Mittwoch, 4. Oktober 2017

Pop-down - wäre auch mal eine Idee

"Vor dem Urlaub langsam zur Ruhe kommen", so las es sich in meinem SCHAUFENSTER. Wer bei der Arbeit unter großem Druck stehe, werde häufig im Urlaub krank. Die Anspannung im Beruf bringe den Organismus dazu, Reserven bereitzustellen, erklärte Psychologe Roland Raible. Fällt die Belastung weg, müsse sich der Organismus nicht mehr anstrengen. Der Körper ist dann anfälliger, die Widerstandskraft schwächer. Das kann sich mental, aber auch körperlich auswirken. "Die Leute machen sich, wenn sie entspannen, gewissermaßen frei für Krankheiten." Vorbeugend rät der Psychologe, regelmäßig Pausen bei der Arbeit einzulegen und nicht stundenlang am Stück durchzuarbeiten. Wer verreist, sollte sich davor Zeit geben, langsam zur Ruhe zu kommen. Starker Stress bis unmittelbar vor einer langen Autofahrt oder einem Flug sei nicht gut für den Körper.

Ich wusste das gar nicht, dass außer mir so viele Menschen mein SCHAUFENSTER lesen. Weil, ich hab mich natürlich schon des Öfteren gefragt, dieses einige Stunden einfach mal Durcharbeiten kommt ja zunehmend für den ein oder anderen nicht mehr in Betracht. Da waren die einfach viel früher besser informiert als ich. Ich werde mich da jetzt natürlich auch dran halten. Was jetzt natürlich blöde ist, wenn du im Schuldienst arbeitest: Kaum sind die Sommerferien zu Ende, da muss ich quasi schon nach zwei Wochen wieder damit anfangen, längere Arbeitspausen einzulegen. Sonst schaffe ich das ja nicht bis zum Herbstferienanfang. Und so setzt es sich ja fort. Und wenn dann nach den Osterferien der Mai mit seinen Feiertagen und Brückentagen kommt. Wenn ich es mir recht überlege, lohnt es sich nach den Osterferien eigentlich überhaupt nicht mehr, den Schulalltag wieder aufzunehmen.
Wie gesagt, ich wusste das gar nicht, dass ich schon viel früher mal hätte einen oder zwei Gänge runterschrauben sollen. Wobei, wenn ich offenen Auges, also in meinem Umfeld, wenn man's weiß. Ich hätte da auch selbst drauf kommen können, wo sich doch so viele Menschen daran halten, nicht allzu lange an einem Stück zu arbeiten, um dann übergangslos in den Urlaub zu gehen. Womit ich jetzt meine Probleme habe, ist mit der Phrase "wohlverdienter Urlaub".

Apropos Urlaub und Ferien. Für meinen Urlaub im kommenden Jahr habe ich schon einmal das ein oder andere Utensil käuflich erworben. Also was sich in dem Bereich ja getan hat. Letztes Jahr habe ich doch tatsächlich meinen Flieger verpasst, weil ich zu lange bebraucht habe, mich in die immer größer werdende Produktpalette von Sonnenschutz-Produkten einzuarbeiten. Ich bin ja zu einer Zeit herangewachsen, als Sonnenstrahlen noch keinen Hautkrebs verursacht haben. Gut, taten sie schon, aber es hatte sich so noch nicht herumgesprochen. Als dann aber von wissenschaftlicher Seite durchsickerte, das mit dem Hautkrebs, hat sich der ein oder andere mit Sonnencreme eingerieben, Ich auch. Ja, und dann hatte ich es letztes Jahr, dass ich, verdammt noch mal, wie sollte ich aber auch. Man kann's keinem erzählen. Andere kaufen sich zum Zwecke der Selbstverteidigung Pfefferspray, ich hab mir dermaßen die Sauerei ins Auge gesprüht bei dem Versuch, die Creme aus dem Behältnis zu drücken. Woher sollte ich denn aber auch wissen, dass es mittlerweile Sonnensprays gibt.

Was ich aber eigentlich erzählen wollte, ich habe für den nächsten Sommerurlaub mein Equipment aufgestockt. Das war aber auch so was von verlockend! Die neue Zauberformel lautet Pop-up. So was von im Kommen, ach, was sag ich, angekommen. Egal ob Luftmatratze, Schlafsack oder Strandmuschel, alles Pop-up. Habe ich alles sukzessive bei meinem Lieblingsdiscounter erstanden. Zu der Strandmuschel hatte es in meinem Werbeblättchen geheißen: Pop-up-Strandmuschel, sekundenschnell aufgebaut - einfach auspacken und werfen, entfaltet sich von selbst. Da soll einer nicht schwach werden! Ich habe dann auch das gesamte Equipment im Garten einmal ausprobiert. Was jetzt aber das Blöde war, gut, es stand auch nicht drin. Mein Werbeblättchen hatte mir tatsächlich nicht versprochen, dass das Einpacken genau so einfach gehen würde. Wie kriegst du jetzt die Sachen wieder so eingepackt, dass du sie transportieren kannst? Bei mir braucht's Minimum einen 7,5-Tonner, wenn ich mich nächstes Jahr in den Urlaub aufmachen will. Ans Fliegen brauch ich erst gar nicht zu denken. Ich hab da Tage im Garten zugebracht, mit viel Körpereinsatz. Und das, wo es mir gesundheitlich nicht gut ging, weil ich ja viel zu spät mit dem Nichtstun während der Arbeitszeit angefangen hatte.

Was wohl aber auch noch hinzukam, dass ich mich körperlich so was von schwach fühlte. Ich hatte in meinem SCHAUFENSTER den netten, kleinen Artikel "Kirschen: Gesunde Schlankmacher" gelesen. Der Sommer sei auch die Zeit der Kirschen. Doch Kirschen seien nicht nur ein wohlschmeckender, aromatischer und frischer Genuss - sie seien zudem reich an gesundheitsfördernden Wirkstoffen. Die roten Früchte enthalten die Vitamine A, B1, B2, B6 und C sowie die Mineralien Kalzium, Magnesium, Mangan, Phosphor und Eisen. All diese Nährstoffe kommen zum Beispiel dem Aufbau von Knochen und Zähnen zugute. Die Früchte bestehen zu mehr als 80 Prozent aus Wasser, daher gelten sie zu Recht als "Schlankmacher". 100 Gramm von diesem Obst weisen gerade einmal rund 55 Kilokalorien auf. Aufgrund all dieser positiven Eigenschaften würden Kirschen häufig als eine Art Alleskönner gelobt: Sie schmecken gut, sie sind sehr gesund und machen obendrein nicht dick. Was will frau mehr?

Was jetzt wirklich blöde war. Ich hab halt außer Kirschen nur noch Gurken und Wassermelonen gegessen. Und das hab ich schon bemerkt. Was nutzt es dir, dass die Kirsche deine Knochen gut versorgt, wenn du so schwach bist, dass du dich gar nicht mehr aufrappeln kannst. Was auch noch erschwerend hinzukam, in dem Artikel hatte es geheißen, dass sich aus weichfleischigen Süßkirschensorten ansprechende Kirschwasser brennen lassen. Kein Wunder, dass ich den ganzen Sommer über inmitten meines upgepoppten Equipments auf dem Rasen liegend verbracht habe, im Delirium: tagsüber nur Wassermelone, Gurke und Kirschen und abends Hochprozentiges. 

Mittwoch, 13. September 2017

Sichtschutz als Selbstschutz

Ich hatte es wirklich in Betracht gezogen. Weil, als ich nach zwei Wochen Urlaub nach Hause kam, lagen da die allseits bekannten Briefkasten-Häufchen: ein recht ansehnlicher Stapel Sekretariat, ein gigantischer Berg Werbeblättchen, eine Ansichtskarte und zwei SCHAUFENSTER. Und weil der Stapel Sekretariat ein hübsches Sümmchen an Arbeit versprach, wollte ich. Zumal ich beim flüchtigen Durchblättern durch die Überschrift "Balkonien ist kein rechtsfreier Raum" darin bestärkt wurde, nichts Wesentliches zu verpassen. Ob auf dem Balkon oder im Garten alles erlaubt sei, was gefalle, ohne Rücksicht auf andere? Selbstredend nicht! Und dann die Lettern "Grillen: Wenn der Rauch für Zunder sorgt" und "Ruhestörung: Wenn die Nacht zum Tag wird": Hallo, das wissen wir jetzt aber!

Ich fühlte mich so was von ermutigt, meine angelaufenen SCHAUFENSTER ungelesen wegzuschmeißen, blieb dann aber an den Worten "Sonnenbaden: Wenn wenig Stoff viel Ärger macht" hängen: Gegen ein vollkommen geruchs- wie geräuschneutrales Sonnenbad auf dem Balkon oder der Terrasse könne aber wohl keiner etwas einzuwenden haben? Solange ich alle Körperteile bedecke, an denen andere Anstoß nehmen könnten, stehe dem nichts entgegen, schränkte der Rechtsanwalt ein. Wer hingegen eine nahtlose Bräune bevorzuge, solle sie sich entweder an besser geschützten Orten als dem Balkon oder Garten holen oder einen entsprechenden Sichtschutz anbringen. Andernfalls könnte - zumindest bei schamhaften Nachbarn - schnell ein Bußgeld drohen. Ich schließe aus diesen Zeilen, dass es diese Fälle schon gegeben hat. Und meine jetzt nicht die Personen, die sich in ihrem Garten oben ohne sonnen. Sondern die Nachbarn, die sich daran stören. Zu meiner Zeit (als ich eine junge Frau war) war es vollkommen in Ordnung, sich im Freibad auf der Decke oben ohne zu sonnen. Das ist heute undenkbar! Stattdessen muss heute mein Nachbar damit einverstanden sein, dass ich mich auf meiner Terrasse oben ohne sonne? Auf der anderen Seite sehe ich im Straßenbild immer häufiger Mitmenschen von unfasslicher Leibesfülle mit so was von drallen Popos in knatschengen, hauchdünnen Leggings - ohne entsprechenden Sichtschutz für mich, wie der Anwalt sich ausdrückt. Was für eine verkehrte Welt - für mich!

Und wo ich gerade beim Sichtschutz bin. Las ich doch neulich in meinem SCHAUFENSTER "Jeder Dritte wäscht sich nicht die Hände": Bei der Handhygiene scheine es hierzulande Nachhilfebedarf zu geben. Das zeige eine repräsentative forsa-Umfrage. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage sei, dass sich besonders viele Menschen vor bestimmten Gegenständen im öffentlichen Raum ekeln. Aus hygienischen Gründen (aus welchen auch sonst?) ist 87 Prozent der  Befragten die Berührung mit öffentlichen Toiletten besonders unangenehm. Knapp jeder Zweite fasst Haltegriffe in Bussen und Bahnen sowie Handläufe von Rolltreppen und Treppengeländer ungern an. Auf der Ekel-Skala folgen Griffe an Einkaufswagen mit 37 Prozent vor Tastaturen an Geldautomaten mit 28 Prozent. Auffällig sei, dass Frauen sich durchgängig häufiger ekeln als Männer.

Ja, und so möchte ich als Frau der Ekel-Skala meinen persönlichen Favoriten hinzufügen. Früher bot mir mein Lieblingsdiscounter Erdbeeren und Kirschen abgepackt an. Heutzutage liegen die Kirschen lose und jeder darf sich die gewünschte Menge selbst mit einem Schäufelchen portionieren. Erst neulich habe ich mir wieder zwei Schäufelchen Kirschen gegönnt. Und was macht die Vollpfostin neben mir? Sie drückt auf den Kirschen herum, bevor sie dann mit der Hand (!) Kirschen in ihre Tüte packt, wohlweislich nicht die, die sie vorher bearbeitet hat. Ich habe mich so was von nachgerade geekelt. Zuhause habe ich meine Kirschen so lange unter kochend heißes Wasser gehalten, bis sie verbrannt waren. Hallo, selbst wenn das Obst einwandfrei ist, wenn aber jeder Tuppes seinen schmutzigen Fingernagel in die Schale bohrt, um den Reifegrad zu prüfen - nachgerade ekelig! ("nachgerade"  - ein Wortakrobat meines SCHAUFENSTERS hat mir mal wieder ein tolles Wort zur Adoption geliefert!)

Wo wir gerade bei Hygiene sind. Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: "Reisetipps für gute Mundhygiene. Zahnbürste und Zahnpasta gehören so selbstverständlich ins Reisegepäck wie Geldbörse, Scheckkarte und Personalausweis. Doch reichen Zahnbürste und Zahnpasta für eine gute Mundhygiene unterwegs tatsächlich aus?" Und schon stand mir der Angstschweiß auf der Stirn. Auf Reisen könnten sich die Bedingungen für die Ausbreitung von Bakterien stark von denen im Alltag zu Hause unterscheiden. So fördere feuchtwarmes Klima die Ausbreitung von Keimen. Ein Tipp zur Verhinderung von Infektionen an Zahnfleisch und im Mund sei, die Zahnbürste nicht mit anderen zu teilen, um die Übertragung von Infektionskrankheiten zu vermeiden. Und nachgerade spüre ich die Mundfäule. Auf unserer letzten Fahrradtour stellte ich nämlich am ersten Abend fest, dass ich meine Zahnbürste vergessen hatte, und hab deshalb die Bürste meines Traummannes, ich darf gar nicht drüber nachdenken!
Ich hab mir zwar am nächsten Tag eine eigene gekauft, aber weiter hieß es in dem Artikel: "Zahnbürste nach dem Putzen an einem offenen Ort stehen lassen, damit sie rasch trocknet, denn auf feuchten Bürsten breiten sich Keime schneller aus." Und wieder ekele ich mich nachgerade, weil, hallo, auf unseren Fahrradtouren radeln wir jeden Tag weiter. Ich mag gar nicht daran denken, weil neulich hatte mein Traummann von wegen effizienter Platzausnutzung die Zahnbürsten kurzerhand in seine Turnschuhe gesteckt und dann in eine Plastiktüte.

Ich hätte vielleicht doch die beiden während des Urlaubs angesammelten SCHAUFENSTER ungelesen wegschmeißen sollen, rein aus Selbstschutz. Dann könnte ich mich jetzt weiterhin ohne Unrechtsbewusstsein auf meiner Terrasse oben ohne sonnen und wäre nicht total auf meine Mundschleimhaut fixiert.


Mittwoch, 23. August 2017

Wo wir gerade beim Thema sind

Mir ist das jetzt zu blöde. Seit Wochen versuche ich, natürlich ist das immer schöner mit toller Überleitung ...
Natürlich ist das unmöglich, wenn du in der Runde sitzt, ein angeregter Austausch über Urlaube im Gange ist und du dann einwirfst: "Apropos Kreuzfahrten, ich hatte letztens meine Darmspiegelung." So ganz ohne Überleitung geht das nicht. Beim besten Willen, du kannst nicht das Wörtchen apropos voranschicken und hoffen, dass es passt. Und wenn alle über ihre Erfahrung bei der Darmspiegelung sprechen und du einwirfst "Wo wir gerade bei Spiegelungen sind, letztens war ich auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer, traumhaft, wie sich abends der Sonnenuntergang im Wasser spiegelte" geht das auch nicht. Zumal das vollkommen andere Themen sind. Ich hab mal bei Wikipedia reingeschaut und da stand: Das Wort Apropos [aproˈpo:] bezeichnet eine aus dem Französischen (à propos = „zu dem Vorgebrachten“) stammende Formulierung, um eine Aussage mit – meist nicht sofort erkennbarem – Bezug zum aktuellen Gesprächsthema anzukündigen (etwa: „wo wir gerade beim Thema sind…“).

Ich hab das neulich versucht, mit dem Thema, das mir so was von am Herzen liegt. Selbst die bei Wikipedia sprechen ja von einem Bezug, der meist nicht sofort erkennbar ist. Und in meinem Blog erwähnte ich den fulminanten Trinkwasserspender auf dem Bonner Marktplatz. Eigentlich wollte ich dann (apropos Spenden) aufs Münster zu sprechen kommen, für das ich als Steinpatin einen Stein gespendet habe. Wollte dann (apropos Münster) auf die zukünftigen Bonn-Besucher hinweisen, die demnächst vor verschlossenen Pforten stehen. Und (apropos Besucher) neulich las ich in meinem Hotelzimmer folgende Information meines Hotels: "Die anderen Gäste zuliebe ..." So war der Plan. Ich hab das dann aber gelassen, wirkten zu konstruiert, die Überleitungen. Überleitungen müssen ein gewisse Leichtigkeit haben. Bei total unterschiedlichen Themen allemal. Aber auch beim selben Thema kannst du nicht, es muss einfach schon irgendwie passen. Wenn in der Runde gerade eine ihr Herz ausschüttet, dass ihr Sohnemann zum dritten Mal die Klasse acht der Hauptschule wiederholt, kannst du auch nicht sagen: "Wo wir gerade beim Thema Schule sind, mein Sohn hat ein Abi mit 0,7 hingelegt." Selbst wenn's thematisch passt, kann's vollkommen unpassend sein.

Oder die Nachbarin, Alter irgendwo zwischen 70 und 80,  erzählt dir unter Tränen, dass ihre Mutter kürzlich im Alter von 105 Jahren gestorben ist. Und auf dein Nachfragen erfährst du, dass die Verstorbene bis zum Schluss noch so was von geistig fit war und friedlich eingeschlafen ist. Ja, ich geb zu, es fällt einem schwer, herzliches Beileid zu wünschen. Vielmehr möchte man die alte Waise beglückwünschen, dass die Verblichene keinen Krebs hatte, nicht an Demenz litt und keine Schmerzen hatte, als der liebe Gott sie zu sich rief. Was aber auch noch hinzukommt, du bist unter Zeitdruck. Trotzdem, da kannst du nicht sagen: "Apropos Geist aufgeben. Ich habs was eilig, mein Fliesenwischer hat nämlich seinen Geist aufgegeben. Gott sei Dank bietet mein Lieblingsdiscounter aber gerade diese Woche aktuell Bad- und Fliesenwischer nebst zwei Ersatzbezügen für den Fliesenwischer feil. Ich hoffe, dass ich noch einen bekomme. Schönen Tag noch." Selbes Thema, Geist aufgeben, aber total daneben! Gute Überleitung geht anderes.

Ganz ohne Überleitung: Früher gabs in meinem SCHAUFENSTER die Rubrik "Leserbarometer, die Frage der Woche". Hab ich immer gern gelesen. Wenn's das noch gäbe, hätte ich die vom SCHAUFENSTER gebeten, sich doch bitte einmal folgender Thematik zu widmen. Was mich nämlich tierisch ärgert: Wenn mein Traummann und ich auf unseren Fahrradtouren unterwegs sind, machen wir uns immer recht früh morgens auf. Und weil für meinen Traummann der Tag mit einem Frühstück beginnt, buchen wir immer die Übernachtungen  mit Frühstück und frühstücken um 7:00. Weder ist für mich das Frühstück der Inbegriff von Urlaub, noch regt sich um diese Uhrzeit in meinem Inneren ein Gefühl, das ich im weitesten Sinne, wenn schon nicht Hunger, so doch Appetit nennen könnte. Aber was tut frau nicht alles für ihren Traummann. Und so sitze ich dann ihm gegenüber und bemühe mich, wenigstens ein Brötchen zu mümmeln. Weil ich aber weiß, dass mich der Hunger am späten Vormittag einholen wird, schmiere ich mir ein zweites Brötchen und nehme es, eingewickelt in eine Serviette, aus dem Frühstücksraum.

Was jetzt mein Problem ist, und da habe ich bis jetzt auch noch keinen Verhaltenstherapeuten gefunden, der mir da weiterhelfen kann. Was jetzt mein Problem ist, ich komme mir dann immer vor wie ein Schwerstverbrecher, wie der mieseste Bodensatz in der Verbrecherhierarchie. Erst neulich las es sich in einem Hotelzimmer in Südlohn folgendermaßen: "Die anderen Gäste zuliebe bitten wir Sie, keine Speisen und Getränke aus dem Frühstücksraum mitzunehmen". Abgesehen davon, dass es "den anderen Gästen zuliebe" heißen muss, warum habe ich gerade in Hotels, wo ich für das Frühstück einen stolzen Preis bezahle, immer das Problem, dass ich mich dermaßen schlecht fühle, wenn ich mein Brötchen raus schmuggle? Dabei gibt es zunehmend immer mehr liebe Mitmenschen, die vertilgen zum Frühstück im Frühstücksraum so viel wie ich nicht in einem ganzen Jahr. Da könnte doch dann auch ein großes Plakat hängen, auf dem steht: Unserer Preisgestaltung für das Frühstück liegt ein durchschnittlicher, unter medizinischem Gesichtspunkt, gesunder, maßvoller Verzehr von Lebensmitteln zugrunde. Da lob ich mir doch solche Übernachtungen wie neulich in einem Privathaus in Ahaus. Dort bekamen wir unser Frühstück aufs Zimmer serviert. Alles, was auf dem Tablett lag, war nur für meinen Traummann und mich. Ich werde jetzt verstärkt mal einen Verhaltenstherapeuten suchen, der das mit mir durchzieht, dass ich mit einem geschmierten Brötchen hoch erhobenen Hauptes den Frühstücksraum verlasse.

Mittwoch, 2. August 2017

Es wird zunehmend enger für das männliche Ego

Endlich Sommerferien - und der Wasserwagen der Stadtwerke Bonn lädt uns zu einem erfrischenden Glas Wasser auf dem Münsterplatz ein. Wobei, ich hab mich letztens gefragt, ob der da eigentlich jeden Tag steht. Ich hab schon mal gedacht, ob die das demnächst einstellen, mit dem Wasserwagen, jetzt, wo auf dem Marktplatz der Trinkwasserspender eingeweiht wurde. Was ich persönlich jetzt nicht toll fände. Ich wähl nämlich immer, man kann ja mit oder ohne Gebitzel, mit oder ohne Bläschen im Wasser, und ich wähle immer mit Bläschen. Vielleicht brauchen die demnächst aber auch den Stellplatz für die neuen Steine fürs Münster. Apropos Münster und Blasen. Selbst wenn der Wagen dort demnächst rund um die Uhr steht, ich komm da lange nicht mehr hin. Ich hab so was von Blasen an den Füßen. Seitdem ich wusste, dass das Münster für Jahre schließt, bin ich natürlich täglich in Selbiges. Hab jede Führung mitgemacht, bis die Führer sich von mir schon gestalkt fühlten und mir mit Hausverbot gedroht haben. Was mich natürlich nicht im Geringsten abgehalten hat, weil ja eh jetzt für alle das Hausverbot gilt. Von mir aus kann's jedenfalls jetzt mit den Bauarbeiten losgehen, ich habe fertig mit dem Münster.
Sommerferien, Zeit der Entspannung, neue Kräfte sammeln, den Stress hinter sich lassen. Früher hieß das für meinen Traummann und mich auch mal ein Stündchen länger morgens schlafen. Die Zeiten sind vorbei. Zum einen wegen der senilen Bettflucht, zum anderen aber auch. Wir zwei Hübschen machen uns ja dann mit dem Rädchen auf. Und je später wir uns aufmachen, desto mehr Mensch ist unterwegs: der Rennfahrer im feschen Ganzkörperkondom, der dir beim Überholen die Haut vom Ellenbogen abschmirgelt. Die älteren Herrschaften, die in ihrem Leben noch nie Fahrrad gefahren sind, sich aber im hohen Alter von jetzt auf gleich auf ein E-Bike gesetzt haben. Der Hund und sein Herrchen, beide in trauter Eintracht nebeneinander. Was nicht weiter stören würde, wären die beiden nicht durch eine Hundeleine miteinander verbunden, die sich quer über die gesamte Wegesbreite spannt. Und dann die fußläufigen Mitmenschen, die als Großgruppe allen Ernstes der Meinung sind, alle miteinander nebeneinander promenieren zu dürfen. Und was neulich vor mir herfuhr: ein Mann mit Kinderwagen. Was jetzt so nichts wirklich Spektakuläres wäre, hätte er nicht ...

Ich mein, als Mann wird's ja zunehmend schwerer mit deiner Daseinsberechtigung. In allen Bereichen. Im Beruf sowieso, ich sag nur Frauenquote. Aber auch sonst wird's zunehmend enger. Weil, was kann ein Mann, ein deutscher Mann wirklich gut? Fällt mir jetzt als erstes das Autofahren ein. Aber wenn ich das richtig verstanden habe und das mit der Technik so weitergeht, fährt sich ja ein Auto bald von selbst und parkt sich selbst ein. Das wären ja in der Konsequenz paradiesische Zustände auf der Autobahn. Das tut mir schon leid für das männliche Ego. Keine Lichthupe, kein zu nahes Auffahren, kein Abdrängen von der Straße, kein Reinquetschen vor mir, nur weil ich einen Meter Sicherheitsabstand zum Auto vor mir habe.
Was die meisten Männer Gott sei Dank aber auch noch gut können: Grillen. Und das können die deshalb so gut, weil sie es ganz häufig machen. Zu meiner Zeit (denken muss man sich ja bei dieser Phrase so etwas wie "als ich noch jung war" oder "als du selbst schuld warst, wenn du eine Fünf geschrieben hattest, und nicht dein Lehrer"), zu meiner Zeit hast du nur im Sommer gegrillt. Das Wort Wintergrillen gab's damals noch nicht. Wenn heutzutage irgendwo im Universum Außerirdischen das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters per Zufall in die Hände fiele, es gibt nur ein Thema: Grillen. Vom Gasgrill Silverline, 3-flammig,  über den Säulengrill bis hin zum Campinggrill "Explorer" und den Grill- und Feuerkorb. Und auf den Bildern hantiert immer ein Mann am Grill! Und da bin ich jetzt ehrlich, in meinen Mantel komm ich im Zweifelsfall von alleine rein, aber ein auf den Punkt gegrilltes Kotelett, da bin ich so was von unemanzipiert. Zumal ja auch in so einem Kotelett viel Zeit hinter dem Grill steckt. Aber auch hier ist ja der Fortschritt am Start. Gibt es doch, wie ich meinem Werbeblättchen entnehme, das "BBQ Premium" Funk-Grillthermometer mit den fünf Garstufen rare, medium rare, medium, well, und well done und Timer mit Alarmfunktion bei Erreichen der Zieltemperatur. Und da fiel mir auch wieder der Artikel in meinem SCHAUFENSTER ein: Immer beliebter werden digitale Grillthermometer. Die kleinen Geräte verfügen über Temperaturfühler, die direkt am Fleisch befestigt werden. Via Bluetooth übermitteln die Thermometer den aktuellen Garzustand an ein Smartphone oder Tablet. Der Vorteil: Grillmeister müssen nicht mehr durchgehend am Grill stehen, um den Zustand des Fleisches zu kontrollieren. Insbesondere für Technikfans eine tolle Sache. Hallo, da denk ich, der Mann hat für mein Würstchen stundenlang hinter dem Grill gestanden, womöglich noch geschwitzt wie ein Schwein. Und dann stellt sich heraus, der hat zwischenzeitlich im kühlen Wohnzimmer Fußball geguckt. Wie ich schon sagte, es wird eng für den Mann. Auch da wird er nicht mehr gebraucht.

Apropos brauchen. Und da dachte ich jetzt eben neulich, als vor mir ein Mann mit einem Kinderwagen. Da brauchen wir nach wie vor die Männer, die Väter, die sich bei der Aufzucht der Brut einbringen - wie der Mann vor mir auf dem Fahrradweg. Der schiebt den Kinderwagen tapfer durch die Gegend. Das dachte ich aber auch nur. Weil, was mir schon auffiel, der stand auf einem Skateboard und machte keine Anstalten, ein wenig zur Seite zu gehen, damit ich an ihm vorbeikam. Ist ja auch eine sportliche Herausforderung, auf einem Skateboard stehend einen Kinderwagen zu schieben. Bis mir dann mein Traummann mal wieder die Welt erklärt hat. Dass das kein Skateboard sei, sondern ein Hoverboard, also quasi ein Segway ohne Stange. Und als Stange diente der Kinderwagen. Nichts mit körperlicher Anstrengung und so, nein, der Mann bewegte sich mit Elektrokraft!      


Mittwoch, 28. Juni 2017

Nur eine schlichte Säule, aber ein Knopfdruck für das ganz große Ganze

Neulich die "Erste Meldung" in meinem SCHAUFENSTER: Bereits im siebten Jahr in Folge erzielt die Region Bonn Übernachtungsrekorde seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1986. 2016 knackte die Stadt Bonn erstmalig die 1,5 Millionenmarke. Ich sag nur, lass uns das mal tüchtig feiern, weil, neulich denk ich, mit meinem Hörvermögen geht's auch bergab. Da sagten sie doch im Radio, unser Münster werde bald für zwei Jahre geschlossen. Die Ohren funktionieren noch so was von gut! Dann wird's ab dem 24. Juli aber eng für den Touristen: das Haus der Geschichte und das Münster geschlossen. Gut, wir haben jetzt schon mal unseren neuen Kreisverkehr am Alten Friedhof und Beethoven geht ja immer. Wobei, das müssen die Touristen ja vielleicht gar nicht mitbekommen, dass das Münster für so lange Zeit geschlossen ist.

Also wenn ich jetzt demnächst eine Besuchergruppe durch Bonn führe, beginne ich meine Führung mit Beethoven. Nicht sofort am Beethovenhaus. Nein, ich versammle uns alle erst einmal unter der Ampel am Bertha-von-Suttner-Platz, wo es dann rechts rein zum Beethovenhaus geht. Das ist ja so was von spektakulär, wenn bei Grün Beethovens Konterfei erscheint. Da kann ich mit meiner Gruppe einige Grünphasen abwarten (damit die Zeit vergeht) und jedes Mal so was von in Ekstase geraten, wenn der Kopf wieder erscheint. Und wo wir dann gerade an einer Ampel stehen, erzähle ich ein wenig über uns Deutsche, über die Hygieneampel und was es mit der so auf sich hat. Und wenn ich merke, dass der ein oder andere Besucher mir sowieso nicht zuhört, weil er auf seinem Smartphone unterwegs ist, erkläre ich auch noch, was eine Ampelkoalition ist. Irgendwann wird jemand aber Pipi machen müssen, und dann bietet sich das Beethovenhaus an. Jetzt nicht nur zum Pipi machen, sondern auch wegen der Kultur. Anschließend geht's weiter Richtung Marktplatz, an der Namen-Jesu-Kirche vorbei und, wenn wir Glück haben, sie geöffnet ist, auch in Selbige hinein. Und wenn es dann gerade Donnerstagnachmittag ist, lade ich meine Gäste zu einem Konzert mit Beethovens Werken ein, zu einem ganz besonderen Klangerlebnis. Musikalisch beseelt verlassen wir die Kirche, halten uns weiter links und erreichen den Marktplatz.

Und, von wegen geschlossenes Münster, es gilt auch hier, möglichst viel Zeit zu verbrennen.
Apropos Zeit verbrennen. Wo ich gerade mit meiner Besuchergruppe auf dem Marktplatz stehe. Da erzählte mir doch neulich eine Bekannte, sie habe sich vor einiger Zeit mit einer Freundin auf dem Marktplatz verabredet. Irgendein Event, deshalb eine riesige Menschentraube, viele Buden und Stände. Die Freundin habe die GPS-Koordinaten ihres Standorts, das Fußgängernavi sei bis auf fünf Meter genau, sehe natürlich aber keine Bierbänke und Weinstände, deshalb habe sie Stunden später zusätzlich ein Foto von ihrer Blickrichtung geschickt, und dann sei es aber auch schon zu spät gewesen, um gemütlich bei einem Glas Wein zu plaudern. Ich weiß noch, wie die mich angeschaut hat, als ich ihr sagte, ich hätte mich einfach vor "Allermann" verabredet.

Wie komm ich drauf? Ach ja, Marktplatz. Wenn ich merke, dass noch einiges an Zeit ins Land gehen muss, geh ich ans Wasser. Erfuhr ich doch durch mein SCHAUFENSTER, welch Bereicherung für unsere Stadt: Oberbürgermeister Ashok Sridharan und Bezirksbürgermeister Helmut Kollig haben einen öffentlichen Trinkwasserspender auf dem Marktplatz eingeweiht. Im Beisein von Vertretern der Deutschen Marktgilde und der Stadtwerke Bonn, die die Aufstellung ermöglicht haben, füllten sie symbolisch die ersten Trinkflaschen. Der Wasserspender in der Nähe des nördlichen Treppenabgangs der Tiefgarage Markt besteht aus einer schlichten Säule , aus der auf Knopfdruck Wasser fließt. Er steht allen Bonnern kostenlos zur Verfügung. Sie können sich dort mit frischem Trinkwasser versorgen oder auf dem Bonner Wochenmarkt erworbenes Obst waschen, um es direkt vor Ort zu verzehren. Die Installation geht auf eine Initiative der Arbeitsgruppe Innenstadtgestaltung zurück und wurde im September 2015 von der Bezirksvertretung Bonn beschlossen. Die Kosten für die Anschaffung und Aufstellung des Wasserspenders von 5.500 Euro haben die Deutsche Marktgilde als Betreiber des Bonner Wochenmarktes und die Händler des Wochenmarktes übernommen. Der Oberbürgermeister dankte den Partnern für ihre Unterstützung bei der Aufstellung des Brunnens, vor allem auch auf Grund der sozialen Komponente des Projektes. Denn mit der Installation schließt sich die Stadt Bonn der Idee der Organisation Join the Pipe an. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die Trinkwasserversorgung weltweit zu verbessern. Für jede Trinkwasserstation, die in Europa aufgestellt wird, finanziert sie ein Wasser- und Hygieneprojekt in einem Entwicklungsland. Normalerweise versuche ich ja, die Inhalte aus meinem SCHAUFENSTER zusammenzufassen, aber hier ist es mir nicht gelungen. Es war aber auch jeder Aspekt so was von wichtig, ich konnte einfach nichts kürzen. Hallo, das Wasser fließt auf Knopfdruck! Und, hätt' ich's nicht gewusst, ich hätte einfach nur einen Wasserspender vor mir gesehen. Aber jetzt, dieses Wissen um das Eingebundensein in etwas ganz Großes.

Ja, auch mir ist klar, dass ich nicht länger als drei Stunden vor dem Wasserspender zubringen kann. Irgendwann ist alles Obst vertilgt und genug getrunken, und ich dirigiere meine Besuchergruppe weiter Richtung Münster. Was jetzt wirklich blöde wäre, wenn bei all dem Wassergetrinke einer Pipi müsste. Weil, Wasserspender schön und gut, aber es muss ja dann auch auf der anderen Seite wieder raus. Und da wäre es jetzt wirklich touristenfreundlich, wenn die öffentliche Toilette auf dem Remigiusplatz intakt wäre. Wie ist denn eigentlich der Stand beim Interessenbekundungsverfahren (ich liebe dieses Wort!)? Ich hätte so was von Interesse an einer intakten öffentlichen Toilette. Meine Besuchergruppe und ich sind zwischenzeitlich am Münsterplatz angekommen, bewegen uns Richtung Münstereingang und - schade, zu spät, zu lange am Wasserspender gestanden, zu häufig den Knopf gedrückt, ärgerlich: Es ist 19:00 Uhr und das Münster hat nur bis18:45 Uhr geöffnet. Wie gesagt, das muss ich denen doch gar nicht auf die Nase binden, dass das Münster ... 

Mittwoch, 7. Juni 2017

Wahlen, Werbung und Wargel - oder heißt es Spargel?

Was für eine aufregende Zeit liegt da hinter mir! Jetzt muss aber mal wieder Ruhe einkehren. Zwei Wahlen, zweimal ein Kreuzchen setzen, sich entscheiden. Als ich den Umschlag mit den amtlichen Unterlagen zum Bürgerentscheid geöffnet hatte - holla, die Waldfee, sag ich da nur! Steuerklärung, Organspendeausweis und Testament, alles in Einem, sind dagegen ein Fliegenschiss. Ich hab die Vielzahl von Zetteln erst einmal zum Anlass genommen und meinen Schreibtisch aufgeräumt. Dann hab ich alles nebeneinander auf Selbigen gelegt: die Abstimmungsbenachrichtigung zum Bürgerentscheid "Kurfürstenbad bleibt!" am 21. 4. 2017, auf der Rückseite der Abstimmungsschein, den Stimmzettel für den Bürgerentscheid "Kurfürstenbad bleibt" in der Bundesstadt Bonn am 21. April 2017, den Stimmzettelumschlag in einem hellen Grün ohne Sichtfenster (!), den Briefumschlag "Rückantwort Bürgerentscheid" in einem alarmierenden Gelb mit Sichtfenster und  das Merkblatt für die Durchführung des Bürgerentscheides "Kurfürstenbad bleibt!" mit fünf Arbeitsschritten.
Schon die Versicherung an Eides statt zur Abstimmung hat Fragen aufgeworfen. Weil, ich hatte extra meine drei erwachsenen Töchter gebeten, dabei zu sein, wenn ich da was ausfülle und unterschreibe, also quasi betreutes Abstimmen. Ich war mir unschlüssig, ob ich persönlich versichere oder eine Hilfsperson, in meinem Falle drei Hilfspersonen. Und dann war ich mir nicht sicher, ob es sich hier um ein geheimes Entscheiden handelt, meine Töchter also gar nicht wissen dürfen, was ich ankreuze. Allein diese Diskussion hat meine Brut so was von Nerven gekostet, dass die nach Stunden von dannen gezogen sind mit den Worten "Das Kreuz kannst du ja wohl ohne uns setzen". Klar, kein Problem - dachte ich. Aber als ich dann auf dem Stimmzettel die Abstimmungsfrage las "Soll das Kurfürstenbad erhalten, wieder nutzbar gemacht und saniert werden? Ja oder Nein?", fragte ich mich plötzlich, wo ist eigentlich das Kurfürstenbad in Bad Godesberg? Als Auerbergerin weiß ich das gar nicht.

Überhaupt, es kam halt eins zum anderen, der grell gelbe Umschlag mit Sichtfenster, auf dem hinten noch mal Punkt für Punkt - ich hab's erst einmal vor mir hergeschoben. Hatte immer wieder Wichtigeres zu tun, als meinen Stimmzettel auszufüllen. Und als es dann endlich ans Ankreuzen ging, als ich mich mental dazu in der Lage fühlte, war die Frist abgelaufen. Was aber auch noch dazu kam, ich war mir sicher gewesen, dass das Prozedere sowieso noch mal wiederholt werden müsste. Weil, einmal sprachen sie vom 21. April und einmal vom 21. 4. Also wenn das kein Formfehler ist, der zur Ungültigkeit eines Bürgerentscheids führt! Außerdem hatte ich den Eindruck, dass der Kleber auf dem Briefumschlag mit Sichtfenster in dem alarmierenden Gelb unzureichend klebte.

Es hat mich schon geärgert, dass ich das nicht gebacken bekommen habe, mich zwischen Ja oder Nein zu entscheiden. Zwei Möglichkeiten, hallo! "Sie haben eine Stimme. Bitte nur "Ja" oder "Nein" ankreuzen, sonst ist Ihre Stimme ungültig". Und dann noch die Hilfe meiner Liebsten dabei! Was wäre das schon mal für eine tolle Vorbereitung gewesen für die Landtagswahl am 14. Mai. Jetzt hatte ich natürlich schon Bammel; wie würde das dann erst im Wahllokal ablaufen? Das musst du ja ganz alleine durchziehen, in der Wahlkabine. Und da geht's sich nicht so einfach mit Ja oder Nein. Nein, da stellten sich 31 Parteien zur Wahl! Gott sei Dank hatten die mir ja im Vorfeld mit ihren Wahlplakaten Hilfestellung geleistet.

Ich weiß auch nicht, was mich da in der Wahlkabine geritten hat. Ich hab doch tatsächlich, ich mein, wie blöd kann der Mensch denn sein. Wie ich da so der Reihe nach die Parteien durchgehe, sehe ich doch quasi jeweils deren Wahlversprechen vor meinem geistigen Auge. Ich war ja vorher mit dem Fahrrad die Kölnstraße runter, dann an der Kreuzung am Landeskrankenhaus rechts auf den Kaiser-Karl-Ring und über die Victoriabrücke geradelt. Was die da für riesige Plakatwände an der Kreuzung aufgestellt hatten! Da las es sich doch zum Beispiel auf einem Plakat "Weniger Stau". Wobei, wenn man mich fragt, hat doch keine Partei ernsthaft den Plan, den Stau abzuschaffen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Parteien das gar nicht wollen - weniger Stau. Weil, warum sonst würden die genau da ihre riesigen Wahlplakate aufstellen, wenn sie nicht wüssten, dass an der Stelle der Autofahrer täglich ganz dolle lange staut und sich dabei die Wahlslogans in sein Hirn brennen. Victoriabrücke ja genau so. Aus demselben Grund hingen da auch so viele (auf Kopfhöhe, damit es noch enger wurde!), weil da auch ordentlich gestaut und gestanden wird. Ich persönlich bin mit dem Fahrrad zu Fuß über die Brücke und habe mich wieder mal in Lebensgefahr begeben. Nein, ich habe mir einmal die Wahlversprechen akribisch aufgeschrieben. Das hätte ich mal besser nicht tun sollen! Weil, wie ich da jetzt in der Wahlkabine stehe und die einzelnen Parteien durchgehe, habe ich quasi, also das, was ich beim Bürgerentscheid zu wenig, hab ich da zu viel. Ich hatte bei jeder Partei deren Wahlversprechen im Kopf, also weniger Stau, mehr Sicherheit, weniger Hass, Bildung für alle, faire Löhne. Will ich alles haben. Und ich hab dann im Eifer des Gefechtes den Wahlzettel mit so etwas wie einem Fragebogen verwechselt. So eine Art Wünsche-Erfüller-Bogen - und hab halt hinter ganz vielen Parteien mein Kreuzchen gesetzt.

Apropos Werbung. Wer ja in diesen Zeiten ganz ohne Werbung auskommt, ist der Spargel. Kein Wunder, enthält er doch viel Kalium, die Vitamine B1 und B2, Folsäure und Vitamin C und E dabei! Was jetzt mich betrifft, ich kann auch nicht ununterbrochen nur Grünkohl essen. Man ist ja recht viel allein, bei Kohl - der Blähungen wegen. Da ist Spargel schon komfortabler. Auf dem Klo bin ich eh allein. Man mag die Parteien nicht immer auseinanderhalten können, weil alle einem alles versprechen. Dagegen der Spargel, der hat da so was von ein Alleinstellungsmerkmal! Was wohl der geballten Kombination von bis zu 35 Duftstoffen geschuldet ist, insbesondere die schwefelhaltigen Verbindungen und seine Asparagussäure. Wie ich schon erwähnte, man besucht ja doch meist allein die Toilette.

Donnerstag, 18. Mai 2017

Oben pfui, unten hui

Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER in einem Artikel so: Erster Eindruck zählt - mit Home-Staging Immobilien besser verkaufen. Vor dem Verkauf einer Immobilie gestalten sogenannte Home-Stager die Räume wohnlich. Das Ziel dahinter: den bestmöglichen Preis für das Objekt zu erzielen. Die Expertin Iris Houghton braucht dafür nicht viele Utensilien aus ihrem Fundus: Ein paar Kissen in der Sitzecke, ein passender Beistelltisch, eine Leselampe sowie ein Bild an der Wand und Pflanzen auf der Fensterbank - so schnell verwandelt die Home-Stagerin einen leeren Raum in ein gemütliches Wohnzimmer. Home-Staging bringe das Potential einer Immobilie zum Vorschein und mache ihre Schokoladenseite sichtbar.
Nicht, dass ich jetzt Bonn als Ganzes verkaufen wollte, aber gesetzt den Fall - mit ein paar Kissen wäre es da momentan nicht getan. Von wegen erster Eindruck!
Also wenn du in Bonn am Hauptbahnhof ankommst, hallo! Gehst du am Haupteingang raus, da wird gerade der riesige Gebäudekomplex gegenüber entkernt. Gut, wenn die urbane Seele, die urban soul, mal fertig ist, der Hammer! Ich hab nämlich mal unter "urban soul /cross architecture" geschaut: wenn das realiter nur halb so toll wird wie deren Animation.
Aber nicht jeder Bonn-Besucher, der aus dem Bahnhofsgebäude tritt, hat ja diese Vision im Kopf - eher keiner!
Sollte der geneigte Bonn-Besucher sich nun aus Versehen nach links entlang der Bahngleise Richtung Victoriabrücke aufmachen wollen, man bringe ihn davon ab - notfalls mit Gewalt. Der Anblick Selbiger ist zur Zeit nun wirklich nicht schön. Auch wenn ein Bridge-Stager dort ein paar frische Blümchen hinstellte, für den ersten Eindruck. Trotzdem denkst du, gleich bricht sie über dir zusammen. Gut, die wird eben momentan saniert und wenn dann mal in der Zukunft  der Lichterhimmel  über der neuen Viktoriabrücke. Wenn zwischen den vier hohen Masten, die an den Brückenauf- und -abfahrten stehen und eine Art Tor zur Stadt darstellen sollen, ein Lichterbaldachin mit LED-Leuchten - Wahnsinn, das Foto damals auf der Titelseite meines SCHAUFENSTERS, so was von futuristisch! Aber nicht jeder, der jetzt gerade Bonn besucht, hat ja diesen tollen Himmel in der Zukunft vor Augen - eher keiner.
Hauptsache, ich weiß, dass das irgendwann mal ganz dolle schön wird - vor allem so was von großstädtisch! Das Wichtigste ist ja schon da: der Kreisverkehr! Leider nicht wirklich einer Weltmetropole angemessen, nicht zweispurig. Es ist nur ein kleiner Kreisverkehr geworden, also einspurig mit einer fest eingefassten Kreisinsel. Wobei, es hätte noch provinzieller daherkommen können, in Gestalt eines Minikreisverkehrs. Dessen Durchmesser liegt gerade mal zwischen 13 und 22 Metern und die Kreisinsel darf von Bussen und Lkw überfahren werden. Ich überleg grad', ein kleiner Kreisverkehr hat mindestens einen Durchmesser von 26 Metern. Wenn man da jetzt die Spuren nur unmerklich verschmälert (ich mein, darauf verstehen wir uns ja, wie man an der Victoriabrücke sieht), wenn man die Spuren ein klein wenig schmaler macht, könnte man glatt zwei Spuren draus machen.

Ich bin jetzt mit meinen lieben Gästen nicht extra den Kreisverkehr abgegangen. Nein, ich habe meine Schritte auf die Poppelsdorfer Allee gelenkt. Wir sind gemütlich Richtung Poppelsdorf flaniert, haben rechts und links die schmucken Häuser wirken lassen. Und als wir unter den Bäumen hervortreten, hallo, ist das Dach vom Poppelsdorfer Schloss eingerüstet. Gut, kann ich jetzt auch verstehen, das Schloss ist ja ein altes Gebäude und deshalb ist da eine Sanierung wohl mal notwendig.

Apropos Dach. Apropos alt. Was ich nicht verstehen kann, ich sag nur: oben pfui, unten hui. Ich mein es genau so herum. Was ist das denn, bitteschön? Das Glasdach vom Haus der Geschichte wird erneuert? Und da lese ich doch, das sei schon seit der Eröffnung des Museums im Jahr 1994 bei starkem Regen undicht. Und jetzt seien auch noch einzelne Glaselemente gerissen. Hallo, was für eine unfassliche Schlamperei. Pfusch am Bau. Und vor allem, wer bezahlt das? Für mich ist das Haus der Geschichte ein neues Gebäude. Und das Dach muss komplett erneuert werden, weil's da rein regnet? Ich fass es nicht. Aber die aktuelle Ausstellung "Geliebt. Gebraucht. Gehasst. Die Deutschen und ihre Autos" unten neben der Dauerausstellung, die zur Zeit geschlossen ist, so was von hui! Und weil ich gerade beim Wasser bin: Man betritt die Ausstellung  durch eine Waschstraße, "in der zum Glück kein Wasser fließt" - zitiere ich mein SCHAUFENSTER. Das mag wohl stimmen, dass das so gedacht ist, ohne Wasser, also trocken, aber ob's von ganz oben, vom Dach ...

Apropos neues Gebäude. Klar, auf den ersten Blick bin ich selbstredend für das neue Schwimmbad. Das neue Schwimmbad in Dottendorf soll ja das Frankenbad ersetzen. Dann kann die Weltelite der Synchronschwimmerinnen nie mehr im Frankenbad empfangen werden! Mein Hauptargument! Und weit genug vom Stadthaus ist Dottendorf allemal! Ich kann da aber wirklich nur hoffen, weil, mit großen Bauprojekten tut sich ja der Bonner (ich benutze jetzt "Bonner" selbstredend als generisches Maskulinum) an sich schwer. Ich kann nur hoffen, dass das nicht so ein Desaster wird, wie damals mit dem WCCB. Dass das endlose Jahre dauert, bis das neue Bad steht, und die Bonner mittlerweile das Schwimmen verlernt haben. Aber ein Schwimmbad als neues, großes Bauprojekt, da sind wir auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Also wenn, dann denke ich, ist ein Schwimmbad am ehesten als Bauvorhaben für uns Bonner geeignet - wassertechnisch gesehen. Der Schürmann-Bau stand ja damals auch unter Wasser. Beim Jahrhundert-Hochwasser wurde das Fundament unterspült, weil bei den Bauarbeiten auf einer Länge von 38 Metern eine Schutzwand vergessen worden war. Und ins Haus der Geschichte regnet's oben rein. Also Wasser wäre ja jetzt nicht wirklich fehl am Platz, in einem Schwimmbad.