Also wenn ich kein guter Mensch bin, dann weiß ich es nicht!
Ich bin extra nach Österreich gefahren, weil die Post ja zum 1. Juli das Porto
erhöht hatte …
Was jetzt das Verreisen betrifft, ich hatte ja gesagt
"nie wieder". Weil, es ist ja nicht nur das Kofferpacken, sondern
gleichermaßen das Pipimachen. Erst steh ich beim Check-in in der Schlange, dann
steh ich stundenlang im Shuttlebus, der so unendlich lange zum Flugzeug fährt,
dass ich denk, okay, der Busfahrer hat es sich kurzfristig anders überlegt und
bringt mich directement zu meinem Urlaubsziel. Und dann sucht der Pilot
stundenlang nach einer geeigneten Startbahn für sich. Und in der ganzen Zeit
kann ich nicht Pipi machen. Deshalb dachte ich jetzt, ich versuch's noch ein allerletztes
Mal mit dem Auto.
Und dann lese ich doch in meinem SCHAUFENSTER folgende
Überschrift: Warum Pinkelpause auf der Autobahn nicht erlaubt ist. Jetzt zur
Pause anhalten oder fahren wir noch einen Parkplatz weiter? Wer kenne diese
Frage gerade auf langen Autobahnfahrten nicht? Im Zweifel halten Autofahrer
lieber an und gehen rechtzeitig auf die Toilette ( ganz guter Tipp! und so
bahnbrechend neu). Denn der Stresspegel steige, wenn man ansonsten kurz darauf
im Stau steht und dann plötzlich muss (stimmt! so was von). Und der Sprung über
die Leitplanke sei auch keine Alternative. "Das Betreten von Autobahnen
ist generell verboten. Die Straßenverkehrsverordnung macht hier keinerlei Ausnahmen",
sagt Verkehrsexperte Achmed Leser vom TÜV Thüringen. Er rät dringend davon ab. Egal,
ob man sich nur im Stau die Beine vertreten oder sich tatsächlich erleichtern
(schönes Wort) wolle. Das sei ein Tabu und könne mit einem Bußgeld von zehn
Euro geahndet werden. Apropos Geld: Wenn die an den Raststätten weiterhin so
rasant die Preise fürs "Erleichtern" erhöhen, ist die Sache mit dem
Bußgeld durchaus eine Überlegung wert. Weiter hieß es, die einzige Ausnahme sei
bei einer Fahrzeugpanne. Hier sollte man in jedem Fall das Auto verlassen und
möglichst hinter der Leitplanke Schutz suchen (und Pipi machen?). Wer sein
Fahrzeug im Stau stehen lässt, um auszutreten (auch ein schönes Wort),
behindert den Nachfolgeverkehr, sollte in der Zwischenzeit die Blechlawine
wieder ins Rollen geraten. Das kann als Halten auf der Autobahn gewertet werden
und kann 30 Euro Bußgeld kosten. Dauert das Geschäft (geht's noch besser?), und
das Fahrzeug blockiert länger als drei Minuten den Verkehr, gilt das als Parken
und kostet 70 Euro. In den meisten Fällen lösen sich Staus nach einer Weile
wieder auf (wie wahr!), so dass am nächsten Park- oder Rastplatz gehalten
werden kann, so der TÜV Thüringen. Wer weiß, dass er eine schwache Blase hat,
sollte für den Notfall über die Anschaffung sogenannter Notfall- oder
Taschen-WC nachdenken.
Erst einmal noch mal: ganz, ganz tolle Tipps! Aber was ich
mich selbstredend zuerst gefragt habe: Was mache ich bei einem schwachen Darm,
was mache ich, wenn ein großes Geschäft naht? Und ich darf gar nicht daran denken,
wie oft ich schon ohne Unrechtsbewusstsein während eines Staus Pipi gemacht
habe. Ich habe sogar schon, obwohl ich gar nicht musste, so getan als ob. Weil,
darauf kann ich mich verlassen: Wenn ich mich endlich entschließe, kaum ist die
Unterhose runter, ruft mein Traummann: "Mach schnell, es geht
weiter!" Nachgedacht habe ich auch über die Anschaffung eines Taschen-WC.
Kann frau machen, muss sie aber nicht. Ich habe da eine ganz andere Lösung des
Problems. Funktioniert zumindest an heißen Tagen auf langen Strecken super. Hab
ich getestet! Einfach genial! Einfach die Klimaanlage ausschalten. Gut, in
meinem Fall war das jetzt nicht wirklich nötig, weil selbige sich verabschiedet
hatte, also nicht wusste, was ihre Kernkompetenz war, nicht mehr ging! An einem
der heißesten Tage im Juli! Auf der Rückfahrt von Österreich! Es war so was von
unsäglich heiß im Auto, wir haben alles ausgeschwitzt! Kein Gedanke ans Pipimachen! Einmal mussten wir trotzdem zum
Tanken anhalten. Ich weiß bis heute nicht, wie mein Traummann und ich es wieder
aus dem Verkaufsraum ins Auto geschafft haben. Wir haben uns an der
Kühlthekenwand herumgedrückt, so was von ausgiebig für die Produktpalette
interessiert, insbesondere für das Getränkesortiment. Mal eben die Dose Bier in
die Achselhöhle geklemmt oder die Flasche Limo in die Kniekehle gehalten. Und
beim Hinausgehen so getan als ob wir uns für ein Eis interessieren, will sagen,
die Arme in die Eistruhe gehangen. Was ich aber im Hinterkopf behalte: Wenn es
demnächst gar nicht anders geht, fahre ich auf den Standstreifen und hüpfe über
die Leitplanke - weil das Auto so was von bedenkliche Geräusche von sich
gegeben hat und ich in meiner Verzweiflung dachte, das explodiert gleich.
Was ich aber eigentlich erzählen wollte, ich sprach ja
neulich über gute Menschen und wie man einen erkennt. Und dass es da häufig
auch zweierlei Sichtweisen gibt. Ich bin mir aber jetzt so was von sicher, dass
ich etwas Gutes getan habe. Die Post hat ja zum 1. Juli das Porto erhöht. Eine
Postkarte kostet jetzt 60 Cent, ein einfacher Brief 80 Cent. Nachdem ich mich
erst einmal mit einem Haufen Ergänzungsmarken eingedeckt habe, verschicke ich nun
massenhaft Karten und Briefe. Oftmals schreib ich gar nichts drauf, einfach nur
Briefmarken drauf und ab in den Briefkasten. Und dann weiß ich auch nicht, was
mich da geritten hat, wahrscheinlich vom Frankieren total übermüdet und wirr im
Kopf. Irgendwann kam ich auf die Idee, wenn ich zum Beispiel von Österreich aus
Briefe und Postkarten versende, könnte ich noch mehr Gutes tun.
Mir ist dann erst später, aber da waren wir schon wieder aus
dem Urlaub zurück, klar geworden. Ich hätte nicht, um so gut zu sein, nach
Österreich fahren müssen. Einfach auf eine Postkarte das Porto für einen
Maxibrief oder auf einen Brief Porto für ein Paket über 20 kg drauf. Trotzdem,
von Österreich Ansichtskarten zu schicken wirkt um einiges authentischer und
glaubwürdiger. Ich mein, der ein oder andere Briefträger wundert sich bestimmt,
dass auf vielen Postkarten nichts drauf steht. Und ich will die Postboten jetzt
ja auch nicht beschämen. Dass ich deren Löhne bezahle. Weil, damit hat die Post
die Portoerhöhung ja begründet, mit höheren Löhnen.