Mittwoch, 29. April 2015

Das Rheinische Landesmuseum Bonn in der Colmantstraße bekommt Konkurrenz - in Gestalt meines Lieblingsdiscounters

Apropos Kölnstraße. Wie oft bin ich in den vergangenen Monaten an meinem Lieblingsdiscounter vorbeigefahren und habe mich gewundert, wie lange die für dem Umbau brauchen. Jetzt weiß ich es: Bei den Bauarbeiten wurden archäologische Funde aus der Römerzeit entdeckt und die Grabungsarbeiten haben sechs Monate gedauert. Zur Eröffnung gab es eine Fotoausstellung der besten Exponate mit dem Titel "Filiale auf historischem Grund", die dort dauerhaft bleiben soll. Da bekommt das Landesmuseum direkt Konkurrenz. Zur Zeit kann man ja dort die Ausstellung "Eiszeitjäger - Leben im Paradies" besuchen. Aber dass ich jetzt quasi auch beim Einkauf kulturell unterwegs bin - praktisch!

Was ich mir jetzt in diesem Zusammenhang vorstelle ...  Wenn ich mir diese unzähligen Werkzeuge zum Erhalt der Fitness anschaue, die das Werbeblättchen mir tapfer immer wieder feilbietet, also da dürfte es in unsrem Lande kein Persönchen mit auch nur einem Pfündchen zuviel auf den Rippen geben. Das ist hier wohl so wie so häufig: Ganz wenige Menschen benutzen alle diese Fitnessgeräte gleichzeitig und rund um die Uhr, und bei vielen kommen derartige Teile erst gar nicht ins Haus. Und dann gibt's da noch die zahlenmäßig nicht zu unterschätzende Gruppe derer, die alle Fitnessgeräte kaufen und glauben, dass allein das Besitzen selbiger schon fit macht. Für mich persönlich ist das ja ein Warensortiment, bei dem ich viel sparen kann, indem ich es gar nicht kaufe. Gut, auf der anderen Seite sage ich ja immer, dass Bedürfnisse erst durch Werbung gemacht werden. Sag ich auch immer noch - Ausnahme: Verkaufsartikel, die mit "Zieh es durch" angepriesen werden oder Waren, die in einem Atemzug mit Bauchmuskeln und Liegestütze genannt werden. Was sich recht positiv auf die Geldbörse auswirkt, weil dann automatisch bei mir auch kein Bedarf an einer Bodenmatte für Fitnessgeräte besteht.

Trotzdem, auch diese Seiten des Werbeblättchens gilt es genau zu studieren: Zum einen wegen der ungemein gut gebauten und durchtrainierten Körper, zum anderen für mich höchst interessant, was es immer wieder an neuem Gerät auf dem Fitnessmarkt gibt. Gut, der Bauchmuskeltrainer ist mir mittlerweile geläufig. Wobei ich bei dem eher - läge da nicht ein ausgewachsener Mann drunter und gäbe es nicht die Produktbeschreibung - an eine Aufhängevorrichtung für ein Mobile zur Bespaßung eines Säuglings denken würde. Auch Crosstrainer kenne ich, und Power-Fitnessband sowieso. Bei einem "Multifunktions-Türeck aus stabilem Stahlrohrgestänge und Handgriffen mit Schaumstoffummantelung", das sich offensichtlich für Klimmzüge recht gut eignet, dächte ich, läge es einfach so vor mir, an einen Dachgepäckträger.
Was ich persönlich so noch nicht gesehen habe, ist eine Kugelhantel. Und dazu die Produktbeschreibung, einfach unübertroffen: "Geben Sie sich die Kugel. Kettlebell-Training für Ihr perfektes Kraft - und Ganzkörpertraining, optimales Trainingstool für Ihr Home-Workout". Gut, für mich jetzt uninteressant, weil in der Produktbeschreibung das böse Wort Power einfach viel zu oft vorkommt. Aber wem's Spaß macht: Für schlappe 5,99 Euro eine Kettlebell mit komfortablem Haltegriff, Gummifüßen zum sicheren Abstellen (das Gerät, nicht den Menschen) und ein Trainingsvideo - da kann man wirklich nicht maulen.

Noch mehr fasziniert hat mich allerdings der Sling Trainer. Für mich persönlich ist der jetzt überhaupt nicht geeignet, weil er speziell die tiefer liegende Bauchmuskulatur trainiert - ich habe da nämlich gar keine. Auf der Abbildung sieht man eine Frau, die Liegestütz macht, während ihre Füße in zwei Schlaufen hängen, die ihrerseits an der Tür befestigt sind. Also diese Seite im Werbeprospekt könnte mir mein Lieblingsdiscounter jede Woche persönlich vorbeibringen - in tausend Jahren erwächst da kein Bedürfnis von meiner Seite!

Apropos in tausend Jahren. Was ich mir jetzt vorstelle: Also die Archäologen, wenn die in zehntausend Jahren auf dem Gelände an der Kölnstraße, wo jetzt mein Lieblingsdiscounter wieder eröffnet hat, also wenn die dort bei Bauarbeiten auf Überreste von solchen Fitness-Tools stoßen - ohne Produktanleitung! Werden die nicht vor ein Rätsel gestellt, was die Menschen damals mit diesen Artefakten angestellt haben?  
Aber noch mehr hätte mich die Meinung der Eiszeitjäger interessiert. Also wenn die Überreste von einem Hometrainer fänden, rein hypothetisch. Wie lange bräuchten die um herauszufinden, dass sich da Menschen drauf müde strampeln, ohne auch nur einen Zentimeter vorwärts zu kommen? Da kämen die doch nie drauf!
Oder so eine Kettlebell (ich liebe dieses Wort). Die Kettlebells der Eiszeitjäger waren die Keule und der Pfeil. Die brauchten ihre "Tools" aber zum nackten Überleben. Die Eiszeitjäger hatten Bauchmuskulatur, das wussten die nur nicht. Und angenommen - wieder rein hypothetisch, weil die ja vor uns gelebt haben ("Science Fiction" in die andere Richtung quasi) - also angenommen, es würde sogar ein Werbeprospekt gefunden. Wie sollten sich die Eiszeitjäger erklären, warum die Frau ihre Füße in zwei Schlaufen hängt, die wiederum an einer Tür hängen, und sich dann vom Boden abstemmt? Es ist wirklich so was von hypothetisch zu überlegen, was die Menschen vor zehntausend Jahren beim Anblick dieser Fotos in meinem Werbeblättchen gesagt hätten. Denn wie, bitteschön, sollten sie sich das Wort "Freizeit" erklären?

Apropos erklären. Ins Auge ist mir dieser Tage die Anzeige von PMPG gesprungen: Ein Mann, athletisch gebaut, Oberkörper tätowiert, wirft mir einen Handkuss zu. Darunter in großen Lettern "Wir haben noch Stellen frei." Die PMPG sucht Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirte. Gute Anzeige, denke ich, weil größer könnte der Kontrast nicht sein. Erst auf den zweiten Blick verstehe ich den Witz: Im Gegensatz zu dem ganzkörper-tätowierten Mann, der keine einzige freie Körperstelle mehr für ein neues Tattoo hat, hat besagtes Unternehmen noch Stellen frei.
Auch da frage ich mich, was dieses Foto in hunderten von Jahren über uns aussagt. Warum die Menschen unserer Zeit angefangen haben, sich flächendeckend zu tätowieren. Vielleicht wird es Forscherteams geben, die sich mit der Frage beschäftigen, in wie weit die Größe des Tattoos in unmittelbarem Zusammenhang mit dem IQ steht.

Wo ich gerade bei Anzeigen in meinem "Schaufenster" bin. Ich hoffe zutiefst, dass die Anzeige vom Media Markt in der Geschichte der Menschheit nie mehr auftaucht. Da ging es um Folgendes: Bei der "Bang YurHead"-Challenge versprach ein Hersteller, dass seine neuen Kopfhörer dank ihres neuen Designs perfekt sitzen und auch dem wildesten Kopfschütteln widerstehen. Wer es schaffe, die Kopfhörer innerhalb von zehn Sekunden durch Kopfschütteln von den Ohren zu befördern, der dürfe ein brandneues Paar davon gleich mit nach Hause nehmen.

Ganz davon abgesehen, dass ich ja dann ein Produkt bekomme, was den Versprechungen nicht standhält - was würden die Eiszeitjäger dazu sagen? 

Dienstag, 14. April 2015

Die Schaufenster und nicht das "Schaufenster" - So viele Bilder im Kopf

So gegen halb zehn an einem Donnerstag in meiner Stadt. 
Die ersten Geschäfte schon geöffnet, noch sind keine Kunden da. Deshalb wird hier noch eben gesaugt und dort im Eingangsbereich geputzt. Hinter vielen Schaufenstern ist es noch dunkel, kein Lebenszeichen von drinnen, kein Licht. Ich fahre mit dem Fahrrad von meinem Auerberg über die Kölnstraße in meine Stadt - wie seit Jahrzehnten. Und seit Jahrzehnten am BLUMENHAUS ENGELS vorbei - auf der rechten Seite kurz vor dem Martinsplatz gegenüber dem ehemaligen Krankenhaus. Und wieder erfreue ich mich an den geschmackvoll dekorierten hohen Schaufenstern des alten Eckhauses, genieße vorbeifahrend die Blumenpracht, werde eingestimmt auf Jahreszeiten und anstehende Feste. Dieses Mal sind es die Tulpen und Narzissen, die Krokusse und das Osterfest (ein zarter Wehmutsstich: Noch nie habe ich hier einen Blumenstrauß gekauft!).

Am Berta-von-Suttner-Platz schwenke ich nach links, lasse den Peter, den KASTENHOLZ, rechts liegen, kaufe in der Bäckerei SCHELL zwei unverschämt leckere Mailänderhörnchen. Weiter geht's mit Blumen im Kopf und Mandelhörnchen in der Tasche kurz Richtung Kennedy-Brücke, dann aber rechts und sofort wieder rechts in die Friedrichstraße.
Und wieder das Eckhaus ein HAUS DER BLUMEN, steige ab, wunderschöne Osterdekoration (-50% Rabatt). Ranunkeln stehen dreist im Freien, verlangen nach Aufmerksamkeit, nehmen Raum ein, Platz weg, brauchen keine Angst zu haben, weil Fußgängerzone. So friedlich die Friedrichstraße um diese frühe Tageszeit, so blumig am Ende die Straße (und, ja, auch hier habe ich noch nie Blumen gekauft!).

Will schon weiter, weil verabredet, um zehn Uhr im neuen Kirchenpavillon der Kreuzkirche am Kaiserplatz. Entdecke jedoch zwei Häuser weiter im Schaufenster des Geschäfts KISS THE INUIT bizarre, tierähnliche Skulpturen - und ein großes Plakat: 21.3. - bis 30.4. Material World Georg Wittner "Wenn aus alten Dingen Neues entsteht, kann es Kunst sein. Oder Mode." Gott sei Dank hat der Laden noch geschlossen, hätte mich sonst in der Zeit verlaufen!
Weiter die Friedrichstraße entlang und links in die Wenzelgasse. Komme rechts an KULT vorbei, Schaufenster beklebt mit RÄUMUNGSVERKAUF WIR SCHLIESSEN APRICOT TOM TAYLOR ONLY -70%. Mein Gott, wie jung war ich, als in diesem Ladenlokal BLÖMER war. Und wiederum wie viele Jahre gibt es dort nun schon BUTLERS und KULT?

Wehmut mischt sich zwischen Blumen und Mailänderhörnchen. Bin auf dem Marktplatz angekommen. Obst und Gemüse zwischen den Schaufenstern von HUT WEBER und ALLERMANN. Diese Schaufenster aus einer anderen Zeit? ALLERMANN, weiße Lettern auf dunkelgrüner Markise, goldene Buchstaben auf Glas. Und plötzlich Traurigkeit. Erinnerung an einen lieben, verstorbenen Freund, mit dem ich hier viele Jahre den Rosenmontagszug geschaut habe. Bei KASTENHOLZ habe ich immerhin schon einen Nadeleinfädler gekauft, aber HUT WEBER und Herrenausstatter ALLERMANN? - Fehlanzeige. Können alle nicht von mir als Kundin leben! Plötzlich sehe ich mich im Schaufenster lächeln: Aber mein verstorbener Freund war Stammkunde bei ALLERMANN, das zählt auch. Hat schon geöffnet, neben der Eingangstür ein Pappkarton mit ausrangierten Kleiderbügeln zum Mitnehmen. Nehme mir drei.

Lasse das alte Rathaus links liegen, vorbei am klitzekleinen DESIGUAL-Laden, der immer im Schatten liegt, zu einem anderen Eckhaus: BEATE UHSE. Was haben das Hutgeschäft, der Herrenausstatter und der Erotikshop gemeinsam? Es gibt sie, solange ich in Bonn wohne (und ich wohne schon sehr lange in Bonn) und ich war in allen drei Läden noch nie Kundin. Fahre an DEITERS vorbei, immer noch daneben die Buchstaben BOUVIER. Dass BOUVIER geschlossen hat, liegt definitiv nicht an mir, habe dort viele Bücher gekauft, aus Papier.

Biege links ab Richtung Kaiserplatz. Auf der linken Seite das Schaufenster von J.M.H.WALTZINGER, Mode in Bonn. Kann mich noch gut daran erinnern, als WALZINGER in der Kaiserpassage war. Das war zu der Zeit, als Bonn noch Bundeshauptstadt war: Die Diplomatengattinnen kauften dort ein und draußen parkten die schwarzen Limousinen mit ihren 00-Kennzeichen im absoluten Halteverbot. Ich vermisse sie nicht!
Noch habe ich ein paar Minuten, bevor die Glocken mit ihrem 10-Uhr-Läuten beginnen - also Zeit für die Schaufenster von VOLLMAR & SÖHNE, Feine Waren seit 1861! Gediegenes Eckhaus in grau und schwarz Ecke Kaiserplatz/Am Neutor. SCHMUCK SILBER PORZELLAN prangt es in großen Lettern am Haus. In den Schaufenstern nur Feinstes von Fürstenberg, Christian Lacroix und KPM. Auch hier habe ich noch nie etwas gekauft. Aber das stundenlange vor den Schaufenstern Stehen und Bewundern muss auch in die Waagschale geworfen werden! Die Glocken der Kreuzkirche läuten, auf dem Kaiserplatz, in meiner Stadt, um zehn Uhr.

PS: Habe mir übrigens die Ausstellung von Georg Wittner angesehen - toll! Läuft noch bis zum 30. April im KISS THE INUIT. Nicht verpassen!
Habe überlegt, wo ich in Zukunft Geld lassen werde. Habe mich mittlerweile damit abgefunden, dass ich auch in Zukunft nicht bei HUT WEBER und Herrenausstatter ALLERMANN einkaufen werde. Habe dafür aber beschlossen, ich hatte es immer schon mal vor, damit man auch weiß, wovon man spricht: Also "Dschungel Camp" zum Beispiel, da hab' ich auch schon mal zehn Minuten reingeschaut, damit ich auf dem Laufenden bin und weiß, worüber sich die Welt erregt. Oder damals "Dallas" - keiner sah sich die Serie regelmäßig an, aber als in der Bonner Oper eine Persiflage auf "Dallas" aufgeführt wurde, gab es Standing Ovations. Hab' mich damals gefragt, wie ich eine Persiflage so bejubeln kann, wenn ich doch das Original nicht kenne. Also wie dem auch sei, diese Beate ist irgendwie Zeitgeschichte, also Geschichte, also Bildung im weiteren Sinne. Immerhin war sie eine der einflussreichsten deutschen Frauen, hat 1962 in Flensburg den ersten Sexshop der Welt eröffnet. Und es gibt über sie eine Fernseh-Biographie aus dem Jahr 2011 mit dem Titel "Beate Uhse - Das Recht auf Liebe". 

Und Blumen werde ich kaufen, viele Blumensträuße, viele Blumen, viele Sträuße, viele!

Mittwoch, 8. April 2015

Der perfekte Abi-Ball

"Der perfekte Abi-Ball" - so lautet die Überschrift eines Zeitungsartikels. Und in dem Artikel heißt es: Damit sich die Abiturienten neben der Erstellung von Gästelisten, der Auswahl von Musik und der Buchung der Location nicht auch noch Gedanken um die Finanzierung machen müssen, vergeben die IUBH School of Business and Management und die IUBH Duales Studium mit dem "Abi Event Award 2015" einen Zuschuss von insgesamt 3.500 Euro. Prämiert werden die kreativsten Veranstaltungskonzepte. 
Eine Jury aus Eventprofis sowie Medien - und Industrievertretern bewertet die Konzepte nach den Kriterien Kreativität, Markenbildung und Professionalität. "Eine sorgfältige Planung ist für eine einzigartige, unvergessliche Abschlussfeier unerlässlich", erklärt die Projektkoordinatorin des Abi Event Awards. "Bei der Organisation eines Abi-Balls gibt es viele Aufgaben: Die Schüler müssen ein Eventkonzept erstellen, ein Motto umsetzen, Sponsoren finden und sich um das Finanz - und Zeitmanagement sowie den Personalplan kümmern." Das Abi-Event-Handbuch der IUBH soll bei der Planung des Abi-Events einschließlich der Vorabi-Fete helfen.
Soweit der Artikel.

Ich habe 1978 in Mechernich Abitur gemacht. Der offizielle Teil fand wie heutzutage in der Schule statt. Ein Mitschüler unseres Jahrgangs war der Sohn eines Landwirts. Dort auf dem Hof haben wir an dem Samstag darauf in Jeans und T-Shirt gefeiert. In unserem Jahrgang war auch der Sohn des Direktors unserer Schule. Und so spielte der Sohn auf dem Anhänger eines Traktors auf dem Klavier, ja, begleitete seinen Vater auf dessen letzten Weg mit beschwingten Melodien, während er, der Vater, in Gestalt einer liebevoll hergestellten Strohpuppe zusammen mit dem einen oder anderen Schulbuch verbrannt wurde.
Das war unser Abi-Ball. Noch Jahrzehnte später sucht diese Feier ihresgleichen.   

Die Frage, die sich mir jetzt stellt: Wie haben wir eigentlich damals ohne das Abi-Event-Handbuch der IUBH School of Business and Management so ein einzigartiges Fest auf die Beine gestellt, einfach so?


Offensichtlich gibt es hier einen riesigen Markt, der noch zu erschließen ist. Und viele reißen sich um diesen Kuchen.

Samstag, 28. März 2015

Beim Dreh für den ... Festspielhaus: Die Zahlen ... neuen Image-Film ... liegen jetzt auf dem Tisch

"Beim Dreh für den Festspielhaus: Die Zahlen neuen Image-Film liegen jetzt auf dem Tisch." 
Hans Arp lässt grüßen. Was auch ein ganz klein wenig Surreales an sich hat, ist die Anzeige des Herrn Truntschka über eine komplette Seite in meinem "Schaufenster". Geschrieben steht dort in gewaltigen Lettern: Gesundheitssaft La Vita "Die Wirkung ist gewaltig!"


Und gewal"d"ig laut wird's werden, wenn das verwahrloste Baumschulwäldchen vollkommen neu gestaltet wird. Im Bereich des kurfürstlichen Gärtnerhäuschens soll das "Botanische Wäldchen" entstehen und daneben das "Naturwäldchen". Hell und transparent soll das 1,4 Hektar große Gelände werden. Und im Zuge des neuen Wegekonzepts werden die Wege befestigt werden und somit die Pfützen verschwinden. Und das sieht der Biologe gar nicht gern! Weil, die sich im Lebensraum Pfütze entwickelnden Lebensgemeinschaften von Kleinamphibien könnten somit bald vom Aussterben bedroht sein.
Bin ich froh, dass ich das mit den Lebensgemeinschaften erst jetzt erfahre. Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht, wenn meine Kinder und ich durch Pfützen gelaufen sind. Dass wir da quasi in Häuser eindringen oder diese vielmehr zerstören. Was rede ich, dass wir töten! Da aale ich mich in dem Gedanken, eine perfekte Profimutter zu sein, weil meine Kinder sich mal so richtig einsauen dürfen, und stelle heute fest, dass wir dabei ganze Lebensgemeinschaften ausgerottet haben.

Wobei, wenn ich es mir recht überlege, ist der wahre Schuldige mein Lieblingsdiscounter. Schließlich liefert der ja die Waffen: Regenstiefel aus wasserdichtem Gummi mit Reflektionsstreifen für mehr (unsere!) Sicherheit und Matsch- und Buddelhosen mit elastischen Fußschlaufen und beschreibbarem Namensetikett. Wobei, wer ist denn schon so blöde und schreibt seinen Namen zur eindeutigen Identifizierung drauf, wenn er vorhat, in den Lebensraum Pfütze vorzudringen?
Das wäre ja so, wie wenn Putin von Anfang an gesagt hätte, dass das seine Soldaten sind, die da in der Ukraine mit Panzern einmarschierten.

Apropos Lebensraum Pfütze: Alljährlich berichtet mein Wochenblättchen über das Event im Wasser - und alljährlich habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht dabei war. Dabei ist der Austragungsort dieses unglaublich fantastischen Spektakels von Grazie und Athletik quasi bei mir ums Eck. Wieder fanden im Frankenbad die German Open im Synchronschwimmen statt. Nun schon zum 26. Mal, hier in meiner Stadt, eine rasante, vielfältige und athletisch äußerst anspruchsvolle Sportart mit vielen akrobatischen Elementen und künstlerischem Ausdruck - und ich war wieder nicht da! Dabei kostet die Tageskarte nur 7 Euro. Im nächsten Jahr bin ich dabei. Da kann ich mir dann in einem Aufwasch auch das Frankenbad noch mal als architektonische Besonderheit anschauen. Weil, da bin ich ehrlich, als vor einigen Jahren der Generalanzeiger dem Frankenbad eine ganze Seite widmete, auf der selbiges als architektonisches Kleinod beschrieben wurde, ist bei mir der Funke nicht so ganz übergesprungen. Davon habe ich allerdings auch keine Ahnung.

Wovon ich auch keine Ahnung habe, sind die primitiven Nullteiler der Sedenionen. Muss ich auch nicht. Weil, ich bin ja nicht der Nils. Der Nils Waßmuth errang nämlich beim Regionalwettbewerb "Jugend forscht" den ersten Platz und vertritt demnächst Bonn beim Landeswettbewerb.
Und, ja, der Automobil-Teil meines "Schaufensters" - wieder mal auch für mich als Frau interessant. Oder sollte ich besser sagen, GERADE für mich als Frau wieder höchst lehrreich. Gott sei Dank machen mir ja die Paparazzi oft die Freude. Jetzt leider nicht, weil sie mich fotografieren, sondern weil sie den Stars auflauern und die mal so beim Brötchenholen fotografieren, wie sie ungeschminkt aussehen. Diese Schnappschüsse in der Bunten, bei deren Anblick ich in meinem Auerberg wieder mal bestätigt werde, dass die Hollywood-Frauen ungeschminkt (fast) genau so aussehen wie ich. Lieb von den Paparazzi. Was mir da aber immer wieder auffällt: Die Haare können noch so unfrisiert sein und die Kleidung kann wirken wie aus einem Altkleidersack zusammengestellt - aber die Sonnenbrille ist immer am Start. Und da ist es auch gleich, das Stichwort - Sack, der Tränensack. Weil, Schönheits-OPs hin, Botox her, gealtert wird trotzdem. Ein ganz schleichender Prozess: Anfangs wachte ich morgens auf, die Augenlider und der Bereich unter den Augen leicht geschwollen. Zwei Stunden später Entwarnung, eine Ausnahme - dachte ich. Tage später wusste ich, dass dem nicht so war. Konsequenz: Wenn ich bei einem Treffen einigermaßen jung und frisch aussehen wollte, verabredete ich mich frühestens ab 11.00 Uhr.

Nun ja, mittlerweile bräuchte es eine Uhrzeit, die weit außerhalb des 24-Stunden-Zeitfensters eines Tages liegt. Das eine oder andere Mal behelfe ich mir damit, dass ich im Stehen schlafe. Aber das ist auf Dauer ja auch keine Lösung. Und da kommt jetzt die Sonnenbrille ins Spiel. Weil, eins ist doch klar, je größer und dunkler die Gläser, desto weniger Sicht auf die Tränensäcke. Was jetzt wohl ein unangenehmer Nebeneffekt ist, also letztens hätte ich beinahe mit dem Auto einen Unfall gebaut, und mir war gar nicht klar, warum.
Und da bin ich jetzt meinem Wochenblatt wieder so was von dankbar. Da erklärt der Herr Sven Hartlieb vom Zentralverband der Augenoptiker, dass eine Sonnenbrille mit einer Tönung von mehr als 90 Prozent für den Straßenverkehr nicht geeignet sei. In der Nacht liege der Maximalwert sogar bei nur 25 Prozent Tönung. Zumal, oder irre ich mich, nachts die Sonne ja auch nicht wirklich scheint. Was mir jetzt aber klar geworden ist: Je weniger mein Gegenüber meine geschwollenen Augen sieht, desto weniger sehe ich - und das ist im Straßenverkehr jetzt vielleicht nicht so günstig. Ich kann natürlich weiterhin ohne Probleme abends beim Candlelight-Dinner eine Sonnenbrille mit 100 Prozent Tönung tragen.

Apropos sehen. Auf den ersten Blick lasen sich die Worte auf der Titelseite meines "Schaufensters" so: "Beim Dreh für den Festspielhaus: Die Zahlen neuen Image-Film liegen jetzt auf dem Tisch." Aber eben nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten bemerkte ich die klitzekleine Leerzeile, dass es sich also um zwei Überschriften nebeneinander handelte: "Beim Dreh für den neuen Image-Film" und "Festspielhaus: Die Zahlen liegen jetzt auf dem Tisch".

Wo ich jetzt aber hätte schwören können, dass ich da absolut etwas Falsches gelesen habe: "Angesichts voller Wartezimmer fordern Mediziner der Uni Magdeburg, dass sich Patienten bis zu sieben Tage selber krankschreiben sollen." Ich hab dann erst mal geschaut von wegen Sonnenbrille - war aber nicht. Dann habe ich geschaut, ob ich eventuell wieder die eine oder andere Leerzeile übersehen hatte - hatte ich nicht. Und sicherheitshalber habe ich den Satz siebenmal gelesen - die Anordnung der Wörter inklusive Buchstaben blieb dieselbe. Leider lassen Hans Arp und der Surrealismus nicht grüßen. Was mich jetzt nicht wirklich gewundert hat: 65,2 Prozent der Leser finden, dass das eine gute Idee ist. Es grüßt die Realität. 

Samstag, 7. März 2015

Die Puppen brüten ungestört im komfortablen Freudenhaus. Ein Volksmund und ein Virtuose erhängen die dressierte Laus

Ja, solche Sätze und anderes lasse ich in diesen Tagen auf mich wirken. "Probiotische Bakterienkulturen - jetzt auch für den Hund", selbst die Anzeigen in meinem "Schaufenster" erhalten in diesen Wochen mehr Aufmerksamkeit als ihnen zusteht. Weil, zu dieser Jahreszeit sind das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters und ich nicht so die ganz dicksten Freunde. Sonst passt ja zwischen uns beide kein noch so dünnes Blättlein, aber im Moment passt ohne Weiteres das ganze "Schaufenster" dazwischen. Ein Blick ins Werbeblättchen - und mein Hausfrauen-Selbstbewusstsein ist dahin. Gut, ich weiß schon, dass die eine oder andere Freundin es mit der Sauberkeit im Haus vielleicht doch ein ganz klein wenig genauer nimmt als ich. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen: Ich habe die Freundschaften aufgekündigt. Aber auch die wenigen Frauen, zu denen ich noch Verbindung halte, sind weitaus weniger nachlässig im Haushalt als ich.

Mitte Januar fängt das an, dass mein Werbeblättchen kein Blatt vor den Mund nimmt, mir den blitzblanken Spiegel vorhält und mich wieder daran erinnert, was ich doch für ein Schmutzfink bin - dass der Frühjahrsputz jetzt ansteht. Also quasi auch für mich! Mir einen "Mikrofaser-Teleskop-Staubwedel" für schnelles und einfaches Staubwischen anzubieten - könnte ich vielleicht noch weg hecheln. Damit aber nicht genug! Die listen mir dann akribisch alle Vorteile auf. Unter anderem, dass der 360 Grad-Handgriff ideal für schwer zugängliche Flächen ist. Hallo, weil ich an die nicht dran kommen kann, kann ich da auch nicht putzen! Da fiel das bisher gar nicht auf, dass ich zu faul war!

Oder anderes Beispiel: Weil Fensterputzen für mich immer ein Angang ist, putze ich sie eben selten - und ganz ohne Streifen geht es auch nie. Damit konnte ich bis jetzt gut leben. Dieses Frühjahr aber preist mein Werbeblättchen die innovative Lösung für die Fensterreinigung von heute an: den "Fenster-Nassabsauger 2in1", im Handumdrehen streifenfreie Reinigung mit extra breiter Gummilippe von 280 mm. Was red' ich eigentlich? Wenn's denn nur das Blättchen wäre, das mir selbigen ans Herz legt. Nein, es ist eine bildhübsche junge Frau, lange blonde Haare, die justament mit diesem Sauger ihre Fenster säubert - und dabei ein so beseeltes, strahlendes Lächeln auf den Lippen. Und deshalb sind momentan das "Schaufenster" und ich wieder so was von ganz eng.

So stand neulich unter "Stellenmarkt", dass es ein Recht auf brückentagsfrei nicht gibt. Wenn der Chef "Nein" sagt, kann ich nicht einfach zuhause bleiben und krankfeiern. Bin ich froh, dass ich das auch noch einmal schwarz auf weiß gelesen habe. Ich war mir da nämlich ziemlich unsicher, ob ich überhaupt meinem Arbeitgeber sagen muss, wenn ich nicht zur Arbeit erscheine. Ja, ich hatte auch schon einmal überlegt, in Erwägung zu ziehen, meinen Arbeitgeber aufzufordern, mir doch bitteschön mein Gehalt zu überweisen, ohne darauf zu bestehen, dafür von meiner Seite auch eine Gegenleistung zu erwarten.
Und ich war gerade so in mein "Schaufenster" vertieft, da habe ich doch glatt auch noch den "Automobil"- Teil gelesen. Komm ich sonst nie zu. Ehrlich gesagt, interessiert mich auch nicht wirklich, wann jetzt die Winterreifen endlich aufgezogen werden sollten oder welche Pflege die Autobatterie erwartet. Dafür ist ja mein Traummann zuständig. In Zukunft werde ich da aber auch immer wieder mal querlesen. Muss ich in Zukunft unbedingt zeitlich zum Lesen einplanen. Weil, in dem Artikel "Jung und unfallfrei" standen ganz tolle Tipps für Autofahrer. Gut, jetzt eher für junge, aber das kann ja schon auch für die jungen Autofahrer von Vorteil sein, wenn die im Straßenverkehr auf mich treffen, und ich mich dann auch an die klugen Ratschläge halte. Also wirklich tolle Tipps, muss ich sagen: Zeit nehmen, Ruhe bewahren, den Gasfuß bremsen und, vor allem, voll bei der Sache sein. Das Texten von Nachrichten auf dem Handy soll angeblich ablenken. Das kann ich mir so gar nicht vorstellen, dass das die Chantal irgendwie ablenken könnte, wenn sie, nachdem ihr Typ per SMS mit ihr Schluss gemacht hat, jetzt vollkommen unemotional den mal simstechnisch auf Spur bringt.

Was ich persönlich jetzt für mich total schade finde, was angeblich auch schnell in einem Unfall endet, ist das Selfie am Steuer. Und dabei hatte ich mich gerade dazu entschlossen, den "Rollei Selfie Stick Arm Extension" käuflich zu erwerben. Eine geniale Lösung, wenn mein Arm fürs Selfie zu kurz ist. Den Auslöser kann ich am Griff dieses Rollei-Sticks bedienen. Und da hatte ich mir halt so toll vorgestellt, dass ich während der Fahrt auf der Autobahn bei 140 km/h das Fenster runter kurble, mit der linken Hand diesen Selfie-Stick aus dem Fenster halte und von außen durch die Windschutzscheibe ein Selfie von mir mache - während ich, mit den Füßen lenkend, im Rückspiegel noch ein klein wenig Rouge auftrage. Blöd, dass das angeblich ...

Worüber ich mich auch ärgere, das Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters hat's doch tatsächlich wieder mal geschafft: Trotz festem Vorsatz, das Thema Frühlingsputz nicht mal annähernd in meine Nähe kommen zu lassen ... Gut, es hätte schlimmer kommen können, von wegen Fenster-Nassabsauger und so. Immerhin, ich bin stolz auf mich, kosten mich meine neuen Kauferrungenschaften nicht zusätzliche Arbeit. Aber werberesistent geht anders. Ich sag's ja immer, Bedürfnisse werden gemacht. "Deo" verband ich bislang mit Achselhöhlen - bestenfalls noch mit Raumduft. Oder ich will mal so sagen, mir ist noch nie der Gedanke gekommen, es mir in einem Müllbeutel gemütlich zu machen, und den Aufenthalt in einer Spülmaschine stelle ich mir auch nicht wirklich erstrebenswert vor. Das Werbeblättchen bot nun letztens tatsächlich "Duft-Müllbeutel mit Orangen-Duft" feil - und "Spülmaschinen-Deo, 2in1" in den Duftnuancen Pure Frische, Zitrone und Apfel. Ich hab's mir dann schön geredet. Hauptsache, ich habe meinen Beitrag zum Frühjahrsputz ohne Mehrarbeit geleistet.

Ich hatte jeden Artikel in meinem "Schaufenster" gelesen. Was sollte ich nun mit meiner Zeit anfangen? Da fiel mir Gott sei Dank der Hans, der Arp, ein. Ab und zu statte ich dem einen Besuch ab. Letztens war auch der Max, der Ernst, da. Der ist aber schon wieder weg. Dafür ist jetzt der Ernesto Neto mit seiner Ausstellung Haux Haux da - noch bis zum 25. Mai. Kann ich nur empfehlen! Ich hatte so viel Spaß an den Installationen vom Ernesto, habe darin gelegen, gesessen und musiziert. Da verzeihe ich dem Hans glatt seinen Satz, den er da raus gehauen hat und den es im Arp Museum in großen Lettern an der Wand zu lesen galt: "Die Puppen brüten ungestört im komfortablen Freudenhaus. Ein Volksmund und ein Virtuose erhängen die dressierte Laus."

Und eins ist sowieso immer gesetzt, wenn ich am Bahnhof Rolandseck bin - die Toiletten. Und wenn weit und breit keine Menschenseele zu sehen ist, schau ich mir auch das Männerklo an.

Donnerstag, 26. Februar 2015

..., dann klappt's auch mit dem Nachbarn

Neulich ging mir so durch den Kopf ...

Wenn ich einen Werbeblock im Fernsehen daraufhin unter die Lupe nehme, welches Geschlecht die Werbestrategen für blöder halten oder welches Geschlecht blöder ist - ganz klar, wir Frauen. Wir Frauen sind die, die in einem riesigen Bad auf dem Badewannenrand hocken und uns am strahlenden Glanz selbiger erfreuen (wenn ich bedenke, dass früher die Menschen in der DDR dachten, wir im Westen hätten alle solche Bäder). Und wir Frauen sind es, die sich an Kalkflecken auf dem Weinglas stoßen ( wie hieß der Spruch doch gleich? ..., dann klappt's auch mit dem Nachbarn). Ich stamme aus einer Zeit, als die Parfüm-Werbestrategen nur uns Frauen angesprochen haben. Gott, wie lange ist das her? Längst haben die Männer aufgeholt. Jetzt nicht in dem Sinne, dass sie sich an strahlend weißer, reiner als reiner Wäsche erfreuen, aber Mode, Parfüm, ganz klar heute auch Männersache. Bis vor Kurzem gab es bei der Zielgruppe "Mann" allerdings noch drei Themen, an die sich die Werbestrategen nicht herangetraut haben.
"Stärkung des Immunsystems" war eins davon. Actimel brauchte nur die Frau. Brauchte der starke Mann nicht. Der Mann von gestern hatte kein Immunsystem, insofern gab's da auch nichts zu stärken - bis vor Kurzem. Ganz anders der Mann von heute. Heute informiert mich der junge Mann im Radio, dass er Actimel für die Abwehrkräfte nimmt.

Das zweite Thema ... Es scheint tatsächlich so zu sein: Die Frau stellt sich seitlich vor den Spiegel, zieht den Bauch ein und findet sich trotzdem zu dick. Der Mann stellt sich breitbeinig frontal vor selbigen, nimmt einen dicken Bauch zur Kenntnis und sagt: "Passt." Und dann ist da ja auch noch der Unterhaltungswert eines Werbespots. Ich kann's jetzt aus der Sicht der Männer verstehen. Was wär' das für ein stink langweiliger Werbespot, wenn am Strand neben dem Hund ein Mann mit Plauze liefe? Und für uns Frauen wäre es doch auch eine Zumutung. Aber weil nun mal immer neue Absatzmärkte erobert werden müssen ... Nun informiert mich morgens im Radio ein junges Pärchen, dass es vorhat, mit Almased ein paar Pfunde abzunehmen: "... und bei mir können es ruhig ein paar Pfunde mehr sein," sagt der nette Mann ganz ehrlich.

Jetzt warte ich natürlich darauf, dass auch die letzte werbestrategische Frauendomäne fällt. Aber ich glaube, das ist nach wie vor ein Tabu. Weil, das kann mir doch keiner erzählen, dass die Männer keine ... gut, den einen oder anderen stört's vielleicht nicht ... aber dass die Männer auch Blähungen haben ...ich mein, worüber rede ich.

Samstag, 14. Februar 2015

Die Herren Schall von Bell und Jin Jian Shu - unser Dreamteam der Völkerverständigung

Schade, da wär' ich so gerne hingegangen ... Aber das kommt in letzter Zeit häufiger vor: Je weniger ich zu tun habe, desto langsamer puzzle ich so vor mich hin und, schwuppdiwupp, ist die Woche auch schon rum. Das ärgert mich jetzt wirklich! Zu dem wäre ich echt gerne gegangen, zu dem Herrn Betz. Obwohl, es lag auch an der 2-Cent-Ergänzungsmarke! Was ich da an Zeit gelassen habe wegen der jüngsten Preisanpassung der Post. Wie viel Zeit ich da am Postschalter zugebracht habe! Der Postbeamte und ich, wir hatten uns so was von in der Wolle, als der mir erklärte, ich könne meine alten Briefmarken im Wert von 90 Cent nur umtauschen, wenn selbige originalverpackt seien und ich eine Rechnung vorlegen könne.

Allein das Wort "originalverpackt" hat den jungen Mann und mich einen ganzen Vormittag Diskussion gekostet - und wegen "Rechnung" bin ich dann nach der Mittagspause noch einmal wiedergekommen. Weil, wo, wenn nicht bei der Post, soll ich denn bitteschön die Marken gekauft haben? Ich hab's dann nachmittags nicht ganz so auf die Spitze getrieben, weil nur ein Schalter geöffnet war und hinter mir die Warteschlange ...

Wobei das ja kein so großes Problem ist, wenn man bei uns im Auerberg in der Postfiliale Kölnstraße warten muss. Die ist nämlich unter einem Dach mit dem Blumengeschäft Möhle. Da kann man dann schon mal, da hängen ja immer diese unaufdringlich aufdringlichen Namenstagskalender - vielleicht ist da sogar eine längere Wartezeit am Postschalter erwünscht. Früher war das noch praktischer: Da war die Postfiliale bei Möhle, Steinmetz und Bildhauer Meisterbetrieb, im Antilopenweg untergebracht. Da konntest du, während du in der Warteschlange standest, schon mal einen Blick auf das reichhaltige Urnenangebot werfen. (Man weiß ja nie: gerade eben noch Namenstag gefeiert und plötzlich tot.) Ich erinnere mich noch genau, wie ich mich damals eigentlich schon auf eine zeitlos elegante Urne festgelegt hatte, als eines Tages ein Urnenmodell in grell pink in der Auslage stand.

Wie dem auch sei, als ich dann abends nach nicht stattgefundener Umtauschaktion ermattet auf dem Sofa saß, fiel mir auf, dass ich vollkommen vergessen hatte, für meine Standardbriefe 2-Cent-Ergänzungsmarken zu kaufen: Ich hab' dann die ganze Nacht damit verbracht, mir einen Überblick über meine Restbestände zu verschaffen, habe festgestellt, dass ich noch aus alten Tagen über einen erheblichen Vorrat an 55-Cent-Briefmarken verfüge, habe in etwa hochgerechnet, wie viele Kompaktbriefe zu 85 Cent ich in den kommenden Wochen versenden will. Und weil ich die alten 90-Cent-Marken für den nächst höheren Tarif benutzen werde, habe ich am nächsten Morgen den gesamten Vorrat an 2-Cent-Ergänzungsmarken der Postfiliale im Auerberg aufgekauft - und mir damit nicht eben viele Freunde hinter mir in der Warteschlange gemacht.

In dem Zusammenhang habe ich mich gefragt, ob der Herr Jin Jian Shu (über den habe ich in meinem letzten Artikel geschrieben) Briefe schreibt. Jetzt nicht während der tollen Tage, da ist der ja so was von beschäftigt als Präsident der Karnevalsgesellschaft Bönnsche Chinesen. Nein, ob er das überhaupt noch muss - oder ob alle seine Lieben aus China mittlerweile hier im Rheinland wohnen.

Der Herr Schall von Bell, der lebte ja auch erst im Rheinland. "Ein Bürger von Welt - in China sind er und seine Legende allbekannt", so stand es im September letzten Jahres im "Schaufenster". Ich habe den Artikel damals wegen des tollen Namens gelesen. Da wusste ich noch nicht, dass die beiden Männer sich quasi kennen. Also beim Johan Adam Schall von Bell aus Lüftelberg ist es ja genau anders herum. Als Spross einer rheinischen Adelsfamilie liebt der Wissenschaftler und Jesuitenpriester seine Wahlheimat China, wo er dank seiner Kenntnisse am Kaiserlichen Hof in Peking geschätzt, unter anderem mit der Reformierung des Kalenders betraut und später zum hohen Beamten ersten Ranges berufen wird. So geschehen ab 1630, als der Adam 38 Jahre alt war.

Gut, ich gebe zu, die Herren von Bell und Shu haben sich jetzt nicht persönlich kennengelernt. Aber im September wurde in Lüftelberg das Denkmal für den Wahlchinesen enthüllt. Und anlässlich des Festakts sind auch die Bönnsche Chinesen aufgetreten - und der chinesische Generalkonsul Liang Jianquan hat in seiner Rede betont, dass der Herr von Bell deshalb in China so große Bedeutung erlangt habe, weil er die wichtigste Eigenschaft mitgebracht hätte: Respekt für die Kultur, in der er lebt, ohne seine eigene zu verleugnen.
Den Satz kann man so in Stein meißeln, der ist so was von aktuell.

Was jetzt wirklich blöde ist, wegen der 2-Cent-Ergänzungsmarken-Großinvestition bin ich im Moment etwas knapp bei Kasse. Wobei, letztens las ich im "Schaufenster" ...
Ich erinnere mich noch an das erste Mal: Da stellte ich erstaunt fest, dass die Preise auf der Weinkarte jeweils nur für ein 0,1-Liter-Glas galten (und da waren die Preise für mich gerade mal akzeptabel). Die wussten schon, warum - damit der Preis auf den ersten Blick nicht so exorbitant unverschämt wirkt. Für mich persönlich ist das absolut unakzeptabel. Ein Glas Rotwein heißt 0,2 oder sogar, bitteschön, 0,25 Liter. Sekt, da geht selbstredend 0,1 okay. Aber doch nicht bei Rotwein! Da lachen ja die Biertrinker, vor allem die in Bayern mit ihrem halben Maß. Für die ist ja schon ein Kölsch- oder Pilsglas ein absoluter Witz - dachte ich, bis das "Schaufenster" mich wieder einmal eines Besseren belehrt hat. Da stand doch tatsächlich, dass Kenner das Bier nicht nur als Begleiter zur Hauptspeise, sondern ebenso als Aperitif, gerne auch im kleineren, trendigen 0,1-Liter-Glas schätzen. Immer mehr Spitzengastronomen folgten dem Trend. Gut, der echte Biertrinker trinkt jetzt einfach das Bier als Aperitif zusätzlich.

Mich würde jetzt interessieren, ob der Herr Jin Jian Shu auch diesem neuen Trend folgt und erst einmal seinen Gästen ein Bier im 0,1l-Glas serviert. Ich könnte dann nämlich solch ein kleines Glas bestellen und keiner käm' drauf, dass das mit meinem finanziellen Engpass zu tun hat. Zur Not, wenn alle Stricke reißen, biete ich ihm an, im Rosenmontagszug bei einem seiner Wagen als Wagenengel zu gehen.

Selbst wenn ich Zeit gehabt hätte, das Geld für den Herrn Betz hätte ich sowieso nicht gehabt. Da hab ich echt falsch geschaltet. Statt am Schalter so viele Briefmarken zu erwerben, wäre ich mal lieber in die Stadthalle Bad-Godesberg gegangen, zu seinem Vortrag "Wieder richtig Bock auf den Job und das Leben!" für gerade mal 28 Euro. Der Herr Betz hätte mir sicherlich vollkommen neue, bahnbrechende Strategien zur Lösung meiner postalischen Lebenskrise an die Hand gegeben.