Samstag, 18. Juli 2015

Pantolette und Birkenstock - wenn zwei sich freuen ...

Neulich ging mir so durch den Kopf ...

Also wenn man mich gefragt hätte, ich dachte, das sei gesetzt: Die Pantoletten meiner Mutter gingen für mich als Jugendliche damals gar nicht, und meinen Töchtern war ich mit meinen Birkenstock-Sandalen schon immer peinlich. Also quasi, was der einen die Pantolette ist den anderen der Birkenstock: ein absolutes No-Go, dachte ich.

So zeigte mir doch neulich meine Tochter (!) in der GRAZIA eine Anzeige der Firma Birkenstock: Darauf drei bis zum Umfallen moderne, lässig coole, junge Menschen - alle drei schwarze Birkenstocksandalen mit Silbernieten an den Füßen. In der Mitte die taffe junge Frau mit der XL-Sonnenbrille von Marc Jacobs und dem sexy Kleid von Saint Laurent. Links neben ihr der ganzkörper-tätowierte junge Mann mit ungemein modernem Haarschnitt, eingekleidet von H&M. Und rechts der charmante attraktive Jüngling ganzkörper-eingekleidet vom Tommy, dem Hilfiger. Und meiner Tochter Kommentar: krass.

Ja, und was der einen die GRAZIA ist der anderen ihr Werbeblättchen ihres Lieblingsdiscounters. Selbiges und die Pantolette sind seit einigen Monaten so was von close. Da gab es im Winter die Fitnesspantolette aus pflegeleichtem, abwaschbarem Phylon-Material mit komfortabler Fußbettung für höchsten Tragekomfort. Fitness und Pantolette, nun gut, auf der selben Seite des Werbeblättchens wurden auch Sportjacken und Sporthosen beworben. Und jetzt für den Sommer - die hochwertige Badepantolette, die durch angenehmes Tragegefühl besticht. Gleichzeitig gibt's auf der Seite Unterhemden und Slips in Feinripp für den Mann. Was sag ich, für DEN Mann. Weil, was der Hammer ist, ist das männliche Modell, das aus dem Werbeblättchen heraus so was von verträumt wonnevoll dreinblickt. So was von attraktiv, so was von gut gebaut, so was von ... - in Pantoletten. Im darauf folgenden Werbeblättchen bewirbt das selbe Modell dann Freizeithemden und Travelshorts - und Socken. Auch schön. Was ich jetzt eigentlich sagen wollte: Also die Pantolette, egal in welcher Ausprägung, ist dermaßen bei mir angekommen!

Ich warte jetzt eigentlich nur noch darauf, dass dieses ungemein attraktive männliche Modell demnächst in meinem Werbeblättchen Unterhemd und Slip in Grobripp trägt. Und zwar Grobripp "used look", will sagen, mit Grauschleier. Dann werde ich im Kleiderschrank meines Traummannes einmal gründlich suchen, ob ich da nicht noch unausgepackte Modelle aus den Siebzigern finde. Die sitzen dann zwar ein ganz klein wenig spack, aber je nachdem kann das ja ganz nett aussehen. Und das mit dem Grauschleier krieg ich locker mit ein paar Wäschen hin.

Übrigens, es gibt da ja auch noch die Pantine. Die kommt aber - zu zweit natürlich - aus dem Niederländischen und bedeutet im Norddeutschen Holzschuh oder Pantoffel. Ich stell mir darin jetzt dieses Model vor.

Montag, 6. Juli 2015

Früher hatten wir FdH, heute Bioimpedanz-Messung, Apoptose - und den Karl-Heinz

Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) erstellt derzeit den ersten deutschlandweiten Lärmaktionsplan für die Hauptstrecken des Bundes. Die Lärmaktionsplanung des EBA erstreckt sich auf alle Haupteisenbahnstrecken des Bundes mit einem Verkehrsaufkommen von über 30.000 Zügen pro Jahr. So las ich in meinem "Schaufenster" und fragte mich, warum die jetzt zusätzlich extra Lärm veranstalten wollen. Beim Weiterlesen erfuhr ich dann, dass damit gesundheitsschädliche Lärmbelastungen verhindert werden sollen, dass das EBA eine Internetplattform online gestellt hat, über die Lärmbetroffene Informationen zu ihrer persönlichen Lärmbelästigung übermitteln können. Also unter Lärmaktionsplanung hätte ich mir jetzt was ganz anderes vorgestellt. Aber gut, Missverständnis geklärt.

Geht anderen ja aber auch so. Den Lokführern zum Beispiel. Die haben da ja auch etwas gründlich missverstanden. Ich mein, das war ja eine ganz tolle Idee von denen, den Bonnern, die so was von unter dem Bahnlärm leiden, einfach mal eine Auszeit zu gönnen, einfach mal Ruhe, einfach mal keine Bahnen fahren zu lassen. Dass die Bonner dann aber auch nicht mit der Bahn fahren können ... Irgendwann hat sich das ja aber dann auch geklärt. Was ja auch wichtig war - für die Internetplattform. Sonst hätte sich ja da keiner wegen Lärm gemeldet.

Apropos Missverständnis. Für diesen Sommer ist es jetzt eh zu spät. Das Thema ist gelaufen. Das ärgert mich schon. Ich mein, wenn ich das früher ...   
Gut, es gibt ja hier in Bonn ganz tolle Angebote. Ich erwähne da nur die Bioimpedanz-Messung, bei der Viszeralfett-Anteil, Stoffwechsel-Rate, Körperfettanteil im Verhältnis zur Knochenmasse und zur Muskulatur sowie metabolisches Alter ermittelt werden - beim
"Tag der offenen Tür bei omnivitalis in Bonn: Wohlfühlen und individuelle, professionelle Betreuung stehen bei uns im Vordergrund." Oder "Stoffwechselwochen bei easylife - bei uns Körperanalyse gratis." Beide Institute so was von unverbindlich, so was von professionell, so was von persönlich, individuell und qualifiziert! Hab ich's schon erwähnt? So was von professionell. Würde mich nicht wundern, wenn es demnächst in Bonn keine einzige Dicke Schrägstrich keinen einzigen Dicken mehr gäbe! Aber, so glaubwürdig und ungemein professionell dies alles klingt, für diesen Sommer ist es für mich zu spät. Weil, ich hatte ja auf dieses Wearable gesetzt ...
Aber mal angenommen, für nächstes Jahr, ich wüsste gar nicht, für welches dieser Institute ich mich denn entscheiden sollte? Am besten wäre ja für beide. Nach dem Motto: Doppelt hält besser. Im Ernst jetzt. Für omnivitalis, zu Kristine und Wilfried, weil das bei mir im Auerberg gleich ums Eck ist und die mir versprechen, dass sie eine schnelle, individuelle Lösung für mich parat haben? Oder zu easylife, die mit ausreichend Parkmöglichkeiten in allen Therapiezentren werben? Was jetzt für die auf Dauer aber wahrscheinlich so was von geschäftsschädigend ist. Weil, böten die Parkplätze für umsonst in zwei Kilometer Entfernung an, hätten die in null Komma nichts schon mal ganz zufriedene Kunden, weil die allein schon vom Hin- und Herlaufen abnehmen würden. Ist aber nicht mein Problem. Sollen doch deren Werbestrategen drauf kommen. Wahrscheinlich würde ich mich aber, sorry Kristine und Wilfried, für easylife entscheiden. Weil die sagen, dass sie Strukturfette belassen, und deshalb selbst bei starkem Gewichtsverlust jede Auszehrung unterbleibt. Und daran denke ich ja in erster Linie, dass ich beim Abnehmen so was von ausgezehrt werde.

Aber ich kann es drehen und wenden, wie ich will. Wenn ich jetzt noch was reißen wollte, könnte mir nur noch der Karl-Heinz helfen. Dessen Anzeige habe ich mir aus meinem "Schaufenster" herausgerissen. Was ja jetzt eher weniger ein Problem ist, als beim Frisör aus der Bunten eine Seite rauszureißen. Weil die ja eher nicht meine ist. Ich sollte vielleicht in dem Zusammenhang doch einmal überlegen, ob es nicht für den Lesezirkel zuträglicher wäre, wenn ich Seiten, die mich interessieren, fotografiere, statt alle naselang Zeitschrift-Ruinen in Wartezimmern zurückzulassen. Ganz abgesehen davon, dass es für mich auch nicht schön ist, wenn ich mit den rausgerissenen Seiten in meiner Tasche wie ein Schwerstverbrecher das Wartezimmer verlasse.  

Apropos Wartezimmer. In der Schönheitspraxis von dem Karl-Heinz sieht das Wartezimmer bestimmt ganz anders aus als die Wartezimmer, die ich bei den Ärzten als Kassenpatientin kenne. Der Karl-Heinz hat, wie gesagt, in meinem "Schaufenster" inseriert. Und seitdem ich seine Versprechungen schwarz auf weiß in der Küche an der Pinnwand hängen habe (ich habe mir extra für diese Seite eine eigene Pinnwand angeschafft), bin ich jetzt wirklich auf der sicheren Seite. Apoptose heißt das Zauberwort - kontrollierter Zelltod. Der Karl-Heinz hat da sein Zauber-Kryolipolyse-Gerät und sagt, dass es besonders für Patienten geeignet ist, die relativ fit sind, aber kleinere und mittlere Fettpolsterchen haben, die trotz ausgewogener Ernährung und Sport nicht zu beheben sind.
Aber das ist nur eine Behandlung von vielen. Deshalb hängt da jetzt mal die ganze Seite an der Pinnwand, für den Ernstfall. Weil, wenn ich das richtig verstehe, hat der Karl-Heinz von den Tränensäcken bis zu den Schrunden unter den Füßen für mich eine Lösung parat. Was mich jetzt ein ganz klein wenig stutzig macht, ist die Tatsache, dass der Karl-Heinz, obwohl er doch eine ganze Seite zur Verfügung hatte, nicht einmal übers Geld gesprochen hat. Das hat der wahrscheinlich bei aller Begeisterung über seine neuen Errungenschaften vollkommen vergessen.

Gut, den Karl-Heinz hab ich natürlich immer in petto. Aber geärgert hat's mich schon. Ich hatte mich jetzt halt so was von auf dieses angepriesene Wearable verlassen. Hatte mir die Seite ja extra beim Frisör aus der Bunten rausgerissen. Dabei bin ich sonst so was von reklameresistent, aber da stand: Das Fitnessarmband ("Activy Tracker") misst Schritte, verbraucht Kalorien, überwacht den Schlaf etc. Das hab ich mir natürlich sofort, auf der Stelle - oder wie der Lateiner sagen würde - statim gekauft. Und hier sind wir jetzt wieder beim Thema Missverständnis - oder einfach beim nicht richtig Lesen. Weil, in der Anzeige hieß es nicht "verbraucht Kalorien", sondern "misst verbrauchte Kalorien". Da kann man mal sehen, was so ein einziger Buchstabe dir den ganzen Sommer versauen kann!

Hier war's jetzt nur ein einziger Buchstabe, der mir den Sommer versaut hat.
Beim Weltzugtag waren es zwei Silben. Gut, ich hab natürlich schon gestutzt, dass die so zeitnah wegen des ständigen Lokführerstreiks einen Weltzugtag zum Gedenken an fahrende Züge ins Leben rufen. Aber es gibt ja auch den "Tag der Apotheke", der - eingedenk des Darms -  unter dem Motto "Für Ihr Bauchgefühl. Was tun bei Magen-Darm-Beschwerden?" steht. Warum dann keinen Weltzugtag, an dem wir eingedenk fahrender Züge sind? Ich hab dann aber noch mal richtig gelesen und hatte da eben das entscheidende Wort "Vogel" überlesen. Der Opernchor von Bologna hatte anlässlich des Weltzugvogeltages ein UN-Benefizkonzert gegeben.


Ich sag ja, Missverständnisse über Missverständnisse. Wichtig nur, dass ich den Karl-Heinz mit seiner Med-Bodycontour-Schönheitspraxis immer in der Hinterhand habe.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Dampfstrahler, Staubsauger und Q-tips - da ist für Schneeketten wirklich kein Platz mehr!

Doch, das muss ich sagen, es hat sich gelohnt. Zuerst dachte ich ja, leicht übertrieben, aber es hat sich gelohnt! "Prima Klima im Auto", "Die Frühjahrskur für Ihr Auto" und "Wie Pollenallergiker ihr Auto sicher machen", solcherlei Artikel fand ich in den vergangenen Wochen im Autoteil meines "Schaufensters". Und weil ich mich schon um den Frühjahrsputz im Haus gedrückt hatte, indem ich das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters einfach über einige Wochen ignorierte, wollte ich's beim Auto jetzt nicht auch noch schleifen lassen. Und es hat sich ja auch gelohnt! Ein Tipp jagte da den anderen. Ausschlaggebend für mich war zusätzlich der Satz: "Die Pflegemaßnahmen lassen einen glücklicher in den Frühling starten."

Außerdem für mich wieder mal die Gelegenheit, schweres Gerät zu bedienen. Ich sage nur Dampfstrahler. Dampfstrahler seien das beste Mittel, um wirklich bis in die letzte Fuge zu gelangen und schädliche Winterablagerungen zu entfernen. Und zwar auch von unten, in den Kanten und Falzen der Türen, Kofferraumdeckeln, an der Motorhaube und zwischen den Lüftungsgittern, wo sich oft schon seit dem Herbst Laubreste tummelten. (Man stelle sich das Getümmel einmal vor - bei meinem 20 Jahre alten Corsa!) Dazu benötige man viel Wasser und Gefühl! Allerdings solle ich die Finger weg vom Motorraum lassen, um unnötige Schäden an der Elektrik zu vermeiden. Bin ich froh, dass die mir das dazu geschrieben haben! Wer weiß, ich hätte sonst ...

Aber allein in diesem Artikel war das bei weitem nicht der einzige zielführende Tipp. Dankbar war ich auch für folgenden. Ich solle doch auch bitteschön den Innenraum frühjahrsfit machen, indem ich Gegenstände wie Schneeketten und Schneeschaufeln wieder in die Garage oder Keller stelle, da der im Sommer unnötige Ballast durch sein Gewicht mehr Kraftstoff verbrauche. Ich fand den Tipp so toll, dass ich ganz sorgsam und gezielt nach Schneeketten im Innenraum meines kleinen Corsas gesucht habe, obwohl ich mir an sich zu 100 Prozent sicher war, dass ich im vergangenen Winter gar keinen Schnee gesehen hatte, geschweige denn Schneeketten besaß. Aber, safety first, sage ich mir immer. Und als hätte der Autor des Artikels es genau auf mich abgesehen, wies er mich darauf hin, dass ich beim gründlichen Saugen die Autositze dabei in verschiedene Positionen verstellen (ich hätte da sonst mit Sicherheit gehudelt!) und den Polstern mit einer Schaumreinigung wieder ein schickes Frühjahrs-Outfit verpassen soll. Wenn da nicht zu Beginn des Artikels gestanden hätte, dass ich dann glücklicher in den Frühling starte, ich hätte mir diese Mühe nicht gemacht. Weil der andere Grund, nämlich den Wert des Gefährts zu erhalten, also mein Auto ist so alt, also wenn, habe ich gerade mal den Schrottwert erhalten.

Und dann gab's da noch den überaus lehrreichen Artikel "Wie Pollenallergiker ihr Auto sicher machen". Dort hieß es, der Aktivkohlefilter solle die erste Wahl sein und mindestens einmal pro Jahr erneuert werden. Beim Filterwechsel solle man auch gleich die Lüftungskanäle und den Verdampfer der Klimaanlage reinigen lassen - zumal sich in der feuchten Herbst- und Winterzeit gerne Bakterien und Schimmelpilze ansiedeln. Also ich bin ja nicht pingelig, aber für mich persönlich hörte sich das wirklich eklig an. Ich war gerade dabei, mich so was von hineinzusteigern in meinem Ekel, als mir plötzlich einfiel, dass mein Corsa gar keine Klimaanlage hat!

Ich wollte daraufhin schon die Lektüre des hochinteressanten Artikels abbrechen, als sich selbiger justament den Fenstern und Türen widmete - die mein Auto auch hat. Und da bin ich jetzt wieder so was von froh, dass ich, was das Durchhalten beim Lesen betrifft, nicht zu früh schlapp gemacht habe. Weil, ich hab' mich natürlich immer mal wieder gefragt, warum so immens viele Pollen in meinen Corsa fliegen und ich deshalb so ein Kratzen im Hals habe und die Augen jucken. Erst kürzlich habe ich noch bei mir gedacht, Adelheid, dem musst du mal auf den Grund gehen. Ich meine, nicht umsonst schreiben die: Niest ein Fahrer bei Tempo 80, fährt er rund 25 Meter mit geschlossenen Augen. Jetzt weiß ich auch, warum mir beim Autofahren nach mehreren Niesern oftmals die entgegenkommenden Autofahrer immer denselben Finger zeigen - als ob die sich abgesprochen hätten! Gut, jetzt muss ich auch mal sagen, die sollen sich nicht so haben. Immerhin fährt mein Corsa ja nicht in der Spitze 280 Stundenkilometer.

Egal! Dank des Artikels weiß ich jetzt jedenfalls Bescheid: Die blöde, hinterhältige Polle, die kommt nicht nur durch die Lüftung in mein Auto, nein, die fliegt auch durch die geöffneten Fenster und das Schiebedach. Und deshalb in meinem "Schaufenster" der super Tipp, die Fenster und Türen möglichst geschlossen zu halten. Seitdem schließe ich während der Fahrt die Fenster und  - vor allem die Türen! Wenn ich das mal schon früher gewusste hätte! Zielführend war auch der Hinweis, dass während der Pollensaison regelmäßig alle Oberflächen im Innenraum mit einem feuchten Lappen abgewischt werden sollen  - und zwar möglichst von einem Familienmitglied, das nicht allergisch ist. Zum Schluss gab der Artikel noch den nicht zu unterschätzenden Hinweis, dass Allergiker bitteschön bei extremem Pollenflug ihr Auto wegen des erhöhten Unfallrisikos lieber stehen lassen - und zu Fuß durch den Pollenflug gehen sollen. Witz! Stimmt natürlich nicht. Nein, die sollen lediglich jemand anderen bitten zu fahren.

Apropos Pollenflug. So viel wie ich über die Kirschblüte in der Altstadt gelesen hatte, natürlich hab' ich die mir auch angeschaut! Aber, safety first: keine Lüftung, Fenster und Türen nicht nur geschlossen, sondern obendrein abgeklebt. Und so bin ich im Schritttempo (ich war offensichtlich nicht die Einzige, die das von der Kirschblüte mitbekommen hatte) durch die Altstadt gefahren. Was mich schon gewundert hat, als ich nach Stunden wieder aus meinem Corsa ausstieg, hatte ich so was von Kreislauf. Es könnte daran gelegen haben, dass ich über Stunden von der Sauerstoffzufuhr abgeschnitten war.

Ich meine, so sauber wie mein Corsa jetzt ist (im Gegensatz zu meinem sonstigen Wohnraum) und wie viel Zeit ich zwecks Erhaltung dieses Zustandes in ihm verbringe (tägliches Abwischen sämtlicher Oberflächen mit feuchtem Lappen, Säuberung der Polster mittels Staubsauger mit Wasserfilter, Reinigung der Lüftungsschlitze mit Q-tips), lag der Schritt eigentlich nahe. Also es sprach wirklich nichts dagegen, oder anders, es bot sich förmlich an, dass ich seit geraumer Zeit in meinem Corsa lebe. Wenn es regnet, die Polle also mal ausnahmsweise nicht fliegen kann, stelle ich das Auto unter und öffne zwecks Sauerstoffzufuhr alle Fenster und Türen.

Was jetzt aber schon blöde ist: Das Sauberhalten meines Autos hat mittlerweile den ganzen Jahresurlaub geschluckt. Deshalb will sich das Glücklichsein noch nicht so ganz einstellen.  

Vielleicht mach' ich es im nächsten Jahr doch umgekehrt, was den Frühjahrsputz anbelangt.

Mittwoch, 20. Mai 2015

Aprilscherz war gestern - der Trend geht eindeutig zum lustigeren Maischerz!

"Liebesbeweis mit Tücken", so lautete es neulich auf der Titelseite meines "Schaufensters". Der junge Mann, der seiner Angebeteten einen Maibaum setzen wollte, erfuhr nun, was nicht erlaubt ist. Punkt eins: Wie komme ich an eine Birke? Nicht erlaubt ist selbstredend, einfach einen Baum aus dem Wald zu holen. Das ist nämlich Diebstahl und Sachbeschädigung. Der Baum gehört sich beim Förster gekauft und die Quittung aufgehoben zwecks Vorzeigens. Punkt zwei: Wie transportiere ich Selbige (nicht die Quittung, sondern die Birke)? Sie darf nach vorne überhaupt nicht, nach hinten maximal drei Meter über das Fahrzeug hinausragen und muss gekennzeichnet werden. Und der Transport von Helfern auf der Tragefläche? Ich sage nur, rechtlich ein absolutes No-Go.

Und justament in derselben Ausgabe die Anzeige "Mai-Nacht: Vom Mittelstürmer zum Herzensstürmer". Knauber bot jungen Maibaumstellern professionelle Unterstützung beim Basteln von schönen, persönlichen Maibaumherzen an. Denn, so hieß es in der Anzeige, wer seine Auserwählte mit einem schön geschmückten Baum überraschen wolle, müsse an einiges denken und bei der Gestaltung kreativ sein. Der Mann bastele nun mal nicht täglich ein rosarotes Herz. Deshalb stelle Knauber am 30. April neben einer großen Auswahl an Farben und Accessoires auch jede Menge Ideen bereit. Die weiblichen Fachkräfte gäben viele Tipps zu einer schönen Gestaltung, die Frauen gefallen könnte. Die Mai-Nacht wolle gut vorbereitet sein. Knauber habe deshalb ein großes Maibaum-Sortiment mit Kreppbändern, vorgeschnittenen Holz-Herzen, Sägen, Farben und Schmuck-Accessoires zusammengestellt. Ab dem 29. April verkaufe Knauber frisch geschlagene, ca. vier Meter hohe Maibäume.

Am Ende der Anzeige folgte die Packliste für den Maibaumsteller: Maibaum, Arbeitshandschuhe, Säge, Hammer und Handtacker, Erst-Hilfe-Set, Kreppband zum Schmücken, Gestaltetes Holz-Herz mit dem Namen der Auserwählten, Kabelbinder und Draht zur Befestigung, Seitenschneider/Schere, Seile/ Spanngurte zur Befestigung, Fahrradschloss, um den Baum "diebstahl-sicher" zu befestigen, Fahrzeug und Anhänger, Spanngurte zur Befestigung am Fahrzeug, Bollerwagen, Kühltasche mit Getränken für die Helfer, Grillset zum Mitnehmen  

Was ich jetzt noch unbedingt hinzufügen würde. Ich mein', sonst brauche ich keine Packliste: Kühltasche mit antialkoholischen Getränken für den Fahrer. Wahrscheinlich ist es ohnehin besser, wenn in der Kühltasche nur antialkoholische Gertränke stehen. Nicht, dass der Fahrer mal aus Versehen daneben greift! Es sollte auch im Vorfeld geklärt werden, ob die Helfer aus der Flasche trinken wollen. Sonst gehören Becher auf die Liste. Und, mir soll's egal sein, aber entweder habe ich eine Packliste oder nicht. Also halbherzig ist blöd. Deshalb: Nimmt der junge Mann jetzt nur ein Grillset mit oder auch Fleisch dazu? Weil, die Kühltasche kommt ja eh mit.

Wo ich mir gerade so Gedanken über die Packliste mache. Ich denke da an ...
Wir schreiben das Jahr 1975, also vor 40 Jahren, demnach vor einer halben Ewigkeit: Ich habe in meiner Jugend in der Eifel gewohnt. Mein damaliger Freund stellte zusammen mit seinen drei Kumpels in der Nacht zum 1. Mai vier Maibäume. So war der Plan. Und so die Ausführung: Er hatte eine Ente mit Rolldach. Wir sprechen von einem Auto! Die Ente war mit vier Personen auch ohne Maibaum schon am Rande ihrer Kapazität. Viel weniger Personen durften aber auch nicht im Auto sitzen. Weil, oftmals sprang sie nicht an, und dann brauchte es möglichst viele Menschen zum Anschieben.
Ach ja, die Ausführung: Auf der Fahrt zur ersten Maibaum-Stell-Adresse wurde in einen Feldweg eingebogen, mit der Taschenlampe nach einer Birke gesucht und mit Säge oder Axt selbige gefällt. Sodann Gefällte durch das offene Rolldach in die Ente verfrachtet und weiter Richtung Angebeteter. Nach Aufstellen des ersten Maibaums Fahrt Richtung Adresse Nummer zwei - mit Zwischenstopp! Adresse Nummer drei - dito. Der letzte Maibaum sollte einem Mädchen in Schleiden gestellt werden. Es war schon weit nach Mitternacht, die Ente  in viele Feldwege eingebogen, die Insassen, mit Taschenlampe und Axt bewaffnet, hatten keine einzige Birke angetroffen. Der letzte Feldweg lag offensichtlich schon länger hinter ihnen, denn da fuhren sie auch schon mitten durch Schleiden - am Stadtpark vorbei. Am Schleidener Stadtpark mit seinen wunderschön bepflanzten Blumenrabatten, am Park mitten im Zentrum, mit seinen ausnehmend gepflegten Beeten und - schau, Birken ... Doch, da konnte das Mädchen aus Schleiden sich schon was drauf einbilden, auf diese tolle, große, gerade gewachsene Birke!

Was ich mich hier wieder frage. Wie haben die jungen Männer das bloß früher gemacht, damals, ohne Packliste?

Apropos Packliste. Das Beste hätte ich bald vergessen. Knauber bot in seiner Anzeige an, die dann fertigen, ungemein individuell, total kreativ gestalteten Maibäume auch aufzustellen - gegen einen kleinen Aufpreis natürlich. Was ich persönlich jetzt recht praktisch finde, weil da spart man sich ja schon einen Haufen Vorbereitung - so geplant, wie das heute wohl abläuft.

Da kann man dann nur hoffen, dass die hübschen Holz-Herzchen mit dem Namen der Angebeteten nicht vertauscht werden!

Mittwoch, 29. April 2015

Das Rheinische Landesmuseum Bonn in der Colmantstraße bekommt Konkurrenz - in Gestalt meines Lieblingsdiscounters

Apropos Kölnstraße. Wie oft bin ich in den vergangenen Monaten an meinem Lieblingsdiscounter vorbeigefahren und habe mich gewundert, wie lange die für dem Umbau brauchen. Jetzt weiß ich es: Bei den Bauarbeiten wurden archäologische Funde aus der Römerzeit entdeckt und die Grabungsarbeiten haben sechs Monate gedauert. Zur Eröffnung gab es eine Fotoausstellung der besten Exponate mit dem Titel "Filiale auf historischem Grund", die dort dauerhaft bleiben soll. Da bekommt das Landesmuseum direkt Konkurrenz. Zur Zeit kann man ja dort die Ausstellung "Eiszeitjäger - Leben im Paradies" besuchen. Aber dass ich jetzt quasi auch beim Einkauf kulturell unterwegs bin - praktisch!

Was ich mir jetzt in diesem Zusammenhang vorstelle ...  Wenn ich mir diese unzähligen Werkzeuge zum Erhalt der Fitness anschaue, die das Werbeblättchen mir tapfer immer wieder feilbietet, also da dürfte es in unsrem Lande kein Persönchen mit auch nur einem Pfündchen zuviel auf den Rippen geben. Das ist hier wohl so wie so häufig: Ganz wenige Menschen benutzen alle diese Fitnessgeräte gleichzeitig und rund um die Uhr, und bei vielen kommen derartige Teile erst gar nicht ins Haus. Und dann gibt's da noch die zahlenmäßig nicht zu unterschätzende Gruppe derer, die alle Fitnessgeräte kaufen und glauben, dass allein das Besitzen selbiger schon fit macht. Für mich persönlich ist das ja ein Warensortiment, bei dem ich viel sparen kann, indem ich es gar nicht kaufe. Gut, auf der anderen Seite sage ich ja immer, dass Bedürfnisse erst durch Werbung gemacht werden. Sag ich auch immer noch - Ausnahme: Verkaufsartikel, die mit "Zieh es durch" angepriesen werden oder Waren, die in einem Atemzug mit Bauchmuskeln und Liegestütze genannt werden. Was sich recht positiv auf die Geldbörse auswirkt, weil dann automatisch bei mir auch kein Bedarf an einer Bodenmatte für Fitnessgeräte besteht.

Trotzdem, auch diese Seiten des Werbeblättchens gilt es genau zu studieren: Zum einen wegen der ungemein gut gebauten und durchtrainierten Körper, zum anderen für mich höchst interessant, was es immer wieder an neuem Gerät auf dem Fitnessmarkt gibt. Gut, der Bauchmuskeltrainer ist mir mittlerweile geläufig. Wobei ich bei dem eher - läge da nicht ein ausgewachsener Mann drunter und gäbe es nicht die Produktbeschreibung - an eine Aufhängevorrichtung für ein Mobile zur Bespaßung eines Säuglings denken würde. Auch Crosstrainer kenne ich, und Power-Fitnessband sowieso. Bei einem "Multifunktions-Türeck aus stabilem Stahlrohrgestänge und Handgriffen mit Schaumstoffummantelung", das sich offensichtlich für Klimmzüge recht gut eignet, dächte ich, läge es einfach so vor mir, an einen Dachgepäckträger.
Was ich persönlich so noch nicht gesehen habe, ist eine Kugelhantel. Und dazu die Produktbeschreibung, einfach unübertroffen: "Geben Sie sich die Kugel. Kettlebell-Training für Ihr perfektes Kraft - und Ganzkörpertraining, optimales Trainingstool für Ihr Home-Workout". Gut, für mich jetzt uninteressant, weil in der Produktbeschreibung das böse Wort Power einfach viel zu oft vorkommt. Aber wem's Spaß macht: Für schlappe 5,99 Euro eine Kettlebell mit komfortablem Haltegriff, Gummifüßen zum sicheren Abstellen (das Gerät, nicht den Menschen) und ein Trainingsvideo - da kann man wirklich nicht maulen.

Noch mehr fasziniert hat mich allerdings der Sling Trainer. Für mich persönlich ist der jetzt überhaupt nicht geeignet, weil er speziell die tiefer liegende Bauchmuskulatur trainiert - ich habe da nämlich gar keine. Auf der Abbildung sieht man eine Frau, die Liegestütz macht, während ihre Füße in zwei Schlaufen hängen, die ihrerseits an der Tür befestigt sind. Also diese Seite im Werbeprospekt könnte mir mein Lieblingsdiscounter jede Woche persönlich vorbeibringen - in tausend Jahren erwächst da kein Bedürfnis von meiner Seite!

Apropos in tausend Jahren. Was ich mir jetzt vorstelle: Also die Archäologen, wenn die in zehntausend Jahren auf dem Gelände an der Kölnstraße, wo jetzt mein Lieblingsdiscounter wieder eröffnet hat, also wenn die dort bei Bauarbeiten auf Überreste von solchen Fitness-Tools stoßen - ohne Produktanleitung! Werden die nicht vor ein Rätsel gestellt, was die Menschen damals mit diesen Artefakten angestellt haben?  
Aber noch mehr hätte mich die Meinung der Eiszeitjäger interessiert. Also wenn die Überreste von einem Hometrainer fänden, rein hypothetisch. Wie lange bräuchten die um herauszufinden, dass sich da Menschen drauf müde strampeln, ohne auch nur einen Zentimeter vorwärts zu kommen? Da kämen die doch nie drauf!
Oder so eine Kettlebell (ich liebe dieses Wort). Die Kettlebells der Eiszeitjäger waren die Keule und der Pfeil. Die brauchten ihre "Tools" aber zum nackten Überleben. Die Eiszeitjäger hatten Bauchmuskulatur, das wussten die nur nicht. Und angenommen - wieder rein hypothetisch, weil die ja vor uns gelebt haben ("Science Fiction" in die andere Richtung quasi) - also angenommen, es würde sogar ein Werbeprospekt gefunden. Wie sollten sich die Eiszeitjäger erklären, warum die Frau ihre Füße in zwei Schlaufen hängt, die wiederum an einer Tür hängen, und sich dann vom Boden abstemmt? Es ist wirklich so was von hypothetisch zu überlegen, was die Menschen vor zehntausend Jahren beim Anblick dieser Fotos in meinem Werbeblättchen gesagt hätten. Denn wie, bitteschön, sollten sie sich das Wort "Freizeit" erklären?

Apropos erklären. Ins Auge ist mir dieser Tage die Anzeige von PMPG gesprungen: Ein Mann, athletisch gebaut, Oberkörper tätowiert, wirft mir einen Handkuss zu. Darunter in großen Lettern "Wir haben noch Stellen frei." Die PMPG sucht Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirte. Gute Anzeige, denke ich, weil größer könnte der Kontrast nicht sein. Erst auf den zweiten Blick verstehe ich den Witz: Im Gegensatz zu dem ganzkörper-tätowierten Mann, der keine einzige freie Körperstelle mehr für ein neues Tattoo hat, hat besagtes Unternehmen noch Stellen frei.
Auch da frage ich mich, was dieses Foto in hunderten von Jahren über uns aussagt. Warum die Menschen unserer Zeit angefangen haben, sich flächendeckend zu tätowieren. Vielleicht wird es Forscherteams geben, die sich mit der Frage beschäftigen, in wie weit die Größe des Tattoos in unmittelbarem Zusammenhang mit dem IQ steht.

Wo ich gerade bei Anzeigen in meinem "Schaufenster" bin. Ich hoffe zutiefst, dass die Anzeige vom Media Markt in der Geschichte der Menschheit nie mehr auftaucht. Da ging es um Folgendes: Bei der "Bang YurHead"-Challenge versprach ein Hersteller, dass seine neuen Kopfhörer dank ihres neuen Designs perfekt sitzen und auch dem wildesten Kopfschütteln widerstehen. Wer es schaffe, die Kopfhörer innerhalb von zehn Sekunden durch Kopfschütteln von den Ohren zu befördern, der dürfe ein brandneues Paar davon gleich mit nach Hause nehmen.

Ganz davon abgesehen, dass ich ja dann ein Produkt bekomme, was den Versprechungen nicht standhält - was würden die Eiszeitjäger dazu sagen? 

Dienstag, 14. April 2015

Die Schaufenster und nicht das "Schaufenster" - So viele Bilder im Kopf

So gegen halb zehn an einem Donnerstag in meiner Stadt. 
Die ersten Geschäfte schon geöffnet, noch sind keine Kunden da. Deshalb wird hier noch eben gesaugt und dort im Eingangsbereich geputzt. Hinter vielen Schaufenstern ist es noch dunkel, kein Lebenszeichen von drinnen, kein Licht. Ich fahre mit dem Fahrrad von meinem Auerberg über die Kölnstraße in meine Stadt - wie seit Jahrzehnten. Und seit Jahrzehnten am BLUMENHAUS ENGELS vorbei - auf der rechten Seite kurz vor dem Martinsplatz gegenüber dem ehemaligen Krankenhaus. Und wieder erfreue ich mich an den geschmackvoll dekorierten hohen Schaufenstern des alten Eckhauses, genieße vorbeifahrend die Blumenpracht, werde eingestimmt auf Jahreszeiten und anstehende Feste. Dieses Mal sind es die Tulpen und Narzissen, die Krokusse und das Osterfest (ein zarter Wehmutsstich: Noch nie habe ich hier einen Blumenstrauß gekauft!).

Am Berta-von-Suttner-Platz schwenke ich nach links, lasse den Peter, den KASTENHOLZ, rechts liegen, kaufe in der Bäckerei SCHELL zwei unverschämt leckere Mailänderhörnchen. Weiter geht's mit Blumen im Kopf und Mandelhörnchen in der Tasche kurz Richtung Kennedy-Brücke, dann aber rechts und sofort wieder rechts in die Friedrichstraße.
Und wieder das Eckhaus ein HAUS DER BLUMEN, steige ab, wunderschöne Osterdekoration (-50% Rabatt). Ranunkeln stehen dreist im Freien, verlangen nach Aufmerksamkeit, nehmen Raum ein, Platz weg, brauchen keine Angst zu haben, weil Fußgängerzone. So friedlich die Friedrichstraße um diese frühe Tageszeit, so blumig am Ende die Straße (und, ja, auch hier habe ich noch nie Blumen gekauft!).

Will schon weiter, weil verabredet, um zehn Uhr im neuen Kirchenpavillon der Kreuzkirche am Kaiserplatz. Entdecke jedoch zwei Häuser weiter im Schaufenster des Geschäfts KISS THE INUIT bizarre, tierähnliche Skulpturen - und ein großes Plakat: 21.3. - bis 30.4. Material World Georg Wittner "Wenn aus alten Dingen Neues entsteht, kann es Kunst sein. Oder Mode." Gott sei Dank hat der Laden noch geschlossen, hätte mich sonst in der Zeit verlaufen!
Weiter die Friedrichstraße entlang und links in die Wenzelgasse. Komme rechts an KULT vorbei, Schaufenster beklebt mit RÄUMUNGSVERKAUF WIR SCHLIESSEN APRICOT TOM TAYLOR ONLY -70%. Mein Gott, wie jung war ich, als in diesem Ladenlokal BLÖMER war. Und wiederum wie viele Jahre gibt es dort nun schon BUTLERS und KULT?

Wehmut mischt sich zwischen Blumen und Mailänderhörnchen. Bin auf dem Marktplatz angekommen. Obst und Gemüse zwischen den Schaufenstern von HUT WEBER und ALLERMANN. Diese Schaufenster aus einer anderen Zeit? ALLERMANN, weiße Lettern auf dunkelgrüner Markise, goldene Buchstaben auf Glas. Und plötzlich Traurigkeit. Erinnerung an einen lieben, verstorbenen Freund, mit dem ich hier viele Jahre den Rosenmontagszug geschaut habe. Bei KASTENHOLZ habe ich immerhin schon einen Nadeleinfädler gekauft, aber HUT WEBER und Herrenausstatter ALLERMANN? - Fehlanzeige. Können alle nicht von mir als Kundin leben! Plötzlich sehe ich mich im Schaufenster lächeln: Aber mein verstorbener Freund war Stammkunde bei ALLERMANN, das zählt auch. Hat schon geöffnet, neben der Eingangstür ein Pappkarton mit ausrangierten Kleiderbügeln zum Mitnehmen. Nehme mir drei.

Lasse das alte Rathaus links liegen, vorbei am klitzekleinen DESIGUAL-Laden, der immer im Schatten liegt, zu einem anderen Eckhaus: BEATE UHSE. Was haben das Hutgeschäft, der Herrenausstatter und der Erotikshop gemeinsam? Es gibt sie, solange ich in Bonn wohne (und ich wohne schon sehr lange in Bonn) und ich war in allen drei Läden noch nie Kundin. Fahre an DEITERS vorbei, immer noch daneben die Buchstaben BOUVIER. Dass BOUVIER geschlossen hat, liegt definitiv nicht an mir, habe dort viele Bücher gekauft, aus Papier.

Biege links ab Richtung Kaiserplatz. Auf der linken Seite das Schaufenster von J.M.H.WALTZINGER, Mode in Bonn. Kann mich noch gut daran erinnern, als WALZINGER in der Kaiserpassage war. Das war zu der Zeit, als Bonn noch Bundeshauptstadt war: Die Diplomatengattinnen kauften dort ein und draußen parkten die schwarzen Limousinen mit ihren 00-Kennzeichen im absoluten Halteverbot. Ich vermisse sie nicht!
Noch habe ich ein paar Minuten, bevor die Glocken mit ihrem 10-Uhr-Läuten beginnen - also Zeit für die Schaufenster von VOLLMAR & SÖHNE, Feine Waren seit 1861! Gediegenes Eckhaus in grau und schwarz Ecke Kaiserplatz/Am Neutor. SCHMUCK SILBER PORZELLAN prangt es in großen Lettern am Haus. In den Schaufenstern nur Feinstes von Fürstenberg, Christian Lacroix und KPM. Auch hier habe ich noch nie etwas gekauft. Aber das stundenlange vor den Schaufenstern Stehen und Bewundern muss auch in die Waagschale geworfen werden! Die Glocken der Kreuzkirche läuten, auf dem Kaiserplatz, in meiner Stadt, um zehn Uhr.

PS: Habe mir übrigens die Ausstellung von Georg Wittner angesehen - toll! Läuft noch bis zum 30. April im KISS THE INUIT. Nicht verpassen!
Habe überlegt, wo ich in Zukunft Geld lassen werde. Habe mich mittlerweile damit abgefunden, dass ich auch in Zukunft nicht bei HUT WEBER und Herrenausstatter ALLERMANN einkaufen werde. Habe dafür aber beschlossen, ich hatte es immer schon mal vor, damit man auch weiß, wovon man spricht: Also "Dschungel Camp" zum Beispiel, da hab' ich auch schon mal zehn Minuten reingeschaut, damit ich auf dem Laufenden bin und weiß, worüber sich die Welt erregt. Oder damals "Dallas" - keiner sah sich die Serie regelmäßig an, aber als in der Bonner Oper eine Persiflage auf "Dallas" aufgeführt wurde, gab es Standing Ovations. Hab' mich damals gefragt, wie ich eine Persiflage so bejubeln kann, wenn ich doch das Original nicht kenne. Also wie dem auch sei, diese Beate ist irgendwie Zeitgeschichte, also Geschichte, also Bildung im weiteren Sinne. Immerhin war sie eine der einflussreichsten deutschen Frauen, hat 1962 in Flensburg den ersten Sexshop der Welt eröffnet. Und es gibt über sie eine Fernseh-Biographie aus dem Jahr 2011 mit dem Titel "Beate Uhse - Das Recht auf Liebe". 

Und Blumen werde ich kaufen, viele Blumensträuße, viele Blumen, viele Sträuße, viele!

Mittwoch, 8. April 2015

Der perfekte Abi-Ball

"Der perfekte Abi-Ball" - so lautet die Überschrift eines Zeitungsartikels. Und in dem Artikel heißt es: Damit sich die Abiturienten neben der Erstellung von Gästelisten, der Auswahl von Musik und der Buchung der Location nicht auch noch Gedanken um die Finanzierung machen müssen, vergeben die IUBH School of Business and Management und die IUBH Duales Studium mit dem "Abi Event Award 2015" einen Zuschuss von insgesamt 3.500 Euro. Prämiert werden die kreativsten Veranstaltungskonzepte. 
Eine Jury aus Eventprofis sowie Medien - und Industrievertretern bewertet die Konzepte nach den Kriterien Kreativität, Markenbildung und Professionalität. "Eine sorgfältige Planung ist für eine einzigartige, unvergessliche Abschlussfeier unerlässlich", erklärt die Projektkoordinatorin des Abi Event Awards. "Bei der Organisation eines Abi-Balls gibt es viele Aufgaben: Die Schüler müssen ein Eventkonzept erstellen, ein Motto umsetzen, Sponsoren finden und sich um das Finanz - und Zeitmanagement sowie den Personalplan kümmern." Das Abi-Event-Handbuch der IUBH soll bei der Planung des Abi-Events einschließlich der Vorabi-Fete helfen.
Soweit der Artikel.

Ich habe 1978 in Mechernich Abitur gemacht. Der offizielle Teil fand wie heutzutage in der Schule statt. Ein Mitschüler unseres Jahrgangs war der Sohn eines Landwirts. Dort auf dem Hof haben wir an dem Samstag darauf in Jeans und T-Shirt gefeiert. In unserem Jahrgang war auch der Sohn des Direktors unserer Schule. Und so spielte der Sohn auf dem Anhänger eines Traktors auf dem Klavier, ja, begleitete seinen Vater auf dessen letzten Weg mit beschwingten Melodien, während er, der Vater, in Gestalt einer liebevoll hergestellten Strohpuppe zusammen mit dem einen oder anderen Schulbuch verbrannt wurde.
Das war unser Abi-Ball. Noch Jahrzehnte später sucht diese Feier ihresgleichen.   

Die Frage, die sich mir jetzt stellt: Wie haben wir eigentlich damals ohne das Abi-Event-Handbuch der IUBH School of Business and Management so ein einzigartiges Fest auf die Beine gestellt, einfach so?


Offensichtlich gibt es hier einen riesigen Markt, der noch zu erschließen ist. Und viele reißen sich um diesen Kuchen.