Mittwoch, 17. November 2021

E-Scooter ein Rheinfall und ein Tik mit Tok

Das passiert mir in letzter Zeit immer häufiger: Ich schnappe etwas im Radio auf. Und das, was ich da höre, klingt so absurd. Und weil das so nicht sein kann, was ich da verstanden habe, frage ich danach noch einmal das Internet, was es denn mit der Nachricht auf sich hat. Was ich denn da so was von falsch verstanden habe. Und meist, das beunruhigt mich eben. Ich mein, eigentlich müsste ich doch froh sein ob der Tatsache, dass ich noch alle Sinne beisammenhabe. Aber jetzt frage ich dich, was besser ist. Anderes Beispiel, damit du verstehst, was ich meine. Das ist diese Sache mit dem Dings. Da hast du jetzt einen Menschen, der benimmt sich oft daneben. Einen Nachbarn, der so ganz gerne mal pöbelt und schimpft. Ganz klar, wie soll ich es ausdrücken. Ich hab mal im Internet nach Beispielen für Schimpfwörter und Synonymen für "Arschloch" gesucht. Und die Suche ergab Folgendes: Hundesohn, Affenarsch, Arsch, Drecksack, Dreckskerl, Flachwichser Hackfresse, Hund, Hurensohn, Kackbratze, Kackstiefel, Mistkerl, Sack, Sackgesicht, Saubeutel. Also danach hätte ich es gerne bei "Arschloch" belassen, aber wenn ich das so schreibe, ich mein, das Netz vergisst ja nichts. Und dann steht da auf ewig drin, dass mein Nachbar ein Arschloch ist. Ich hab mich deshalb für Rosette entschieden. Gott sei Dank, weil jetzt kommt's, die Sache mit dem Dings-Syndrom. Ich mein, eigentlich hätte ich mich ja freuen müssen. Was machst du denn, wenn dir irgendwann dieser Nachbar von seinem Tourette-Syndrom erzählt und dass er so was von stolz ist, dass er das so gut im Griff hat. Dann schaust du aber so was von dumm aus der Wäsche.

Wo war ich? Ach ja, Tourette. Ich komm deshalb drauf, weil da hieß es in diesem Beitrag: Zuckungen wegen TikTok? Seit Beginn der Pandemie sind offenbar vermehrt junge Mädchen mit Tourette-artigen Symptomen in Praxen gekommen. Ärzte und Spezialisten vermuten, TikTok-Videos könnten die Ursache sein. Die Ärzte seien am Anfang ratlos gewesen, weshalb die Teenager Tics entwickelt hätten, meldet das "Wall Street Journal". Mädchen mit Tics sind eher selten. Doch relativ schnell habe man eine Gemeinsamkeit gefunden: Die meisten Mädchen hätten die App TikTok genutzt. Die TikTok-Userinnen hätten sich dort Videos von Menschen mit Tourette-Syndrom angesehen, so die Zeitung unter Hinweis auf Kinderkliniken in den USA, Kanada, Australien und Großbritannien. Sie berichteten von einem wahren Zustrom von Mädchen mit Bewegungs- und Sprachstörungen. Bei den meisten Jugendlichen seien zuvor Angstzustände und Depressionen diagnostiziert worden, die durch die Pandemie ausgelöst und verschlimmert wurden. Laut einer britischen Untersuchung hatten im Januar TikTok-Videos mit dem Hashtag #Tourette etwa 1,25 Milliarden Aufrufe. Diese Zahl sei inzwischen auf 4,8 Milliarden gestiegen. Viele Ärzte bezweifeln allerdings, dass die Macher der Videos tatsächlich am Tourette-Syndrom leiden. Vielmehr halten sie es für möglich, dass viele junge Menschen unter psychischen Störungen litten und dadurch Tics entwickelt hätten. Social-Media-Apps wie TikTok sorgen dann für eine virale Verbreitung. Das würde auch erklären, weshalb besonders viele Mädchen im Teenager-Alter plötzlich ähnliche Störungen zeigten. TikTok ist Studien zufolge bei Mädchen die beliebteste Social-Media-App.

Oder auch folgender Beitrag: Mehr als 500 E-Scooter auf dem Grund des Rheins in Köln!

Eigentlich gehören sie auf den Radweg. Doch in Köln sind viele von ihnen unter Wasser. Mehr als 500 E-Scooter haben Taucher auf dem Grund des Rheins ausgemacht. Eine Gefahr für die Umwelt. Nach Aussagen von Tauchern ist der Grund des Rheins in Köln mit Elektro-Tretrollern übersäht. Die Anbieter tun sich schwer, etwas dagegen zu machen. Der Kölner Bau-Taucher Markus Hambüchen bekam vor einigen Tagen einen Anruf aus der Zentrale eines der größten Anbieter von E-Scootern in Deutschland. Der Mann am anderen Ende bat den Taucher um einen Kostenvoranschlag für die Bergung von 500 Elektro-Tretrollern des Unternehmens. Laut GPS-Daten liegen die Scooter im Bereich der Hohenzollernbrücke in der Kölner Innenstadt. Randalierer hätten sie dort in den Rhein geworfen. Bau-Taucher Hambüchen, der in Köln ein entsprechendes Spezialunternehmen leitet, sagte dem Scooter-Verleiher seine Hilfe zu. „Ich fand es gut, dass sich endlich jemand um das Problem mit den Elektro-Rollern im Rhein kümmert“, sagte Hambüchen dem WDR. „Wir finden an jeder Stelle, an der wir auf dem Grund des Rheins arbeiten, solche Scooter. Bevor wir mit der Arbeit an Kaimauern oder Brückenpfeilern beginnen können, müssen wir erstmal den Schrott zur Seite räumen. Ich rede nicht von zehn oder 20 Rollern, sondern von Hunderten, die im Rhein liegen.“ Professionelle Reinigungsaktionen gibt es bisher nicht - dafür versuchen Freiwillige ihr Bestes. Taucher Hambüchen und sein Team stört nicht nur der Schrott: „Wir stellen fest, dass einige dieser Roller eine klebrige Masse absondern. Offenbar werden bei den Fahrzeugen im Rhein die Akku-Ummantelungen undicht und dann treten Chemikalien aus den Akkus aus.“ Unternehmer Hambüchen addierte also die Kosten für die Bergung im Bereich der Brücke. Als der Scooterverleiher allerdings die Summe sah, habe er abgewunken, zu teuer. „Im Ergebnis sagte der zuständige Mann, bei den Kosten lohne es nicht, die Scooter aus dem Rhein zu holen. Die sollen bleiben, wo sie sind“, berichtet Hambüchen dem WDR.

Spontan spontane Freude bei mir. Schäbig, geb' ich zu. Weil, schau, das, was da unten im Wasser liegt, verstopft mir oben nicht mehr den Weg. Jeder E-Roller, der irgendwie verschwindet, steht nicht störend überall im Weg rum. Und wenn die dumme Jacqueline und der blöde Kevin nicht mehr zu zweit auf diesem Ding fahren: super! Und ja, auch schäbig, wenn der dicke Dustin so auf die Schnelle keinen E-Roller findet und deshalb mal zu Fuß gehen muss: toll! Aber klar, die Sache mit den Chemikalien ist auch nicht schön.

Mittwoch, 27. Oktober 2021

Neuer Trend: Popel-Zahncreme und Ohrenschmalz-Frikadellen

Versteh ich nicht! Neulich hatte ich von Immobilien Scout 24 ein Schreiben im Briefkasten, dabei ist unser Garten jetzt in einem 1a-Zustand: Da heißt es in dem Schreiben: "Sehr geehrte Immobilieneigentümer, wussten Sie, dass sich die Nachfrage nach Häusern und Eigentumswohnungen in NRW auf einem Rekordhoch befindet? Das führt dazu, dass Eigentümer zurzeit besonders hohe Preise für Ihre Immobilien verlangen können." Was mich, ehrlich gesagt, ein wenig irritiert hat: Dass irgendwelche Eigentümer für meine Immobilie einen hohen Preis verlangen können. Hat bei denen vermutlich tatsächlich etwas mit dem Alter zu tun, dass die das Wort "Ihre" groß schreiben.

Apropos Alter. Hatte ich schon erwähnt, dass ich in Zeiten von Corona so was von draufgesattelt habe? IT-mäßig, schon wegen der Schule. Ich sag nur TEAMS. Was ich da an Humor draufsatteln musste. Nun hatte ich noch Glück mit meinen kleinen Gruppen. Ich habe da immer drauf bestanden, dass die Schüler die Kamera anmachen. Und da sagt doch einer: "Ich fühle mich beobachtet." Und ich: " Das soll so." Der war das gar nicht mehr gewohnt, dass der Lehrer mitbekommt, wenn er zwischenzeitlich zu REWE geht oder zu NETTO. Dann gabs einen, der so was von konzentriert war. Aber jetzt nicht, dass der mir aufmerksam zugehört hätte, nein, er schaute konzentriert aus dem Fenster. So was von konzentriert, dass ich wusste, für mich bleibt da null an Konzentration übrig. Ich hab dann mal nachgefragt, was es denn so Spannendes draußen zu sehen gab. Antwort: "Ich glaub, da kommt der DHL-Mann." Ich: "Dann geh endlich." Oder ich hatte den ein oder anderen, der so was von gedankenverloren in der Nase popelte und das Gefundene dann verzehrte. Was für mich jetzt kein Problem ist, weil ich irgendwann mal gelesen habe, dass der Verzehr der eigenen Popel durchaus gesund ist.

Ich hab das auch nochmal im Internet. Und da finde ich doch sofort die Lettern "Popel essen ist gesund": Als Kinder lernen wir von Eltern und Erziehern: Schleim aus der Nase gehört ins Taschentuch. Eine Studie der amerikanischen Elite-Forschungseinrichtung MIT zeigt allerdings: Das ist falsch. Popel essen ist gesünder. Nicht alle Forschungsergebnisse sind leicht verdaulich und die folgende Erkenntnis ist nichts für zart besaitete Seelen. Da sie aber der Gesundheit von Kindern dient, sollte sie nicht verschwiegen werden: Fingern die Kleinen in der Nase und gehen ihre Hände danach zum Mund, sollte man sie nicht davon abhalten. Popel zu essen ist gesund, sagt unter anderem Biochemie-Professor Scot Napper von der Universität Saskatchewan in Kanada. Dem Fernsehsender CBC-News zufolge beobachtete Napper seine beiden Töchter beim Popeln und fragte sich, ob das Verhalten der Mädchen womöglich ihrem Immunsystem nutzt. Nappers These: Die Körperabwehr nutzt die Bakterien aus dem Schleim, um zu trainieren und zwischen guten und schlechten Mikroorganismen zu unterscheiden. Unterbindet man diesen Kontakt und pflegt man insgesamt ein zu hohes Maß an Hygiene, kann das zu Allergien und Autoimmunerkrankungen führen. In eine ähnliche Richtung gehen Erkenntnisse von Forschern der amerikanischen Eliteeinrichtung Massachusetts Institute of Technology (MIT). Sie haben untersucht, was Bakterien aus dem Popel im Mund und Rachenraum bewirken. Dabei zeigte sich, dass die Mikroben wiederum andere, schädliche Mikroorganismen in Schach halten. Wen es innerlich graust, die eigenen Popel zu verspeisen, für den haben die MIT-Forscher demnächst eine Alternative parat. Sie wollen eine Zahncreme entwickeln, die auf synthetischem Nasenschleim basiert. Bis die auf dem Markt ist, reicht es vielleicht einfach aus, die eigenen Kinder in Ruhe popeln zu lassen.

Wie ich schon sagte, Popel sind gesund. Wo ich gerade dabei war, hatte ich kurz überlegt, ob ich auch mal in Richtung Ohrenschmalz recherchieren sollte. Ich habe dann aber davon abgesehen, weil ich den ohnehin immer zum Braten verwende. Und ich verarbeite den auch in Frikadellen, da macht der sich auch recht gut.

Ich war aber ja beim Nachlegen. Wo ich auch noch so was von nachgelegt habe: Apps! Nur nochmal am Rande, ich erwähnte ja schon, dass mein Traummann und ich nur EIN Handy haben, dass wir GEMEINSAM EIN Handy benutzen. Im Sommer hattest du ja immer Hände zu wenig. Wenn wir auf unseren Radtouren unterwegs waren und in einen Biergarten gehen wollten: Fahrräder abschließen, Maske über Nase und Mund, in meinem Fall auch Brille vor die Augen, und bitte nicht umgekehrt (hatte ich auch schon!). Dann Handy zwecks luca-App zwecks Check-in zwecks QR-Code. Es gab Biergärten, da musstest du das direkt am Eingang machen, da hing der QR-Code direkt am Eingang. Und dann gab es Biergärten, da hast du das am Tisch gemacht. Da klebte also auf jedem Tisch ein QR-Code-Zettelchen. Hab ich geübt und geübt und konnte ich - dachte ich! Weil, in einem Biergarten (ich gebe zu, ich hatte vorher schon in einem anderen Biergarten einen Aperol getrunken), in einem Biergarten haben wir gefühlt an jedem einzelnen Tisch Platz genommen, weil das mit der luca-APP nicht funktionierte. Wir sind dann aber trotzdem irgendwann mal einfach sitzen geblieben. Als mein Traummann und ich dann im Aufbruch waren, haben wir Neuankömmlinge darauf hingewiesen, dass die QR-Codes für die luca-App offensichtlich fehlerhaft seien. Die teilten uns dann mit, dass das ja auch QR-Codes für die Speisekarte seien. Der QR-Code für die luca-App sei vorne am Eingang.

Stimmt, da war doch was - ich mein, es wär nach dem ersten Lockdown gewesen. Da hatten viele Restaurants keine Speisekarte mehr zum Anfassen von wegen Desinfizieren und so. Da klebte dann auf jedem Tisch ein QR-Code-Zettelchen und du konntest dir die Speisekarte auf deinem Handy. Hab ich damals geübt, immer wieder geübt, konnte ich dann auch.

Mittwoch, 6. Oktober 2021

Die Geschichte der Ute S. aus O.

Kann ich nur jedem empfehlen, diese Hanfkekse. Was vielleicht nur ein wenig blöde ist, du kriegst das ein oder andere nicht mehr so ganz auf die Reihe. Zum Beispiel, da ging es doch neulich um das Illuminieren des Münchner Stadions anlässlich des Fußballspiels Deutschland gegen Ungarn. Ob das in Regenbogenfarben leuchten durfte. Weil der Orban hatte sich, was Toleranz und Gleichstellung anbelangt, danebenbenommen. Und jetzt habe ich doch gehört, dass Ungarn, was die deutschen Rüstungsexporte betrifft, unser größter Einzelempfänger ist.

Aber da habe ich mich bestimmt verhört.

Wie gesagt, die eine Seite ist die, dass du total relaxt bist. Die andere Seite, das muss ich wohl zugeben, du verlierst ein klitzeklein wenig den Überblick. Apropos Überblick, bin ich froh, dass ich das wieder einigermaßen im Griff habe. Ich hatte ja erwähnt, dass das Unkraut unseren Garten so was von  im Griff hatte, dass mein Traummann und ich uns nach dem Urlaub erst mal den Weg zur Haustür mit der Machete freikämpfen mussten. Mich hätte das ja ob meiner Kekse gar nicht mal gestört, wenn nicht der Briefkasten täglich so was von voll gewesen wäre. Und was mir auch auffiel, vermehrt wurde ich von vollkommen fremden Menschen unverhältnismäßig freundlich gegrüßt. Ich weiß gar nicht, mit wie vielen Menschen ich in diesen Tagen gesprochen habe. Freundliche Menschen, ohne Zweifel, aber irgendwie wurde ich zunehmend den Eindruck nicht los, dass die mir regelrecht auflauerten, quasi hinter der Mauer hervorsprangen. Eines Morgens bildete ich mir sogar ein, dass die Person, die mir einen wunderschönen Tag wünschte, hinter ihrem Rücken so etwas wie einen nicht vollständig zusammengerollten Schlafsack vor mir verbarg. Keine Frage, dachte ich mir, solch Verfolgungswahn ist eindeutig meinen Hanfkeksen geschuldet. Ich habe das dann meinem Traummann erzählt, und der meinte natürlich auch, ich sollte jetzt tatsächlich mal meinen Cannabiskonsum einschränken. Komisch kam's ihm dann aber doch vor, als auch ihn in zunehmenden Maße, wie gesagt, wildfremde Menschen. Keine Frage, absolut freundlich, aber eben doch übergriffig. Dann lagen vermehrt kleine Aufmerksamkeiten vor unserer Haustür oder wurden mir direkt übergeben. Durchaus zum Teil geschmackvolle, sicherlich mit Liebe ausgesuchte Büchlein. Diese Büchlein von der Sorte "Das kleine Buch der Stille" oder "Lebensquell Stille" mit diesen feinen, kurzen Weisheiten. Auch Blumensträuße wurden mir in die Hand gedrückt. Was auch bemerkenswert war, alle Menschen, die mit mir in diesen Tagen in Kontakt traten, steckten mir beim Abschiedsgruß ihr Visitenkärtchen zu. Und auch jedem Geschenk, ich bildete mir übrigens auch ein, das die von Tag zu Tag größer und wertvoller wurden, war eine Visitenkarte beigefügt.

Und irgendwann hats bei mir geschnackelt - und bei meinem Göttergatten auch. Kennst du das, plötzlich hast du überhaupt keine Erklärung dafür, warum du nicht sofort draufgekommen bist. In meinem Fall jetzt nicht ganz sofort wegen. Aber andererseits hat ja solch Droge auch durchaus was Bewusstseinserweiterndes. Will sagen, es hätte auch durchaus sein können, dass ich gerade um so schneller draufgekommen wäre. Jedenfalls, es dämmerte mir so langsam. Wenn ich die unzähligen Zettel in meinem Briefkasten nicht einfach nur in Nachbarstonnen entsorgt, sondern einfach mal gelesen hätte. Aber ich dachte natürlich, diese Fülle an Papier sei der Bundestagswahl geschuldet.  

Ist doch wahr, mit was da immer vor den Wahlen der Wähler überflutet wird! Ich sag nur Verfolgungswahn! Wenn du da in dieser Richtung schlecht drauf bist. Wochen vorher lächeln dich Scholz und Konsorten auf der Kölnstraße an. Unten an der Kreuzung grüßen dann Laschet und Co in beängstigendem Großformat. Also wo du gehst und stehst hast du das Gefühl, da guckt dich jemand an, da will jemand was von dir (denk nur dran, bei mir kamen noch die unzähligen leibhaftigen Menschen an meinem Haus hinzu!). Und schon seit Wochen bei mir rund ums Haus die kleinen Wahlplakate mit Kandidaten an jeder Straßenlaterne. Das müsste ich eigentlich den Linken mal sagen. Weil wenn ich auf dem Klo saß, also vom Klo aus, da hing da wochenlang ein Wahlplakat von denen. Auf dem Plakat siehst du eine sehr nette, ich sags einfach wie es ist, alte Frau. So Typ liebe Omi. Holla die Waldfee, denke ich, das ist aber mutig, sich in dem Alter aufstellen zu lassen, aber warum eigentlich nicht. Was mich nur wunderte, ich mein, sonst liest du doch einen Namen. Die hatten vergessen, den Namen der Kandidatin draufzuschreiben, dachte ich. Bis ich das dann verstanden hatte. Den Linken ging es darum, dass diese liebenswürdige ältere Dame, dass die eine höhere Rente bekommt. Da hieß es nämlich auf dem Plakat neben der Frau: Gerecht. Rente hoch, Rentenalter runter. Jetzt.     

Was ich aber eigentlich sagen wollte, und dann müllen dir die Parteien noch deinen Briefkasten zu! Und deshalb habe ich mir auch nichts von all dem durchgelesen, was da aus dem Kasten quoll. Hätte ich besser mal! Da hieß es nämlich in einem Schreiben: Wir sind eine kleine Familie mit zwei Söhnen, Max und Paul. Max und Paul freuen sich auf ihr Schwesterchen, das in zwei Monaten das Licht der Welt erblickt. Falls Sie daran denken, Ihr Haus zu verkaufen … Oder: Liebe Erben, wir sind uns bewusst, dass Sie zur Zeit in der Trauerphase sind. Nehmen Sie sich alle erdenkliche Zeit. Falls Sie dann daran denken, diese Immobilie zu veräußern …

Und da fiel es mir auch wieder ein: Vor Monaten hatte mir meine Freundin erzählt, dass diese Art der Haussuche mittlerweile Usus ist. Dass die Haussuchenden in ihrer Umgebung nach Häusern Ausschau halten, wo der Garten total verwildert ist. Weil man dann davon ausgeht, dass da alte Menschen drin wohnen, die das nicht mehr geregelt bekommen. Dass da also bald gestorben wird oder bereits wurde.

Mittwoch, 15. September 2021

Total tiefenentspannt!

So was von, bin ich - tiefenentspannt! Letztens war mir ja gendermäßig ein Patzer unterlaufen und neulich hat's meinen Traummann erwischt: Er rief beruflich eine ihm unbekannte Kollegin an (deshalb Kollegin, weil laut Adressbuch eindeutig ein weiblicher Name). Es folgte ein langes Telefonat mit einem Gegenüber, das eine eher männliche Stimme hatte. Vor Jahren hätte mein Traummann einfach aus dem Bauch heraus gefragt, ob er denn mit besagter Kollegin spricht. In diesen Zeiten bist du aber so was von verunsichert, dass du dich das nicht traust. So vermutete mein Mann also zum Beispiel: Sein Gesprächspartner (generisches Maskulinum!) war mal eine Frau, die sich hat umoperieren lassen und nun, bedingt durch Hormone, eine tiefe Stimme hat oder so … Am Ende stellte sich heraus, dass es ein männlicher Kollege war, der besagte Kollegin am Telefon vertrat.

Wow, hatte ich schon erwähnt, dass ich total tiefenentspannt bin und die Werbekampagnen meines Lieblingsdiscounters so was von gut finde? Erst kürzlich hatte ich das im Zusammenhang mit Persil und Tandil erwähnt, das mit dem "Entdecke den kleinen Unterschied". Dasselbe mit Bodylotion von Nivea und Körpermilch von Lacura. Mal abgesehen von der Preisdifferenz, neben der Abbildung der Lacura-Körpermilch erfahre ich durch das Logo ÖKO-TEST, dass von 31 Körperlotionen 10 mit sehr gut abgeschnitten haben, auch die Eigenmarke. Und ich, die Werbeblättchenblätterin frage mich natürlich, ob oder warum nicht Nivea mit sehr gut abgeschnitten hat. Geschickter kannst du deine Eigenmarke nicht in Szene setzen. Auch jetzt wieder diese neue Kampagne "Meinungsfreiheit ist unbezahlbar - Qualität nicht". Dort meint ein Kunde: "Aldi kümmert sich doch nicht um die Umwelt." Eine andere Kundin: "Aldi ist so groß, da kann Obst und Gemüse nicht täglich frisch sein." Einfach genial! Hatte ich schon erwähnt, dass ich die Werbestrategen so was von beneide ob ihrer Kreativität? Ich hatte mich aber schon gefragt, ob die Gruppe von Kreativen sich da vielleicht auch immer mal so was von feinem Stöffchen einschmeißt. Und justament zeitgleich mit deren Kreativitätsschub …  

Holla die Waldfee, bin ich tiefenentspannt. Hieß es doch in der Verlautbarung: Die Lebensmittel können in allen Lidl-Filialen zurückgegeben werden. Der Kaufpreis wird erstattet, auch ohne Vorlage des Kassenbons. Lidl in Deutschland entschuldige sich bei allen Betroffenen für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Hallo, wer ist denn so blöde und gibt davon auch nur ein einziges Teil zurück? Im Gegenteil, ich hatte mich zwar tatsächlich mit all diesen Produkten eingedeckt, aber als ich das erfahren habe, bin ich natürlich sofort noch mal in alle Filialen, die ich mit dem Rädchen und dem hinten dranhängenden Einkaufswagen erreichen kann. Leider mit null Erfolg! Und da vermute ich eben, dass die Kreativen, die bei meinem Lieblingsdiscounter in Lohn und Brot stehen, dass die da alles abgeräumt haben. Dass die heimlich bei der Konkurrenz eingekauft haben. Weil anders kann ich mir deren Ideenreichtum nicht erklären. Ich jedenfalls bin froh, dass ich da jetzt erst einmal einen ansehnlichen Vorrat habe. Ich mein, dieses Gefahre nach Holland kostet ja auch immer Zeit und Geld.

Ups, total relaxt, mir fällt ein, ich hatte noch gar nicht gesagt, um welche Lebensmittel es sich denn handelte. Es las sich: Lidl ruft Haschkekse zurück - Die Kekse »Mary & Juana«, der Cannabistee »Tea of Mind«, der Riegel »Raw Cannabis Protein Bar Apple« und das kalt gepresste »Vita D'or Bio Hanföl« enthalten mehr THC als gedacht. Der Discounter warnt vor dem Verzehr dieser Cannabisprodukte und ruft eine Reihe von Cannabisprodukten und ein Hanföl wegen erhöhten THC-Gehalts zurück. Kunden sollten den Rückruf unbedingt beachten und die Produkte nicht weiter verwenden. Tetrahydrocannabinol (THC) ist eine psychoaktive Substanz, die in Pflanzen der Gattung Hanf (Cannabis) vorkommt. Dem THC wird der Hauptanteil der berauschenden Wirkung zugesprochen (kann ich nur bestätigen!) - Lidl rief Hanfkekse der Sorten Chocolate, Classic, Cranberry und Hash zurück, die unter dem Namen »Mary & Juana« verkauft werden. Die Lebensmittel werden alle vom tschechischen Hersteller Euphoria Trade hergestellt. Ich mein, das war doch klar, dass ich bei diesen Produktnamen und diesem Herstellernamen von vornherein zugeschlagen hatte, noch eh ich wusste, dass da sogar mehr THC drin ist.  

Wie gesagt, mir geht es dementsprechend gut - trotz Ende der Schulferien, trotz Beginn des neuen Schuljahres. Ich bin total tiefenentspannt und Tschechien steht selbstredend schon als Urlaubsziel für nächstes Jahr auf dem Programm. Nachbarn haben einen Anhänger und eine Dachbox; die leihe ich mir dann mal aus. Da muss echt einiges an THC drin sein, so relaxt, wie ich bin. Weil als wir aus dem Urlaub zurückkamen, mussten mein Traummann und ich uns erst mal den Weg zur Haustür mit der Machete freikämpfen. So hoch war das Unkraut gewachsen. In jeder Steinritze hatte sich ein Samenkorn verwirklicht, hatte sich vermehrt, war zur Blüte gelangt. Ich mein, unterm Strich ginge mir das in meinem jetzigen feinen Zustand am Gesäß vorbei, wenn unser Haus in ein paar Wochen von Wildwuchs überwuchert wäre. Wenn nur nicht ständig diese unzähligen Anfragen und Angebote in meinem Briefkasten lägen. Ich weiß gar nicht, wohin mit dem Altpapier. Gut, ich scheue mich nicht, das nachts auf die Tonnen der Nachbarn zu verteilen, aber es ist eben auch ein enormer Arbeitsaufwand und sollte kein Dauerzustand werden.

Da fällt mir ein, ich habe ja noch gar nichts über die Inhalte der Anerbieten gesagt - gemach, gemach, nächstes Mal. 

Mittwoch, 25. August 2021

Megaperls und megawitzig!

Letztens hatte ich mich ja auf ganz dünnes Eis begeben: Politik. Ich hatte mich ja da über die FIFA-Entscheidungsträger gewundert, dass die sich für Katar entschieden hatten. Jetzt meinte mein Traummann aber, dass das wohl eher mit einer grundsätzlichen Haltung zu tun habe als mit einem fehlenden Internetzugang. Und da fiel mir doch passenderweise das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters in die Hände. Dort wurden justament Haltungstrainer feilgeboten. Es hieß dort, sie seien im Alltag und am Arbeitsplatz verwendbar. Mensch, dachte ich, 4,99 Euro und schon kannst du deine Haltung verbessern. Das wäre doch mal eine gute Investition in die FIFA-Verantwortlichen - und vielleicht auch in den ein oder anderen Politiker. Bei näherem Hinschauen habe ich dann aber schon erkannt, dass hier nicht die Rede von innerer Grundeinstellung war, die jemandes Denken und Handeln prägt. Es ging nicht um sittliche Haltung, sondern schlicht und ergreifend um die Körperhaltung. Ich hätte da auch sofort drauf kommen können. Weil, das Foto zeigte einen Mann und eine Frau, die sich da so eine Art Kinderlaufgurt umgeschnallt hatten. Beide lächelten. Jetzt weiß man natürlich nicht, ob es ob des Haltungstrainers war oder ob der Tatsache, dass beide sich - trotz Haltungsschaden - wohl in ihrem Körper fühlten. Also dass da jeder oder jede genau in dem Körper ist, in dem er oder sie sein will. 

Was ich mich in dem Zusammenhang gefragt habe: Hilft solch Gurt auch, sich auf Spur zu halten. Gut, ich kann mich vorher wahlweise, daneben ist ja gleich Haribo und schräg gegenüber Lindt. Ich kann es zwar vorher entweder mit Gummibärchen oder mit Schokolade als Grundlage probieren. Die Frage ist aber, ob solch ein Haltungstrainer hilft,  sich nach ausgiebigem Alkoholkonsum auf Spur zu halten, also polizeiunauffällig. Weil, in den Kaiserplatz 2 kommt ja jetzt Siegfried Gin rein. Jetzt weiß ich natürlich nicht, ob man da bei denen auch sofort den Gin zu sich nehmen kann oder ob ich den da nur käuflich erwerben kann. 

Wo ich gerade beim Thema Haltung bin. Die finde ich recht witzig, die Haltung von dem Herrn Alexander Krekel. Aber, das muss man ihm lassen: so was von ehrlich und - vor allem - ganz klar und eindeutig. In meinem SCHAUFENSTER lautete die Überschrift: Kommt die Rheinspange? - Bürgerinitiativen und Landschaftsschutzverein befürchten Schwerlastverkehr in der Region. Auch das hatte ich dann irgendwann geschnackelt, dass wir hier von einer Brücke reden. Ja, und dazu hat der Herr Krekel von der FDP Folgendes gesagt: "Wir brauchen eine Brücke, Stauvermeidung ist auch Umweltschutz. Deswegen ist die Brücke auch gut für Bornheim. Aber wir sind nicht dafür, dass die Brücke bei Widdig gebaut wird." Das ist mal ganz klar Kante zeigen: Brücke ja, aber nicht vor meiner Haustür. Windkraft ja, aber kein Windrad vor meiner Nase. Und ich finde, man muss es so auch einmal unumwunden aussprechen dürfen: Klimaschutz ja, aber nur auf anderer Leute Kosten. 

Apropos Werbeblättchen und Haltung, jetzt aber Hundehaltung. Also da kann man sagen, was man will. Wenn es um Werbung geht, ist das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters einsame Spitze. Was mich da nur interessieren würde: Ist es eine Person oder gleich eine Gruppe von Kreativen, die sich da immer so was von feinem Stöffchen einschmeißt? Also, auf einer ganzen Seite: ein entrückt dreinschauender Mann (vermutlich hat es sich dasselbe Stöffchen wie die Kreativen eingeschmissen) gleich in zweifacher Ausführung vollständig in Weiß gekleidet, mit weißem, langen Bart und Haupthaar und zwei weißen afghanischen Windhunden (also vier Hunden). Als Überschrift "Entdecke den keinen Unterschied" - genial, oder? Einmal hält er eine Persilpackung in der Hand und einmal eine Packung Tandil. Ich erfahre, dass eine Waschladung mit Persil BEI ALDI 0,28 Cent kostet und eine Waschladung mit Tandil VON ALDI 0,12 Cent. Einfach genial diese Werbung! Dieser abgedrehte Mann, diese Komposition aus weißen Hunden und Megaperls, dieses geschickt in Szenesetzen der Eigenmarke. So viele Fragen gehen mir da natürlich durch den Kopf: Mit was wurden die Hunde gewaschen und worin? Ist das Model überhaupt ein Mann? Oder verbirgt sich unter all dem Haar eine Frau? Gibt's da überhaupt ein Geschlecht? Weil, da haben die so was von alles richtig gemacht, gendermäßig. 

Wo ich gerade wieder geschlechtermäßig unterwegs bin. Da merke ich immer wieder, was passieren kann, wenn du dir zu viele Gedanken machst. Thema "Mann und Frau" oder "Frau und Mann" oder "Frau oder Mann" oder … Darf ich eigentlich überhaupt noch "Mann" und "Frau" sagen? Und wen meine ich genau damit? Ist das Wort "Frauenquote" nicht eigentlich schon lange überholt? Ist es nicht sogar diskriminierend? Wo ich gerade bei Frauenquote bin, da ist mir kürzlich. Ich rufe in der Praxis meines HNO-Arztes an (im Übrigen, es handelt sich hier auch tatsächlich um einen Mann - zumindest auf den ersten Blick. Ganz abgesehen davon, dass man sich ja immer bekleidet gegenübersteht), um einen Termin zu vereinbaren. Auf der anderen Seite die Stimme eines jungen Mannes, definitiv nicht die mir bekannte Stimme meines Arztes: "Praxis Müller-Schmitz, was kann ich für Sie tun?" Es folgt der Terminvereinbarungsdialog und am Ende ich: "Das ist aber toll, mal ein…", ich weiß gar nicht mehr so genau, was ich gesagt habe. Medizinischer Fachangestellter habe ich wohl nicht gesagt, weil das noch nicht in meinem aktiven Wortschatz angekommen ist, meinem Alter geschuldet. Ich glaube aber auch, dass ich nicht von männlicher Sprechstundenhilfe oder Arzthelfer gesprochen habe. Ich meine, mich zu erinnern, gesagt zu haben: " Das ist aber toll, mal eine Männerstimme zu hören." Darauf mein Gegenüber: " Wieso Männerstimme? Ich bin die neue medizinische Fachangestellte."

Mittwoch, 4. August 2021

Regenbogen oder Geldregen

So ganz bin ich mit VOLLMAR & SÖHNE am Kaiserplatz 2 noch nicht durch. Ich habe nämlich noch zwei Fotos, die ich unbedingt unterbringen möchte. Das geht hier auf der Seite aber nicht. Deshalb, wer sie sehen möchte, gerne einfach auf meine Webseite gehen.

Erst vor kurzem habe ich die alten, graffitibeschmierten Holzrollläden entdeckt und fotografiert. Da wusste ich noch gar nichts von der Schließung. Was für ein Kontrast, wenn die hochgezogen werden und dann dieser Luxus erscheint!




Apropos Luxus und Kontrast. Was genau haben sich die COSMOPOLITAN-Verantwortlichen eigentlich gedacht, als sie das Format verkleinert haben? Hallo, die Buchstaben sind jetzt teilweise so klein, dass ich sie nur mit Lupe entziffern kann! Und bei der COSMOPOLITAN geht es ja, was Mode angeht, eher ums Klotzen als ums Kleckern. Was will ich denn mit Glanz und Glamour im Hochglanz-Kleinformat? 

Vermutlich weil ich zu viel im Luxus schwelge und geschwelgt habe, ist mir offenbar das ein oder andere durchgegangen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Offensichtlich hat der Erdogan den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen gegen Gewalt doch nicht in die Tat umgesetzt. Das hat ihm offensichtlich so was von imponiert oder es hat ihm dann doch leid getan, als er sah, wie viele Frauen im Land für den Erhalt des Abkommens und gegen die patriarchale Regierung in Ankara gekämpft haben. Ich meine, mich auch zu erinnern, dass Erdogan in einer Ansprache im Fernsehen seine Landsleute aufgefordert hat, mindestens drei Kinder pro Familie zu zeugen. Dazu meinte dann die Aktivistin Tugce. "Ich als ledige, kinderlose Frau, die auch keine Kinder haben möchte, ich fühle mich unter Druck gesetzt. Und das ist auch eine Form der Gewalt." Aber für diese Äußerung muss er sich ja dann auch entschuldigt haben. Anders kann ich es mir nämlich nicht erklären.

Oder der Herr Duda in Polen, hat der das letztendlich bereut, dass er die Frauen in seinem Land so was von entmündigt hat? Weil, nach meinem Kenntnisstand (aber, wie gesagt, wer sich ständig bei VOLLMAR & SÖHNE am Schaufenster die Nase platt drückt nach all den Schätzen, die da präsentiert werden) ist das verschärfte Abtreibungsgesetz doch in Kraft getreten, oder? Oder haben ihn, wie den Herrn Erdogan, die Proteste der Frauen so was von gerührt, dass er da auch eine Kehrtwende vollzogen hat. Weil, ich habe sonst keine Erklärung dafür. 

Nur der Orban, der hat offensichtlich sein Ding durchgezogen - als einziger. Weil, anders kann ich mir das nicht erklären, dass nur anlässlich des Fußballspiels Deutschland gegen Ungarn diese Debatte aufkam. Da ging es ja darum, ob das Münchner Stadion beim Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Ungarn in Regenbogenfarben leuchten durfte. Und nach dem UEFA-Verbot für eine Beleuchtung der Münchner Arena in Regenbogenfarben haben dann andere deutsche Stadionbetreiber ein deutliches Zeichen für Toleranz und Gleichstellung gesetzt. Auch das Berliner Olympiastadion beteiligte sich an der Aktion. „Wenn es um Toleranz und Menschrechte geht, sind wir dabei“, twitterten die Betreiber.

Wie gesagt, wer nur im Werbeblättchen ihres Lieblingsdiscounters und der COSMOPOLITAN blättert, hat von Politik und Weltgeschehen keine Ahnung! Und, wie Dieter Nuhr sagt: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten." Es ging aber doch offensichtlich um ein Zeichen der Toleranz und Gleichstellung. Und da ist doch wohl auch die Gleichstellung der heterosexuellen Frau gemeint. In Polen und der Türkei werden die Rechte der Frauen mit Füßen getreten. Warum gab es da solch eine Debatte nicht? Könnte es womöglich sein, dass wir mal so ungemein mutig sein konnten und wollten, weil in Ungarn kein großes Geld oder Ähnliches dranhängt?

Apropos großes Geld und mit Füßen treten, den Fußball. Wenn ich noch ein ganz klein wenig weiter nach Osten schaue, in den mittleren Osten. Das ist ja wirklich dumm gelaufen, dass da keiner mal, bevor Katar als Austragungsort für die Fußballweltmeisterschaft ausgewählt wurde, dass da keiner mal geschaut hat, wie es denn um die Menschenrechte dort bestellt ist. Bestimmt hatte das nichts mit Geld zu tun. Nein, ich denke, die Männer von der FIFA haben einfach kein Internet zuhause. Sonst hätten die ja mal googeln können unter "Katar Menschenrechte". Ich fand: Die Frauenrechte in dem Golfstaat Katar sind laut einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) extrem eingeschränkt. Nach katarischem Gesetz braucht eine Frau unabhängig von ihrem Alter etwa die Erlaubnis eines männlichen Vormunds, um zu heiraten. In der Ehe kann sie als "ungehorsam" eingestuft werden, wenn sie ohne die Erlaubnis ihres Mannes, arbeitet, verreist, das Haus verlässt oder ihm ohne "triftigen Grund" Sex verweigert. Männer können bis zu vier Frauen gleichzeitig heiraten und benötigen dafür keine Erlaubnis. Frauen müssten sich durch "vom Staat durchgesetzte Regeln männlicher Vormundschaft bewegen, die ihre Chancen auf ein volles, produktives und unabhängiges Leben begrenzen", sagte HRW-Expertin Rothna Begum.

Schon blöde, wenn man keinen Zugang zum Internet hat. Tagesschau gucken die Fußballverantwortlichen aber wohl auch nicht. Weil, da habe ich auch schon das ein oder andere Mal von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen in Katar gehört. Aber da habe ich offensichtlich wieder was falsch verstanden.

Dienstag, 13. Juli 2021

Einmal um's Carré

Neulich hieß es in meinem SCHAUFENSTER: Wer sein Fahrrad liebt, schließt ab. Ich liebe mein Fahrrad jetzt nicht wirklich, aber trotzdem, guter Tipp! Das Zweirad sei eines der liebsten Fortbewegungsmittel und bei Langfingern ein beliebtes Diebesgut. Auch ein toller Tipp: Gestalten Sie das Fahrrad individuell. Je auffälliger ein Rad aussieht, desto seltener wird es gestohlen, da die Wiedererkennung ein viel zu hohes Entdeckungsrisiko für den potentiellen Dieb darstellt. Hab ich gemacht und gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ich bin ja nun nicht immer zu Fuß unterwegs, sondern eben auch mit dem Rad. Damit ich aber trotzdem immer auf alle Eventualitäten vorbereitet bin, habe ich jetzt einen Einkaufswagen meines Lieblingsdiscounters hinten ans Rad befestigt, also geschraubt, richtig professionell. Und da muss ich mir jetzt keine Gedanken machen, dass da jemand auf die Idee kommt, mein Rad zu klauen. Hallo, so laut, wie das da hinter dir scheppert, so viel Aufmerksamkeit kannst und willst du dir als Dieb nun wirklich nicht leisten.

Apropos sich leisten können, kürzlich ging ich, wie schon tausende Male zuvor, um folgendes Carré. Da gab und gibt es mein TUI- Reisebüro in der Wesselstraße 10. Geschäftsführerin ist eine ungemein sympathische Frau. Seit Corona leide ich mit ihr und hoffe zutiefst, dass die neuen Zeiten, die jetzt doch hoffentlich wieder hereinbrechen, für diese kluge und emphatische Frau auch so bleiben. Weiter geht es am Eingang zur Kaiserpassage vorbei, trostlos, Richtung Busbahnhof zu meiner Bank an der Ecke, Wesselstraße 2. Die gibt’s trotz Corona noch und der geht es wohl auch besser als meinem Reisebüro. Apropos Bank. Da fällt mir ein, hallo, wie viele Dekaden lebst du schon auf diesem Planeten, wenn du? Als ich aufwuchs, eine junge Frau, später Mutter von Kindern war, gab es das unumstößliche Gesetz: Wenn du sparst, gibt's Zinsen und dann hast du am Ende mehr Geld. Heute ist es genau anders herum: Wenn du Geld auf der Bank hast, musst du schauen, dass du nicht über einen bestimmten Betrag kommst, sonst musst du Zinsen bezahlen. Gut, für mich persönlich ist das jetzt nicht wirklich ein Problem. Aber dennoch, Zinsen gibt es schon lange nicht mehr, und für den ein oder anderen wird demnächst die Matratze wieder durchaus eine Option. Ja, eh du der Bank Strafzinsen bezahlst, steckst du dein Bargeld doch lieber unter die Matratze. Ist auch einfacher für die, die es mit dem berühmten Enkeltrick immer wieder versuchen. Bis jetzt mussten die sich immer irgendetwas einfallen lassen, um die Oma dazu zu veranlassen, für den Enkel Geld abzuheben (interessant in dem Zusammenhang, es ist immer vom Enkel die Rede. Meinen die auch die Enkelin? Oder ist es tatsächlich der blöde Enkelsohn, der es mal wieder nicht gebacken bekommt und dringend von der Oma Geld braucht?)  Egal, jetzt müssen die jedenfalls nur noch klingeln, mit einer Wasserpistole drohen und der Oma befehlen: "Oma, hol das Geld aus dem Bett!" Ich war aber bei meiner Bank an der Ecke. Die wird auch morgen noch stehen, aber mein langjähriger Berater, den wird's da in Zukunft nicht mehr geben. Der geht nämlich in Rente. Gefühlt eine halbe Ewigkeit hat er uns beraten - damals in Zeiten, als es noch 7% Zinsen gab.

Und weiter geht's ums Carré, nicht wirklich einladend. Am Kaiserplatz angelangt, wieder der Schwenk nach links, im Sommer angenehmer Schatten unter den Bäumen. Mit Wehmut passiere ich den zweiten Eingang zur Kaiserpassage. Kein Grund mehr für mich, dort einzubiegen. Denke an den "Lila Laden": Wie häufig ist der eigentlich umgezogen in der Kaiserpassage? Irgendwann war der auch mal hier am Eingang zur Passage. Vorbei an den kleinen "Wühltischen" vor dem Reformhaus Bacher, Kaiserplatz 14. Hoch bis zur Ecke Kaiserplatz 2: VOLLMAR & SÖHNE. Zwei Schaufenster für Schmuck zum Kaiserplatz hin, dann die Auslagen im Eingangesbereich und um die Ecke noch einmal vier Schaufenster: Ich bin ehrlich, von wegen sich leisten können, ich weiß gar nicht, ob ich dort je etwas gekauft habe. Aber, so oft und so lange, wie ich dort schon vor den Schaufenstern gestanden habe, ist allemal wie kaufen oder zumindest werben. In diesen Schaufenstern habe ich in den Jahrzehnten erstmals Dinge bestaunt, von denen ich nicht mal annähernd eine Ahnung hatte, dass es sie gibt. Dort sah ich zum ersten Mal Geldscheinspangen aus Silber, es gab Party-Card- Holders aus Silber und Geburtslöffel für Jungen und Mädchen aus Silber. Auslagen, so ungemein mondän, so ästhetisch und unerreichbar für meinen Geldbeutel. Auslagen, die so was von teuer sind, wo gefühlt immer mindestens eine Stelle zu viel vor dem Komma steht, dass ich automatisch Argumente finde, warum ich die gar nicht haben wollte, selbst, wenn man sie mir schenkte: ein Lesezeichen in Herzform aus 925 Sterling Silber, viel zu schwer für ein Lesezeichen in meinen Taschenbüchern. Oder Champagnerkelche aus 925 Sterling Silber - hallo, ich will doch die Blubberbläschen sehen.

Und jetzt, am 17. Juli, hat das Geschäft VOLLMAR & SÖHNE geschlossen, nach 160 Jahren. Wobei das Wort Geschäft mir so banal daherkommt, wenn ich die Schaufenster vor mir sehe. Als Synonyme werden mir Shop und Laden angeboten. Die treffen es erst recht nicht. Für mich war es wohl eher immer eine wunderschöne Ausstellung, ein Genuss für die Augen, ein Augenschmaus. Jedes Mal, wenn ich mich nach dem Staunen wieder abwandte und meines Weges ging, war die Welt für ein paar Minuten märchenhaft gewesen. Und oft fuhr ich nach Hause zu meinem Traummann und sagte: "Schatz, die haben bei Vollmar wieder so schön dekoriert, das musst du dir unbedingt anschauen."

Alles hat seine Zeit, vermutlich auch die Geburtslöffel für Jungen und Mädchen. Weil, das muss man bitteschön in Zukunft auch bedenken. Wie manipulativ greift der Opa oder die Oma in das Selbstbestimmungsrecht des Neugeborenen ein, wenn das sich noch gar nicht so sicher ist, welchem Geschlecht es in Zukunft angehören will?