Dienstag, 15. Dezember 2015

Mit ihm hat's leider nicht geklappt - dafür aber mit der Käthe

So aufregend wie in diesen Tagen war es schon lange nicht mehr - für mich! Neulich komm' ich mit dem Fahrrad oben auf dem Venusberg an, fertig mit der Welt, nach Luft ringend, da seh' ich ihn, ganz ohne Vorwarnung steht er plötzlich vor mir: souverän, selbstverständlich, stattlich.  Mein Gott, was war ich aufgeregt. Er, so unaufgeregt, sich seiner Wirkung bewusst. In dem Moment wusste ich nicht, wohin mit mir - wie ein Teenager. Kamen das Herzklopfen und der rote Kopf noch vom Hochradeln oder von der Aufregung ob seines plötzlichen Erscheinens? Schwer auch, meine Gefühle zu beschreiben. Wie soll ich, wie kann ich, Gemengelage trifft es wohl am ehesten. Endlich kann ich dieses Wort auch einmal benutzen. In meinem "Schaufenster" habe ich es kürzlich gelesen und war sofort hin und weg. Nichts wie in den aktiven Wortschatz übernehmen, dachte ich. Kaum auszudenken, wo ich sprachlich ohne mein "Schaufenster" stünde.

Apropos, wo stand ich? Bei ihm! Und in mir eine berauschende Gemengelage aus Aufgeregtheit, Faszination, Anziehung und - das vor allem - Stolz. Ich bin ehrlich, ich hab kurz überlegt, ob ich mit ihm, aber ich bin dann doch ... Ab dann war ich den ganzen Tag so was von beflügelt. Hinunter geflogen bin ich den Venusberg. Wobei das jetzt wohl eher nichts mit ihm zu tun hatte. (Woran mag es liegen, dass ich, den Venusberg hoch strampelnd, so gar nichts von der Leichtigkeit des Seins verspüre?) Vielleicht lag's aber doch daran, dass er mir folgte. Ja, tatsächlich, ich bildete mir das nicht ein! Ich spürte seine Nähe, und als ich mich umsah, war er tatsächlich hinter mir! So ging es den ganzen Venusberg hinunter, mal ich vor ihm, mal er vor mir. In Poppelsdorf verloren wir uns dann leider aus den Augen. Ich weiß gar nicht, wie ich es an diesem Tag noch in den Auerberg geschafft habe, so aufgedreht, wie ich war! Und gerade hatte ich mich einigermaßen beruhigt, da seh' ich ihn doch wieder, im Auerberg, bei mir in meinem Stadtteil. Er hatte mich doch in Poppelsdorf verlassen! Woher wusste er, dass ich im Auerberg wohne? Seine Bewegungen, geschmeidig, einer Schlange gleich. Ich tat so, als bemerkte ich ihn nicht. Aber von diesem Tag an wartete ich jeden Tag auf ihn. Jeden Tag trafen wir uns an derselben Stelle. Bis zu einem Samstag. Da wartete ich lange Zeit auf ihn, vergeblich. Es dauerte lange, bis ich einsah, dass er nicht mehr kommen würde. Tage später sah ich ihn noch einmal zufällig auf dem Venusberg, von weitem. Aber ich hatte verstanden, es war aus. Nun habe ich ihn schon länger auch nicht mehr auf dem Venusberg gesehen.

Was täte ich nur ohne mein "Schaufenster". Es rettete mich aus meiner größten Not, meiner tiefsten Verzweiflung. So las ich, warum ich an besagtem Samstag umsonst auf ihn gewartet hatte. Der schnittige, gelenkige, weiße Elektro-Gelenkbus fuhr auf der Linie 601 die Strecke vom Venusberg bis Tannenbusch - über Auerberg (!). Samstags aber bediente er die Linie 608, und die fährt nicht im Auerberg. Ich erfuhr auch, dass er sich nur bis zum 30. November in Bonn aufgehalten hatte. Und dann fiel mir auch wieder das Projekt ZeEUS (Zero Emission Urban Bus System) ein, bei dem in Städten wie Stockholm, London, Paris und Bonn (!) Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit und Einsatztauglichkeit von Elektrobussen gesammelt werden. Jetzt erst verstand ich meine Aufgeregtheit. Es war dieses internationale Flair, das ihn umgab, dieser Hauch von Metropole und Glamour. 

Mittlerweile, nun, das Leben geht weiter. Hätte ich auch nur annähernd geahnt, dass mich das so mitnimmt, ich hätte Trost bei Norman Langen gesucht. Weil, das muss ich schon ehrlich zugeben, der Michael Wendler und der Mickie Krause sind jetzt nicht wirklich meine erste Wahl. Deshalb fühlte ich mich auch von der ersten Ankündigung in meinem "Schaufenster" für die Hallengaudi im Telekom Dome nicht angesprochen. Als es mir dann aber zum zweiten Mal das "Who is who" der Mallorca- und Partyszene ans Herz legte und darauf hinwies, dass auch der Norman Langen für mich sänge. Ich hab's dann aber verbaselt, weil ich ja immer an der Bushaltestelle stand. Was ja wohl auch etwas Besonderes war, wenn ich das so nebenbei richtig mitbekommen habe: Im Telekom Dome gibt's auf dem Gebiet des Basketballs in der letzten Zeit nicht so viel Anlass zur Gaudi, oder?

Indes hat sich meine Gefühlswelt wieder stabilisiert und ich kann mich wieder voll auf die Dinge des Alltags konzentrieren. Was auch unbedingt lebensnotwendig ist, wenn ich als Pedalritter (auch dieses Wort hat mir mein "Schaufenster" geschenkt - danke!) unterwegs bin. Im Dunkeln auf der Kölnstraße, zwischen nassen Gleisen und stauenden Autos. Darin der ein oder andere Autofahrer, der mich beneidet, weil ich schneller zur Käthe komme als er, mich deshalb rechts ein ganz klein wenig abdrängt. Trotzdem bin ich früher auf den Marktplatz als er, zwar klitschnass aber früher!

Apropos Marktplatz. Da las ich unter der Überschrift "Tannenschmuck in der Stadt": Das Amt für Stadtgrün stellt an den zentralen Plätzen der Stadt große Tannen auf, um seinen Teil zur stimmungsvollen Dekoration in der Vorweihnachtszeit beizutragen. Für die Beleuchtung sorge erneut SWB Energie und Wasser. Am Alten Rathaus und am Münster ... Stimmt. Toll. Ich hätt's jetzt nicht besser hingekriegt.


Und während die Autofahrer noch auf der Kölnstraße in die Stadt stauen oder in einer langen Schlange vor dem Beethoven-Parkhaus stehen. Weil, das Thema hat sich ja jetzt auch erledigt, das mit dem Beethoven-Parkhaus als Geheimtipp, so viel wie da in meinem "Schaufenster" für geworben wird. Ich also, leicht fröstelnd ob nasser Knie vom Fahrradfahren und wohl wissend, dass die meisten Weihnachtsmarktbesucher noch im Auto ausharrten, hab's dann mal gewagt, mich getraut. Jetzt oder nie, hab ich mir gedacht. Seit Jahren schon träume ich davon, immer wieder habe ich es versucht, immer wieder bin ich kläglich gescheitert. Einmal in meinem Leben (und einmal hat mir jetzt auch gereicht) in aller Ruhe durch Käthes Haus zu gehen. Nur ein einziges Mal Käthes Schätze bestaunen, ohne anderer Leute Ellenbogen in den Rippen. Freier Blick ohne den Rucksack des Vordermanns im Gesicht. Und, ich hab's geschafft, einmal in der ersten Reihe zu stehen und mir Käthe Wohlfahrts Verkaufssortiment in seiner unfasslichen Gänze anzuschauen - und nebenbei habe ich mich aufgewärmt!

Mittwoch, 25. November 2015

Rohe Eier in Rollladenritzen sind nicht schön - und Bauernglatteis auch nicht

Ich sag nur, studier das "Schaufenster" und du kannst dich vor lauter Bildung gar nicht mehr retten! Gerade war ich noch dabei, das für mich vollkommen neue Wort PechaKucha zu verarbeiten, da fällt mir die Überschrift "Lumen und Kevin" ins Auge. Okay, denke ich, dieses Mal zeigt mir aber mein "Schaufenster", wo der Frosch die Locken hat. Erst Trajektkreisel, dann PechaKucha und jetzt noch der neue Favorit bei den Mädchennamen: Lumen. Gut, ich hab dann bei näherer Betrachtung auch mitbekommen, dass es um Energiesparlampen und LEDs ging und dass Lumen etwas mit dem Maß an Helligkeit zu tun hat - und dass der Kevin in Wahrheit Kelvin heißt und die Lichtfarbe beschreibt.

Apropos Licht. Immer wieder schön ist die Martinsfackel-Ausstellung im Foyer unseres Stadthauses! Wie friedlich die da so hängen, geschützt vor Wind und Wetter. Neulich ging bei uns im Auerberg auch wieder der Martinsumzug, bei schönem Wetter. Wenn ich da an manche Martinszüge denke, an denen mein Traummann und ich als Papa und Mama  teilgenommen haben! Die Laternen, eben noch die reinsten Kunstwerke höchstbegabter Kinder, keine zwei Minuten später wahlweise von der eigenen Kerze abgefackelt, von einer Sturmböe mitgerissen oder vom Regenguss bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht. Okay, ich übertreibe, so war es ja nicht immer. Ab und an war das Wetter uns auch gewogen - wie sich im Nachhinein herausstellen sollte. Ja, am Ende des Zuges stand fest, dass es vollkommen unnötig gewesen war, das einzigartige Kunstwerk von Laterne in einem Müllbeutel zu verstecken.
Laternenruine hin, Fackelrest her, gefühlte Stunden später war der Martinszugweg abgegangen, das Ziel erreicht. Schon brannte das Martinsfeuer lichterloh, St. Martin teilte seinen Mantel, noch mal ein Lied gesungen - und immer standest du genau so, dass der Wind die Feuerfunken genau in deine Richtung wehte.

Und wenn alles vorbei war, fing's erst an - das Schnörzen. Dann hast du dir als Profieltern die Beine in den Bauch gestanden, immer hübsch im Hintergrund. Hast dein Kind gecoacht, das natürlich Süßigkeiten wollte, aber nicht allein singen wollte, und überhaupt sich nicht sicher war, auf jeden Fall auch schon müde war, das aber selbstredend nie zugegeben hätte. Du hast deinen Liebling daran erinnert, dass es doch gerade das Schnörzen war, auf das er sich so gefreut hatte (obwohl du am liebsten gesagt hättest, dann halt nicht und ab nach Hause).
Du bestärktest den Schatz darin, auch alleine zu singen, wo er doch so toll singen kann, wenigstens ein Lied. Das tat dann der Schatz. Und wenn du Pech hattest, verlangte die ältere Dame an der Haustür noch weitere Strophen dieses Liedes. Und wenn es ganz blöde lief, noch ein weiteres Lied. Und dann hatte sich dein Wunschkind so was von eingesungen und wollte gar nicht mehr aufhören, genoss den Auftritt vor Publikum. Dann, endlich, kam Bewegung rein, will sagen, die Frau an der Tür bewegte sich, Beutel auf, Bonbons rein und weiter! So haben wir uns jahrelang so gaaaanz langsam nach Hause geschnörzt.

Was habe ich damals die Menschen beneidet, die im Warmen auf uns warteten, deren Aufgabe lediglich darin bestand, die Haustür zu öffnen, das Ende des Abgesanges abzuwarten und dann eine Süßigkeit in den aufgehaltenen Beutel zu werfen.
Doch, ich bin ehrlich, seitdem ich aus dem aktiven Martinsumzugsgeschehen ausgeschieden bin, habe ich grundlegend meine Meinung geändert - wegen folgender zwei Naturgesetze: Erstens, du erwartest viele schnörzende Kinder, hast dementsprechend tonnenweise Mandarinen, wahlweise auch Clementinen, eingekauft, es kommt kein S... und dein Körper erleidet in Folge einen Vitamin-C-Schock. Deswegen kaufst du im folgenden Jahr weitaus weniger ein - und kannst den Massenansturm nur bewältigen, indem du Kartoffeln in die aufgehaltenen Beutel schmeißt. Zweitens, schon länger hat es nicht mehr geklingelt, deshalb schmeißt du dich in dein Wohlfühl-da-muss-mich-jetzt-aber-nicht-unbedingt-jemand-sehen-Dress und du kannst drauf gehen, dass ab jetzt doch noch die gesamte Nachbarschaft klingelt (einschließlich das Kind jenes Nachbarn, den du recht attraktiv findest). Deshalb sitzt du nächstes Jahr bis Mitternacht steif gestriegelt und geschniegelt auf dem Sofa - und keine S... klingelt mehr. Ja, ich nehme alles zurück, das Geschnörztwerden ist auch stressig - auch, und vor allem, unter dem Gesichtspunkt Blase. Weil, das ist eh klar, du hältst so lange ein und es klingelt nicht an der Tür, und kaum sitzt du auf der Brille ...

Noch stressiger als St. Martin ist für mich mittlerweile allerdings Halloween: "Mama, haben wir ein T-Shirt zum Zerschneiden?", die Brut kostümiert sich, "Mama, wo ist der Spitzer für den Kajalstift?", die Töchter schminken sich, die Wunschkinder glühen vor. Dann ein "Tschüss, wir sind weg" und zurück "Viel Spaß". Und erst jetzt fällt meinem Traummann und mir ein, dass an selbigem Abend "Süßes oder Saures" von uns erwartet wird, wir aber nichts eingekauft haben (wir Alten sind ja die Martinsfraktion)  und wir nichts vorhaben. Und weil rohe Eier in  Rollladenritzen nicht schön sind, tun wir so, als wären wir nicht da. Das Tollste an Halloween, der Morgen danach - wenn kein rohes Ei am Haus klebt.

Was natürlich praktisch ist, an solch einem Abend kann ich viel für meine Bildung tun, also mein "Schaufenster" lesen - wenn auch mit Taschenlampe unter der Bettdecke. So habe ich wieder ein neues Wort gelernt: Bauernglatteis. Das bildet sich, wenn landwirtschaftliche Fahrzeuge nach dem Einsatz auf dem Acker die Straße verschmutzen. Feuchte Lehm- und Erdklumpen können die Fahrbahn dann schnell in eine Rutschbahn verwandeln. Ich las auch, dass der ADAC an die Landwirte appelliert, die Straßen nach getaner Arbeit zu säubern. Recht so, ADAC, diese Bauern haben ja sonst nichts zu tun.


Mittwoch, 4. November 2015

Karl Lagerfeld und der Herr Landrat während der PechaKucha Night auf dem Trajektkreisel - wie aufregend!

Es gibt Tage, da passiert rein gar nichts, da merke ich nur am Kalenderabreißblatt, dass er stattgefunden hat. Und dann wieder überstürzt es sich. Wie neulich mit dem Alexander und dem Marty. Was war das aufregend! Der Marty kommt am 21. Oktober 2015 in der Zukunft an, in seinem DeLorean. Und den Alexander hat die Vergangenheit eingeholt, also die Wahl. Der zog doch genau am selben Tag ins Stadthaus. Jetzt nicht mit Umzugskartons, nein, der ließ sich in seinem Dienstwagen, einem 5er BMW, chauffieren.

Für mich waren das einfach zu viele aufregende Tage, die da hinter mir liegen! Ein junger Mensch mag das eher wegstecken. Aber ich gehöre zu der Generation, die spontan Handlungsbedarf sieht, wenn ein Auto seinen Geist aufgibt. Ja, ich biete den Autofahrern immer noch Hilfe an, wenn ihre Autos an der roten Ampel neben mir Fahrradfahrerin plötzlich ausgehen - um dann, wenn die Ampel auf Grün springt, festzustellen, dass das so sein sollte, von wegen Benzin sparen. Wie komm ich drauf, also Aufregung ja, aber bitte wohl dosiert.
Erst einmal erfahre ich, dass mein "Schaufenster" 40 Jahre alt wird. Wahnsinn, dass ich das so hautnah noch erleben darf! Und alle gratulieren sie! Doch, das macht mich als Leserin schon auch ein Stück weit stolz, dass ich daran teilhabe. Allein schon die Grußworte der beiden sympathischen Herren auf Seite 2 - da hab ich schon das ein oder andere Tränchen vergossen. Kein Wunder, wie nett die aber auch immer ihre Worte wählen. Und wie nett zurecht die sich für das Foto gemacht haben. Vor allem der Herr Landrat - also so was von nettem Frisürchen.

Und dann blättere ich in meinem "Schaufenster" weiter und traue meinen Augen nicht. Also diese Zerstörungswut nimmt ja wirklich mittlerweile Ausmaße an. Was mag Menschen dazu bewegen und mit welch brutaler Gewalt muss da jemand - man macht sich keine Vorstellung! Sah ich doch auf einem Foto einen Haufen ursprünglich aufrecht stehender Eisenstäbe nunmehr vollkommen verbogen mitten auf der B9. Was habe ich mich da vielleicht aufgeregt! Was mag da wohl in den Köpfen vorgehen? In meinem "Schaufenster" erfuhr ich dann, was da in wessen Kopf vorgegangen ist. Dass das so soll, dass das ein Kunstwerk ist. "Arc '89 für den Trajektkreisel" lautete die Überschrift. 14 Bogensegmente mit dem Neigungswinkel 89 Grad stehen für das Jahr 1989, in dem die Mauer gefallen ist. Nun gut. Und wo ich schon dabei bin: Was hat denn wen geritten, also was haben sich wie viele Menschen eingeworfen, um sich die Bezeichnung Trajektkreisel einfallen zu lassen?

Übrigens, was Kunst betrifft scheine ich offensichtlich eine absolute Ignorantin zu sein. So sah ich letztes Jahr in meinem "Schaufenster" ein Foto vom Eingangsbereich des Juridicums an der Adenauerallee. Zum Tag des offenen Denkmals wurde da auf das Mosaik von Viktor Vasarely über dem Eingang hingewiesen. Seit Jahren fahre ich am Juridicum an der B9 vorbei, aber an Kunst habe ich in dem Zusammenhang noch nie gedacht. Wieder was dazu gelernt!

Da geht es mir mit dem Karl ganz anders. Vom Karl, dem Lagerfeld, war ich schon immer ein Fan. Und deshalb habe ich trotz aller Aufregung die Ausstellung "Karl Lagerfeld  Modemethode" in der Bundeskunsthalle nicht verpasst. Ein Traum! Was mir am Karl Lagerfeld auch gut gefällt, sind die Sätze, die er ab und an mal raushaut. Und da fällt mir ein, ich hätte da noch eine Frage fürs Leserbarometer meines "Schaufensters". Karl Lagerfeld sagt: "Wer in Jogginghose aus dem Haus geht, hat sein Leben nicht mehr im Griff." Stimmen Sie dem zu?
Apropos verpassen. Was ich wohl verpasst habe, ist die PechaKucha Night im Basecamp. PechaKucha, das sind Zusammenkünfte von Menschen, die etwas zu sagen haben - egal ob Informationen, Gelerntes, Wissenswertes oder Kurioses. Ich hätte da über so viel Wissenswertes erzählen können. Jetzt, wo der Trajektkreisel bei mir angekommen ist, hätte ich so gerne mal über die verschiedenen Kreisel gesprochen. Ich bin da nämlich so was von informiert durch mein "Schaufenster".


In etwa so hätte ich meinen Vortrag gehalten: Zunächst einmal, der Kreisverkehr erlebt eine gewisse Renaissance. Aber wenn wir von Kreisverkehr sprechen, meine lieben Zuhörer, welchen meinen wir denn da, bitteschön? Sprechen wir vom zweispurigen , meinen wir den kleinen Kreisverkehr oder unterhalten wir uns über den Minikreisverkehr? Der kleine Kreisverkehr wird nur einspurig befahren, hat einen Durchmesser von mindestens 26 Metern und eine fest eingefasste Kreisinsel. Nicht zu verwechseln mit den immer beliebter werdenden sogenannten Minikreisverkehren, die bevorzugt in kleineren Ortschaften gebaut werden. Deren Durchmesser liegt zwischen 13 und 22 Metern und die Kreisinseln dürfen von Bussen und Lkw überfahren werden. Ich wäre darauf eingegangen (soweit das in sechs Minuten 40 Sekunden möglich ist, denn nur so lange darf ein Vortrag dauern), dass unsere europäischen Nachbarn uns den Kreisverkehr vormachen. Dass Großbritannien führend mit seinen Roundabouts ist, aber auch in den Niederlanden und Schweden sehr viele Kreisverkehre gebaut werden. Hätte meiner Freude Ausdruck verliehen, dass Deutschland sich da jetzt auch wegen der niedrigeren Unfallzahlen auf den Weg macht, also hinterher im Kreis fährt. Und dass ich so was von froh bin, dass der Trajektkreisel (einfach ein schönes Wort) zweispurig ist, wegen der Skulptur. So in etwa hätte ich meinen kleinen Vortrag gestaltet. Aber die nächste PechaKucha Nacht kommt bestimmt und da bin ich dann aber so was von dabei. Und wenn die noch etwas Kurioses hören wollen, also quasi als Zugabe, rede ich noch ein bisschen über den Sechs-Pfoten-Lauf.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Ashok-Alexander Sridharan und Karl Lagerfeld, allenthalben Ärger - auch im Paradies!

Also, dass unser neuer Oberbürgermeister, der Herr Sridharan, sein Büro aus dem Alten Rathaus ins Stadthaus verlegen will, weil es ihm weniger ums Repräsentieren als um die Nähe zur Verwaltung geht - Hut ab! Das muss ihm wohl jeder glauben, dass es ihm nicht ums Äußere geht. Weil schön ist anders. Für mich ist das Stadthaus die immerwährend zugige, dunkle Passage zum Bürgeramt. Ich hab mich nie gefragt, was sich die Bauherren dabei gedacht haben, dass der Bürger immer durch diese unwirtliche Gasse gehen muss, wenn er ein Anliegen an die Verwaltung hat. Weil ich die Antwort kenne: nichts!

Neulich habe ich in meinem "Schaufenster" gelesen, dass es eine Führung unter dem Motto "Über den Dächern von Bonn" gibt. Da steigt man auf das Dach des Stadthauses (was man sonst nicht kann) und schaut sich Bonn von oben an. Ich meine, jetzt, wo unser Oberbürgermeister dort sein Büro hat, hab ich glatt überlegt, dem Stadthaus nochmal eine Chance zu geben und mal an dieser Führung teilzunehmen. Einen Vorteil hätte dieser Event ja. Ich sähe Bonn mal ohne Selbiges. Denn von seiner Höhe her ist es ja schon allenthalben präsent. Hab ich Spaß dran - an dem Wort allenthalben. Da geht es mir so wie einem Schreiber in meinem "Schaufenster". Der hat allenthalben gleich dreimal in zwei Artikeln benutzt.

Apropos aufs Dach steigen. Letztens konnte man sich hoch oben am Münster ein Bild davon machen, in welch sanierungsbedürftigem Zustand Selbiges ist. Dazu informieren aber auch Ausstellungstafeln am Münster-Gerüst. Dort erläutern Bilder und Texte die Bedeutung und den Zustand des Münsters sowie den aktuellen Stand der Sanierungsarbeiten. Ich hoffe nur, dass die nicht mehr Zeit damit verbringen, bei neuen Erkenntnissen die Tafeln auszutauschen, als tatsächlich dran zu arbeiten.

Wo ich gerade von Arbeit rede. Gut, eigene Kinder sind definitiv mehr Arbeit. Aber wenn du glaubst, so eine Patenschaft erledigt sich im Vorbeigehen - so ist es nicht! Ständig die aktuelle Konfektionsgröße parat haben, ellenlange Gespräche mit den Eltern über Sinn und Unsinn eines Geschenkes führen, zur Kommunion (angeblich soll im katholischen Rheinland auch so etwas wie Konfirmation gefeiert werden) des verhätschelten Patenkindes fliegen, auch wenn du gerade beruflich am anderen Ende der Welt zu tun hast - nichts im Vergleich dazu, die ganze Wohnung mit "Kunstwerken" des hochbegabten Kindes zugepflastert zu haben. Ich hab mir jetzt mal auf der Internetseite www.mein-bonner-muenster.de verschiedene Steine angeschaut. Jetzt nicht um Selbige gegen eventuelle Personen zu richten, nein, ich hab mir überlegt, Steinpatin zu werden. So ein Stein als Patenkind erscheint mir auf den ersten Blick recht wenig arbeitsintensiv. Gleichzeitig hätte ich das Thema Patenschaft dann auch mal abgehakt und würde mich obendrein ein Stück weit als besserer Mensch fühlen.

Wie komm ich jetzt bei besserer Mensch auf den Herrn Nimptsch? Ach ja, neulich waren mein Traummann und ich ins WCCB zum Tag der offenen Tür eingeladen. Und da hat uns auch unser noch amtierender Oberbürgermeister begrüßt und am Rednerpult über die Kosten für das WCCB gesprochen. Ich hatte jetzt keine Zeit, mir seinen ganzen Vortrag anzuhören, aber so wie er mit den Zahlen jonglierte, hatte ich das Gefühl, wäre ich bis zum Ende seines Vortrags geblieben, hätte der mir am Ende vorgerechnet, was für einen Gewinn wir Bonner bis jetzt schon mit dem WCCB eingefahren haben. Wir haben dann auch die Gelegenheit genutzt und sind unterirdisch in den ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestages gegangen. Welch wunderschönes architektonisches Werk von Menschenhand!
Andere wunderbare Schöpfungen von Menschenhand sind ja auch die sechs Elektro-Gelenkbusse. Mit ihnen beteiligt sich die SWB Bus und Bahn am durch die Europäische Union geförderten Demonstrationsprojekt ZeEUS (Zero Emission Urban Bus System), bei dem in Städten wie Stockholm, London, Paris (und eben Bonn) Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit und Einsatztauglichkeit von Elektrobussen gesammelt werden. In Augenhöhe mit Paris und London, ist das nicht wahnsinnig aufregend?

Apropos aufregend. Aufgeregt hab ich mich auch auf dem Dach der Bundeskunsthalle (ab jetzt nur noch hoch oben über der Stadt)! Da lagen allenthalben riesige bunte "Strohballen" aus Plastikstrohhalmen. Wunderschön anzuschauen. Und dabei hätte es meine Tochter auch besser belassen. Weil, die hat sich auf einen dieser Ballen gesetzt und schon war die Hose zerfetzt. Jetzt versteh ich auch den Titel der Ausstellung "Ärger im Paradies". 
Wo ich gerade von Paradies rede. Das war ja kürzlich nichts mit Adam und Eva zusammen im Paradies. Die hatten sie so was von getrennt: Die Adams trafen sich auf der Veranstaltung 10. Bonner Unternehmertage in der Bad Godesberger Redoute. In meinem "Schaufenster" war das Vortragsprogramm abgedruckt: sechs kluge Männerköpfe! Was auch Sinn machte, weil die Frauen zur gleichen Zeit auf dem 12. Gründerinnentag weilten, wo sie unternehmerisches Know-how vermittelt bekamen. Wir Frauen sind einfach noch nicht so weit.

Und sonst? Bin ich immer unterwegs. Kostet mich viel Zeit und Kraft, aber was tut man nicht alles für den Titel "Fahrradhauptstadt 2020"? Ich habe mir auf die Fahne geschrieben, dass Bonn als die Stadt der Pedal-Ritter (wer auch immer sich dieses Wort hat einfallen lassen!) weit über die Grenzen hinweg von sich reden macht, dass noch mehr Fahrradwege den Autoverkehr lahmlegen. Deshalb fahre ich seit Neuestem täglich stundenlang - sofern es meine Kondition zulässt - über die Kennedy-Brücke, hin und her, über die Induktions­schleifen um erfasst zu werden. Körperlich erschöpft schaffe ich es dann gerade noch mit Müh und Not, meiner Lieblingsbeschäftigung im Herbst nachzugehen: Kastanien sammeln.
Da fällt mir ein, ich hätte da fürs "Schaufenster" eine Frage fürs Leserbarometer: "Darf ein kinderloser Erwachsener Kastanien sammeln, um sie schlicht nur als Dekoration zu verwenden?" (also Karl Lagerfeld zum Beispiel)


Mittwoch, 30. September 2015

Rheinland Studie belegt: Fledermäuse in Gullys reagieren äußerst aggressiv auf Faxfiepen und Warteschlangen

Das wunderbare Taschenlampenkonzert auf der Wiese vor dem Poppelsdorfer Schloss mit der Band Rumpelstil - hab ich verpasst! Bonn Olé - hab ich verpasst. Was jetzt nicht ganz so tragisch ist, weil der Michael Wendler und der Mathias Reim das ebenso verpasst, also abgesagt haben. Und, ja, die 31. Internationalen Stummfilmtage, das Bonner Sommerkino im Arkadenhof der Universität, auch spurlos an mir vorüber gegangen, eher gelaufen, die Bilder. Was um so ärgerlicher ist, weil so viel geballte Internationalität in dieser Stille - besser gehts doch gar nicht! Wobei, ich bin mir sicher, dass dieser Event auch nächstes Jahr stattfindet. Da wird es mit Sicherheit keine einstweilige Verfügung wegen Lärmbelästigung geben. Da steht das Taschenlampenkonzert schon eher auf der Kippe.

Wobei, wenn ich dem Herrn Sridharan Glauben schenken darf, bleibt Bonn ja laut. Jedenfalls hat er das meiner Tochter per Kärtchen versprochen und sie gleichzeitig an die Wahl am 13. September erinnert. Mir hat er das ja nicht geschrieben. Wahrscheinlich dachte er, er vergrault mich Alte sonst. Dabei, ich finds ja auch gut. Was ich jetzt auch toll fand, der Herr Sridharan hat mir in meinen Briefkasten einen Flyer geschmissen. Also so was von eine nette Familie, kann ich nur sagen. Und da hat er Recht, auf den ersten Blick sieht man es ihm tatsächlich nicht an, dass er ne bönnsche Jung ist. Dabei ist er so was von einer! Und so was von sympathisch, wie er und seine Familie rüberkommen! Hat sich ja auch ausgezahlt, am 13. September! Was mich jetzt interessieren würde, also auf seinem Flyer steht eine Telefonnummer, unter der ich ihn erreichen kann. Da hab ich mich jetzt gefragt, wie lange ...

Weil, bei uns vor der Haustüre lief seit Wochen ein Gully ganz langsam ab. Und dann stand da irre lange das Regenwasser. Ich hab dann seit dem 1.September täglich mehrere Male beim Bürgeramt durchgeklingelt, weil immer besetzt war. Das war jetzt für mich nicht wirklich ärgerlich, weil ich ja sonst nichts zu tun habe. Aber die am anderen Ende der Leitung, die müssen dermaßen im Brass sein. Ich habs mir dann mit meinem "Schaufenster" so richtig gemütlich gemacht und immer mal wieder versucht. Abwechselnd auch mal die Kontakt-Telefonnummer vom Tiefbauamt gewählt. Was da jetzt blöde ist, anfangs klingelt es durch und du denkst schon, gleich hebt jemand ab. Und während du noch hoffst, hast du plötzlich dieses unangenehme Faxfiepen im Ohr!

Jedenfalls, ich war damit gut mehr als eine Woche beschäftigt. Was jetzt nicht schlimm war, wie gesagt, weil mit meinem "Schaufenster" bin ich ja so was von beschäftigt. Was ich auch gut finde, in meinem Alter, also die Verantwortlichen vom "Schaufenster", die haben letztens ein und denselben Artikel in der nächsten Ausgabe gleich nochmal abgedruckt. Und neulich stand ein Artikel gleich zweimal in derselben Ausgabe. Aber nicht einfach uninspiriert doppelt abgedruckt. Nein, die haben sich richtig viel Mühe bei dem Artikel "Ausbildung und Arbeit für Flüchtlinge" gemacht (hier eine klitzekleine Variante in der Überschrift, dort einige Sätze mehr, da ein Wort weggelassen). In der HÖR ZU sind hinten immer zwei Bilder abgedruckt, Original und Fälschung. Da hatte ich schon immer Spaß dran. Den hatte ich jetzt auch. Ich hab mich da richtig reingekniet, inwiefern die beiden Artikel sich unterschieden. Ich finde das gut. Weil erstens hält mich das so was von fit und zweitens könnte es ja tatsächlich einmal sein, dass ich eine Seite aus Versehen überblättere. Die wollen halt sichergehen, dass ich jeden Beitrag auf jeden Fall auch lese.
Apropos lesen. Während ich beim Bürgeramt immer mal wieder durchklingeln ließ, las ich unter Stellenangebote, dass Lesehelfer gesucht werden. Und weil ich nicht nur lesen sondern auch schreiben kann, hab ich mich da auch prompt beworben - beim Weingut Maibachfarm. Wundert mich, dass die so gar nichts von sich haben hören lassen.
Soll mir auch recht sein, dachte ich, und war kurz davor, mich als Probandin für die Pilotierungsphase der Rheinland Studie zu bewerben. Da untersuchen die, wie meine Lebensgewohnheiten die Entwicklung meines Gehirns und meine geistige Leistungsfähigkeit beeinflussen. Also ob ich, wenn ich Desperate Housewives schaue, die Bunte lese oder mir in meinem Regionalradio anhöre, was mir völlig unbekannte Menschen am Wochenende so vorhaben, ob ich dann verblöde. Außerdem sollte man über gute Deutschkenntnisse verfügen (was die beim Weingut offensichtlich nicht zu würdigen wissen). Ich war total motiviert, bis ich am Schluss der Anzeige las, dass die Untersuchungen kostenlos seien. Ich hab dann kurz nachgedacht und dann erst verstanden, dass die mir dafür gar kein Geld geben, sondern dass ich mich freuen soll, dass ich nichts bezahlen muss.

Irgendwann wird einem die Zeit aber doch lang, wenn du versuchst, beim Bürgeramt durchzukommen. Und irgendwann bist du stinksauer, dass der Gully keine Fledermaus ist. Weil, das muss man jetzt schon sagen, wenn ich jetzt wissen wollte, wie sich Fledermäuse bei Hausrenovierungen schützen lassen oder sich ein Haus fledermausfreundlich gestalten lässt, ich hätte sofort einen Ansprechpartner. Seit Mai sind die Fledermausexperten des NABU unter einer Fledermaushotline zu erreichen - und zwar auch am Wochenende und an Feiertagen! Ich war gerade dabei, mir für die eine Geschichte auszudenken, so in dem Sinne, dass mehrere Fledermäuse im besagten Gully festhingen, als ich am Bürgertelefon doch tatsächlich nach acht Tagen Fast Food und Duschabstinenz in eine Warteschlange geriet! Heutzutage Freude pur! Wenn ich bedenke, früher, als unser Telefon noch an der Schnur hing, habe ich mich immer geärgert, wenn ich in einer Warteschleife hing. Da habe ich vor einem Behördentelefonat erst einmal die Blase vollständig entleert und mir Stullen neben das Telefon gelegt. Heute ist das ja alles kein Problem mehr.

Nach acht Tagen und einer Warteschlange hatte ich es endlich geschafft: Eine ungemein freundliche Frau nahm mein Anliegen entgegen. Am selben Tag in meinem Outlook "Vielen Dank für Ihren Hinweis" und "Ihr Anliegen #5130 wurde bearbeitet" und "Ihr Hinweis #5130 wurde abschließend bearbeitet" - gleich drei Mails, damit ichs auch ja kapiere (wie die beim "Schaufenster", wenn die denselben Artikel gleich zweimal drucken). Und am nächsten Tag (!!) stand ein Fahrzeug vor der Tür und säuberte den Gully, also die Männer im Auto. Wahnsinn! Normalerweise hätte ich jetzt gedacht, dass ich recht zeitnah zu der freundlichen Dame durchkomme und dann einige Tage auf die Ausführung warte.
Was mich da eben jetzt interessieren würde ist, ob ich beim  Herrn Sridharan auch so lange durchklingeln muss, der dann aber prompt vor der Haustür steht.

Jetzt habe ich vor lauter Warteschleife, Faxfiepen und Fledermäusen ganz vergessen, den Herrn Ruhenstroth-Bauer zu erwähnen. Auch sehr sympathisch, wie er rüberkommt. Der hat ja dem Herrn Sridharan "eins" voraus - jetzt eher "einen". Der hat doch tatsächlich vier Söhne! Und wofür der sich ehrenamtlich engagiert - Hut ab! Was ich jetzt nur nicht verstehe, also was sich die Eltern von dem Herrn Rubenstroth-Bauer dabei gedacht haben, ihren Sohn mit Vornamen "Besser" zu nennen.

Sonntag, 27. September 2015

Einfach wirken lassen

Es ist Herbst, es wird kühler, die Tage kürzer - und ich freu mich! Ich habe schon bei meinem Lieblingsdiscounter zwei Hokaidos gekauft und sie ins Wohnzimmer neben das Sofa auf den Boden gelegt - als Dekoration, einfach so. Und ab jetzt habe ich immer einen kleinen Stoffbeutel dabei, auf meinem Fahrrad. Und wie ich mich freue, wenn ich an einem Kastanienbaum vorbeiradle und der Wind gerade die Kastanien vom Baum gefegt hat, für mich. Und wenn es die Zeit erlaubt, stelle ich mein Fahrrad ab und sammle Kastanien, für mich, um sie zuhause neben die Hokaidos zu legen - als Dekoration, einfach so.

Und neulich, im Hofgarten, als ich Kastanien sammle, fragt mich eine Frau, was ich denn mit den Kastanien vorhabe. Ich antworte, dass ich alleine schon das Sammeln liebe. Und die Kastanien in meinem Wohnzimmer auf dem Boden neben den zwei Hakaidos - so fühle sich für mich der Herbst an.
Darauf die Frau: "Was geht eigentlich in Menschen wie Ihnen vor? Da hinten sammeln Kinder Kastanien und Sie nehmen ihnen die weg."
Ich habe darauf nichts gesagt, bin auf mein Fahrrad gestiegen und habe seitdem keine Kastanien mehr gesammelt.


Donnerstag, 10. September 2015

Urlaub, ich habe fertig (Teil II)

Hatte ich das eigentlich schon erwähnt? Ich bin durch damit. Für mich persönlich vollkommen uninteressant. Urlaub hat für mich schon lange nichts mehr mit Entspannung zu tun. Geh mir weg mit Urlaub.

Apropos weg. Früher warst du einfach mal zwei Wochen weg, hast am Strand gedöst und vielleicht mal die eine oder andere Ansichtskarte geschrieben, dich bestenfalls vom Bauch auf den Rücken gedreht - oder eben anders herum. Das Erste, was mein Traummann und ich gemacht haben, wenn wir im Hotelzimmer ankamen, Badezeug geschnappt und ab an den Strand.
Heutzutage, das Erste, was mein Traummann macht: Er stellt seine Kamera auf Ortszeit um. Also man stelle sich vor, das Foto am Strand ist laut Kamera um 14:00 gemacht worden, dabei war es in Wirklichkeit schon 15:00 - geht gar nicht! Zweiter Punkt auf der To-do-Liste meines Liebsten: Passwort fürs Wlan - ganz wichtig! Weil, wie sonst könnten wir das Hotelzimmer verlassen, wenn wir nicht wüssten, wie das Wetter in den nächsten zwei Stunden wird. Früher bist du eventuell auf dem Weg vom Strand zum Hotelzimmer in den Regen gekommen - na und? Heute gehst du nicht vor die Tür, ohne die Glaskugel wetteronline.de zu befragen - und dann noch wetter.com und wetter-das-wünsche-ich-mir.de. So lange, bis du ein Wetter hast, das dir gefällt. Liest du bei allen von einer Regenwahrscheinlichkeit von 50 Prozent, ärgerst du dich, weil dich das jetzt auch nicht wirklich weiterbringt. Nimmst dann sicherheitshalber den Schirm mit und es regnet nicht. Oder du lässt ihn im Hotelzimmer und wirst nass. Gut, der Mensch hat ja Humor, ich auch, und überhaupt, wenn der Schatz das nun mal braucht für seinen perfekten Urlaub. Aber dieses Jahr hat er es einfach übertrieben. Während ich schon mit Bikini und Handtuch in der Hotelzimmertür stand, während meine biologische Uhr tickte, weil ab jetzt der Bikinizonen-Achsel-Bereich von Sekunde zu Sekunde wieder zuwucherte, musste mein Schatz noch unbedingt nur eben mal die Mails checken und die wichtigsten beantworten, wirklich nur die wichtigsten. Als wir dann Stunden später zum Strand kamen, war der Sand schon nachtfeucht und es war Ebbe.

Früher hatten wir ein 3er Pack "Fuji 200 Film" à 24 Bilder dabei - ging auch. Gut, man war schon drauf angewiesen, dass bei einem Gruppenfoto nicht ständig der eine oder andere blöd guckte. Das hast du aber erst zuhause gesehen, nachdem du die Fotos erjagt hattest. Will sagen, beim Drogeriemarkt die kleinen schwarzen Plastikdosen inklusive Film eingetütet, Abholabschnitt abgetrennt, Tage später wieder hin und dann dein Tütchen gesucht im Fach mit der Nummer auf deinem Abholzettel unter deinem Namen - oder in einem ganz anderen Fach, weil es falsch einsortiert war. Also heute ist das alles schon einfacher. Heute machst du einfach mal ein paar mehr Fotos, zur Sicherheit. Die kann man ja später wieder löschen. Klarer Vorteil. Aber so eine Marmorstatue bewegt sich ganz sicher nicht! Und trotzdem machst du von der viele, viele Fotos - mit der Digitalkamera, von der Statue - und zuhause bist du dann stundenlang damit beschäftigt, die schlechten Fotos zu löschen. Überlegst, wie viele von den unzähligen du letztendlich konservieren willst - und dann fällt dir auf, dass du gar nicht mehr weißt, wo du das Foto geschossen hast und wie denn nun die nackische Schönheit heißt. Was natürlich in dem Zusammenhang auch klar ist: Je mehr Fotos du von einer Statue machst, desto weniger Statuen siehst du in der Gesamtheit. Weil, du kommst ja nicht voran!

Aber insgesamt hat es schon etwas Entspannendes, die Digitalkamera. Vorausgesetzt, die lieben Kleinen haben nicht ohne Papis Wissen mal eben von ihrem Hotelzimmer und Klo und von allen Schubladen und Schränken gaaaanz viele Videos gemacht - oder die geliebte Traumfrau hat sie aus Versehen gemacht, die Videos. Weil sie einfach zu blöde ist, mit der Kamera umzugehen und sich ständig im Knopf vergreift.  Dann ist nämlich der Akku leer!
Und im Hotelzimmer stellt mein Traummann dann fest, dass das falsche Aufladegerät eingepackt wurde.
Von wem eigentlich nochmal?

Oder im Urlaub abends - früher. Da habe ich mich aufgebrezelt und dann sind mein Traummann und ich vors Hotel und einfach mal geschaut. Am ersten Abend flanierend nach rechts geschwenkt, am zweiten nach links - oder wieder nach rechts, wenn's da schön gewesen war. Heutzutage, ein absolutes No-Go. Mein Traummann betritt kein Pub, ohne sich vorher die Bewertungen angeschaut zu haben, wo es das kühlste Bier in der Nähe gibt. Wir essen in keiner Pizzeria, über die mein Schatz nicht mehrere gute Bewertungen von ihm vollkommen unbekannten Menschen im Internet gelesen hat. Mittlerweile bestellen wir auch die Pizza, die bei den Bewertungen am besten wegkommt. Was dann dazu führt, dass mein Traummann sich eine Thunfisch-Pizza bestellt und ihm erst, als der Ober selbige vor ihm platziert, auffällt, dass er Thunfisch absolut nicht mag.

Es lebe der Alltag! Ich freu mich so, dass selbiger mich wieder hat, weil das war keineswegs so, dass der zwei Tage nach der Rückkehr Einzug gehalten hat.
Erst der unendlich lange Briefwechsel mit der Fluggesellschaft, an dessen Ende sich herausstellte, dass wir nichts, aber auch keinen einzigen Cent für unseren ramponierten Koffer bekommen. Gefolgt von einer unerfreulichen Korrespondenz mit dem Reiseveranstalter hinsichtlich der einen oder anderen Differenz zwischen Katalog auf der einen und Realität auf der anderen Seite. Jeweils unterlegt mit unzähligen Fotos, die mein Traummann, wenn er nicht gerade bei wetter.de reinschaute, mit unserer Digitalkamera geschossen hatte. Früher hättest du gar nicht so viele Filme schleppen können, vom Gewicht her, wärest deshalb gar nicht auf die Idee gekommen, alles zu fotografieren. Was aufs Gleiche hinausgelaufen wäre: Mittlerweile sind sämtliche Fotos gelöscht, weil sie als Beweis einen Sch... getaugt haben.

Ich darf gar nicht daran denken, was ich hier derweil in meinem schönen Bonn verpasst habe!
Und ich meine "wen", wenn ich "was" sage: Shinichiro Watanabe, Shuhei Morita und Nobuhiro Watsuki - kann ich gerade noch weghecheln, dass ich die nicht getroffen habe. Aber Airi und Mashiro Ayano - ach wie schade! Wie gerne wäre ich zur Animagic 2015 gegangen, hätte die Anime-Regisseure live gesehen und die J-Pop-Sängerinnen dito gehört. Hätte mich in mein Dunkelwalküren-Daina-Kostüm geschmissen (weil Sailor Moon war ich jetzt wirklich schon einige Jahre). Ja, so ist das bei mir, keine Jahreszeit ohne Verkleidung: im Frühling der Karneval, im Sommer Animagic, im Herbst das Dirndl auf dem Oktoberfest und im Winter ich als Baum beim Krippenspiel.
Gott sei Dank war ich aber rechtzeitig zum letzten Augustwochenende wieder aus dem Urlaub zurück! Ja, wenigstens dieses Highlight in meiner Nähe konnte ich wahrnehmen! Und was ich jetzt wirklich toll fand, den gab's auch tatsächlich, den Gebrannten in Graurheindorf. Weil jetzt nach dem Erlebnis mit der Aalnacht ohne Aal in Hersel.