Ich komm deshalb drauf, weil mein SCHAUFENSTER sich ja schon
recht viele Gedanken über meine Gesundheit macht. Seitdem ich im Stadthaus war,
hab ich so was von Nacken und hohen Blutdruck. Früher bin ich ins Stadthaus,
hab eine Nummer gezogen, mich in den Wartebereich gesetzt, habe die Nummer auf
der Anzeige mit meiner verglichen und wusste, wie viele Menschen vor mir dran waren.
Beispiel: Ich hatte die Nummer 104 und die Tafel zeigte 87, dann galt das Pling-Pling sechzehn Mal nicht mir. Ich konnte also
völlig tiefenentspannt erst einmal in meiner Bunten lesen, bevor ich anfing,
mich auf die Anzeigetafel zu konzentrieren.
Hallo, und neuerdings? Neuerdings vereinbart frau einen
Termin per Mail. Mein Termin wurde per Mail bestätigt und ich wurde sogar noch
an selbigen erinnert. Im Dienstleistungszentrum angekommen stellte ich fest,
Mauern und hohe Abgrenzungen sind tatsächlich wieder hochmodern: Warum muss der
Wartebereich mit hohen Stellwänden abgeteilt sein, über die ich nicht schauen
kann? Viele Menschen im Wartebereich und ich setzte mich auf den freien Stuhl
direkt am Eingangsbereich. Und schon nach wenigen Sekunden wurde mir klar,
warum der frei gewesen war. Wer ist denn auch so blöde und setzt sich dorthin,
wo er sich bei jedem Pling-Pling dermaßen den Nacken verrenken muss? Ich. Was
nämlich das Blöde ist, die Nummern werden nicht mehr der Reihenfolge nach
angezeigt. Nach Nummer 5106 kommt heute nicht mehr automatisch 5107! Nein, da kann
jetzt 2509 oder ...! Ich musste also bei jedem Pling-Pling zur Anzeigetafel schräg
hochschauen! Ich sage nur Nackenstarre und Puls bis Halskrause. Und das trotz
Termin 20 Minuten lang. Aber Hauptsache, die hatten mich an meinen Termin erinnert.
Ich komm wegen der Schaufensterkrankheit drauf. Nicht etwa
meine SCHAUFENSTER-Lesesucht. Nein, als ich da so im Dienstleistungszentrum wartete,
entsann ich mich des Artikels über die "Schaufensterkrankheit" in
meinem SCHAUFENSTER "Medizin im Zentrum, die Gesundheits-Serie in Zusammenarbeit
mit dem Gemeinschaftskrankenhaus Bonn": Unterstützung für Gefäße, von der
Halsschlagader bis zur Fußarterie. Da wurde der Dr. Jürgen Remig gefragt, ob
Erkrankungen an den Gefäßen denn immer mit Schmerzen verbunden seien. Und
darauf hat der geantwortet: "Nein! Gerade das Bauchaortenaneurysma, also
eine Erweiterung der Bauchschlagader, verursacht keine Schmerzen. Das ist
besonders heimtückisch, weil ein unbehandeltes Aneurysma lebensgefährlich ist.
Die Bauchaorta liegt tief im Bauchraum und führt sehr viel Blut. In den
Aussackungen sammelt sich ein Blutpfropf, der immer weiter wächst. Unentdeckt
reißt das Gefäß irgendwann und der Mensch verblutet innerlich in kürzester
Zeit." Und vorher hatte der Dr. Remig
gesagt, Risikofaktoren für Gefäßkrankheiten seien Bluthochdruck und
mangelnde Bewegung. Man denkt erst dran, wenn man's liest - das mit der
Bauchaorta. Aber dann weiß man's ja. Und wie ich da so im Wartebereich,
abgetrennt hinter hohen Stellwänden, Nackenbereich total verkrampft, Blutdruck auf
160 - die Angst sitzt halt tief .
Es wäre auf eine Panikattacke hinausgelaufen, hätte ich
nicht in meinem SCHAUFENSTER den Artikel
"Keine Panik! Uni-Medizin für Sie" gelesen. Das Gefühl der Angst
sichere evolutionsgeschichtlich gesehen das Überleben. Doch was, wenn es uns
nicht nur schütze, sondern regelrecht zur Belastung werde? Aus diesem Grund lud
das Universitätsklinikum Bonn zum Informationsabend "Keine Panik! -
Angsterkrankungen mit Psychotherapie bewältigen" ein. Wobei ich mir jetzt
dann doch mal gedacht habe, hätte ich in meinem SCHAUFENSTER nicht den Artikel
über die Bauchaorta gelesen, hätte ich die Information über das
Panik-Patienten-Kolloquium erst gar nicht gebraucht!
Wo ich gerade beim Thema Gesundheit bin. Neulich las es sich
in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: "Krebs aktiv vorbeugen" lautet
das Motto, unter dem Experten des Centrums für Integriete Onkologie (CIO) und
der Deutschen Krebshilfe beraten. Jährlich erkranken in Deutschland rund
500.000 Menschen neu an Krebs. Doch warum entsteht Krebs? Welche Faktoren
senken das Risiko, welche erhöhen es? Wissenschaftler schätzen, dass etwa die
Hälfte aller Krebsfälle durch einen gesünderen Lebensstil verhindert werden
könnte." Mir scheint das Motto "Krebs
aktiv vorbeugen" gefährlich gewählt. Impliziert es doch fatalerweise, dass
ich demnächst, wenn ich die Diagnose Krebs erhalte, überlege, ob ich eventuell zu
wenig Petersilie gegessen habe. Ob ich ein wenig zu passiv im Vorbeugen war.
Wobei, wenn ich es mir recht überlege, bin ich ja was aktives Vorbeugen angeht
so was von am Start. Ich sage nur Grünkohl! Da hatte mir ja mein SCHAUFENSTER
schon vor Wochen zu geraten - wegen der Folsäure und der Antioxidantien. Doch,
es ist schon ein ungemein gutes Gefühl, auf der sicheren Seite zu sein. Zu
wissen, dass man keinen Krebs bekommt.