Montag, 29. Dezember 2025

Überall nur Freude


Jetzt so zum Jahresende gab und gibt es ja doch mal den ein oder anderen Anlass, wo ich mich ein wenig chic machen könnte. Was mir allerdings, ich gebe es unumwunden zu, recht schwer fällt. Was ja aber auch kein Wunder ist zu dieser Jahreszeit: Da weißt du um 15:00 Uhr nicht, ob du deinen Schlafanzug noch oder schon wieder anhast. Also eigentlich vom Wohlfühlgefühl her könnte ich praktischerweise in meiner snuseligen, labbeligen Jogginghose bleiben. Weil, hallo, wenn du im Restaurant am Tisch sitzt, sieht eh keiner, was du untenrum trägst. Deshalb einfach ein Protzkette angelegt, und schon passt’s. Steht natürlich nicht zur Diskussion. Du weißt, der Karl, der Lagerfeld und ich, so was von close: „Wer mit Jogginghose aus dem Haus geht, hat sein Leben nicht im Griff.“ Und ich gebe ihm da so was von Recht: Du hast ein Bild vor Augen? Genau, ein junger Mann, der vor dir geht und eine Jogginghose trägt, bei deren Anblick dir folgende Fragen durch den Kopf schießen: Wird diese Hose 24/7 getragen? Wann wurde sie zuletzt gewaschen? Wurde sie überhaupt schon mal gewaschen? Okay, und was ist das krasseste Gegenteil zur labbeligen Jogginghose? Genau, die junge Frau, die eine knatschenge Leggings trägt. Diese Leggings, die den Po besonders betonen. Ich mach dir mal Internet: Man nennt sie „Butt Scrunch Leggings“. Ihr Merkmal: Hinten mittig verläuft eine geraffte Naht („scrunch“), die den Stoff zwischen die Gesäßhälften zieht und so einen push-up-artigen Effekt erzeugt. Ich versuche natürlich, mich irgendwo zwischen Jogginghose und Leggings zu bewegen.

Heiligabend zum Beispiel, immer wieder dasselbe Thema. Natürlich ziehe ich mich zum Nachmittag hin chic an. Auch zur Bescherung geht es bei uns noch feierlich zu. Klar, es wird ja auch das ein oder andere Foto gemacht, und da will ich ja nicht unbedingt in Jogginghose abgelichtet werden. Aber, Leute, muss ich mir dann beim Raclette-Essen das festliche Kleid einstinken? Ein Kleid, das man nicht eben mal bei 30 Grad waschen kann, sondern per Hand oder Reinigung oder. Ganz davon abgesehen, dass ich beim Raclette-Essen im Verlauf des Abends dermaßen das Schwitzen anfange!

Worüber ich mich erstmalig so was von gefreut habe, obwohl alles so war wie immer. Kennst du doch aber auch. Da kommt dir viele, viele Jahre alles ganz selbstverständlich vor. Da denkst du, na ja, auch schon tausendmal gesehen und vergisst dabei, dich zu freuen, dass eben alles wieder genau so stattfindet wie gehabt. Ich sag nur Corona. Was ich jetzt aber meine, worüber ich mich so was von gefreut habe. Weil, du erinnerst dich, ich muss ja nicht jedes Mal wieder bei Null anfangen. Dieses Jahr hat mich ja das Projekt „Die SB-Kasse und ich“ so was von gefordert, so was von in Atem gehalten. Ich habe dir schon vieles darüber erzählt. Was aber noch dazu kommt. Seitdem es diese SB-Kassen bei meinen beiden Lieblingsdiscountern gibt, überlege ich nun jedes Mal, ob ich an die Menschenkasse gehe, damit ich als Kundin für den Erhalt einer solchen Kasse demonstriere. Und, ja, auch gleichzeitig mal wieder Augenkontakt zur netten Kassiererin habe. Auf der anderen Seite aber immer unterschwellig die Angst, aus meiner sehr, sehr fragilen Routine herauszukommen, wenn ich eine Übungssequenz an der SB-Kasse nicht wahrnehme. Du siehst diesen Zwiespalt? Du ahnst meine Zerrissenheit?

Und deswegen meine eben erwähnte Freude. Da gibt es kein Entweder-oder. Alles oldschool. Du ahnst es schon! Genau, ich spreche vom Weihnachtsmarkt. Wie oft ich dieses Jahr auf Selbigem war! Da muss ich mich nicht entscheiden! Klar muss ich mich entscheiden, ob ich etwas Gefilztes erwerben möchte. Oder vielleicht im hohen Alter doch ein Frühstücksbrettchen mit meinem eingravierten Vornamen. Ich habe sogar ernsthaft darüber nachgedacht, ein Bäumchen zu erwerben. Ich war so was von in Euphorie, dass ich doch tatsächlich fast ein Edelsteinbäumchen käuflich erworben hätte! Du kennst diese Bäumchen und magst sie? Dann sag ich jetzt lieber nichts dazu. Gott sei Dank hatten die am Stand so viel Auswahl, dass ich mich mit meiner fehlenden Entscheidungskompetenz nicht zwischen einem Feng-Shui-Bäumchen, einem Rosenquarz-Bäumchen und einem Amethyst-Bäumchen entscheiden konnte. Erschwerend kam auch noch dazu, dass ich eine wage Vorstellung davon hatte, dass mein Göttergatte mir mit solch einem Mitbringsel den Eintritt in unsere gemeinsame Behausung verwehren würde. Was ich aber eben auf dem Weihnachtsmarkt nicht entscheiden musste, ich musste mir gar keinen Kopf machen, ob ich mich mental in der Lage sehe, ob ich Lust habe, das Projekt „SB-Kasse“ zu wuppen oder nicht. Da gibt es nämlich keine SB-Kassen! Die freuen sich sogar über Bargeld!

Worüber ich mich auch so was von gefreut habe und immer noch freue. Eigentlich muss es heißen, für wen ich mich so gefreut habe. Das sind die Kessler- Zwillinge. Dass die beiden Schwestern doch tatsächlich gleichzeitig gestorben sind. So schöne Zufälle gibt es!

Und wenn du dich auch mal freuen möchtest, musst du dir unbedingt die Serie Frierundfünfzig anschauen. Was war das damals schmerzlich für mich, als die Serie „Dani Lowinski“ mit Annette Frier als Anwältin, die ihre Sprechstunde im Untergeschoss einer Einkaufsmall abhielt, eingestampft wurde.

So, und zum Schluss für uns alle ein Grund für geballte Hochfreude. Wir müssen wirklich keine Angst haben, dass Putin uns angreift bzw. dass wir nicht verteidigungsfähig sind. Denn so stand es in meinem SCHAUFENSTER zu lesen: Ein schlecht gesicherter Baum kann bei einer Vollbremsung zum gefährlichen Geschoss werden. Ein 30-Kilo-Baum wird bei einer Vollbremsung von 50 km/h schnell zu einem 750-Kilo-Geschoss. Ich bin bereit!