"Gut hören hilft, auch im Straßenverkehr" - so
stand das letztens im "Schaufenster". Und da haben sie Recht, die vom
"Schaufenster". Ich mein, da sind die jetzt nicht selbst drauf
gekommen. Das haben sie vom Herrn Matthies, Vizepräsident der Bundesinnung der
Hörgeräteakustiker (biha) und Hörakustiker-Meister. Der sagt nämlich: "Wer
gut hört, schützt sich und sein Umfeld vor Unfällen." Gerade in der
dunklen Jahreszeit sei nicht nur gute Sichtbarkeit, sondern auch ein gutes
Gehör wichtig. Das gelte für Autofahrer ebenso wie für Radfahrer und Fußgänger.
Was jetzt da mein Problem ist: Wenn ich mit dem Fahrrad auf der Kölnstraße vom
Auerberg in die Stadt unterwegs bin, also diesen gigantischen Berg runter radle
(da geht es ja schon um einige Höhenmeter!), dann laufen da oft Menschen vor
mir auf dem Fahrradweg. Das ist jetzt erst mal so in Ordnung für mich, weil
genau für diesen Fall hat der Gesetzgeber ja die Klingel an meinem Fahrrad
vorgesehen. Kommt zum Einsatz, die Klingel - und es passiert nichts. Seht her,
horcht jetzt der Herr Matthies auf, hab ich's doch gesagt, alte Leute eben,
schwerhörig. Und das eben nicht, Herr Matthies! Die Fußgänger-Fahrradweg-Mitbenutzer
sind ganz junge Menschen, die einfach nur ohrenbetäubende Musik im Ohr hängen
haben. Oder junge Frauen, die gerade mitten in einer Eifersuchtszene mit ihrem
im Ohr zugeschalteten Lover stecken. Oder junge Männer, die ihrer Schnecke
gerade mal sagen, wo's lang geht. Und da kann's eben auch schon mal ganz schön
emotional laut zur Sache gehen. Vollkommen klar. Nur wenn die dann vor mir auf
dem Fahrradweg gehen - da nutzt die Klingel so was von nichts!
Apropos Kölnstraße. Auf dem Weg in die Stadt komme ich immer
an der "Schatzinsel" vorbei. Dorthin kann man all das bringen, von
dem man sich trennen möchte, was die dann wiederum für kleines Geld verkaufen.
Tolle Sache, dieses Gebrauchtwarenkaufhaus "Schatzinsel". Allein
schon die Warenauslage in dem ehemaligen Wärterhäuschen direkt rechts neben der
Einfahrt - das hat was, so als Eyecatcher. Was jetzt genau, weiß ich auch
nicht, aber Hauptsache, hat was.
Wer auf jeden Fall was hatte, war neulich der Abend, den ich
dort erlebt habe. Und das kam so: Mein Schaufenster informiert mich ja immer wöchentlich
über viele Kulturtermine in meiner Nähe. Und da ist mir auch schon mal der
"Kulturraum Auerberg" untergekommen. Gut,
ich gebe zu, Auerberg und Kultur sind jetzt nicht unbedingt zwei Begriffe, die
ich notwendigerweise in einem Atemzug nennen würde. Aber vielleicht ist das ja
gerade der Grund, warum mir der Name ins Auge gesprungen ist - toller
Eyecatcher eben.
Das ist jetzt die eine Sache. Aber ehrlich gesagt, wenn ich
mich in meinem Alter an einem Samstagabend aufbrezle, dann doch bitte nicht, um
mich zwei Meter weiter ums Eck in den Verkaufsraum eines
Gebrauchtwarenkaufhauses zu setzen. Also bitte schön, ich lege doch nicht mein
Geschmeide an und teures Parfüm auf, um zwischen altem Pröll zu sitzen, von dem
ich mich - ja, ich weiß, viel zu spät -
Gott sei Dank getrennt habe!
Nein, so ein Samstagabend, an dem mein Traummann und ich
zwei Eintrittskarten für einen Comedian haben, kann per se nichts sein, wenn
nicht folgendes Procedere abläuft: Im Vorfeld mehrere erfolglose Versuche, an
Karten zu kommen, deshalb schlussendlich sauteure Karten bei Ebay ersteigert -
leider nicht für eine Veranstaltung in Bonn oder Köln, sondern in Düsseldorf.
Wegen eines Fußballspiels in Köln und einer Großdemo in Düsseldorf mit einem
Zeitpuffer von fünf Stunden früher in Bonn losgefahren. Variante eins: Trotz
immensem Zeitpuffer es gerade mal rechtzeitig geschafft, weil die
Parkplatzsuche sich schwieriger gestaltete als angenommen. Variante zwei: Total
unvorhergesehenes problemloses Durchkommen, das erste angefahrene Parkhaus
bietet eine Fülle von leeren Parkplätzen an. Und während der Vorstellung drehen
sich die Zuschauer nach mir um, weil ich vor lauter Timing vergessen habe, dass
ich morgens um 9:00 Uhr das letzte Mal etwas gegessen habe - und mir das mein
Magen jetzt lauthals mitteilt. Und das Schönste an solch einem Abend, quasi der
Höhepunkt, ist die wirklich reibungslose Rückfahrt ohne Probleme mitten in der
Nacht. Und darüber sprechen wir noch Tage später.
So sieht ein gelungener Samstagabend aus - dachte ich bis
neulich. Bis zu besagtem Abend im "Kulturraum Auerberg": Im Vorfeld im
Gebrauchtwarenkaufhaus einfach zwei günstige Eintrittskarten erstanden, am
Abend selbst ein paar Schritte ums Eck gegangen, ohne Stau und Parkplatzsuche. Dann
inmitten von alten "Schätzchen" einen ungemein lustigen Abend mit dem
Comedy-Duo "Thekentratsch" verbracht - und in der Pause ein 0,2l Glas
leckeren Rotwein zu einem unmoralisch günstigen Preis von 3,50 EUR getrunken. Auf
dem Heimweg war mein Traummann wunschlos glücklich, ja, in seinem Blick lag
geradezu etwas Entrücktes - was jetzt nicht nur mit dem Programm von
"Thekentratsch" zu tun hatte. Er hatte beim Hinausgehen noch eben
zwei Perry Rhodan-Schätzchen für 1 EUR das Stück erstanden. Dass die eigentliche
Veranstaltung viel länger dauern kann als An- und Abfahrt zusammen - das war
mir neu.
Was jetzt dumm gelaufen ist, ich hab vor lauter Begeisterung
über mein kleines Auerberg vollkommen den Blick für das große Ganze verloren:
Also am Online-Bürgerbeteiligungsverfahren www.bonn-packts-an.de hab ich mich
nicht beteiligt. Das kann aber auch daran liegen, dass ich beim besten Willen
nicht weiß, wo im Auerberg noch gespart werden soll. Wenn ich mir das
Bauvorhaben "An der Josefshöhe" gegenüber den Sportplätzen anschaue -
also da braucht sich nur jeder zweite Mieter einen Fernseher zu kaufen, weil er
beim Nachbarn von gegenüber locker mitschauen kann. Auch sonst - hier wird so
viel Wohn- auf engstem Erdraum gebaut. Ich werd das Gefühl nicht los, dass die
Stadt durch die dichte, effektive Bauweise ihren Haushalt sanieren will. Dass wir
vom Auerberg jetzt auf diese Art und Weise die Stadt aus den Miesen, die beim
WCCB durch Miese entstanden sind, holen sollen. Da tut's mir leid, Herr Nimptsch,
dass ich jetzt nicht noch zusätzlich innovative Denkansätze habe.