Schlechtes Timing - oder sollte das so?
Ich hatte ja neulich schon mal ein Beispiel für schlechtes
Timing gebracht: Wenn mein SCHAUFENSTER auf ein und derselben Seite
gleichzeitig für den Weihnachtsmarkt und gegen Fußpilz wirbt. Und die Fenster putze
ich nach dem Birkenpollenflug, nicht vorher!
Ich komm deshalb drauf, weil, was das Timing betrifft, da
haben die Verantwortlichen in Saudi-Arabien aber so was von was falsch gemacht
- oder sollte das vielleicht so? Mir als Frau soll's ja egal sein. Hieß es doch
zu Beginn des Jahres, die Liberalisierung in Saudi-Arabien gehe voran: Das
Justizministerium erklärte, dass Frauen ab sofort vom Gericht per SMS „über
jegliche Änderung ihres Familienstandes benachrichtigt“ werden. Sie könnten
zudem alle Dokumente über eine Beendigung ihrer Ehe auf der Internetseite des
Ministeriums einsehen. Das sei eine schlechte Nachricht für einige Männer. Nicht
selten kommt es in Saudi-Arabien vor, dass sich Männer heimlich scheiden lassen.
Apropos Timing, ich weiß nicht, was die Fernsehverantwortlichen
sich dabei denken, dass die Serie "Vorstadtweiber" so was von
handverlesen, also dass es da so was von wenige Folgen, und dann auch noch in
unakzeptablem Abstand, ausgestrahlt wird. Ich hatte ja schon mit dem Leben
abgeschlossen. Ja, 2012 stand ich kurz davor - nachdem die letzte Folge von
"Desperate Housewives" ausgestrahlt worden war. 180 Folgen in acht
Staffeln lagen hinter mir und vor mir gähnende Leere, ein tiefes Loch. Was habe
ich damals jede einzelne Folge genossen! Und ganz besonders hatte ich so was
von Spaß an Gabrielle Solis' Erziehungsstil. Mit welch erfrischendem Egoismus
sie ihre Rolle als Mutter wahrnahm. Aber auch wie sie ihrem blinden Ehemann
Carlos klarmacht, dass sie es ist, die unter seiner Blindheit leidet und nicht
er. Eine meiner Lieblingsszenen: Sie fragt ihn, ob er Lust auf eine Spritztour
im Cabriolet hat. Was freut sich da der Blinde! Sie fährt mit ihm zum
Schönheitssalon, er will mit aussteigen, sie lässt ihn aber drin sitzen. Bis er
ihr nach Stunden draufkommt, als er im Auto vor der Sonne ungeschützt auf
Gabrielle wartet. Die hat ihn nämlich nur deshalb mitgenommen, damit sie
während ihres Beauty-Aufenthalts auf einem Behindertenparkplatz parken kann.
Wie dem auch sei, was ja erschwerend hinzukam, obwohl diese
Dramedy so was von ein Erfolg war, hatte keine Sau in meinem Umfeld sie
gesehen. Zumindest hat es keine zugegeben. Ich trauerte also allein und mein
Leben ging seinen traurigen Gang, bis die Österreicher mit ihren
Vorstadtweibern ein Einsehen mit mir hatten. Da geht es um fünf Frauen, denen
es in ihrer vermeintlich heilen Wohlstandswelt der Wiener Vorstadt eigentlich
gar nicht besser gehen könnte: lukrative Ehen, teure Kleider, kurzum ein Leben
voller Luxus. Doch dann wird eine von ihnen von ihrem Ehemann mittellos vor die
Tür gesetzt. Auch die Fassade der anderen Frauen beginnt zu bröckeln und sie
befürchten, dass es ihnen genauso ergehen könnte. Korruption, Intrigen und eine
Menge Leichen im Keller prägen den Alltag der Wiener Vorstadt. Während ihre
Gatten in illegale Geschäfte verstrickt sind, bereiten die Frauen einen
finanziellen Befreiungsschlag vor.
Ja, mein Leben hatte seit dem 5. Mai 2015 wieder einen Sinn.
Und dass ich da wieder mutterseelenallein stand, war ich ja bereits gewohnt und
störte mich nicht. Auch die Presse war sich ja nicht einig. So meinte die Marie
Schmidt in der Zeit: „Es tut einem ein bisschen leid um formidable Schauspieler
wie Nina Proll, Simon Schwarz und Bernhard Schir. Und besonders um das
Charaktergesicht von Gerti Drassl, das sich gelegentlich zu einer zuckrigen
Puppenfratze verzieht, als wollte sie das Luxusweibchen-Getue doch noch ins
Groteske ziehen.“ Im Wochenmagazin Focus hieß es: "Die Vorstadtweiber
lügen, intrigieren und spielen so falsch, dass sie sich buchstäblich vor
Selbstekel übergeben müssen. Völlig unvermittelt schlagen Handlung oder Dialoge
immer wieder eine unerwartete Richtung ein. Das macht den Reiz der Serie aus.
Vulgär, derb und platt ist die Sprache. Und dann wieder entwickeln sich wunderbar
absurde und umso wahrhaftigere Dialoge.“ Seit der Serie bin ich ja so was von
ein Fan von der Gerti Drassl. Die wurde übrigens, liebe Frau Maria Schmidt, 2017
mit dem Deutschen Schauspielerpreis als beste Schauspielerin in einer
komödiantischen Rolle für ihre Darstellung in Vorstadtweiber geehrt.
Ich komm deshalb auf die Gerti, weil, im Juni 2018 hatte es
ja geheißen, das Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien sei aufgehoben.
Erstmals in der Geschichte Saudi-Arabiens dürften Frauen in dem islamisch-konservativen
Königreich ans Steuer. Wenn ich da jetzt an das Ende der ersten Staffel meiner
Vorstadtweiber denke, da heißt es bei Wikipedia: In der Schlussszene der ersten
Staffel unternimmt Maria einen Mordversuch an ihrem Mann Georg. Georg konnte
Marias Mordversuch überleben und muss vorerst im Rollstuhl sitzen. Mal ganz
abgesehen davon, dass ich die Szene total anders interpretiere: Die Maria hat
halt beim Rückwärtsreinsetzen in die Garage Bremspedal und Gas verwechselt und
dabei leider dem Georg, der hinten an der Garagenwand stand, die Beine
rollstuhlreif gefahren (Lustig, noch eine Szene, in der die Frau den Mann
piesackt - und beide finde ich so was von toll!)