Was dem Guildo die orthopädischen sind mir die thromboseprophylaktischen,
die Strümpfe.
Bin ich froh, dass ich wieder in Bonn bin.
Für mich persönlich ist das Thema Urlaub durch. Ich habe
fertig mit Urlaub. Brauch ich nicht mehr! Urlaub, für mich persönlich
uninteressant!
Früher bot mir mein Lieblingsdiscounter vor dem Urlaub eine
große Flasche Sonnenmilch an. Hab ich gekauft. Später gab's dann auch noch eine
Flasche "After Sun". Hab ich auch gekauft. Mit dem Einkaufswagen dran
vorbei und reingeschmissen. Dieses Jahr habe ich Stunden bei meinem
Lieblingsdiscounter verbracht (dafür extra Überstunden genommen) und mich durch
die Sommer-Sonnen-Kollektion gefräst, war total überfordert. Wusste nicht, ob
ich "Kokos Sonnenspray" statt "Light Touch Sonnenlotion"
nehmen soll. Schwankte zwischen "Ultra Sensitiv Sonnencreme" und "Sonnenmilch
mit Schimmer".
Früher sind mein Traummann und ich ins Flugzeug gestiegen,
haben uns darüber gefreut, dass es endlich losging, haben während des Flugs
geschlafen, gedöst oder nicht - egal! Schon vor einigen Jahren fing es dann mit
einem kleinen Nackenhörnchen für den Flug an. Dieses Jahr musste es für meinen
Traummann unbedingt ein "Nackenhörnchen 2 in 1" sein, das sich im
Handumdrehen vom Kopfkissen zum Nackenhörnchen verwandeln lässt. Und Ohrstöpsel
"Travel" mussten her, gegen Ohrendruck beim Fliegen. Früher gab's
einen Kaugummi - ging auch. Aber, ich bin ehrlich, es war ja nicht nur mein
Schatz. Nein, auch ich habe mich anstecken lassen. Mich so lange von
Freundinnen blöd machen lassen - und Thrombosestrumpfhosen gekauft.
Und dann kam der Flug! Objektiv nur knappe zwei Stunden
Flugzeit, subjektiv von mir empfunden mindestens dreizehn (die Thrombosestrümpfe
waren von daher schon angebracht, weil zumindest gefühlt der Flug ja recht lang
war). Da habe ich schon Stund um Stund bei meinem Lieblingsdiscounter zugebracht,
habe seit Monaten immer mindestens ein Teil für den ach so anstrengenden Flug
im Einkaufswagen, bin bis unter die Zähne beim Einsteigen ins Flugzeug mit
Boardcase und Co. bewaffnet und dann passiert mir das! Ich kann keinem erzählen,
wie peinlich mir das war. Ich musste ziemlich früh auf die Toilette. Bin
gegangen, wie immer, Toilette abgespült, wie immer, Hände gewaschen, wie immer.
Anschließend wieder auf meinen Platz gesetzt, wie immer - und einfach NICHTS
gemacht! Und ALLE haben es gesehen! Wenn ich mir den Flug wieder in Erinnerung
rufe, zum In-den-Boden-Sinken. Am liebsten wäre ich ausgestiegen.
Normalerweise, wenn ich mich daneben benommen habe, kann ich mich ja wenigstens
retirieren. Im Flugzeug geht das nicht! Und das Elend nahm seinen Lauf.
Einige Zeit später suchte die Frau schräg vor mir die
Toilette auf. Als sie zurück kam, holte sie aus der Gepäckablage ihren
Beautycase, entnahm selbigem eine Packung Hygienetücher und desinfizierte
sorgsam ihre Finger. Wenig später beobachtete ich eine ältere Dame, die nach
dem Klogang ihre Hände mit einem Hygienespray entkeimte. Gott, war mir das hochnotpeinlich.
Immer tiefer rutschte ich in meinem Sessel. Dabei hatten es ja alle bereits gesehen,
als ich vom Klo kam: Ich Wutz hatte es nur beim Händewaschen über dem
Waschbecken belassen!
Ich versuchte mich abzulenken, mich weiter auf meinen
Spielfilm zu konzentrieren - aber so was von ohne Erfolg! Und das lag jetzt
nicht nur daran, dass ich mittlerweile vor Scham fast auf dem Boden kauerte und
somit nicht wirklich auf den Bildschirm schauen konnte. Auch nicht etwa
deshalb, weil ich das Kommen und Gehen meiner Mitpassagiere doch aus dem
Augenwinkel verfolgte. Nein, es lag am Alter, an meinem. Früher haben alle
Flugzeuginsassen denselben Spielfilm geguckt - und alle an derselben Stelle geseufzt
oder gelacht. Neuerdings sitzt mein Nachbar vor einem anderen Film als ich. Und
schräg vor mir auf der anderen Seite des Gangs läuft ein ... Was rede ich, jeder
sitzt vor einem anderen Film. Auf dem Monitor meines Nachbarn reiht sich eine
Action-Szene an die andere, während es bei mir gerade ganz romantisch um den
ersten Kuss geht. Und schräg vor mir wird eine Komödie geschaut, die den
Zuschauer zu Lachsalven anregt, derweil bei mir gerade am Grab getrauert wird. Ich
kann mich da nicht konzentrieren!
Und überhaupt, was soll ich sagen, mittlerweile waren alle
Passagiere, die ich irgendwie beobachten konnte, ohne dass es allzu sehr
auffiel, auf dem Klo gewesen und hatten anschließend für alle sichtbar
Entseuchungszeremonien zelebriert. Meine ganze Hoffnung ruhte nun auf einem
Mann, der glücklicherweise ein ganz klein wenig ungepflegt wirkte - wie mir
schien. Der würde doch wohl nicht nach dem Klogang eine Dekontaminationsorgie
veranstalten! Hat er nicht, nur eine Dekontaminationsorgie veranstaltet. Hat
die einzelnen Finger nicht nur zuerst mit einem Hygienetuch abgewischt, dann
die Hände mit einem Hygiene Handgel eingerieben und zuletzt mit einem Hygienespray
behandelt! Nein, der hat danach seine Hände mit einer pflegenden Handcreme, mit
einer Intensivpflege aus hochwertigem Traubenextrakt, eingerieben - um einer
ansonsten unumgänglichen Austrocknung selbiger vorzubeugen.
Bin ich froh, dass dieser Albtraum hinter mir liegt. Ich bin
es ja aber auch selbst schuld. Wäre ich doch einfach zuhause geblieben - in
meinem schönen Bonn! Wenn ich bedenke, dass justament zur selben Zeit, in der
sich die Menschen um mich herum im Flieger ganzkörpermäßig mit alkoholischen
Feuchttüchern desinfiziert haben, ich in der Rheinaue selbigen, den Alkohol
nämlich, in Form von über 700 Biersorten hätte genießen können! Über 700
Biersorten! Hätte beim Genuss des kühlen Gerstensaftes dem Guildo lauschen
können. Der mit seinen Strümpfen und ich OHNE!
Aber ich will mich nicht beklagen. Gott sei Dank war ich
wieder aus dem Urlaub zurück, als in ...
Weil, da bin ich ehrlich. Seit Jahren fahre ich im Sommer an
dem großen Plakat an der Kölnstraße vorbei und nehme es mir immer wieder vor.
Und jedes Jahr ärgere ich mich, dass ich es wieder nicht wahr gemacht habe,
dass ich es wieder verpasst habe. Bin ich froh, dass ich es dieses Jahr
geschafft habe! Ja, ich war in Hersel, zur Aalnacht in Hersel. Ich muss mich
also nie mehr ärgern, dass ich etwas verpasst habe. Nur den Aal, den habe ich
verpasst, obwohl ich da war.