Mittwoch, 1. August 2018

Nicht ohne Termin!


Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Online-Angebot der Verwaltung wächst, städtische Dienstleistungen online erledigen. Die Stadtverwaltung macht darauf aufmerksam, dass verschiedene städtische Dienstleistungen aus den Bereichen Meldeangelegenheiten, Führerscheine und Kfz-Zulassung online erledigt werden können. Es handelt sich um Dienstleistungen, bei denen keine Unterschrift benötigt wird. Hierfür stehen Online-Formulare bereit, die am Bildschirm ausgefüllt und auf elektronischem Wege an die Behörden übermittelt werden. Darunter fallen etwa die Anforderung von Führerschein-Karteikartenabschriften, die Beantragung einer einfachen Melderegisterauskunft und einer einfachen Meldebescheinigung sowie der Antrag eines Untersuchungsberechtigungsscheins. Mit der Authentifizierung über den neuen Personalausweis können sogar Dienstleistungen, für die die Behörden eine Unterschrift benötigen, auf elektronischem Wege online erledigt werden. Das ist mit Hilfe eines Kartenlesers oder mit einem NFC-fähigen Smartphone und der Ausweis-App des Bundes möglich. Zum Schluss hieß es dann aber auch, dass alle Formulare wie gewohnt ausgefüllt, ausgedruckt und unterschrieben per Post an die Stadtverwaltung geschickt werden können.    

Abgesehen davon, dass ich die Mehrzahl der Nomen in diesem Artikel nicht verstehe, fiel mir auf, dass ich in letzter Zeit häufiger mal etwas über die Dienststellen der Bürgerdienste gelesen habe. Da las es sich zum Beispiel einmal unter den Lettern "Nicht ohne Termin": Die Stadtverwaltung weist darauf hin, dass für die Ferien im Dienstleistungszentrum bereits im Vorfeld alle verfügbaren Termine vergeben wurden. Sie bittet deshalb die Bürger, wenn möglich von einem Besuch ohne Termin abzusehen. Zudem sei bei der Abholung von Ausweisdokumenten aufgrund des hohen Besucherandrangs mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Ich frag mich da jetzt schon, was eigentlich die Kernkompetenz des DIENSTLEISTUNGSzentrums ist. Ist es nicht genau diese Kompetenz, Dienst zu leisten, und zwar für den Bürger? Und das vielleicht gerade in den Schulferien? Es ist für mich absolut in Ordnung, von langer Hand Flüge zu buchen oder möglichst früh ein Ticket für das Helene Fischer-Konzert zu ergattern. Nachts unter freiem Himmel im Schlafsack in Eitorf vor dem Weco-Werksgelände im Dezember zu übernachten, um morgens als eine der ersten eine Überraschungskiste mit Böllern zu ergattern - kein Thema. Aber weit im Voraus planen zu müssen, damit ich in den Ferien einen Termin im Dienstleistungszentrum ergattere: ein absolutes No-Go! Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Hieß es nämlich in einer anderen Meldung in meinem SCHAUFENSTER: Wegen einer internen Veranstaltung bleiben alle Dienststellen der Bürgerdienste am Mittwoch ganztägig geschlossen. Wenn mir das bei der Bank meines Vertrauens stinkt, dass ich da vor verschlossenen Türen stehe, weil die wer weiß nicht was intern treiben, kann ich die Bank wechseln. Und wenn die von Karstadt oder Kaufhof mir vor der Nase die Tür zuschließen, kein Problem, geh ich eben zur Konkurrenz. Aber ein Bürgeramt muss von montags bis freitags IMMER geöffnet haben und kann wegen meiner ZUSÄTZLICH so was von Online-Dienste anbieten.
 
Auf der anderen Seite musst du als Behörde natürlich am Personal sparen ohne Ende. Weil, neulich las es sich unter der Überschrift "Handscanner-Kontrollen": Die Bundesstadt Bonn setzt eine Maßnahme des erweiterten Sicherheitskonzepts um. Nachdem vor einigen Wochen die Information im Stadthaus eine Verglasung erhalten hat, wird die Stadtverwaltung zunächst für die Dauer von drei Monaten Handscanner zur Eingangskontrolle einsetzen. Darüber hinaus dürfen ab diesem Zeitpunkt nur noch Koffer, Taschen und Rucksäcke mit ins Gebäude genommen werden, wenn diese zunächst am Eingang auf freiwilliger Basis kontrolliert werden. Klar, dass der Terrorist freiwillig seinen Rucksack kontrollieren lässt. Ich versteh das schon, das mit der Sicherheit. Und wenn man das jetzt mal für die Zukunft weiter hochrechnet, die Ausgaben für, ich denke mir mal am besten doch gleich, Nacktscanner, dann das zusätzliche Sicherheitspersonal, da bleibt am Ende tatsächlich gar kein Geld mehr übrig für das Personal, was da die eigentlichen Dienstleistungen für den Bürger erbringen soll.
Mein Vorschlag (nur schade um die schon bereits getätigten Ausgaben für die Verglasung der Information): die ohnehin hässliche Passage zum Bürgeramt zumauern, ach, was sag ich, das hässliche Stadthaus abreißen, am liebsten sprengen. Dann kommen wir Bonner wenigstens wieder ins Fernsehen wie beim Reuterhaus. Oder steht das Stadthaus etwa, und ich weiß es nur nicht, unter Denkmalschutz wie das Frankenbad, wo ich auch nie drauf gekommen wäre? Also, mein Vorschlag, der Bürger muss ab jetzt nicht mehr durch diese windige, dunkle Passage, und alles nur noch online mit städtischem Personal, das im Homeoffice arbeitet.

Apropos hässliche Passage. Die Welckerpassage ist ja den zwei  Lesern meines Blogs so was von ein Begriff. Dieser Durchgang zwischen Konferenzzentrum, Marriott Hotel und GOP Varieté Theater. Ich komm deshalb drauf, weil die neulich Tag der offenen Tür hatten und ich da natürlich hin bin. Was für ein Anblick! Wir erinnern uns an die baulichen Maßnahmen, die die Stadt Bonn mit optischen Aspekten begründet hatte? Weil der UN Campus mit seinen jährlich vielen Tausend Tagungsgästen, Spaziergängern und Touristen ein städtebaulich exponierter Bereich sei, der erhöhte architektonische Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild dieses Ortes stelle. Deshalb das feinmaschige Stahlnetz, deshalb die 2.640 LED-Dots. Und vor allem aber auch deshalb die Raum-Ton-Installation der Stadtklangkünstlerin Maria Urstad! Und jetzt bin ich da am Tag der offenen Tür und denk, ich seh' nicht richtig. Da haben die doch die Passage weit mehr als die Hälfte für die Öffentlichkeit mit einem hohen Metallgitterzaun  zur Sicherheit der Tagungsgäste abgesperrt. Und das soll - und das sieht man auch - ein Dauerzustand bleiben. Okay, safety first, das kann man so machen, aber es sieht halt kacke aus - von wegen optische Aspekte.