Donnerstag, 27. April 2023

Bloß nicht nackich!

Neulich las es sich in den Medien folgendermaßen: Oben ohne ins Kölner Schwimmbad - Die Kölner Bäder erlauben Frauen ab April, "oben ohne" zu schwimmen. "Es geht künftig um die ausreichende Bedeckung der primären Geschlechtsmerkmale", so die Kölnbäder-Sprecherin Franziska Graalmann. Bislang müssen Frauen ihre Brust bedecken, wenn sie sich im Wasserbecken befinden. Oberkörperfreies Sonnen auf den Liegewiesen ist bereits erlaubt. Oben ohne baden in Köln gilt "bis auf Weiteres".

Grund sei die bundesweite Oben-ohne-Diskussion der vergangenen Jahre gewesen, sagt Sprecherin Graalmann. Unter anderem in Göttingen wurde eine Frau ohne Oberbekleidung eines Schwimmbads verwiesen. Daraufhin gab es Shitstorms im Internet, Klagen und Initiativen, die sich mit dem Thema beschäftigten. "Offenbar gibt es ein sich veränderndes gesellschaftliches Bewusstsein, dem wir hier Rechnung tragen." In Social-Media-Kommentaren wurden aber auch Stimmen laut, die sich gegen nackte Brüste in der Öffentlichkeit aussprachen. Unter anderem fürchten einige Männer die Blicke andere Männer auf die Brüste ihrer Frauen und Freundinnen, Eltern möchten ihre Kinder vor dem Anblick halb nackter Frauen bewahren und religiösen Muslimen ist die Bekleidung von Frauen wichtig. Einige, meist junge Frauen, haben die Sorge belästigt zu werden, sollten sie ihr Oberteil lüften.

In Köln will man sich erstmal anschauen, ob sich überhaupt so viele Frauen trauen, oben ohne baden zu gehen. Zumindest für den Anfang rechnet Graalmann damit, dass das Angebot nur vereinzelt angenommen wird. "Es lässt sich schlecht vorhersagen, allerdings deutet nichts darauf hin, dass jede Person, die heute mit einem Bikini zu uns kommt, ab April nur die Bikinihose tragen wird. Es ist auch weiterhin erlaubt, so in die Bäder zu kommen wie bisher. Dies umfasst eine große Bandbreite an angemessener Badebekleidung: Tankini, Badeanzug, Burkini und Bikini. Die Kölnerinnen, denen Gendergerechtigkeit wichtig ist, werden aller Voraussicht die neu gewonnene Freiheit nutzen. Fast ein Drittel der befragten Frauen einer Umfrage der Deutschen Presseagentur aus dem vergangenen Jahr lehnt "oben ohne" aber ab. 46 Prozent der Männer finden es dagegen gut, wenn Frauen selbst entscheiden können, ob sie mit oder ohne Bikinioberteil baden gehen möchten.

In den vier Hallenbädern und vier Freibädern der Sportwelt Dortmund gab es noch nie ein Verhüllungsgebot für sekundäre Geschlechtsteile wie Brüste. Noch vor 20 Jahren hätten dort rund ein Drittel aller weiblichen Badbesucher ihre Brüste gezeigt, so ein Sprecher von Sportwelt Dortmund. Das habe mit der Zeit aber deutlich abgenommen. Mittlerweile zeigten sich auf den Liegen oder im Wasser nur noch vereinzelt Frauen ohne Bikinioberteil. Ein Grund dafür könnte sein, dass es nicht selten vorkäme, dass Frauen unter Wasser von Männern belästigt und sogar berührt würden. Am Ende entscheidet die Hausordnung eines Schwimmbads darüber, was man ausziehen darf. Viele Badeordnungen schreiben vor, dass Gäste sittsam oder angemessen gekleidet sein sollen. Was das konkret bedeutet, entscheidet das Personal. Manchmal wird das Sonnen oben ohne toleriert, selten das Schwimmen - oft keins von beiden.

In städtischen Bädern machen Kommunen die Regeln, sind die Bäder in privater Hand, entscheiden die Betreiber. Das heißt also: In jeder Stadt und in jedem Bad gelten andere Regeln. In der vergangenen Woche hatten auch die Berliner Bäderbetriebe klargestellt, dass das Schwimmen "oben ohne" für alle Personen gleichermaßen erlaubt sei. Die Aktivistin Lotte Mies, die in einem Schwimmbad in Berlin im Dezember wegen ihrer Oberkörperfreiheit rausgeworfen wurde, hatte sich in der Initiative „Gleiche Brust für alle“ engagiert und so erfolgreich für das Oben-ohne-Baden in Berlin eingesetzt. Die 33-Jährige erhält laut aktuellen Medienberichten Drohungen von Frauen und von Männern. Dennoch plane sie, sich weiter für die Rechte von Frauen einzusetzen. "Wenn es wärmer wird, wollen wir Aktionen wie etwa Picknicks und Wanderausflüge oben ohne starten", sagte Mies.

Da siehst du mal, wie alt ich bin. Als ich mit Anfang zwanzig ins Römerbad ging, war dieses Thema überhaupt keine Zeile in der Presse wert. Und auch ich habe null Gedanken darauf  verschwendet: Ich habe mich ganz tumb, ohne nachzudenken, auf meiner Decke oben ohne gesonnt. Und wenn ich ins Wasser gegangen bin, habe ich mein Bikini-Oberteil angezogen, auch ohne nachzudenken. Über die Jahre hinweg habe ich allerdings immer weniger Frauen gesehen, die sich oben ohne sonnten. Und zuletzt keine einzige! Wo ich jetzt aber erfahre, dass jedes Bad seine eigene Hausordnung hat, und jetzt vieles neu definiert wird. Und wo es jetzt heißt, dass Eltern ihre Kinder vor dem Anblick halb nackter Frauen bewahren wollen. Also da möchte ich mich bitteschön auch ein Stück weit einbringen: Auch ich möchte vor dem Anblick des ein oder anderen Figürchen verschont werden!

Ich fordere daher ein Oben-ohne-Verbot für Männer ab Körbchengröße D!

Wo wir gerade im Freibad sind. Da hats die Sawatzky aber so was von wieder rausgerissen. Die hatte ja in „Sterben ist auch keine Lösung“ die Hauptrolle gespielt. Und da hieß es in meiner Fernsehzeitung zu Recht: In Ingo Raspers Tragikomödie liefern sich die komödienerprobten Walter Sittler und Andrea Sawatzki spritzige Wortgefechte. Wie die Sache enden wird, ist zwar von vornherein klar, aber der Weg dorthin ist durchaus witzig und charmant. Die Schlusspointe wirkt trotz der nicht enden wollenden Jugendlichkeit der Hauptdarstellerin aber etwas zu dick aufgetragen. Und, ja, das stimmt – so was von! Liebe Andrea, in dem Alter filmisch noch schwanger werden, das passt einfach nicht! Es wirkt so was von lächerlich.

Aber, wie gesagt, dann hat sie es ja rausgerissen. Mit ihrer Rolle in dem Spielfilm „Freibad“. Da treffen in einem Frauenfreibad in Deutschland verschiedene Kulturen, Religionen und Dresscodes aufeinander und die Lage gerät zunehmend außer Kontrolle. Die Andrea spielt eine in die Jahre gekommene Schlagersängerin, die als Feministin unter Befreiung der Frau vor allem versteht, sich nicht zu verhüllen. Und auf der anderen Seite hast du die Fraktion der Ganzkörperverhüllten, und, klar, das gesamte Spektrum dazwischen. Ich fand den Film witzig, obwohl die Kritik lautet, der Film setze leider auf allzu viel Klischee in den unterschiedlichen Bereichen und bisweilen auf einen Stammtischhumor. Ich fand ihn gerade deshalb toll. Und vor allem fand ich Andrea Sawatzky so unglaublich toll.

Donnerstag, 6. April 2023

Bildung mit der blonden Babsi



Ich habe mir gerade einmal in meinem SCHAUFENSTER den Veranstaltungskalender  des UKB-Patientenkolloquiums 2023 angeschaut. Da gibt’s zum Beispiel im April eine Veranstaltung zum Thema "Sterbewunsch und assistierter Suizid - wo stehen wir?". Oder auch nett im September "Wie schützen und behandeln wir die verletzliche Hauptschlagader des Lebens?", "Zeitbomben oder Blindgänger - Carotisstenosen, Kavernome, Aneurysmen, Angiome oder andere Gefäßveränderungen im Kopf“ - auch ein Vortrag und "Mundschleimhautveränderungen - immer harmlos?".

Ich merke gerade, ich bin so was von, ich fühle mich so was von krank, überall zwickt es. Während ich die Themen gelesen habe, diese innere Unruhe, die sich da in mir ausgebreitet hat. Ich bräuchte jetzt dringend einen Vortrag über "Psychosomatik und Angstzustände". Von Kopf bis Fuß tut mir alles weh. Du kriegst es ja mit der Angst zu tun, wenn du die Lettern "immer harmlos?" oder "Zeitbomben" liest. Dabei hatte ich mich so was von gefreut, dass ich alte Frau zumindest einmal im Monat einen festen Termin habe, wo ich mich nach draußen aufmachen muss. Die einzige Veranstaltung, die ich mir jetzt noch zutraue, ist der Vortrag mit dem Titel "Kinderbeine - zu kurz, zu lang, zu krumm". Weil, mich betriffts nicht mehr und meine Töchter haben sich längst an ihre entstellten Beine gewöhnt. Aber natürlich frage ich mich, was da heutzutage alles möglich ist, wenn dir die Beinstellung deines Kindes nicht in den Kram passt. Früher hast du das genommen, was du bekamst.

Apropos früher, da hattest du vielleicht X-Beine. Und konntest womöglich zusätzlich nur mühsam addieren, noch schlechter subtrahieren, und das kleine Einmaleins war unerreichbar für dich. Da hat dann deine Mama mit dir ganz viel geübt, viel Zeit investiert, damit auch du es einigermaßen gebacken bekamst. Oder du standest in Mathe eben fünf. Heute gibt es die Diagnose Dyskalkulie und schwupp gibt es lerntherapeutische Unterstützung, um - wie es heißt - Mathematik neu zu erlernen. Oder Rechtschreibung: Da musstest du früher das Diktat eben nochmal üben, wenn sich da viele Fehler eingeschlichen hatten. Heute hast du die Diagnose Lese-Rechtschreib-Schwäche und schwupp wird das Thema auf eine Stunde pro Woche eingedampft. Ich hatte einmal einen Schüler, der erzählte mir sofort zu Beginn, er habe LRS. Ich darauf: "Oh, das tut mir aber leid. Da musst du ja mehr üben und arbeiten als deine Mitschüler." Darauf schaute er mich mit einem Blick an, der übersetzt sagte: "Du blöde Frau, verstehst du nicht, ich habe LRS, ich habe Zertifikat."

Aber klar, auch ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt: Hauptsache Diagnose. (Was, nebenbei, ja auch vielen Therapeuten auf diesem Planeten so was von ihr regelmäßiges Einkommen sichert.) Neulich las ich in der BARBARA, dass Katzenvideos hilfreich beim Prokrastinieren sind. Willst du noch nicht mal im Ansatz wissen, was ich da für Bilder im Kopf hatte. Auf jeden Fall nur Schweinereien. Mein Traummann wusste natürlich, um was es geht, nur ich nicht. Ich habe dann nochmal genau den Satz in der BARBARA gelesen. Und da hieß es: Wer sich Katzenvideos zum Prokrastinieren - und nicht beim Prokrastinieren -  anschaut, muss kein schlechtes Gewissen wegen unerledigter Arbeit haben. Im Gegenteil: Cat-Content minimiert Stress und macht uns fröhlicher. Und es wird sogar noch besser: Studienteilnehmer, die Bilder von niedlichen Katzenbabys und Hundewelpen betrachtet hatten, erledigten Aufgaben, die konzentrierte Aufmerksamkeit erfordern, hinterher sorgfältiger. Kann im Job ja nicht schaden. Wo ich gerade dabei war, fiel mir doch zufälligerweise wieder ein alter Artikel aus meinem SCHAUFENSTER in die Hände: Gemeinsam gegen "Aufschieberitis". (Darf das heutzutage überhaupt noch so genannt werden?) Gemeinsam gegen die "Angst vorm leeren Blatt". In der langen Nacht des Schreibens können Studierende  in der  Universitätsbibliothek konzentriert an ihren Schreibprojekten arbeiten. Die Bonner Lange Nacht des Schreibens findet statt im Rahmen des bundesweiten Events "Die Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten". Hallo, ist das so heute noch zulässig, solch ein Aufruf? Weil, müssen wir nicht erst einmal diagnostizieren, und da geht ja auch schon wieder die ein oder andere Sitzung beim Therapeuten ins Land. Muss nicht erst einmal in langwierigen Sitzungen geklärt werden: Bist du einfach nur stinkefaul oder kriegst du Zertifikat? Sprich, bist du am prokrastinieren am dran am tun? Ja, ich habe mich dann kundig gemacht, im Internet: Prokrastination ist die wissenschaftliche Bezeichnung für pathologisches Aufschiebeverhalten. Prokrastination ist eine ernstzunehmende Arbeitsstörung und kann sowohl private Alltagsaktivitäten als auch schulische, akademische und berufliche Tätigkeiten betreffen. Und da bin ich jetzt mal ehrlich, da bin ich raus. Muss man denn aus jedem Scheiß ein Krankheitsbild machen? Aber, wie ich schon sagte, ein Gutes hat es: Die Arbeitsplätze vieler, vieler Therapeuten sind gesichert. Weil, stell dir mal vor, die stünden jetzt auch noch alle auf der Straße.

Wo ich gerade bei den Therapeuten bin. Da tauchte neulich in den Medien die Frage auf, ob die ambulante Versorgung von psychisch schwer kranken Menschen zusammengebrochen sei. Es hieß, Psychotherapeuten behandelten bevorzugt leichte Störungen wie “Burnout”, während wirklich akut Bedürftige, wie zum Beispiel schwer depressive Menschen, zu lange warten müssten. Und es gebe Berichte, Karl Lauterbach habe die Behauptung aufgestellt, dass in der ambulanten Psychotherapie vor allem „leichte Fälle“ versorgt würden. Diese Behauptung wurde von der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) als eine „Unterstellung“ bezeichnet, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehre. Ich bin ehrlich, wenn ichs mir aussuchen könnte. Also dass ich da jetzt jeden Abend aus meiner psychotherapeutischen Praxis nach Hause gehe und hoffe, dass sich mein Patient nicht morgen vor den Zug schmeißt. Da schlaf ich aber eindeutig besser, wenn ich es mit jemandem zu tun habe, wie dem Ödön. Wenn der Ödön von Horváth jetzt in meine Praxis kommt und mir von seinem Wehwehchen erzählt, was da wäre (ich zitiere): "Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu." Hallo, da nehme ich doch lieber den. 

Mittwoch, 15. März 2023

Was ist künstliche Intelligenz? Eine brünett gefärbte Blondine!

So steht's im Internet geschrieben: Haare blond zu färben ist neuerdings auch kulturelle Aneignung – sagt eine Professorin. Die Debatte um kulturelle Aneignung tobt schon seit geraumer Zeit durch die (westliche) Welt. Im Rahmen der Dreadlocks-Frage blieben auch Frisuren davon nicht verschont. Jetzt hat eine amerikanische Soziologieprofessorin in ihrem Buch ein neues Kapitel aufgeschlagen: Sie behauptet, wer sich die Haare blond färbt, eignet sich einen sozialen Status an. Ausgelöst hatte die Idee ein TikTok-Video einer jungen Frau, deren Haare zwar blond sind, die Ansätze aber brünett. TikTok-Nutzer kommentierten, dass ihre Haare offensichtlich gefärbt seien. Die Dame fragte daraufhin ihre Mutter, ob sie eine natürliche Brünette sei, woraufhin diese sagte: «Nein, du wurdest blond geboren.» Für die Soziologieprofessorin Tressie McMillan Cottom stellte sich dadurch die Frage: Warum betont die Mutter, dass ihre Tochter früher blond war? Warum ist es so wichtig, auf einen Phänotyp hinzuweisen, den es nur in den ersten Lebensjahren gab? Die Antwort sieht McMillan Cottom darin, dass «blond» ein ethnisches Merkmal ist. Man meine damit immer etwas anderes mit: «weiss». «Blond ist keine Haarfarbe, sondern eine Bezeichnung für einen bestimmten Menschentyp.»

In einer späteren Kolumne in der «New York Times» vertieft McMillan Cottom ihren Gedanken. Natürliches Blond sei eine Auszeichnung, die einer Frau Ansehen und Macht verleihe. Deshalb könne man durchaus von einem sozialen Status sprechen, der in diesem Falle von der Haarfarbe ausgeht: Manche haben ihn, und andere streben danach, indem sie sich das Aussehen zulegen, das sie aufwertet. Wer sich also die Haare blond färbe, wolle sich als Mitglied der «dominanten Gruppe» erkennbar machen, so die Professorin. Das Video von McMillan Cottom lief gut: Es wurde über eine Million Mal angeklickt. Natürlich wurde auch rege aus dem blonden Lager reagiert: Sie erhielt massenhaft wütende Antwortvideos von «selbsternannten Blonden», wie die Professorin sie nennt, die nicht einsehen wollten, warum die Wahl ihrer Haarfarbe eine politische Entscheidung sei. Ob man hierzulande einen sozialen Status an eine Haarfarbe koppelt, ist fraglich. Fakt ist jedoch, dass Blond eine starke Symbolik mit sich trägt. Schon in der Antike galt die helle Farbe als Schönheitsideal, man brachte sie mit der Sonne und Gold in Verbindung, sie weckte positive Assoziationen. Und auch heute weckt kaum ein anderes Haar Fantasien wie das blonde, so die NZZ.

Wie reagiert da der Dieter Nuhr auf solche Meldungen? Wie sagt er so schön: "Wie einfach - und vor allem anders - war es da doch früher. Da mussten blonde Frauen, gefärbt oder natur, Blondinenwitze über sich ergehen lassen. Da waren Blondinen einfach nur blöde." Bei Wictionary gibt es übrigens einen Eintrag zum Blondinenwitz. Da heißt es: kleine, lustige Geschichte über das Klischee, Blondinen seien naiv und einfältig. Ich habe dann mal im Internet, weil ich sowieso dabei war, nach Blondinenwitzen gesucht. (Ich darf doch als gefärbte Blondine Blondinenwitze erzählen, oder?) Und folgende "kleine, lustige Geschichte" gefunden: Was ist das einzige Fremdwort, das eine Blondine kennt? FikTiv! Ist der nicht lustig, der Witz? Ist das nicht eine kleine, lustige Geschichte?
Aber es gibt auch tatsächlich lustige Witze - meiner Meinung nach. Hier mal ein Klassiker: Warum war die Blondine so stolz darauf, dass sie das Puzzle in zwei Wochen geschafft hatte? Weil auf der Verpackung "Vier bis sechs Jahre" stand! Und weil es so schön ist, noch einer: Die eine Blondine zur anderen: "Mir ist vielleicht was Komisches passiert. Neulich klingelt ein junger und gutaussehender Kerl und fragt, ob mein Mann zu Hause ist. Als ich nein sage, bringt er mich ins Schlafzimmer und verführt mich. Das Ganze ist schon dreimal passiert." Die andere Blondine: "Nicht zu glauben!" "Doch, und jetzt frage ich mich natürlich, was will der wohl von meinem Mann?"

Mittwoch, 22. Februar 2023

Darf sie das? Ja, das darf ich!


Holla die Waldfee, sag ich da nur. Was sich da bei mir in den letzten Jahren stapelweise an SCHAUFENSTER-Ausschnitten angesammelt hat! Ich, die Spontan-Ausschneiderin, denke immer, den kann ich bestimmt mal für meinen Blog verwenden. Beispiel folgende Lettern:

Müllsünder müssen zahlen - 39 Mitarbeiter des Ordnungsamtes bitten zur Kasse. Mit einem neuen Konzept rückt der Ordnungsdienst der Stadt Bonn den gedankenlosen Zeitgenossen zu Leibe, die ihre Zigarettenkippen in der freien Natur entsorgen, die nicht wissen, dass ihre Pappbecher für den Coffee-to-go in den Mülleimer gehören, die ihren Privatmüll der Öffentlichkeit in schöner Regelmäßigkeit präsentieren, kurzum: Die nicht wissen, was sich gehört. Die Mitarbeiter werden ab Januar 2019 (auf dem Foto zu dem Artikel siehst du noch den alten OB Ashok Sridharan!) gelegentlich ihrer Streifengänge die Leute verwarnen, die etwa die Hundekothaufen ihrer vierbeinigen Lieblinge der Öffentlichkeit überlassen. Zunächst gilt ab Januar noch die sanftere Welle. Die Müllis bekommen die gelbe Karte gezeigt. Auf der steht, was sie zahlen müssen, wenn sie weiterhin den Müll auf die Straße kippen. Nach einer Übergangszeit von 4 bis 6 Wochen wird es dann ernst: Dann greift das Ordnungswidrigkeitenrecht. Die Ordnungshüter bitten gleich an Ort und Stelle kräftig zur Kasse: 25 Euro kostet die weggeworfene Zigarettenkippe, 35 Euro die Getränkedose, bei Kaugummi ist man mit 50 Euro dabei. Wer Sperrmüll auf die Straße oder ins Gebüsch kippt, zahlt 100 Euro. Ob sich das dann wirklich lohnt? Die speziell geschulten Ordnungskräfte versprechen derweil, höflich und ruhig mit den Betroffenen ( ich hätte jetzt so aus dem Bauch raus "mit den Betreffenden" geschrieben) umzugehen: "Wir arbeiten immer deeskalierend."

 Als ich vor Jahren diesen Artikel las, dachte ich spontan, dass wir, also die Stadt Bonn, jetzt aber so was von schnell aus den roten Zahlen sein werden. Weil, an Menschen, die ihren Scheiß einfach unter sich fallen lassen, herrscht ja wirklich kein Mangel. Ich war schon dabei, die monatlichen Einnahmen zu überschlagen, abzüglich der Personalkosten für die neuen Mitarbeiter, als ich mich fragte, wann ich das letzte Mal einen Menschen gesehen hatte, der extra auf Publikum gewartet hat, um dann unter Beifall seinen Sperrmüll ins Feld zu kippen. Ich stellte fest, ich hatte noch nie einem Menschen dabei zugesehen. Vermutlich weil ich unaufmerksam bin, vielleicht aber auch, weil diese Menschen es eher bevorzugen, unbeobachtet zu sein.

Und so stelle ich mir vor, wie so eine Situation aussehen könnte: Mehrere männliche Jugendliche, mit oder ohne Gewaltpotential, mit und ohne Migrationshintergrund, lassen abwechselnd mal hier und mal da ihre Kippen fallen, wahlweise zusätzlich Kaugummi ausspuckend. Dies beobachten zwei Mitarbeiter des Ordnungsdienstes (2019 hieß es noch Mitarbeiter. Heute heißt es natürlich MitarbeiterInnen oder Mitarbeitende). Die beiden speziell geschulten Ordnungskräftigende sprechen freundlich besagte Mitmenschen an: "Dürfen wir Sie darauf aufmerksam machen, dass das Entsorgen von Zigarettenkippen und das Ausspucken von Kaugummi in der freien Natur eine Ordnungswidrigkeit ist?" Darauf tritt ein Jugendlicher, der sich spontan als Sprecher der Gruppe versteht, vor: "Darf ich mich vorstellen. Mein Name ist Justin Müller. Wo sie recht haben, haben Sie recht. Kürzlich erst habe ich einen Artikel im SCHAUFENSTER dazu gelesen. War es nicht so, dass eine Kippe 25 Euro und ein Kaugummi 50 Euro kostet?" Und sich an seine Kumpels hinter ihm wendend: "Jungs, denkt nach, wer hat was gemacht. Kevin, du hast keine Diskalkulie, rechne das mal eben für die Herren zusammen." Mustafa und Juri sind kurz ein wenig verstimmt, weil Justin nur Kevin angesprochen hat. Schließlich sind auch sie sehr wohl in der Lage zu rechnen. Hallo, wenn du deinem Kunden ein Päckchen für 100 Euro verkaufen willst, der aber nur 50 Euro bei sich hat, gibst du ihm doch nur die Hälfte, oder? Egal, sie kriegen sich schnell wieder ein, schließlich wollen sie ja die beiden Ordnungshüter nicht zu lange warten lassen. Nach geraumer Zeit steht die recht stattliche Summe von 410 Euro fest. Justin, unser Wortführer, schon ein wenig schwitzend, denn ihm ist diese Situation total unangenehm: "Wenn ich den Artikel im SCHAUFENSTER richtig in Erinnerung habe, bestehen Sie auf Barzahlung. Sie werden verstehen, dass wir so viel Bargeld nicht mit uns rumtragen. Ich müsste also kurz an einen Bankautomaten. Ich hätte da noch zwei Fragen: Sieht Ihr Kostenkatalog auch Mengenrabatte vor? Und, ist das Aufheben und fachgerechte Entsorgen der Kippen im Preis inkludiert?" So stelle ich mir die Dialoge vor. 

Weil ich gerade so dermaßen gedankenlos das Wort Migrationshintergrund benutzt habe. In den Medien hieß es: Auch in Bonn kam es in der Silvesternacht zu schweren Krawallen. Nach Angaben der Polizei verabredeten sich Jugendliche und Heranwachsende zu Angriffen auf die Polizei. Die Gruppe im Alter zwischen 16 und 19 Jahren soll sich den Angaben der Bonner Polizei zufolge in einer WhatsApp-Gruppe zu Angriffen auf Polizei und Einsatzkräfte der Feuerwehr zum Jahreswechsel im Problem-Viertel Medinghoven verabredet haben. Die Gruppe von zirka 20 Personen hatte Müllcontainer angezündet. Anschließend hatten die Chaoten die Feuerwehr bei ihrem Einsatz mit Steinen und Böllern beworfen. Als die Polizei die Einsatzkräfte schützen wollte, ging ebenfalls ein Hagel aus Böllern und Steinen auf die Beamten nieder. Die Tatverdächtigen verfügen laut Polizei alle über einen Migrationshintergrund. Zur Chatgruppe zählen zwei Deutsch-Syrer, zwei Deutsch-Jordanier, ein Deutsch-Marokkaner, ein Iraker, ein Rumäne sowie ein junger Mann mit rumänisch-somalischen Wurzeln. Teilweise besitzen die Beschuldigten die doppelte Staatsbürgerschaft ...

Als ich diesen Artikel las, mein erster Gedanke (nicht etwa, wie schrecklich, die armen Einsatzkräfte), nein, mein erster Gedanke: Darf er das ( denkst du auch an den Comedian Chris Tall), der Schreiber? Darf er schreiben Deutsch-Syrer, Deutsch-Marokkaner? Mein zweiter, ja, er darf - allerdings.

Mittwoch, 1. Februar 2023

Wenn ich Einbrecher wär …

Sind jetzt alle drin? Oder muss ich nochmal nachhelfen? Aber da macht die Zeit ja keinen Unterschied. Im Angesicht der Zeit sind wir alle gleich: die Guten und die Schlechten, und auch die Klugen und die Blöden. Auch die Bekloppten dürfen rüber ins neue Jahr. Apropos bekloppt, ich weiß auch nicht, warum mir da jetzt diese drei Frauen einfallen. Da hieß es in den Medien: Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat entschieden: Die Corona-Infektion von drei Klägerinnen aus NRW wird nicht als Dienstunfall anerkannt. Eine Grundschullehrerin aus Hünxe, eine Oberstudienrätin aus Moers und eine Finanzbeamtin aus Remscheid hatten gemeint, sie hätten sich beim Arbeiten mit dem Coronavirus infiziert. Die Grundschulpädagogin auf einer Lehrerkonferenz, die Gymnasialkollegin bei zwei Schülern und die Finanzbeamtin bei einem Treffen mit Personalräten. Laut Verwaltungsgericht konnte auch nicht bewiesen werden, dass die Frauen im Dienst - wie zum Beispiel Pflegekräfte - einer besonderen Gefahr ausgesetzt seien. Kontakte zu anderen, betonte die Richterin, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko. Somit stehen den Frauen keine monatlichen Zusatzzahlungen zu. Die Klägerinnen leiden ihren Angaben zufolge bis heute unter den Folgen. Eine von ihnen soll seit Ende 2020 krankgeschrieben sein. Das Land NRW sagt, die Corona-Infektionen seien keine Dienstunfälle. Die Klägerinnen hätten sich überall infizieren können.

Holla, die Waldfee! Da musst du erst mal drauf kommen. Einfach mal sacken lassen: zwei Lehrerinnen und eine Finanzbeamtin. Wo ich gerade bei der Finanzbeamtin bin. Kürzlich habe ich für einen Nachbarn beim Finanzamt Bonn-Innenstadt die Formulare "Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts" in Papierform besorgt. Der Nachbar hat keinen Computer, kein Internet. Deshalb habe ich das für ihn gemacht. Im Finanzamt an der Pforte fragte ich die Dame hinter der Corona-Trennwand, ob ich die ausgefüllten Formulare dann einem Menschen abgeben könne, um kurz abzuklären, ob ich alle Felder ausgefüllt habe. Dies sei nicht möglich, wurde mir erklärt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Beifügen der "Anleitung zur Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (Vordruck GW-1)" und der "Anleitung zur Anlage Grundstück zur Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (Vordruck GW-2)" und das Bereitstellen einer Telefon-Hotline unter Bürgernähe verstehe.

Apropos Bürgernähe. Was mir wiederum viel zu nah ist und - vor allem - total überflüssig erscheint: Vor Kurzem hat die Stadt Bonn ein 3D-Modell der Stadt Bonn veröffentlicht. Dort sieht man - im Gegensatz zu Google Maps und Google Earth - in gestochener Schärfe die Grundstücke von oben. Freunde meinten: "Ein Service der Stadt Bonn für Einbrecher und & Co.? Wie reizend." Ich hatte an die Stadt Bonn geschrieben, dass wir von unserem Recht Gebrauch machen möchten, unser Grundstück verpixeln zu lassen. Und erhielt folgende Antwort: Die unter dem Titel „Bonn in 3D“
(URL https://3d.bonn.de) am 16.6.2021 veröffentlichte 3D-Visualisierung der Gesamtstadt, positioniert sich im Rahmen der Smart-City-Strategie als eine erste Grundlage für zukünftige Anwendungen, die hauptsächlich zu mehr Transparenz in der Partizipation des Bürgers in Planungsprozessen führen soll. Diese Zeilen hätte ich jetzt gerne mal ins Deutsche übersetzt! Ich verstehe sie nicht! Ich weiß immer noch nicht, wofür dieses Modell zusätzlich gebraucht wird.

Weiter heißt es in der Antwort: Das Land NRW, zahlreiche Kommunen und auch die Stadt Bonn veröffentlichen seit vielen Jahren 2D-Luftbilder mit Auflösungen von 10 cm und darunter. Die rechtliche Grundlage zur Anfertigung von Luftbildaufnahmen ist im Vermessungs- und Katastergesetz verankert. In Anlehnung an 3D-Mesh Veröffentlichungen anderer Kommunen wie z.B. Stadt Bielefeld, Kreis Unna und dem Produkt Google Earth hat sich die Stadt Bonn zu einer Veröffentlichung entschlossen, die den Blickwinkel und Detailierungsgrad jener bereits breit im Einsatz befindlichen Dienste imitiert. So wurde daher in Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten für die Veröffentlichung in „Bonn in 3D“ der Zoom Level einer Boden- und Fassaden-Auflösung von ca. 10 cm angepasst und auch der Blickwinkel im unteren Spektrum limitiert, sodass nicht zu flach in Dachgärten und Balkone Einblick genommen werden kann. Personenidentitäten und Fahrzeug-Kennzeichen sind in den Darstellungen nicht erkennbar, auch ist eine maschinenlesbare Verbindung der Darstellungen mit Adressen und somit wiederum anderen Personen bezogenen Datenquellen nicht gegeben.

Wir werden aber aufgrund der von Ihnen vorgetragenen Bedenken nochmals die Schutzinteressen von Ihnen als Bürger gegenüber dem Nutzen von Stadtmodellen für den Bürger in den Eingangs skizzierten Anwendungsfeldern prüfen und abwägen.

Wie ich schon erwähnte, ich verstehe den zusätzlichen Nutzen für mich als Bürgerin nicht. Ich habe so ein 3D-Modell bisher nicht vermisst. Worüber ich aber froh bin, dass Personenidentitäten und Fahrzeug-Kennzeichen in den Darstellungen nicht erkennbar sind! Hallo, das wäre ja noch schöner! Gut, dass wir darüber mal gesprochen haben. Die Prüfung und Abwägung scheint offensichtlich noch voll im Gange zu sein. Ich habe bis jetzt noch nichts Weiteres gehört.

Da lob ich mir doch den Bonner Generalanzeiger. Da verstehe ich jedes Wort, da werden mir die Zusammenhänge einmal ganz klar und deutlich verklickert. So hieß es dort: Radunfälle im Zusammenhang mit Bahnschienen betreffen in Bonn vor allem Straßen, auf denen in Bonn Straßenbahnen verkehren. Aha! Stimmt.

Mittwoch, 11. Januar 2023

Warmsanierung - ist auch 'ne Lösung



Ich hatte ja neulich über den aktuellen Stand zur Lösung der Probleme bei der Beethovenhalle berichtet, unschönes Thema. Deshalb heute zum Ausgleich und als Einstieg ins neue Jahr einmal eine elegante Lösung, Da hieß es in meinem SCHAUFENSTER: Auszeichnung für eine elegante Lösung - Bonner Mathematik-Absolventin erhält die Fields-Medaille: Die Mathematikerin Maryna Viazovska hat die Fields-Medaille erhalten, die auf  dem internationalen Mathematikkongress in Helsinki übergeben wurde. Die Auszeichnung wird seit 1936 alle vier Jahre an Mathematikerinnen und Mathematiker unter 40 Jahren verliehen. Die 37-jährige Viazovska stammt aus der Ukraine. Ihre Promotion hatte sie 2013 an der Universität Bonn absolviert. Heute ist sie Professorin an der Hochschule EPFL in der Schweiz. In einer Pressemitteilung teilt die EPFL mit, die junge Professorin mit Spezialgebiet Zahlentheorie habe die Fields-Medaille für ihre Lösung des Problems der Kugelpackung in den Dimensionen 8 und 24 erhalten. Die Frage, wie man Kugeln so dicht wie möglich aneinander packen kann, z. B. bei einer Orangenpyramide, beschäftigte die Mathematik bereits seit mehr als vier Jahrhunderten. Schon 1611 vermutete Johannes Kepler, dass dies am besten in Form einer Pyramide gelingen könnte. Seine Hypothese wurde erst 1998 bewiesen. Viazovska entschied sich, das Problem für die Dimensionen 8 und 24 zu lösen, weil es sich um spezielle Dimensionen handele und die Lösungen dafür besonders elegant seien. Die Fachwelt lobt die Originalität und Eleganz ihrer Beweisführung, bei der sie sich der "modularen Formen" bediente, die ein Schwerpunktthema ihrer Dissertation waren. Rektor Michael Hoch gratulierte Viazovska zu ihrer Ehrung: "Es ist eine große Freude, dass heute eine Alumna der Universität Bonn die Fields-Medaille erhalten hat. Dass Frau Viazovska erst die zweite Frau ist, der diese Ehrung zuteil wird, ist bemerkenswert."

Jetzt weiß ich so ungefähr, mit was sich da in der Mathematik so beschäftigt wird. Einfach toll! Wo ich gerade bei Lösungen bin, da hieß es in meinem SCHAUFENSTER "Bauarbeiten am Stadthaus im Zeitplan": Anna Schäfer, Teamleiterin beim Städtischen Gebäudemanagement, möchte Missverständnissen zuvorkommen: "Wir sanieren die Stützen des Parkdecks nicht, es handelt sich um eine temporäre Sicherheitsmaßnahme." Im Herbst 2021 stellte sich durch ein Gutachten heraus, dass 155 Betonstützen von rund 300 Pfeilern der beiden Parkdecks des 1978 eröffneten Stadthauses beschädigt sind; 44 davon müssen gesichert werden. Um eine kostspielige und umfangreiche Betonsanierung zunächst zu vermeiden und damit den Umzug der 1500 Rathausmitarbeiter zu verhindern, entschied sich die Politik für eine Notfallreparatur. Die schlägt mit geschätzten rund 1,6 Millionen zu Buche. Den rund fünf Jahrzehnte alten Betonsäulen setzen vor allem Chloride zu, die sich in die Stützen gefressen haben: "Heute würde man so nicht mehr bauen", betont Anna Schäfer. Jede Stütze wurde durch Statiker und Gutachter individuell untersucht und bekommt nun zur Stabilisierung Stahlträger verpasst wie eine Art Korsett. Zuvor werden die Bodenbereiche der Säulen mit einem Kapselpresser freigelegt und später wieder mit Zement verdichtet. Am Ende bekommt der Träger noch einen Brandschutzanstrich. Teilweise müssen auch Versorgungsleitungen für die Stromversorgung, die Lüftungen oder die Datenverarbeitung zurückgebaut und erneuert werden. Jährlich erfolgt ein sogenanntes Monitoring. Gutachter überprüfen dann die Standsicherheit der Säulen und damit des Gebäudes. So könnte das Stadthaus voraussichtlich bis 2026/2027 weiter genutzt werden.

Also wenn das nicht die Chance gewesen wäre, sich eher gestern als heute von diesem Gebäude zu verabschieden. Keinen Cent hätte ich da noch reingesteckt, außer in den Abriss. Und vielleicht hätte man ja auch etwas nachhelfen können - dachte ich. Und dann doch tatsächlich folgende Meldung in den Medien: Stadthaus Bonn bis auf die Grundmauern abgebrannt. Der Einsatzleiter der Feuerwehr sagt, da sei nichts mehr zu retten gewesen. Allem Anschein nach war das Abbrennen Unmengen von Kerzen der Auslöser. Offensichtlich hätten Hunderte von Kerzen in Zugluft gestanden. Nach ersten Erkenntnissen gehe man davon aus, dass die brennenden Kerzen auch die umliegenden Räume aufheizen sollten, da die Raumtemperatur in den Großraumbüros den städtischen Mitarbeitern wohl zu niedrig war. Wegen vieler offenstehender Fenster habe der Brand sich schnell ausbreiten können. Gleichzeitig hätten wiederum in manchen Büros die Mitarbeiter gerade die Fenster geschlossen, um es möglichst warm zu bekommen.

Mein erster Gedanke: Hätten die mal mein SCHAUFENSTER sorgsam gelesen. Da gab's nämlich zum Weihnachtsfest wieder ganz tolle Tipps zum Thema echte Kerzen. Da hieß es zum Beispiel, wer als Mieter Duftkerzen im Treppenhaus  aufstellt oder mit Zimtspray den Hausflur einnebelt, der nutzt das Gemeinschaftseigentum bestimmungswidrig. Und weiter, Kerzen in Hausfluren aufzustellen sei nicht gut, diese würden eine erhebliche Brandgefahr darstellen, da sie nicht dauernd unter Beaufsichtigung stehen würden (so was von wahr!). Und auch, als es um den Christbaum mit echten Kerzen ging, ganz tolle Tipps: Kerzen sollten rechtzeitig gelöscht werden, bevor sie ganz heruntergebrannt sind. Außerdem solle der Weihnachtsbaum keine Zugluft abbekommen. Wer auf die Idee komme, dass die Kerzen auch den umliegenden Raum aufheizen, sollte im Hinterkopf haben, dass eine Menge davon nötig wäre, um an die Heizfähigkeit der Heizkörper heranzukommen. Auch wenn eine Kerzenflamme an ihrer heißesten Stelle eine Wärme von 1.400 Grad Celsius erreichen kann. Wichtig dabei auch: Beim Abbrennen von Kerzen entstehen Stickstoff-Oxide und Ruß. Um die Konzentration in der Raumluft nicht zu hoch werden zu lassen, rät das Umweltbundesamt zu ausreichendem Lüften.

Mal abgesehen von der Herausforderung, einerseits den Baum vor Zugluft zu schützen, andererseits aber wegen der Stickstoff-Oxide ausreichend zu lüften, mein zweiter Gedanke: Vielleicht hat ja gerade der ein oder andere Stadthausmitarbeitende diese Tipps gelesen.

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Putin, Prada & Plamage


Weihnachten steht vor der Tür - und was machst du jetzt? Also in dem Falle ich. Weil, bis jetzt habe ich mir immer Sachen gewünscht, die ich auch haben wollte, die mir gefallen haben. Aber jetzt, neue Situation, du erinnerst dich. Ich erzählte dir von Menschen, deren Profession es ist, das Hab und Gut in anderer Leute Wohnungen zu stehlen. Da überlegst du dir ja jetzt schon, was du dir noch anschaffst und wünschst. Meine Idee, nur noch Dinge, die nach nichts aussehen, aber sauteuer sind. Weil, das Geld will ja trotzdem ausgegeben werden.

Und da kam mir die Seite in meiner Cosmopolitan gerade recht. Da hieß es "Unsere Cosmos - schöne Dinge, die uns Freude bereiten: Ferien vorbei? Egal. Die Vacay Vibes bringen wir nach Hause! Mit hübschen Teilen, die an warmen Strand und kalte Tapas erinnern." Unter anderem war dort, ich hätte jetzt gesagt, eine Häkeltasche abgebildet. Und dazu folgende Beschreibung: "Die Tote Bag von Prada passt zu Strand und Asphalt." In Klammern der Preis. Den Preis sag ich dir erst zum Schluss, musst du raten, schau sie dir erst mal in aller Ruhe an. Was aber schonmal das Tolle an dieser Tasche ist, abgesehen davon, dass sie wunderhübsch unauffällig, ich möchte fast sagen belanglos, aussieht: Kein Einbrecher kommt im Leben drauf, die mitgehen zu lassen. Noch nicht mal zum Raustragen von fremdem Eigentum. Was ich auch verstehen kann. Weil gestohlene Ringe und Ketten, die fallen ja durchs Netz, also durch die Löcher.

Selbstredend hab ich dann bei der Gelegenheit in die Maschine "Warum heißt es Tote Bag?" gehämmert. Resultat: Die Tote Bag verdankt ihren Namen dem englischen „to tote“, was übersetzt „tragen“ bedeutet. Im Zusammenhang mit Fashion und einer speziellen Taschenform trat diese bestimmte Taschenform in den 1940er Jahren erstmals auf. Heute ist der Begriff „to carry“ gebräuchlicher, aber die Tote Bag hat ihren Namen behalten. Das ist ja immer wieder so, kennst du auch. Du wolltest nur nach "Was bedeuten Silberfische im Bad?" suchen und Stunden später bist du bei Goldfischen.

Apropos:  Da heißt es, dass im Jahr 2000 der Durchschnittsmensch noch eine Aufmerksamkeitsspanne von zwölf Sekunden hatte. Dank unserer "smarten" Welt seien es heute nur noch acht Sekunden. Selbst Goldfische schaffen neun. Oder, ich gebe ein "Welches Lebensmittel außer Quark schafft es, den Geschmack von Leinöl zu überdecken?" (meine Geschmacksnerven melden mir nämlich immer zurück, dass sie keine Möbelpolitur essen möchten.) und Stunden später bin ich bei "Geschmäckle - Bedeutung".

Und so ging es mir jetzt mit der toten Tasche. Da stand dann auf dem Bildschirm unter "Ähnliche Fragen: Wie trägt man eine Tote Bag?"  Hallo, wie konnte ich mein Leben lang Taschen einfach vollkommen tumb tragen, ohne mir Gedanken darüber zu machen? Und was mache ich? Ich klicke drauf: "Bei so viel Auswahl fragst Du dich vielleicht, wie Du deine Tote Bag tragen sollst. Tote Bags sind Streetstyle-Favoriten und einfach zu tragen. Kombiniere deine Tasche mit Jeans und Sneakern für einen Freizeit-Look oder trage sie zu deinem lässigen Outfit als praktische und stylische Alltagstasche." Aaah ja!

Und wo ich gerade dran war, hab ich auch auf die Frage geklickt "Wohin mit der Clutch bei Tisch?" Antwort: Idealerweise legen Sie sie hinter sich zwischen Rücken und Stuhllehne oder rechts neben sich und der Armlehne. Wenn das nicht möglich ist, legen Sie die Clutch unterhalb der Serviette auf Ihren Schoß. Ich hätte auch noch die Frage "Wer ist denn so blöde und hat den ganzen Abend eine Tasche auf dem Schoß?" anklicken können.
Auch interessant die Frage "Wie passt ein halbes Schwein in eine Clutch?". Ich habe davon abgesehen und stattdessen unter "Wie atmet man richtig ein und aus?" geschaut.

Wo war ich eigentlich? Bei Geschenken und Einbrechern. In dem Zusammenhang habe ich meinem Traummann diesen Pullover meines Lieblingsdiscounters gekauft und gleichzeitig ganz mutig entschieden, den nicht immer bei mir zu führen, wenn wir das Haus verlassen. Weil, Geschmack, das muss ich ihnen lassen, hatten die Einbrecher schon.

Weil ich gerade bei Geschmack bin, neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Es wird noch teurer, Stadt verkündet "Neustart" für Sanierung der Beethovenhalle" folgendermaßen: Die Erleichterung über die Nachricht ist den Verantwortlichen bei der Stadt anzumerken: Der Neustart für die denkmalgerechte Sanierung der Bonner Beethovenhalle kann beginnen. Das sagte Oberbürgermeisterin Katja Dörner in dieser Woche bei einem Pressetermin an der Baustelle. Der Bundesstadt Bonn sei es mit Unterstützung der Berliner Häuser Baumanagement GmbH gelungen, mit Architekten und Technikplanern einen gemeinsamen Weg zu vereinbaren, die Beethovenhalle zu Ende zu bauen. Allerdings wir es jetzt noch einmal länger dauern, als ursprünglich geplant. Und auch noch einmal deutlich teurer werden. Die Fertigstellung hätten Architekt und Technikplaner für Ende des Jahres 2024 und eine Eröffnung der Halle für Ende des Jahres 2025 vertraglich zugesichert. Die Kosten steigen auf nun prognostizierte 221,6 Millionen Euro. "Inflation unter anderem als Folge des Ukraine-Krieges wirken sich gerade bei einem verzögerten Projekt wie der Beethovenhalle in einem schmerzhaften Maße aus", so Oberbürgermeisterin Dörner.  

Und da bin ich jetzt ehrlich, weil mein allererster Gedanke nach der Lektüre dieser Zeilen.
Kennst du doch auch. Gib es zu! Aber das ist ja das Schöne, der liebe Gott hat es so eingerichtet, dass keiner deine Gedanken hören kann. Und gegen so manchen Gedanken, der sich da in deinem Köpfchen zusammengebraut hat, kannst du gar nichts machen. Schon gar nicht gegen Gedanken, die aus dem Bauch heraus kommen. Es gibt so manchen Gedanken, wo ich mir selbst ein klitzeklein wenig fremd werde. Ich war vorher ja bei Geschmack gewesen, und jetzt dachte ich: Was hat das für ein Geschmäckle, bei so unsäglich vielen Dingen, die in all den Jahren schief gelaufen sind, jetzt den Putin aus dem Hut zu zaubern.  

Wie gesagt, gegen Gedanken kannst du nichts machen. Ach, der Preis der Tasche: Ca. 1.500 €!