Mittwoch, 30. November 2016

Die Garderobe der Beethovenhalle - Kleiderbügel erinnern sich

Man kann's keinem erzählen. Was war ich doch für eine verantwortungslose Mutter! Ich komm deshalb drauf, weil, neulich stellte sich in meinem "Schaufenster" eine weiterführende Schule den Eltern von Viertklässlern als eine aktive vor. Ich las also von einer nicht passiven Schule - und ich las über einen anerkannten Bewegungskindergarten, der nach der Montessori-Pädagogik funktioniert.
Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, mich mies zu fühlen, gab es da noch den langen Artikel mit der Überschrift "Zu schwer für i-Dötzchen" mit vielen wichtigen Tipps für eine rückengesunde Schulzeit: Vermeidung von Ranzengewichten, die zehn Prozent des Körpergewichtes des Kindes überschreiten; nur Tornister verwenden, die keinen Druck auf die Lenden ausüben, auf Schulterhöhe abschließen und mindestens vier cm breite Gurte besitzen. Bewegungsmangel stelle die Hauptursache für Rückenleiden dar. Sport stärke Muskeln und entlaste die Gelenke. Kein Wunder, wenn die meisten Kindergärten keine ausgewiesenen Bewegungskindergärten sind!  

In was für einer Zwickmühle sind da doch viele Eltern: Einerseits chauffieren sie ob des schweren Ranzens ihren Schatz jeden Morgen zur Schule (und holen ihn auch selbstredend wieder ab). Andererseits hat das arme Kind deshalb zu wenig Bewegung.
Welch schlichter Mensch ich da doch bin! Meine Kinder sind schlicht in den Kindergarten gegangen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich nie gefragt, ob die sich da auch bewegen. Und ich weiß auch nicht, ob die Schule, die sie ohne mich selbstständig aufsuchten (mit ihrem Ranzen, dessen Gewicht ich nie gewogen habe!), eine aktive war.
Apropos Schule und aktiv. Wo die Schüler ja echt aktiv werden, ist, wenn es darum geht, im Vorfeld so viel wie möglich Geld für den Abiball zu sammeln - für den Abiball in der Beethovenhalle.
Bei der Closing-Party in der Beethovenhalle ist ja auch einiges, an Menschen und an Geld, zusammengekommen. Allein wenn ich in meinem "Schaufenster" las, dass im Herzstück des Bonner Wohnzimmers, dem großen Saal, die Resident DJs der AfterJobParty für die beste Partystimmung sorgten. 

Und dann las ich aber auch in meinem "Schaufenster": In ihrer neuen Themenreihe "Beethovenhalle reloaded - Genau hingeschaut" begleitet die VHS den Umbau und die Sanierungsarbeiten der Beethovenhalle. Den Start der Reihe macht ein Vortrag von Constanze Falke und Dr. Martin Bredenbeck von der Werkstatt Baukultur. Ihr Vortrag "Ein Denkmal in besten Händen" wirft einen Blick in die Planungs- und Baugeschichte dieses außergewöhnlichen 1950er-Jahre-Baus. Zwei weitere Vorträge dieser Reihe seien geplant. Dr. Irmgard Bodsch stelle die Eröffnung der Beethovenhalle genauer vor und Stadtdirektor Wolfgang Fuchs gebe Einblick hinter die Kulissen eines Großprojektes. Der Eintritt beträgt fünf Euro.

Da hätte man sich meiner Meinung nach noch einiges an Vorträgen und Events einfallen lassen können, um die Kasse für die Sanierung zu füllen. Spontan fällt mir da eine sicherlich ungemein interessante Themenreihe ein: "Die Toiletten der Beethovenhalle - Klobrillen packen aus". Ich könnte mir da den Vortrag vorstellen "Welcher Rockstar oder welcher Politiker hat wann auf welcher Klobrille gesessen" oder "Wie viele Liter Bier wurden in welchem Jahr von welchem Karnevalsprinzen bei einer Prinzenproklamation entsorgt". Auch "Die Garderobe der Beethovenhalle - Kleiderbügel erinnern sich". Und für die physikalisch Interessierten "Rock- und Popkonzerte - ein Ranking der schlechten Akustik".

Noch mehr Geld hätte man allerdings mit Events machen können. Die liegen ja so was von im Trend. Ich komm deshalb drauf, weil ich in meinem "Schaufenster" von einer interessanten Aktion las: "Über den Dächern von Bonn" hieß es da. Die Führung biete einen Blick aus der Vogelperspektive auf die Bundesstadt. Dazu steigen die Teilnehmer auf das Dach des Stadthauses, das sonst nicht für Besucher zugänglich ist. Wer an der 1,5-stündigen Führung teilnehmen wolle, sollte gut zu Fuß sein, denn für den Aufstieg auf das Stadthausdach seien - nach der Fahrt mit dem Aufzug ins 17. Stockwerk - etwa 70 Stufen zu bewältigen. Ich komm deshalb drauf, weil die Dachkonstruktion der Beethovenhalle ja eh saniert wird. Ein Megaevent hätte das werden können. Gerade heutzutage, wo Battles und Challenges so was von in sind. Man hätte alle Horrorclowns und solche, die Horrorclowns witzig finden, und solche, die rohe Eier an Häuserwände werfen, und solche, die das witzig finden, also alle Vollpfosten auf das Dach der Beethovenhalle zur ultimativen "Battle-Challenge-Nacht einladen können. Und die Challenge: Wie viele Menschen können sich auf dem gewölbten Dach halten, bis einer runterfällt? Oder aber (weil, da wäre ja jetzt nur einer runtergefallen)  man hätte die alle auf einen Schlag aufs Dach gelassen - und später hätte man erfahren, dass zu viele Besucher gleichzeitig auf dem Dach standen - leider.

Unfasslich, was für abgrundtief schlechte Gedanken ich habe. Was für ein schlichter, schlechter Mensch ich doch bin. Aber das zieht sich ja durch bei mir. Erst eine schlechte Mutter und dann - eine schlechte Oma wäre ich obendrein. Las ich doch in meinem "Schaufenster" die Lettern "Kindernotfallkurs für Großeltern": Für Großeltern in Bonn gibt es jetzt erstmalig einen Erste-Hilfe-Kurs für Kindernotfälle. Diesen bietet die Abteilung für Neonatologie am Bonner Universitätsklinikum jetzt zusätzlich zu den regelmäßig stattfindenden Kindernotfallkursen für Eltern an. Großeltern können lernen, in einer Notfallsituation als Ersthelfer wirkungsvoll und adäquat zu handeln.

Wenn ich den Artikel jetzt nicht gelesen hätte, ich hätte einfach so auf die Enkelkinder aufgepasst. Wobei, einen Vorteil hat das Ganze ja. Wenn du als Oma keine Lust auf Babysitten hast, sagst du einfach, du seiest leider keine zertifizierte Oma.