Mittwoch, 5. Juni 2024

Grün: Zeitverlängerung oder Stuhl?


Am Ende meines letzten Beitrags stand ich ja am Akademischen Kunstmuseum – per Foto. Du erinnerst dich an den Absperrzaun im Hofgarten? Quasi neben der Adenauerallee? Und da fiel mir in dem Zusammenhang ein Artikel in meinem SCHAUFENSTER ein, mit der Überschrift „Immer wieder Staus – Stadt nimmt nach Kritik erste Optimierungen vor“. Hauptsächlich geht es da um eine verbesserte Ampelschaltung zugunsten der Adenauerallee: Maßgeblich für die Länge der Grünzeit ist an dieser Stelle nicht der Kfz-Verkehr, sondern die Zeit, die Fußgänger und mobilitätseingeschränkte Personen benötigen, um die Straße sicher zu überqueren. Im Fall der Kreuzung Weberstraße/Zweite Fährgasse hat die Prüfung Spielraum ergeben, sodass die bei den Querstraßen eingesparte Grünzeit dem Verkehr auf der Adenauerallee zugeschlagen werden konnte. Die Grünzeit für die kreuzenden Straßen wurde folglich reduziert (klar, was du dem einen gibst, musst du dem anderen nehmen). Mit dieser Optimierung erhält die Adenauerallee tagsüber bis zu 17 Sekunden (holla, die Waldfee!) länger Grün, nachts ab 20:30 Uhr liegt die Grünzeitverlängerung bei 11 Sekunden, jeweils pro Umlauf. Damit können im Schnitt etwa acht Fahrzeuge mehr pro Grünphase die Kreuzung passieren. Interessant, nicht wahr?

Und wo ich jetzt gerade wieder bei der Adenauerallee bin. Was ist eigentlich aus dem Projekt „Bonn und Berlin verbinden“ geworden? Ist das quasi so gedacht, dass die Autofahrer auf Dauer mürbe gemacht werden, und dann „freiwillig“ die Adenauerallee ganz meiden? Ist das der Beginn der Umsetzung des Projekts „Radweg Deutsche Einheit“? Denn so hieß es doch in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern „Bonn und Berlin verbinden“: In den Haushaltsberatungen hat der Deutsche Bundestag Fördermittel für den „Radweg Deutsche Einheit“ beschlossen. Zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit fördert der Bund einen ländergrenzenüberschreitenden (holla, die Waldfee! Was für ein herrliches Partizip Präsens Aktiv!), einen ländergrenzenüberschreitenden Fahrradweg, um Bonn und Berlin miteinander zu verbinden.  

Eigentlich wollte ich aber noch beim Thema Kunst bleiben. Ich komm deshalb drauf, weil es neulich auch mal auf der Kölnstraße in meinem Bonner Norden auf dem Grünstreifen zwischen Fahrbahn und Fahrradweg recht künstlerisch zugegangen ist. Und weil ich vorher von einer Ausstellung mit dem Titel „Kunst in Umbruchzeiten“ im Kunstmuseum gelesen hatte. Ich mein, es ist ja heutzutage alles im Umbruch. Im Sport zum Beispiel. Wenn dir heute jemand sagt, dass er Fußball gespielt hat, weißt du nicht, ob er sich tatsächlich physikalisch aufgemacht und seine Wohnung verlassen hat. Draußen auf einem Fußballplatz war, oder ob er ein Onlinespiel gespielt hat. Oder anderes Beispiel. Dart. Zu meiner Zeit, wenn du da von jemandem gehört hast, der seine Freizeit in der Kneipe mit Dartspielen verbringt. War klar, der hat sein Leben nicht im Griff, Alkoholiker, vereinsamt, wahrscheinlich eher dick und vor allem kalkweiß. Du verstehst, von wegen fehlendes Sonnenlicht. Ein passionierter Dartspieler wäre jedenfalls nicht auf Anhieb meine erste Wahl für ein Date gewesen. Und heute? Heute ist es ein anerkannter Sport, es gibt sämtliche Meisterschaften, die du dir denken kannst. Gut, ja, an dem Figürchen von dem Gabriel Clemens, wie soll ich mich ausdrücken, kann man vielleicht noch ein wenig. Aber dass der sein Leben nicht im Griff hat, kann man beim besten Willen so nicht sagen. Der hat zum Beispiel für den WM-Halbfinaleinzug 113.000 Euro erhalten. Wenn du den dann punktgenau in dieser Zeit datest.

Oder Flippern. Da konntest du neulich lesen: Die besten deutschen Flipper-Spieler sind Teenager. So kann man jedenfalls das Endergebnis bei den jetzt zu Ende gegangenen Deutschen Meisterschaften in Gronau werten. Der 17-jährige Paul Englert sicherte sich den Titel, gefolgt vom drei Jahre jüngeren Lukas Ott. In der Finalrunde verwiesen sie Roy Wils (44) und Andreas Harre (61) auf die hinteren Plätze. Mehr als 250 Teilnehmer waren angetreten. Wenn zu meiner Zeit eine Mutter darüber gesprochen hat, dass ihr Sohnemann den lieben langen Tag im Keller am Flipper verbringt. Dann hat die dir ihr Herz ausgeschüttet. Dann hat die dir das nicht erzählt, weil sie so ungemein stolz auf ihren Prinzen war. Die hatte ein massives Problem mit ihrem Prinzen. Da hast du der natürlich geraten, das Ding sofort zu entfernen oder als Erpressungsmethode zu benutzen. Also quasi, Vokabeltest fünf, eine Woche kein Flippern mehr.   

Ich war ja aber eigentlich bei Kunst, bei Kunst im öffentlichen Raum, in der Kölnstraße. Und, klar, von performativer Kunst hast du auch schon gehört. Und wenn nicht, schau einfach ins Internet: Performative Künste vermögen Möglichkeitsräume zu eröffnen und Aushandlungsprozesse zu initiieren, die direkt auf soziale Felder und die in ihnen vorgefundenen Realitäten einwirken. Aktionistische und partizipative Prozesse nutzen Kunst als Impulsgeber für die Veränderung der Gesellschaft.

So, jetzt weißt du, wovon ich rede. Mensch, denk ich also, wie toll ist das denn, hier so was von Performatives. Was ich wieder so typisch fand, schon wenige Tage später fehlte die Hälfte der Installation. Den grünen Stuhl hatten sie geklaut. Was mich jedoch noch mehr verwirrte, war die Tatsache, dass nach einigen Wochen auch der Rest weg war. Bis ich das mal verstanden hatte, dass das einfach nur Sperrmüll war, der nach Wochen abgeholt wurde. Wahrscheinlich waren mindestens zwei „Künstler“ am Werk, die an dieser Installation beteiligt waren: Einer hat den Rollstuhl gestellt (ich entsann mich dann, dass der vorher schon allein da stand), der andere hat den grünen Stuhl auf dem Rollstuhl platziert. Und so gesehen war es dann doch eigentlich ein aktionistisch, partitiver Prozess.

Ach übrigens, ich war neulich mit meinem Traummann wieder mit dem Rädchen in, um und um Köln-Nippes herum unterwegs. Arbeitsauftrag für dich: Galerie „SichtARTen“ in der SechzigStr.3, der Biergarten „Schwimmbad“ und das „Kriescher“-Haus.

Mittwoch, 8. Mai 2024

"Achtung Rütschgefahr"


So, damit du dir nicht gar so passiv meine Zeilen reinziehst, damit die kleinen grauen Zellen überhaupt noch merken, dass sie nicht nur da sind, sondern auch gebraucht werden. Hier mal für dich ein Rätsel. Aber nicht fuddeln, kein Internet! Was hat der Fruhtrunk mit Aldi zu tun?

Und wo ich gerade wieder einmal bei meinem Lieblingsdiscounter bin (wobei, eigentlich sind es ja mittlerweile zwei Lieblingsdiscounter). Neulich war ich doch kurz davor, mich mal so was von mit, der Einkaufswagen schon randvoll, also quasi Totalausverkauf für dieses Produkt, als ich Gott sei Dank in allerletzter Minute feststellte. Ich stell mir nur vor, ich hätte das meinen Schulern ausgeteilt. Da wurde ich jetzt nicht so gemutlich in meinen vier Wänden sitzen. Womöglich wäre ich sogar eingefahren, säße ein. Auf jeden Fall hätten sie mich sofort aus dem Verkehr gezogen. Aber es hatte sich im Werbeblättchen folgendermaßen gelesen: Motivationssnacks – Soft-Happen, Soft-Herzen. Okay, ich gebe zu, bei Soft-Knöchelchen hätte ich fruher drauf kommen können. Egal, ist ja noch mal gut gegangen. Ich hatte halt übersehen, dass es auf der ganzen Seite des Werbeblättchens nur um Produkte für Hunde ging.

Eigentlich wollte ich aber uber etwas ganz anderes sprechen: Uber Kunst. Weil, das liegt mir schon lange am Herzen. Fur wen, fur wie viel Prozent der Menschheit sind denn bitteschön folgende Worte? „Ihre großformatigen, ungemein kraftvollen Gemälde unterlaufen die konventionellen Beziehungen von Vorder- und Hintergrund, Oberfläche und Untergrund, Bildfläche und Bildrand und eröffnen neue Vorstellungswelten innerhalb und außerhalb des Kunstwerks. In einem ergebnisoffenen, schöpferischen Prozess, in dem die Malerei performative Züge annimmt, überdenkt sie grundlegende Fragen, die die Geschichte der Malerei lange Zeit definiert haben.“ Und dann hältst du die Einladung eines Museums zur Eröffnung einer Ausstellung in der Hand und siehst, dass vier Redner zu Wort kommen werden. Und wenn du Pech hast, kommt einer von denen auf die Idee, sich jedes einzelne Kunstwerk vorzunehmen.

Da lob ich mir doch mal eine Vernissage in der Endenicher Burg, bei der ich neulich war. Ich hatte nichts anderes zu tun, Wetter super. Heißt, ich konnte ohne Ganzkörperkondom mit dem Rädchen fahren. Und ich hatte mich tatsächlich auf einen Vortrag einer Kunsthistorikerin eingestellt, die sich in aller Ruhe jedes Kunstwerk vorknupft. Deshalb hatte ich schon mal im Ausstellungsraum vorab selbstständig Hand an eine ungeöffnete Sektflasche gelegt, will sagen geöffnet. Du kannst dir sicherlich vorstellen, wie das ankam. Weil, das Gläschen Sekt musst du dir ja erst verdienen: Erst die Arbeit, dann das Vergnugen. Erst musst du die Rede über dich ergehen lassen, dann darfst du trinken. Ja, du hast naturlich Recht. Ich hätte zuhause schon mal leicht vorgluhen können. Nur leicht wegen Rädchenfahren. Und dann hätte ich, um dem Vortrag der Kunsthistorikerin gewachsen zu sein, bei Ankunft noch eben schnell ein Piccolöchen. Egal, die Zeit lief, Worte wurden gesprochen, als plötzlich, ich denk, ich seh nicht richtig, eine Putzfrau auftaucht. Also richtig mit Kittel (so was Hässliches, ich wusste gar nicht, dass es so was noch gibt), Staubtuch, Schrubber, das volle Programm. Die stellt diesen gelben Warnaufsteller „Achtung Rutschgefahr“ auf und fängt tatsächlich von hinten an, den Raum durchzufeudeln, während vorne gesprochen wird. Ich mir erst mal noch einen Sekt nachgeschenkt, die Flasche war ja schon entkorkt. Was soll ich dir sagen, ich hatte ja schon leicht einen hängen. Dachte kurzfristig, ich halluziniere. Die Putzfrau stellt das „Achtung Rutschgefahr“ um und erkennt plötzlich, dass sie quasi neben der Kunstlerin steht. Und sogleich fängt sie an, der Kunstlerin zu sagen, wie toll, wie herrlich sie deren Bilder und Figuren findet: „Sie glauben ja gar nicht, was unsereiner hier sonst so vorfindet. Fett in der Ecke, Dinge, wo du dich fragst, ist das Kunst oder der Feuerlöscher. Aber hier diese Figuren, so was von wunderbar. Und wo ich Sie gerade zu packen kriege, ich hätte da noch ein paar Fragen. Haben Sie kurz Zeit? Hier geht es eh noch nicht weiter.“ Und zu den Umherstehenden: „Noch ein bisschen müssen Sie sich gedulden. Safety first. Hier ist es noch nass.“ Und dann ging die Putzfrau in aller Ruhe mit ihren Fragen und der Kunstlerin durch die Ausstellung und es entwickelte sich quasi ein Kunstlerinnengespräch, dem alle ganz aufmerksam lauschten. Du ahnst es sicherlich schon. Die Putzfrau war nicht echt, der Boden nicht nass und die Kunstlerin war eingeweiht. Schau dir unbedingt das Video an – so was von witzig! Da siehst du, es geht auch mal anders: Vernissage mit der Putzfrau.

So, wie ist es jetzt? Hast du das Rätsel gelöst? Welches Rätsel? Hallo: Was hat der Fruhtrunk mit Aldi zu tun? Also erst einmal. Es heißt tatsächlich Fruhtrunk und nicht Frühtrunk. Ich hab mir den Spaß draus gemacht und alle Üs als Us geschrieben. Ich fands witzig. Ich komm deshalb drauf, weil es ja heute um Kunst geht. Und der Günter, der Günter Fruhtrunk ist ein Künstler, genauer gesagt ein Maler und Graphiker. Und der hat Folgendes abgesondert: „Zur Genüge ist ja bekannt, dass meine Intentionen, meine Augen etwas von der Schärfe der Konturen brachten, die bequemerweise aber fälschlich als Geometrie bezeichnet worden sind; die durch die Schärfe entstehenden Grenzirritationen und Schwingungen. In Wirklichkeit schlägt dies ja geradezu Geometrie mit einem Teil ihrer formalen Bedingungen auf ihrem eigenen Feld …“ Der Hammer, oder? Ach so, das Rätsel. In dem Leporello über Günter ist Folgendes zu lesen: 1970 entstand auch das ikonische blau-weiße Diagonalmuster der Aldi Nord Plastiktüte, das Fruhtrunk als Auftragsarbeit für den Aldikonzern entwarf.

Hast du dir vorher noch nie Gedanken drüber gemacht, stimmt’s? Jetzt weißt du es. Und wenn du mich in Düsseldorf auf der Kö mit einer Aldi-Plastiktasche flanieren siehst, dann weißt du, dass das so soll. Bleibt noch die Frage, vor welcher Kunst ich da oben auf dem Foto posiere. Zur Zeit gilt das noch nicht als Kunst, kann aber ja noch werden. Das ist der Absperrzaun am Akademischen Kunstmuseum im Hofgarten.


Mittwoch, 17. April 2024

Karussellpferde brauchen Seeluft

Ich sprach doch neulich über Schäden – im Allgemeinen und neurologisch und brückentechnisch im Speziellen. Wo ich aber so was von froh bin, und das muss man ja auch mal ehrlich, wie heißt es heute so schön, kommunizieren. Wo ich mich immer so was von freue, wenn bei Lidl oder Aldi ein Einkaufswagen „kaputt“ ist, also nicht angeleint ist, und ich den einfach ohne Chip nehmen kann. Und wo ich gerade beim Aldi bin. Es gibt ja schon einiges, wo ich mich frage, wie schafft das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters, dass da bei mir ein Bedürfnis geschaffen wird, was es vorher noch gar nicht gab. Olivenschiffchen zum Beispiel. Hab ich zwei im Schrank stehen. Ich glaub, ich hab die erst einmal benutzt, hab mit meinen Fingern (ich weiß gar nicht, ob ich die mir vorher gewaschen habe) jede einzelne Olive in dieses schmale Gefäß aus weißem Porzellan gesetzt. Oder diese Pfannentrenner zum Schonen aufeinander liegender Pfannen. Kannst du noch so viel Werbung in deinem Werbeblättchen machen. Was gibt’s noch? Ach ja, die elektrische Pfeffermühle mit LED-Licht - auch toll! Was aber mit Abstand so was von an allererster Stelle steht, unfasslich so ein Schrott! Aber Hauptsache, es hat was mit USA zu tun.

Ich bin extra während meines Urlaubs im Februar am Dornumersiel mit dem Rädchen einige Kilometer gefahren, um mir das Teil von Nahem anzuschauen. Wobei ich jetzt auch dazu sagen muss, so hatte ich wenigstens ein Ziel. Unter uns, ich weiß beim besten Willen nicht, warum es zur Sommerzeit da so viele Menschen hinzieht. Gemessen an der immensen Anzahl an leeren Ferienwohnungen und der noch größeren Anzahl an geschlossenen Restaurants müssen da in der Hochsaison Trauben von Urlaubsgästen unterwegs sein. Also das Meer oder das, was du von ihm siehst, kann es jedenfalls nicht sein, warum du da hinfährst. Wobei, je nachdem wie klein deine Kinder oder Enkelkinder sind: Also dass die da ertrinken, eher unwahrscheinlich. Der einzige Grund, also die Luft dort am Dornumersiel muss so was von unglaublich gesund sein. So öde, wie das da ist. Da ist ja wirklich nichts. Und das genau scheint der riesige Vorteil dieser Gegend zu sein. Ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal: keine Wälder, wenig Flora, dafür viel Seeluft. So was von gesund muss da das Klima sein, wenn du Allergie hast oder Lunge – du oder dein Pferd. Weil, das haben wir dort viel gesehen: Pferdepensionen. Und damit das Pferd kein Heimweh kriegt, verbringen Herrchen und Frauchen (sagt man das so bei Pferden?) dort auch ihren Urlaub. Und die wollen natürlich abends auch einmal nett essen gehen – im Februar, so wie wir. Und da gab es jetzt von den vielen, vielen Restaurants nur drei, die geöffnet hatten: Mein Traummann und ich sind jeden Abend in das Restaurant „Dusend buddel huus“ gegangen. Was soll ich dir sagen: Das Gläschen Rotwein so was von preislich in Ordnung. Beim Blick in die Speisekarte ging dir jeden Abend das Herz auf. Was für eine Vielfalt an Fisch! An typisch norddeutschen Gerichten! Und rate mal, von wem das Restaurant geführt wurde. Genau, von einem Inder, und seine Frau war die Köchin.


Wo ich gerade bei Pferden war. Da konntest du ja neulich in der Presse Folgendes lesen:
Die Tierschutzorganisation PETA kritisiert die Darstellung von Tieren in Karussells, auch wenn sie nicht echt sind. Ein Medienwissenschaftler betrachtet die Diskussion kritisch. Pferde, Kamele oder Elefanten - der Ritt auf Tierfiguren gehört zu den Klassikern, wenn man einen Freizeitpark oder Jahrmarkt besucht. Das sieht PETA Deutschland kritisch: "Wir sind der Meinung, dass solche Karussellfiguren mit Tiermotiven die Vorstellung verstärken, dass Tiere als empfindungsfähige Wesen vermeintlich nur zu unserer Unterhaltung da sind."
PETA Deutschland ist eigenen Angaben zufolge landesweit die größte Tierschutzorganisation, die sich für die Rechte von Tieren einsetzt. Auf ihrer Homepage schreiben sie: "Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten." Der Vorstoß gegen Tierfiguren in Fahrgeschäften kam von PETA USA. Die Tierschutzorganisation hatte sich vergangene Woche an einen großen Hersteller gewandt, der unter anderem solche Karussellfiguren mit Tiermotiven produziert. Die Tierschützer hatten an das Unternehmen appelliert, auf solche Tierdarstellungen bei Fahrgeschäften zu verzichten. Alternativen für Tiermotive seien der Fantasie überlassen.
Yvonne Würz, Fachreferentin für den Bereich Zoo und Zirkus bei PETA Deutschland, sagt auf SWR-Anfrage: "Auch wenn es keine lebenden, echten Tiere auf den Karussells sind, die da leiden. Es transportiert trotzdem ein bestimmtes Bild in der Gesellschaft von unserem Umgang mit Tieren." In vielen Bereichen der Gesellschaft sei es immer noch so, dass Tiere ausgebeutet würden, etwa beim Elefantenreiten im Tourismus oder beim Einsatz von Pferden an Karneval.
Als Alternative zu Tiermotiven auf dem Karussell schlägt Yvonne Würz Fahrzeuge verschiedenster Art vor und Raketen, Raumschiffe und Sternschnuppen, auf denen man sitzen kann. Georg Spreuer vom Schaustellerverband Mainz erzählt, er habe erst mal in den Kalender schauen müssen, ob denn der erste April sei, als er von der Forderung erfahren habe. „Als nächstes kommen die Umweltschützer und verbieten die Motorräder und Autos auf dem Karussell, weil das Verbrenner sind. Wo kommen wir denn da hin?“. Ich lass das jetzt einfach mal auf dich wirken!

Ich hab total vergessen, dir zu sagen, von welchem neuen Produkt beim Aldi ich spreche. Ich mein, du ahnst es sicherlich schon. Ich hab ja nicht umsonst das Foto gewählt: der „NFL-Snackhelm – Zum Servieren von Chips, Dips und anderen Snacks, mit herausnehmbarer Schale und Eimer“. Was ich total toll fand: Als ich im Aldi im Dornumersiel war (die Super Bowl Live Übertragung war tags drauf am Sonntag – da hat Aldi geschlossen!), waren da noch viele, viele Restanten. Vermutlich ist keiner dieser bekloppten Snackhelme verkauft worden.

Sonntag, 14. April 2024

Vernissage mit der Putzfrau

Wie jetzt? Da wird noch gefeudelt und gewischt, obwohl die Besucher schon versammelt sind? Und dann will die Reinigungsfrau auch noch wissen, wie diese hyperrealistischen Bilder gemalt sind und warum eine verbrannte Skulptur hier ausgestellt ist! Künstlerin Birgit Brandt-Siefart erklärt geduldig, was es mit ihrer Kunst auf sich hat. Eine köstliche Überraschungs-Performance vom Feinsten - mit Adi Bennemann in der Rolle der begeisterten Putzfrau. So originell kann eine Ausstellungseröffnung sein...



Mittwoch, 27. März 2024

Ergänzung: Ertüchtigung des Standstreifens

Ja, ich weiß, hatte ich schon. Aber immerhin habe ich mir die Mühe gemacht und nach einem

Synonym für „Nachtrag“ gesucht. Weil, neulich hatte ich ja über das Kölner Husarenstück berichtet. Dass die uns Bonnern erlauben, auf der Adenauerallee, du weißt, worum es geht. Was war und bin ich da so was von froh, dass ich Folgendes in meinem SCHAUFENSTER lesen konnte: Verkehrsversuch in der Adenauerallee – die Stadt Bonn hat mit den Markierungsarbeiten für die Einrichtung des Verkehrsversuchs auf der Adenauerallee begonnen (wenn du jetzt ganz konzentriert bei der Sache bist, kümmere dich gefälligst selbst drum, ob es in oder auf der Adenauerallee heißt. Wofür hast du denn das Internet!). Die Arbeiten sollen im Laufe der nächsten Tage beendet sein. Ein Unternehmen wird für den Radverkehr in beiden Fahrtrichtungen eine Breite von 2,70 Meter (ich bin mir nicht sicher, ob das reicht. Weil, schau dir doch mal an, was neuerdings unter der Bezeichnung Fahrrad so alles unterwegs ist. Diese immer breiter werdenden Lastenfahrräder. Ganz zu schweigen von den Fahrradfähnchen, diese Sicherheitswimpel, die so was von eine Spannbreite haben. Also wenn du da zu knapp dran vorbei. Und dann muss ja auch jederzeit die Möglichkeit bestehen, dass zwei Fahrradfahrer nebeneinander fahren können). Also 2,70 Meter der jeweils rechten Fahrspur werden mit beleuchteten Leitbaken im Abstand von fünf bis zehn Metern (ja was denn nun? Da möchte ich bitte für mich Planungssicherheit, ganz genaue Zahlen!) sowie einer durchgezogenen gelben Markierung abgetrennt. Für den KFz-Verkehr bleibt eine Fahrspur mit einer Breite von 3,50 Metern. Die abgetrennte Spur wird mit Fahrradpiktogrammen versehen. Grundstückszufahrten, Einmündungen und Parkplätze bleiben erreichbar. (Gut, dass das noch mal erwähnt wird.) Zusätzlich werden Bushaltestellen und Ladezonen eingerichtet.

Was mir dazu einfällt, überall wo du hinguckst gibt es Arbeitskräftemangel und so Vieles liegt im Argen. So viele Baustellen, wo du denkst, geht’s da gar nicht weiter, erlebe ich das noch, dass die fertig werden? Könnte man da nicht, weißt du wie ich meine. Weil, im Zusammenhang mit dem Adenauerallee-Projekt scheint es ja genügend oder sogar zu viele Beschäftigte zu geben, so wie die on time sind. Könnte man die nicht geschickt abwerben und wo anders, wo es dringend notwendig wäre, einsetzen? Und was ja das Tolle wäre. Du hättest zwei Fliegen mit einer Klappe. Das Adenauerallee-Projekt bleibt selbstredend ein Projekt, aber eben für die Zukunft, und gleichzeitig geht es an anderer Stelle zügiger weiter. Apropos Arbeitskräftemangel. Überall brennt ja die Bude. Überall werden Quereinsteiger gesucht. Sogar fachfremd! Mir auch egal. Wobei ich mir da jetzt bei einer Operation am offenen Herzen schon jemand wünschen würde, der das schon mal gemacht hat oder zumindest mal zugeschaut hat – entweder live im Operationssaal oder Arztserie vom Sofa aus. Ich komm deshalb drauf, weil ich doch neulich auf der Internetseite einer neurologischen Gemeinschaftspraxis folgende Lettern las:  ACHTUNG: AKTUELLE STELLENANZEIGE - MFA und Mitarbeiter*in mit fachfremder Qualifizierung in Voll- oder Teilzeit und auch auf Minijob-Basis AB SOFORT GESUCHT. Da weißt du am Ende des Tages auch nicht hundertprozentig, ob du da mit jemandem gesprochen hast, dessen Aufgabe eigentlich Rezept- und Terminvergabe und Mail-Bearbeitung ist, oder mit dem Neurologen (wobei das nicht zwingend schlechter sein muss).

Wo ich gerade beim Neurologen bin. Du kennst das, vollkommen zusammenhangslos, und da kannst du dich noch so oft fragen, wie du da jetzt drauf kommst. Ich sag nur Synapsen. Ich muss gerade an meinen Hinnerk Schönemann denken (du weißt, ich mag den). Wie der zu seiner Kollegin in der Fernsehserie „Nord bei Nordwest“ sagt: „Wissen Sie, ich glaube, dass die Kekse bei Frau Christiane einfach einen Knick in die Synapsen gefaltet haben.“ Übrigens, da läuft er auch – wie bei der Marie Brandt. Ist aber langsamer als seine Kollegin. Und fragt die dann: „Machen Sie eigentlich Sport?“ Reg dich nicht auf, merk ich selber, kommt nicht richtig rüber, Stichwort Situationskomik.

Wo ich gerade bei neurologischen Baustellen, oder nenn es meinetwegen auch Schaden, war. Neulich ist ja tatsächlich mal was fertig geworden. Die erste neue Teil-Brücke der Autobahn A1 bei Leverkusen wurde eröffnet und für den kompletten Straßenverkehr, also auch für Lastkraftwagen, freigegeben. Was ich mich in dem Zusammenhang immer wieder frage, wenn ich auf der Autobahn unterwegs bin. Nicht, dass du mich falsch verstehst. Ich kann schon lesen. Beispiel: Hinweisschild roter Kreis, schwarze Hundert auf weißem Untergrund heißt ich darf nicht schneller als 100 fahren. Ob ich mich jetzt daran halte, andere Sache.

Aber was ich jetzt meine, ist dir sicherlich auch schon begegnet, das Hinweisschild „Brückenschäden“. Was genau mache ich denn mit dieser Information? Soll ich auf der Autobahn wenden und es anderenorts versuchen? Soll ich das Auto vor der Brücke abstellen und meine Reise weiter zu Fuß fortsetzen? Das einzige, was dieses Hinweisschild doch im Zweifelsfall schafft, ist, dass ich mir vor Angst in die Hose mache. Und wo ich gerade auf der Autobahn bin. Kürzlich las es sich dort auf einem Hinweisschild „Ertüchtigung des Standstreifens“. Da sag ich nur, da war aber mal jemand so was von gut drauf. War bestimmt ein Kölner, dem das eingefallen ist. Ein Kölner, verkleidet als Clown am Mittwoch vor Weiberfastnacht. Quasi noch kein Straßenkarneval, aber schon mal ein Straßenkarnevals-Hinweisschild. Die haben ja immer Grund, gut drauf zu sein. Wenn es nicht der Karneval ist, dann ist es ihr Fußballverein. Und das finde ich das Tolle an dem Kölner. Das ist dem quasi so was von egal, ob der 1. FC gewinnt oder verliert. Hauptsache, du hast eine Superjeilezick im Stadion mit allen anderen Fans, quasi Familie. Warum kriegen wir anderen das nicht hin, quasi Familie? Hallo, warum nicht an einem Samstagabend zur besten Sendezeit um 20:15 Uhr? Quasi Lagerfeuer. Und was da ja noch so was von besser ist, als (wie) wenn der 1. FC spielt: Wir gewinnen auf jeden Fall! Beim deutschen Vorentscheid zum ESC 2024 konnte Deutschland gar nicht verlieren. Es gab viele gute und sehr gute Beiträge und wieder eine fulminante Barbara Schöneberger. (Ich persönlich war ja für den Ryk mit seinem Song „Oh Boy“). Aber vollkommen egal. Aber was genau soll diese späte Sendezeit 22:05 Uhr?

Nebenbei, den ESC schau ich mir natürlich auch an – wie die Kölner ihren 1. FC. Hauptsache Event, Hauptsache „Da simmer dabei“!

Donnerstag, 7. März 2024

Was heißt hier Nachtrag? Und A555 wird Fahrradstraße


Ja, ich weiß, mit einem Nachtrag kann ich nicht anfangen. Nachtrag bedeutet Ergänzung, Zusatz am Schluss einer schriftlichen Arbeit. Sonst hieße es ja Vortrag. Weiß ich ja selbst. Oder selber ? Ich hab mal nachgeschaut: Da die beiden Wörter "selber" und "selbst" gleichbedeutend sind, kann man beide Wörter verwenden. Jedoch gehört "selbst" der Standardsprache an und "selber" eher der Umgangs- bzw. Alltagssprache. In einem Gespräch ist "selber" so gut wie "selbst", beim Schreiben ist "selbst" die bessere Wahl. Was ich dir eigentlich sagen will, sieh es doch einfach als Nachtrag zu meinen vorigen Sermonen.

So hatte ich dir ja letztens erzählt, dass die Adenauerallee zu Zeiten, als Bonn Bundeshauptstadt war, Diplomatenrennbahn genannt wurde. Was ich nicht wusste, die Bundesautobahn 555 von Bonn nach Köln nannte man auch so. Und da bin ich jetzt so ans Sinnieren gekommen: Wenn da bei der Bezirksregierung Köln jetzt jemand so ganz gut drauf ist, also einen Clown gefressen hat, dass der meinen Bonner Entscheidungsträgern vorschlagen könnte, die gesamte A 555 zwischen Köln und Bonn zur autofreien Zone zu erklären, sprich zur Fahrradstraße. Einfach nur mal als Idee. Apropos, so das Internet: Weil es zur Zeit der Bonner Republik auf der A 555 keine Geschwindigkeitsbegrenzungen gab, konnten Regierungsbeamte, die in Köln wohnten, mit hohen Geschwindigkeiten zur Arbeit in die damalige Bundeshauptstadt Bonn gelangen. Zudem sollen ausländische Diplomaten und Staatsbesucher bei ihren Aufenthalten in der damaligen Hauptstadt Bonn mit ihren Limousinen den Weg nach Köln und zurück mit Höchstgeschwindigkeit zurückgelegt haben. Begünstigt wurde die Entstehung dieses Spitznamens durch die hohen Motorleistungen der Regierungsfahrzeuge und den geringen Lkw-Anteil auf der Städteverbindung.

Und da hättest du geschmeidig mal die Möglichkeit gehabt zum. Ah, du erinnerst dich nicht mehr. Fragst dich, wo die Geschichte hingehen soll. Ich hatte mich mal darüber ausgelassen, dass ich das Nomen Selbstmord nicht mehr im deutschen Sprachgebrauch haben möchte. Und kurz danach las ich im Zusammenhang mit Van Gogh das Wort Freitod. Was für ein schönes Wort, kann ich da nur sagen. Wie komm ich drauf? Ach ja, wegen der Autobahn 555: Hohe Motorleistung und keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Also wenn das damals kein Angebot war!

Ja, und wo ich ja erst letztens bei der Kunst im öffentlichen Raum war, wollte ich jetzt doch noch mal auf die Kunst an der Autobahn aufmerksam machen. Dort installierte der Künstler Lutz Fritsch am 12. und 13. September 2008 an den Endpunkten der Autobahn jeweils eine 50 Meter hohe rote Stahl-Stele, um Bonn und Köln in einen künstlerischen Dialog zu bringen. Hört sich gut an, oder? Also ich als Kölner Entscheidungsträger würde den Bonner Entscheidungsträgern ganz ernsthaft die Sache mit der Autobahn 555 als Fahrradstraße verkaufen, quasi als ein Zeichen setzendes Kunst- und Klimaprojekt. Ich glaub, die Bonner Verantwortlichen würden das glatt machen.

Wo ich gerade mit Bonn und Köln zugange bin. Also das können die Kölner ja. Ich vermute, es hat damit zu tun, dass der Kölner das schon mit der Muttermilch aufsaugt: Erst wartet er stundenlang in der gefühlt elften Reihe auf den Rosenmontagszug und dann begrüßt er jede einzelne Tanzgruppe, jeden Mottowagen mit einem donnernden Alaaf. So lange bis am Ende der Prinz kütt. Wobei mir da einfällt, dass man heutzutage gar nicht mehr von Muttermilch sprechen darf. Schau, so liest es sich: Statt Muttermilch („Breastmilk“) sind Hebammen und Ärzte demnach gemäß neu eingeführter Sprachpolitik dazu angehalten, zukünftig auch „Milch vom Menschen” („Human Milk“) oder „Milch vom stillenden Elternteil“ zu sagen. Ich sag da mal jetzt nichts zu. Ich lass das einfach mal auf dich wirken. Also was die Kölner da auf die Beine gestellt haben, als es darum ging, gegen die AFD, gegen Rassismus, zu demonstrieren!

Wobei wir Bonner uns ja auch nicht verstecken müssen, was die Beteiligung anging. Was mir nur da so durch den Kopf ging, während ich da so stand und hörtechnisch nichts von den Reden mitbekommen habe. Wobei ich noch recht günstig stand. Schon im Vorfeld hatte ich mir die Frage gestellt, warum die Wahl auf den doch recht kleinen Marktplatz für diese Demonstration gefallen war. Ich stellte mir auch die zum Marktplatz führenden doch recht engen Zugangsstraßen vor. Später habe ich gehört, dass viele Menschen tatsächlich in den verstopften Nebenstraßen hängen geblieben sind und nichts, aber auch gar nichts von den Rednern mitbekommen haben. Der Münsterplatz ist doch um einiges größer (ist der nicht fast doppelt so groß?). Dann eine richtige Bühne mit einer perfekt ausgesteuerten Beschallungsanlage, damit möglichst alle Menschen den Reden folgen können. Ich habe mir sagen lassen, es gibt Veranstaltungstechniker, die so etwas können. Ich hörte dann oft, dass man sicherlich nicht mit so einer regen Beteiligung gerechnet hätte. Ich verstehe dieses Argument nicht. Was genau wäre im worst Case so schlimm gewesen, wenn sich auf dem Münsterplatz eventuell nicht ganz so viele Menschen eingefunden hätten wie erwartet?

Und, was der Marktplatz zu klein war, war das Programm zu lang. Nach 60 Minuten muss der Drops gelutscht sein, muss der letzte Redner durch die Tür sein. Ich mein, das muss man ja auch mal sagen. Erstmal musst du ja da hinkommen. Entweder stehst du erst an der Haltestelle und dann in der Bahn oder du gehst zu Fuß. Da geht ja mal ganz schnell ein halbes Stündchen ins Land. Dann reihst du dich in den Strom ein (um nichts zu hören) und stehst dicht gedrängt. Und danach dasselbe nur umgekehrt. Und wenn du dir mal angeschaut hast, wer da alles demonstriert hat. Ja, hallo, auch viele alte Männer! Und was fällt dir zu einem so langen Zeitraum spontan ein? Richtig, Prostata. 

Mittwoch, 14. Februar 2024

Die Bertha und der Adenauer


Neulich war ich doch beim Thema Entscheidungsträger in Bonn, bei der Kunstkommission. Und da fiel mir im Zusammenhang mit Entscheidungsträgern in Bonn folgender Artikel in meinem SCHAUFENSTER in die Hände: Grünes Licht für den Verkehrsversuch – weniger Platz für Autos auf der Adenauerallee. Der ab Februar geplante Modellversuch in Sachen Verkehrsführung auf der Adenauerallee (B9) kann starten. Die Bezirksregierung Köln hat nach Angaben der Stadt die Planungen der Stadt für die Umgestaltung unfassend geprüft und hat keine Beanstandungen. Damit bestätige die Bezirksregierung die Analyse der Stadt Bonn, betonen die Verantwortlichen im Stadthaus. So biete der heutige Fahrradschutzstreifen keine Sicherheitsabstände zu parkenden Autos und in großen Teilen keine ausreichenden Abstände zum fließenden Verkehr, die für ein sicheres Überholen notwendig wären. Die Pläne für die Umgestaltung der Adenauerallee auf Basis der aktuell geltenden Regelwerke sehen vor, eine der bisher zwei Kfz-Spuren je Fahrtrichtung in eine eigene Radspur umzuwandeln. Die Bezirksregierung Köln habe diese Planung sowohl verkehrsrechtlich als auch auf verkehrliche Belange geprüft und bestätigt, dass die Umgestaltung von der Stadt korrekt geplant wurde. Laut Bezirksregierung seien die Pläne nicht zu beanstanden (das habe ich jetzt verstanden, dass nichts, aber auch gar nichts zu beanstanden ist!). Diese Neuaufteilung testet die Stadt in einem Verkehrsversuch zwischen Februar und April 2024. Je nach Ergebnis des Versuchs nimmt die Stadt anschließend Verbesserungen an der Planung vor, beispielsweise an Kreuzungen oder bei der Ausweisung von Park- oder Ladeflächen. Die Stadt Bonn begleitet den Versuch mit Informations- und Dialogangeboten.

Ich habe ja den Verdacht, dass Köln aus ganz anderen Gründen, als in dem Artikel angegeben, grünes Licht gegeben hat. Dass die sich da in Köln so was von ins Fäustchen lachen. Dass die alles durchwinken, was hier in Bonn dazu beiträgt, den einen oder anderen Autofahrer davor abzuschrecken, Bonn zu besuchen. Weil, wenn du den Bonner Entscheidungsträgern bei solchen Themen immer alles durchgehen lässt. Hallo, welcher Tourist kommt dann noch mit dem PKW nach Bonn? Und welcher mit der Bahn – so oft wie da gestreikt wird? Da bist du ja als Tourist froh, wenn du es bis nach Köln schaffst. Warum es dann noch weiter unter Aufbietung aller Strapazen bis nach Bonn zum Bertha-von-Suttner-Platz schaffen wollen, um vor Beethovens Geburtshaus zu stehen? Ich mein, sind wir doch mal ehrlich, ich als Japanerin, wenn ich den Beethoven so verehre, kann ich doch auch nach Wien fahren. Dort hat er ja immerhin die meiste Zeit seines Lebens gewirkt und ist dann dort gestorben. Ob jetzt Geburtshaus oder Sterbehaus – Hauptsache, ich komme ohne allzu großen Aufwand dorthin. Und wenn ich mich zwischen Bonn und Wien entscheiden müsste. Ich mein, in Wien habe ich immerhin noch das Sisi-Museum in der Hofburg!

Weil ich, die ich auf Beethovens Spuren unterwegs bin, gerade am Bertha-von-Suttner-Platz stehe. (Wobei das ja eigentlich kein Platz ist. Es ist ja eigentlich nur eine größere Haltestelle mit einer stark befahrenen Straße drum herum – und ausnehmend hässlichen Häusern.) Neulich war ich ja im Stadtgarten zur Beethoven-Hommage unterwegs. Und dann habe ich auch noch auf der Hofgartenwiese die Macke-Hommage bestaunt. Was ich mich in dem Zusammenhang gefragt habe: An der Ecke Bertha-von-Suttner-Platz/Sandkaule steht ja die 2,50 Meter hohe Edelstahlskulptur, die an die Friedensaktivistin, die Bertha, erinnern soll. Diese Stehle, die die Konturen eines stilisierten weiblichen Körpers zeigt. Was ich mich da immer schon gefragt habe, ob es da nicht einen schöneren Platz gegeben hätte, für diese Stehle.

Ich bin aber vom Thema abgekommen. Wenn jetzt die Kölner Entscheidungsträger auch noch so schlau wären und würden die Beethoven-Skulptur von dem Lüpertz bei sich in Köln aufstellen (wenn sie hier in Bonn keiner haben will). Was genau gäbe es dann überhaupt noch für einen Grund nach Bonn zu kommen – und in ein Parkhaus zu fahren, was ja mittlerweile auch nicht gerade wenig kostet. Was mir da als geniale Lösung einfällt. Erinnerst du dich noch an die Zeit, als Bonn Bundeshauptstadt war? Damals nannte man das Teilstück der Bundesstraße 9 zwischen Bonn und Bonn-Bad Godesberg scherzhaft die „Diplomatenrennbahn“. Weil Bad Godesberg wenig zerstört war, schlugen gut zwei Drittel der Eminenzen ihr Domizil in diesem noblen Stadtteil kurfürstlicher Gründerzeithäuser auf. Umgeben von prachtvollen Parkanlagen residierten sie in einem beschaulichen Umfeld der kurzen Wege. So benötigten sie über die sogenannte Diplomatenrennbahn – ein Teilstück der B9 - nur rund zehn bis 15 Minuten, um mit ihren großen schwarzen Limousinen zur Machtzentrale im Regierungsviertel zu gelangen. (Da wäre der Vorschlag für nur eine Fahrspur nie durchgekommen.)

Jetzt stell dir mal vor, du machst aus der gesamten Adenauerallee ein Gesamtkunstwerk. Das Haus der Geschichte steht dort ja schon, sowieso die Museumsmeile. Sämtliche Skulpturen, bei denen wir nicht sicher sind, ob wir sie toll finden, stellen wir entlang der Adenauerallee auf, damit der flanierende Tourist was zu gucken hat. Selbstredend wird die Bertha auch umgebettet, ich meine natürlich, umgestellt. Da ist es nämlich viel ruhiger als dort, wo sie jetzt steht. Natürlich lädt auch das aus dem Jahr 1957 stammende Bundesbüdchen, ein als Baudenkmal unter Denkmalschutz stehender ovaler Kiosk, zum Verweilen ein.

Wenn du das jetzt als Stadt Bonn richtig vermarktest, als landschaftliches historisches Gesamtdenkmal. Wenn du mit Schlagwörtern wie „Entschleunigung“, „Zeitreise in die Vergangenheit“, „zu Fuß auf der ehemaligen Rennbahn“ arbeitest. Das kannst du so was von als Gesamtevent für ein verlängertes Touristen-Wochenende anbieten.

Stören eigentlich nur noch zwei Dinge: die zwei KFz-Spuren, die zur Zeit noch – rechtens (!), abgesegnet von Köln (!) – für den Autoverkehr bleiben sollen. Weil, wer überhaupt möchte denn nach Bad Godesberg fahren, in den Tunnel?