein unterhalb des Theaters vorbeifahre, hallo, da ist aber auch so was von Sanierung angesagt!   

Apropos Sanierung, man kann ja auch noch auf eine andere Art als mit dem Auto ins Impfzentrum, sorry, nach Bonn gelangen, nämlich mit dem Zug. Und da kann man doch tatsächlich mal was Fertiggestelltes sehen: das denkmalgeschützte Hallendach unseres Hauptbahnhofs! Gerade frisch saniert, fertig gestellt, die Bahnsteighalle! Die denkmalgeschützte Sanierung des denkmalgeschützten Hallendaches, erledigt,

Haken dran.

Was wohl schön war, bei all der Aufregung, ich habe dann doch wieder meine innere Ruhe und Gelassenheit gefunden. Ich habe einfach in meinem SCHAUFENSTER den richtigen Artikel gelesen. Wobei ich dieses Mal geschwankt habe zwischen "Findelkinder mit Pinselohren, Ehepaar aus Rüngsdorf päppelt zwei kleine Eichhörnchen auf" und "Trendfarbe 2021: Beige - ruhig, subtil, aber keinesfalls langweilig".