Mittwoch, 26. September 2018

Was hält das Grüne Heupferd von einer Becherlupe?


Damit das mal klar ist, der nächste Bürgerentscheid, da bin ich raus. Dafür bin ich dann nicht verantwortlich. Ich hab nämlich, kaum lagen die Unterlagen in meinem Briefkasten, sofort das Projekt gesattelt. Okay, ich gebe zu, mit Netz und doppeltem Boden, also mit dem „Merkblatt für die Durchführung des Bürgerentscheides“ und meinem Göttergatten. Ich habe ihn allerdings nicht gucken lassen, wo ich das Kreuzchen gemacht habe. Ich bin einfach ins Gästeklo, das etwa die Ausmaße einer Wahlkabine hat. Und dann sofort, immer noch ganz euphorisch, ab damit in den Briefkasten „Auerberger Mitte“, so gegen 12:30 Uhr an einem Samstag. Und dann kamen, hat ja jeder schon mal erlebt: Direkt nach der Unterschrift auf dem Standesamt, ob es denn tatsächlich die richtige Entscheidung war. Oder wenn du unter Aufsicht des Notars die Unterschrift für den Kauf eines Resorts auf Mallorca getätigt hast. Kennt jeder, diese Zweifel, ob die Entscheidung richtig war.

Und so ging es mir jetzt auch. Hatte ich mich richtig entschieden, würde ich mit meiner Entscheidung auf Dauer ruhigen Gewissens leben können? Eine tiefe Sinnkrise eben. Ich bin dann, weil  ich emotional so was von im Loch stand, noch mal zum Briefkasten. Und, was das Tolle am Briefkasten „Auerberger Mitte“ ist, der wird nur einmal am Tag geleert: samstags um 10:00, werktags um 16:00 Uhr und sonntags sogar gar nicht. Was fiel mir da ein Stein vom Herzen, als  ich die Leerzeiten studierte! Weil, ich habe natürlich mit dem Gedanken gespielt, den Brief rauszufischen - und das dann auch gemacht.

Und siehe da, kaum hielt ich ihn in Händen, so was von tiefenentspannt. Und weil ich ja jetzt wusste, dass ich bis Montag 16:00 Uhr Selbigen immer wieder, was soll ich sagen. Die Temperaturen, das muss ich keinem erzählen, so was von warm war es ja diesen Sommer. Ich hab’s mir einfach richtig gemütlich gemacht, neben dem Briefkasten. Mal etwas ganz anderes. Normalerweise schaue ich ja stündlich in meinen Briefkasten, ob denn neue Werbeblättchen eingetroffen sind. Und jetzt, ein vollkommen neues Briefkastenabenteuer. Allein die Möglichkeit, jederzeit den Brief wieder rausfischen zu können, total beruhigend.

Und davon mal ganz abgesehen hatte ich outdoor ja sowieso volles Programm. Hatte es doch in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern „Was krabbelt und flattert denn da?“ geheißen: Zähl mal, was da krabbelt und flattert. Der NABU startet sein neues Citizen-Science-Projekt „Insektensommer“. Es ist die erste bundesweite Insektenzählung in Deutschland. Naturfans sind dazu aufgerufen, in ihrer Umgebung Insekten zu beobachten und unter www.insektensommer.de zu melden. Ich bin dann auf diese Seite gegangen - so was von mit Informationen gespickt. Da hieß es unter „Welche Insekten kann ich melden?“: Grundsätzlich soll und kann jedes gesehene und erkannte Insekt gemeldet werden. Die Insektenwelt ist allerdings enorm vielfältig. Es gibt daher pro Meldezeitraum acht „Kernarten“, nach denen die Teilnehmer möglichst auf jeden Fall schauen sollten. Diese Arten kommen (noch) häufig vor und sind vergleichsweise leicht zu erkennen. Zunächst sind es Tagpfauenauge, Admiral, Asiatischer Marienkäfer, Hainschwebfliege, Steinhummel, Lederwanze, Blutzikade und Gemeine Florfliege, und dann sind es Schwalbenschwanz, Kleiner Fuchs, Ackerhummel, Blaue Holzbiene, Siebenpunkt-Marienkäfer, Streifenwanze, Blaugrüne Mosaiklibelle und Grünes Heupferd.

Bis ich erst mal raushatte, wie die alle aussehen. Tage vor dem Computer hat’s gedauert. Und dann fügte sich aber eins ins andre, dass ich da zwei Tage unter freiem Himmel neben dem Briefkasten campiert habe: immer nah an meinem  Brief, nach Tagen Computerrecherche endlich an der frischen Luft und die Insektenregistrierung. Was sich auch noch nett gefügt hat, auf der Seite vom NABU hieß es: Nehmen Sie ruhig eine Lupe zur Hand und gehen Sie auf Erkundungstour, so sind die kleinen Krabbeltiere einfacher zu entdecken. Ein kleiner Tipp: Auch Becherlupen sind gut geeignet. Wichtig ist nur, dass Sie nach der Bestimmung die Insekten wieder unversehrt in die Freiheit entlassen – bitte an dem Ort, wo Sie das Tier auch gefunden haben. Und, was soll ich sagen, aus Kindertagen meiner Brut befand sich im Haus noch eine Becherlupe und die kam so was von zum Einsatz, die Becherlupe! Die Zeit verging bei all dem Fliegen so was von im Fluge.

Fast hätte ich mein zweites Projekt aus den Augen oder besser aus den Ohren verloren. Lauteten doch die Lettern in meinem SCHAUFENSTER „Akio Suzuki lehrt Bonn, wieder hinzuhören. Klangkunstinstallation, ein Rundgang mit Akio Suzuki.“ Und da war ich natürlich sofort hellhörig geworden. Weil, die Raum-Ton-Installation in der Welckerpassage war ja für mich jetzt ein persönliches Fiasko. Sollte sich da mir eine neue Chance bieten, doch noch einen Zugang zu Klangkunstinstallationen zu bekommen?
Er mache auf Klänge aufmerksam, hieß es weiter. Stelle sich auf den Bürgersteig an der Alexanderstraße und lege die Hände an die Ohren. „Lauscht“, wolle er sagen, „hört auf die Geräusche der Stadt.“ Und weiter hieß es: Während der Straßenverkehr die Ohren umtost, steht Akio Suzuki da und hört einfach nur zu. Die Zuschauergruppe, die ihn auf dem Weg durch seine Installation „oto-date bonn“ folgt, muss erst lernen, zuzuhören. Akio ist der aktuelle Stadtklangkünstler Bonns. „oto-date“ heißt Klangpunkt und kennzeichnet insgesamt 16 Punkte auf einer Nord- und einer Südroute durch die Stadt. An einigen Stellen hat er die Punkte gekennzeichnet, an denen es sich zu lauschen lohnt. „Lernt wieder zu hören“, wolle er sagen, der Klangkünstler.
Weil ich das mit der Klangkunstinstallation von der Frau Maria Urstad ja einfach, man muss es wohl so sagen, einfach zu lasch angegangen bin, hab ich mich in den zwei Tagen und zwei Nächten, in denen ich neben dem Briefkasten „Auerberger Mitte“ auf meiner Thermomatte gelebt habe, jetzt aber so was von angestrengt, so was von hoch motiviert war ich! Erst einmal, und da konnte ich wieder mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erst einmal machen ja die Insekten einen Heidenlärm. Und dann die Linie 61 - ist das schön, wenn sie regelmäßig, wenn sie pünktlich kommt.  

Mittwoch, 5. September 2018

Die Kanzlers und die alten Zeiten


Was ich vergessen hatte zu erwähnen, beim Tag der offenen Tür vom Marriott Hotel habe ich auch einen Blick in die Präsidentensuite geworfen, also quasi beim Walter Scheel reingeschaut, so heißt die nämlich. So was von luxuriös. So ganz das Gegenteil der Kanzlerbungalow. Ich komm deshalb drauf, weil mein SCHAUFENSTER hatte mich ja auf einen anderen Tag der offenen Tür aufmerksam gemacht. Da hieß es: Zum Jubiläum "200 Jahre Universität Bonn" präsentiert sich die Wissenschaftsregion Bonn beim Tag der offenen Tür in der Villa Hammerschmidt. Und, ja, ich gebe es zu, ich war da vorher noch nie! Will sagen, es hieß dieses Mal nicht: "Schatz, am Sonntag ist ... Hast du Lust da hinzugehen?" Sondern: "Am Sonntag ist ab 11:00 Uhr Tag der offenen Tür in der Villa Hammerschmidt. Wann sollen wir uns da anstellen?"
Was soll ich sagen, wir standen dort um 10:15 Uhr und waren bei weitem nicht die Ersten. Aber Schlangestehen gehört ja ohnehin zu meinen Kernkompetenzen. Wo, bitteschön, kann ich besser mein Beckenbodentraining absolvieren? Und auch der Pfunde wegen. Weil, beim Schlangestehen purzeln bei mir so was von locker die Pfunde. Doch, was mich betrifft, Ärger macht schlank - wenn du nicht gerade neben einem gefüllten Kühlschrank stehst. Was ja bekanntlich beim Schlangestehen im Freien eher selten vorkommt. Entweder stelle ich fest, dass die vor mir ein ganz tolles Programmheft haben, mit dem sie sich die Zeit angenehm verkürzen können. Oder die hinter mir zaubern aus ihrem winzigen Rucksack anlässlich eines unvorhergesehenen Platzregens einen riesigen Schirm hervor und lassen mich nicht mit drunter. Oder ich sehe mich unter den ersten Zehn, und plötzlich ergießt sich eine Busladung Mensch vor mir und herzt den einen Platzhalter.
Dieses Mal in der Schlange nichts dergleichen. Kurz vor 11:00 Uhr setzte sich Selbige in Richtung Körperscanner in Bewegung. Gott sei Dank hatte ich mich zufälligerweise einmal geduscht und mich für frische Unterwäsche entschieden. Weil, ich kann jetzt nicht ausschließen, dass die uns da mit einem Nacktkörperscanner untersucht haben. Und dann waren wir auch schon in der Villa Hammerschmidt. Der traumhafte Blick durch das Eingangsportal über die Terrasse und den Park zum Rhein, es ist noch leicht diesig in der  Vormittagssonne, wird mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben!  

Was mir aber noch mehr in Erinnerung bleiben wird, ist der Kanzlerbungalow. Den haben wir uns nämlich danach angeschaut. Der Grundriss hat es mir so was von angetan. Der Bungalow besteht ja quasi aus zwei Quadraten. Der eine Wohn-Essbereich, der andere Schlafbereich. Und nun aufgepasst, ihr Paare, die ihr euch immer noch nicht traut, euch zu outen. Was ich irgendwie aber auch nachvollziehen kann, denn nach wie vor ist es doch so: Sonntagabend um 20:00 Uhr, erste Kameraeinstellung im "Tatort", eine Frauenleiche wird aus dem Wasser gezogen. Zweite Kameraeinstellung, die Spurensicherung untersucht das Einfamilienhaus der Toten und die Kommissare treffen ein. Und dann folgender Dialog: "Und, schon etwas Verwertbares gefunden?" "Bis jetzt noch nicht viel. Aber um die Ehe scheint es schlecht gestellt gewesen zu sein. Die Eheleute schliefen in getrennten Zimmern." Und, schwupp, eh der Ehemann sich versieht, ist er nicht nur Witwer sondern auch Haupttatverdächtigter.
   
Es ist mir ein Rätsel, in Zeiten des Outens, des Andersseins, gewollt oder ungewollt, hat es immer noch ein Geschmäckle, wenn ein Paar in getrennten Schlafzimmern schläft.
Auch ein schönes Wort, Geschmäckle. Ich hab extra mal bei Wikipedia vorbeigeschaut und die schreiben: Geschmäckle ist die schwäbische Verniedlichungsform von Geschmack, sinngleich mit dem hochdeutschen Wort, jedoch in der besonderen Bedeutung eines fremdartigen, verdächtigen, nicht hergehörenden Geschmacks oder Geruchs. Der Begriff wird im übertragenen Sinn für Sonderbarkeit, spezifische, anderen auffallende und widerwärtige oder lächerliche Art eines Individuums oder Standes benutzt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Frauen "vorübergehend" aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausziehen wegen unterschiedlicher Einschlafzeiten, wegen Husten und Schnupfen und, vor allem, weil sein Schnarchen unerträglich ist. Ich kann es mir nur so vorstellen, dass der Schein des gemeinsamen Schlafzimmers für den Fall eines dringend benötigten Alibis aufrechterhalten wird.

Was ich aber eigentlich zum Kanzlerbungalow erzählen wollte: In dem wie um ein Atrium angelegten Schlaftrakt befinden sich auf der einen Seite das Ankleidezimmer, das Schlafzimmer (nebenbei, von der Größe sehr übersichtlich) und das Bad für Ihn - und auf der gegenüber liegenden Seite des Innenhofes genau dasselbe für Sie. Und in der Mitte ein kleiner Swimmingpool! Liebe heimlich getrennt Schlafende, traut euch, outet euch und sagt: "Wir halten es wie die Kanzlers." Hört sich doch irgendwie schick an, oder?

Apropos alte Zeiten. Worüber ich letztens gestolpert bin, war die Überschrift in meinem SCHAUFENSTER "Perspektiven an der Bahntrasse". Und dann gab es da noch Informationen im Generalanzeiger wie "Straßenbahnen in Bonn sind nicht einsatzbereit" und "Straßenbahnen, die sich auf dem Bonner Talweg begegnen, und in zweiter Reihe parkende Autos: Da bleibt vor allem Radfahrern nicht viel Platz." Und in einem anderen Artikel hieß es unter den Lettern "Immer am Ball in Bussen und Bahnen": Die SWB-Nahverkehrsleitstelle sendet wieder Live-Infos mit aktuellen Spielständen und Endergebnissen in den Bonner Nahverkehr. Die Zwischenstände und Endergebnisse aller Begegnungen der Fußball-WM werden in die dynamischen Fahrgastinformationsanzeigen (auch ein tolles und vor allem langes Wort!) eingespielt. Und nicht nur das: Wenn in den Spielen der deutschen Nationalmannschaft ein Tor fällt, wird das Leitstellenteam die Nachricht auch via Lautsprecherdurchsagen in alle Busse und Bahnen senden. In den vergangenen Jahren sind die dynamischen Fahrgastinformationen ausgebaut worden.
Mal ganz abgesehen davon, dass es dieses Mal bei der WM nicht allzu viel durchzusagen gab. Ich hab mir nur vorgestellt, dass wir wohl in naher Zukunft von alten Zeiten sprechen werden, als in Bonn noch Bahnen fuhren. Dass es in Zukunft in Bonn viele alte Bahntrassen geben wird, auf denen sich die Fahrradfahrer so was von toll fortbewegen können. Weil die Fahrgastinformationen zwar immer dynamischer geworden sind, die Bahnen aber immer statischer. Statisch im Sinne von unbewegt, keine Bewegung aufweisend, weil die Bahnen kaputt sind oder die Fahrer krank.

Mittwoch, 1. August 2018

Nicht ohne Termin!


Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Online-Angebot der Verwaltung wächst, städtische Dienstleistungen online erledigen. Die Stadtverwaltung macht darauf aufmerksam, dass verschiedene städtische Dienstleistungen aus den Bereichen Meldeangelegenheiten, Führerscheine und Kfz-Zulassung online erledigt werden können. Es handelt sich um Dienstleistungen, bei denen keine Unterschrift benötigt wird. Hierfür stehen Online-Formulare bereit, die am Bildschirm ausgefüllt und auf elektronischem Wege an die Behörden übermittelt werden. Darunter fallen etwa die Anforderung von Führerschein-Karteikartenabschriften, die Beantragung einer einfachen Melderegisterauskunft und einer einfachen Meldebescheinigung sowie der Antrag eines Untersuchungsberechtigungsscheins. Mit der Authentifizierung über den neuen Personalausweis können sogar Dienstleistungen, für die die Behörden eine Unterschrift benötigen, auf elektronischem Wege online erledigt werden. Das ist mit Hilfe eines Kartenlesers oder mit einem NFC-fähigen Smartphone und der Ausweis-App des Bundes möglich. Zum Schluss hieß es dann aber auch, dass alle Formulare wie gewohnt ausgefüllt, ausgedruckt und unterschrieben per Post an die Stadtverwaltung geschickt werden können.    

Abgesehen davon, dass ich die Mehrzahl der Nomen in diesem Artikel nicht verstehe, fiel mir auf, dass ich in letzter Zeit häufiger mal etwas über die Dienststellen der Bürgerdienste gelesen habe. Da las es sich zum Beispiel einmal unter den Lettern "Nicht ohne Termin": Die Stadtverwaltung weist darauf hin, dass für die Ferien im Dienstleistungszentrum bereits im Vorfeld alle verfügbaren Termine vergeben wurden. Sie bittet deshalb die Bürger, wenn möglich von einem Besuch ohne Termin abzusehen. Zudem sei bei der Abholung von Ausweisdokumenten aufgrund des hohen Besucherandrangs mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Ich frag mich da jetzt schon, was eigentlich die Kernkompetenz des DIENSTLEISTUNGSzentrums ist. Ist es nicht genau diese Kompetenz, Dienst zu leisten, und zwar für den Bürger? Und das vielleicht gerade in den Schulferien? Es ist für mich absolut in Ordnung, von langer Hand Flüge zu buchen oder möglichst früh ein Ticket für das Helene Fischer-Konzert zu ergattern. Nachts unter freiem Himmel im Schlafsack in Eitorf vor dem Weco-Werksgelände im Dezember zu übernachten, um morgens als eine der ersten eine Überraschungskiste mit Böllern zu ergattern - kein Thema. Aber weit im Voraus planen zu müssen, damit ich in den Ferien einen Termin im Dienstleistungszentrum ergattere: ein absolutes No-Go! Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Hieß es nämlich in einer anderen Meldung in meinem SCHAUFENSTER: Wegen einer internen Veranstaltung bleiben alle Dienststellen der Bürgerdienste am Mittwoch ganztägig geschlossen. Wenn mir das bei der Bank meines Vertrauens stinkt, dass ich da vor verschlossenen Türen stehe, weil die wer weiß nicht was intern treiben, kann ich die Bank wechseln. Und wenn die von Karstadt oder Kaufhof mir vor der Nase die Tür zuschließen, kein Problem, geh ich eben zur Konkurrenz. Aber ein Bürgeramt muss von montags bis freitags IMMER geöffnet haben und kann wegen meiner ZUSÄTZLICH so was von Online-Dienste anbieten.
 
Auf der anderen Seite musst du als Behörde natürlich am Personal sparen ohne Ende. Weil, neulich las es sich unter der Überschrift "Handscanner-Kontrollen": Die Bundesstadt Bonn setzt eine Maßnahme des erweiterten Sicherheitskonzepts um. Nachdem vor einigen Wochen die Information im Stadthaus eine Verglasung erhalten hat, wird die Stadtverwaltung zunächst für die Dauer von drei Monaten Handscanner zur Eingangskontrolle einsetzen. Darüber hinaus dürfen ab diesem Zeitpunkt nur noch Koffer, Taschen und Rucksäcke mit ins Gebäude genommen werden, wenn diese zunächst am Eingang auf freiwilliger Basis kontrolliert werden. Klar, dass der Terrorist freiwillig seinen Rucksack kontrollieren lässt. Ich versteh das schon, das mit der Sicherheit. Und wenn man das jetzt mal für die Zukunft weiter hochrechnet, die Ausgaben für, ich denke mir mal am besten doch gleich, Nacktscanner, dann das zusätzliche Sicherheitspersonal, da bleibt am Ende tatsächlich gar kein Geld mehr übrig für das Personal, was da die eigentlichen Dienstleistungen für den Bürger erbringen soll.
Mein Vorschlag (nur schade um die schon bereits getätigten Ausgaben für die Verglasung der Information): die ohnehin hässliche Passage zum Bürgeramt zumauern, ach, was sag ich, das hässliche Stadthaus abreißen, am liebsten sprengen. Dann kommen wir Bonner wenigstens wieder ins Fernsehen wie beim Reuterhaus. Oder steht das Stadthaus etwa, und ich weiß es nur nicht, unter Denkmalschutz wie das Frankenbad, wo ich auch nie drauf gekommen wäre? Also, mein Vorschlag, der Bürger muss ab jetzt nicht mehr durch diese windige, dunkle Passage, und alles nur noch online mit städtischem Personal, das im Homeoffice arbeitet.

Apropos hässliche Passage. Die Welckerpassage ist ja den zwei  Lesern meines Blogs so was von ein Begriff. Dieser Durchgang zwischen Konferenzzentrum, Marriott Hotel und GOP Varieté Theater. Ich komm deshalb drauf, weil die neulich Tag der offenen Tür hatten und ich da natürlich hin bin. Was für ein Anblick! Wir erinnern uns an die baulichen Maßnahmen, die die Stadt Bonn mit optischen Aspekten begründet hatte? Weil der UN Campus mit seinen jährlich vielen Tausend Tagungsgästen, Spaziergängern und Touristen ein städtebaulich exponierter Bereich sei, der erhöhte architektonische Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild dieses Ortes stelle. Deshalb das feinmaschige Stahlnetz, deshalb die 2.640 LED-Dots. Und vor allem aber auch deshalb die Raum-Ton-Installation der Stadtklangkünstlerin Maria Urstad! Und jetzt bin ich da am Tag der offenen Tür und denk, ich seh' nicht richtig. Da haben die doch die Passage weit mehr als die Hälfte für die Öffentlichkeit mit einem hohen Metallgitterzaun  zur Sicherheit der Tagungsgäste abgesperrt. Und das soll - und das sieht man auch - ein Dauerzustand bleiben. Okay, safety first, das kann man so machen, aber es sieht halt kacke aus - von wegen optische Aspekte.

Mittwoch, 4. Juli 2018

Mai - Ja oder Nein? Stimmen wir ab!


Wir haben zwar schon Juli, aber der Mai steckt mir immer noch so was von in den Gliedern. Es fing schon mit dem Tanz in Selbigen an, im Hotel Königshof. Auf den Eintrittskarten war vom Mindestalter 21 die Rede, kein Wort über ein etwaiges Höchstalter. Deshalb sind mein Traummann und ich mit dem Rädchen, eingepackt im Ganzkörperregenkondom, dort hin. Um 20:00 fing's an und wir waren kurz nach acht da. Wie immer viel zu früh, wie immer die ersten an der Garderobe. Hätten sie mal besser ein Höchstalter angegeben, wo ich dann rausgefallen wäre! Weil, die Rede war von einem Begrüßungsgetränk und da hatte ich jetzt an ein Gläschen Prosecco gedacht. Tatsächlich handelte es sich um ein klitzekleines Plastikbecherchen (so etwas kenne ich nur im Zusammenhang mit Medikamenteneinnahme) gefüllt mit etwas Grünem.

Und die Musik, es erweckt immer den Eindruck, als ob der DJ zur selben Zeit noch einen anderen Job angenommen hat, und deshalb Stücke auflegt, die gefühlt eine Stunde dauern. So kann er zwischen zwei Locations, selbst wenn die eine in Bonn und die andere in Niederpleis ist, locker pendeln. Von der Musik her, für meinen Traummann und seinen Tinnitus kein Problem. Haben wir so was von super gehört. Eher zu laut und dann, was wir gar nicht hören wollten. Bis halb zehn haben wir zwei Hübschen ausgeharrt, sind dann an die Garderobe  und stellten fest, dass es später so was von toll werden würde, so lang wie die Schlange jetzt war. Das war für uns auch Premiere, dass wir als einzige in der Schlange stehen, um unsere Sachen abzuholen, während alle anderen abgeben. Wäre Premiere gewesen. Denn mein Traummann ist an der Schlange vorbei, hat sein Garderobenmärkchen vor die Garderobiere gelegt und auf unseren Rucksack gedeutet. Und was das Interessante war, keiner in der Schlange hat sich aufgeregt. Die haben alle gedacht, die armen Alten, haben sich, warum auch immer, hier hin verirrt. Nur schnell raus mit denen, bevor die hier zum Sterben zusammenbrechen.

Im Nachhinein wäre ich viel lieber zu Porta gegangen, aber die Anzeige habe ich leider zu spät in meinem SCHAUFENSTER entdeckt. Da hieß es: Tanz in den Mai bis 21 Uhr, Empfang mit Mai-Bowle, Tanzvorführung "Hoch das Bein", Wurfspiel "Triff das Herz" und vieles mehr. Hallo, genau meine Uhrzeit. Wo die im Hotel Königshof noch nicht mal angefangen haben, liegen die von Porta und ich schon längst wieder gemütlich auf dem Sofa. Wenn die nächstes Jahr bei Porta wieder in den Mai tanzen, sind mein Traummann und ich auf jeden Fall dabei.

Apropos Mai und vieles mehr. Davon gab's ja so was von zur Theaternacht. Angefangen haben wir im Euro Theater Central und haben uns dann mutig mit dem Rädchen auf die andere Rheinseite gewagt. Erst einmal ins Theater Marabu zu "Griff, der Unsichtbare" und dann zu "Die Verstörung" in der Brotfabrik. Und, was soll ich sagen, wenn das das Projekt war, den Zuschauer zu verstören - hat so was von geklappt bei mir, so was von verstörend "Die Verstörung", für mich. Und als krönenden Abschluss, ja, ich habe es endlich geschafft! Eben noch vom Dach in der Südstadt der Sprengung des Reuterhauses, respektive meines Pantheons, beigewohnt, und schon im Mai 2018 das erste Mal (!) im neuen Pantheon auf der anderen Rheinseite. Und was soll ich sagen? Das Interieur so was von geschmackvoll, auch die Lounge, so was von toll, einschließlich der Lampen.

Wo ich gerade bei Lampen und auf der anderen Rheinseite bin. Ich glaube, einen besseren Übergang finde ich nicht - zu den  Kopflinden am Rheinufer in Beuel. Was da ja über Wochen an Arbeitskraft gebündelt war, Wahnsinn! Wochenlang waren die städtischen Mitarbeiter damit beschäftigt, die dünnen Äste, die sogenannten Jahrestriebe zurückzuschneiden, um die charakteristische Form der Kopflinden zu erhalten. So hieß es in meinem SCHAUFENSTER. Informationen, die mich nicht wirklich interessiert hätten, hieße nicht dieser Schnitt "Kandelaber-Form". Schön!

Apropos Wahnsinn und verstörend. Las es sich doch in meinem SCHAUFENSTER folgendermaßen: Neues Bad - Ja oder Nein? Die Bonnerinnen und Bonner werden über das neue Wasserlandbad entscheiden. Nachdem der Rat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens "Zentralbad stoppen" festgestellt, aber gleichzeitig dem Bürgerbegehren nicht entsprochen hat, werden nun im Sommer die rund 250.000 wahlberechtigten Bonnerinnen und Bonner über die Frage abstimmen: "Soll der Neubau eines Schwimmbades in Bonn-Dottendorf gestoppt werden?" Letzter Abstimmungstag des Bürgerentscheids wird Freitag, 3. August, sein. Zuvor bleibt ein Monat Zeit, per Brief mit "Ja" oder "Nein" zu stimmen.

Und das alles nur wegen meiner, für mich zu Übungszwecken. Das tut mir so was von leid für die übrigen 249.999 Bonnerinnen und Bonner. Ich frag mich nur, wie die Verantwortlichen da oben das rausgekriegt haben, dass ich damals beim Bürgerentscheid "Soll das Kurfürstenbad erhalten werden?" nicht bürgerentschieden habe. Ich war damals aber so was von vollkommen überfordert mit den Unterlagen: die Abstimmungsbenachrichtigung zum Bürgerentscheid "Kurfürstenbad bleibt!", auf der Rückseite der Abstimmungsschein, der Stimmzettel für den Bürgerentscheid "Kurfürstenbad bleibt", der Stimmzettelumschlag in einem hellen Grün ohne Sichtfenster (!), der Briefumschlag "Rückantwort Bürgerentscheid" in einem alarmierenden Gelb mit Sichtfenster und  das Merkblatt für die Durchführung des Bürgerentscheides "Kurfürstenbad bleibt!" mit fünf Arbeitsschritten. Ich hab damals jedenfalls nicht abgestimmt und jetzt kriegen sie mich. Hallo, Dottendorf!? Ich dachte, da wäre demnächst Richtfest! Was ich mich in dem Zusammenhang gefragt habe, ob es zwischenzeitlich einen Bürgerentscheid "Soll die Beethovenhalle weiter saniert werden?" gab, von dem ich nichts mitbekommen habe.

Mittwoch, 13. Juni 2018

Mit Volldampf ins Bügelglück


Ich hatte ja neulich angedeutet, dass ich überhaupt nicht verstehe, warum so viele Touristen nach Bonn kommen. Nehm' ich zurück, zumindest für ein Wochenende. An diesem Wochenende, ich hätt's verstanden, wenn da in Dransdorf  kein Durchkommen mehr gewesen wäre. Hatte es doch in meinem SCHAUFENSTER geheißen "Mineralien-Kontor zeigt seine Schätze": Am kommenden Wochenende heißt es, die aktuelle Jetzt-Zeit zu vergessen und einzutauchen in die seit Äonen währende Vergangenheit. Das Rheinische Mineralien-Kontor in der Fraunhoferstr. 7 zeigt, was es hat. Und das ist eine Menge. Von außen ein Profanbau, erschließen sich die wahren Schätze erst dann, wenn man die Kellergewölbe betritt. Hier lagern Steine, die Millionen Jahre alt sind. Amethyste schimmern, Edelsteine locken, Diamanten glitzern, Bergkristalle funkeln. Und dann, um die Ecke - ein Dinosaurierschädel. Das Rheinische Mineralkontor besteht seit mehr als 185 Jahren und ist somit der älteste und auch der größte Geo-Fachhandel der Welt. Das Kontor betreibt den weltweiten Austausch mit Mineralien, Fossilien, Gesteinen, naturgetreuen Abbildungen und geologischem Zubehör. Zu seinen Austauschpartnern zählten Goethe, Humboldt und andere namhafte Wissenschaftler. Ich sage nur, lost in Dransdorf! Noch nie bin ich durch so viele Spaliere von Schubladenschränken gewandelt, habe unzählige Schubladen geöffnet nur um des Öffnens Willen, Gänge über Gänge, unendlich viele noch in D-Mark ausgezeichnete Mineralien. Eine Reise in eine ferne, unbekannte Vergangenheit.
Apropos unbekannt  und fern. Als mein Traummann und ich uns endlich losreißen konnten, sind wir die Fraunhoferstraße mit dem Rad weiter bis ans Ende gefahren und stießen dort auf eine Fußgängerbrücke über die Gleise. Und stellten fest, hallo, obwohl so nah, in dieser Ecke waren wir noch nie. Und schon waren wir im Tannenbusch. Auch da hätten wir uns verlieren können, im Tannenbusch. Dort, so hieß es in meinem SCHAUFENSTER, haben nämlich Schüler, Studenten und Anwohner drei Tage lang fünf Verteilerkästen von ihrem tristen Grau befreit. So prange auf einem Verteilerkasten zum Beispiel nun das große Bonn Lexikon und  Der kleine Duden. Aber "lost im Tannenbusch" wird ein eigenes, ein ganz spannendes Projekt. Dransdorf und Goethe, Tannenbusch und Der kleine Duden! Wahnsinn!

Apropos Goethe und Bildung. Weil, neulich las es sich im Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters im Zusammenhang mit Food und Balance so: Schonkost zur Linderung akuter Resorptionsstörungen des Darms, Diabetes zur Regulierung der Glucoseversorgung, Adipositas zur Verringerung von Übergewicht und Renal zur Unterstützung der Nierenfunktion bei chronischer Niereninsuffizienz. Weil ich jetzt diesbezüglich keine Beschwerden habe, habe ich mir davon keinen Vorrat angelegt. Aber bei Superfood verschiedene Sorten, wie Huhn & Granatapfelkerne + Quinoa, hallo, da konnte ich natürlich nicht widerstehen. Da hab ich aber stapelweise in den Einkaufswagen. Was mich wohl gewundert hat, der Kunde hinter mir, also hinter dem Kundentrenner, meinte zu mir mit Blick auf den Stapel: "Da lässt der kleine Schatz es sich aber gut gehen." Das fand ich persönlich jetzt schon ein kleinwenig übergriffig, mich Schatz zu nennen. Ich habe deshalb sicherheitshalber noch einen zweiten Kundentrenner hinzugefügt. Zuhause ist mir aber dann doch aufgefallen, dass dieses edle Essenssortiment nicht für mich bestimmt ist, sondern für Katzen und Hunde.
Wie komm ich drauf? Ach ja, Goethe, Schiller und Shakespeare, der ja den Romeo erfunden hat. Weil, Romeo heißt nämlich die Marke für Tiernahrung. Was mich betrifft, ich hab jetzt so viel davon eingekauft und da ist ja wirklich nur das Beste drin. Davon abgesehen habe ich schon oft gedacht, dass bei uns die Katzen und Hunde besser essen als die Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten. Also ich gebs jedenfalls nicht zurück, obwohl ich keinen Hund habe ...

Apropos Hund. Ich hatte ja letztens erwähnt, dass ich noch keine Enkelkinder, also zweibeinige Enkelkinder, Kinder eben. habe. Worüber ich aber so was von froh bin, dass mein Traummann und ich nicht Großeltern von einem vierbeinigen Enkelkind sind, also von einem Hund. Weil, das habe ich mittlerweile schon mitgekriegt. Dass viele junge Paare sich einen Hund anschaffen statt eines Kindes. Da sieht man dann im Straßenbild kleine Hundis, die im Handtäschchen getragen werden. Oder man begegnet beim Wandern Menschen, die ihren Vierbeiner auf dem Rücken wie ein Kind tragen. Da sieht man mal, wie alt ich bin. Zu meiner Zeit war ein Kind ein Mensch und ein Hund ein Tier. Das hat sich aber so was von geändert!

Was sich auch geändert hat. Es gibt doch bei den Psychologen diese Assoziationsspiele. Der Psychologe zeigt dir zum Beispiel ein Beil. Da darfst du als Hackebeilmörder natürlich nicht den erst besten Gedanken raushauen, Sonst kommst du nie mehr aus dem Knast. Also ratsam wäre beim Anblick eines Beils Vergissmeinnicht oder Abendrot zu sagen. Ich komm deshalb drauf, wenn man mir jetzt das Bild eines Koffers zeigen würde, ich käm' auf  Reisen und Packen. Im Leben käm ich nicht, und wenn es meine Freilassung bedeuten würde, im Leben käm ich nicht auf Strom. Wurde doch im Werbeblättchen meines Lieblingsdiscounters ein Boardcase beworben mit integrieter Powerbank (10.000 mAh). Hallo, Strom aus dem Koffer!? Wobei, ich bin da ganz stark am Überlegen. Also wenn die sich da auf dem Balkan streiten und deshalb bei uns die Radiowecker falsch gehen, weil die Frequenz im europäischen Stromnetz zu niedrig ist. Also da nehm ich doch glatt lieber den Strom aus dem Koffer. Da bin ich auf der sicheren Seite.
Ja, vieles hat sich geändert: Enkelkinder sind nicht mehr notwendigerweise Kinder und der Strom kommt aus dem Koffer. Was sich aber offensichtlich noch nicht wirklich geändert hat, ist das Frauenbild. Wie sonst erklärt sich folgende Seite im Werbeblättchens meines Lieblingsdiscounters? Dort sieht man eine junge Frau, glücklich ins Bügeln vertieft. und die Lettern dazu: Mit Volldampf ins Bügelglück. Was hat denn da die Verantwortlichen geritten?

Mittwoch, 16. Mai 2018

Vor- und Nachtrag zum Mops


Neulich bot die VHS einen Vortrag zum Thema "Erst der Kurs - dann der Hund" an.
Die Vortragsreihe vermittele Grundlagenwissen für werdende und neue Hundehalter und alle, die über die Anschaffung eines Hundes nachdenken. Die Teilnehmenden erhalten praktische Informationen zu allen Aspekten der Hundehaltung, zu Wesen und Ausdrucksformen von Hunden sowie rassespezifischen Eigenarten. Auch das angemessene und rücksichtsvolle Verhalten gegenüber Spaziergängern, Joggern und anderen Passanten sowie die Vermeidung von Konflikten mit Nicht-Hundebesitzern werden Themen sein.

Fand ich als Nicht-Hundehalterin so was von toll, diesen Vortrag - aber nur auf den ersten Blick. Weil, ich erinnerte mich an längst vergangene Zeiten, als es abends für meinen Traummann und mich solche Highlights wie Elternabende gab. Diese berühmten Elternabende, an denen meist nur Mütter teilnahmen. Frauen, die auch damals schon berufstätig waren. Die dann aber, schlimm genug, dass die Väter nicht da waren, selbige auch noch entschuldigten. Von wegen wichtiges Projekt, deadline und management attention. Nach solch erquickenden Abenden kam mein Traummann immer mit einem völlig desolaten Selbstwertgefühl nach Hause. Denn wer da als Mann auftauchte war entweder arbeitslos oder arbeitete im Liegenschaftsamt, wo ja bekanntlich nicht wirklich die Lutzi abgeht. Ich erinnere mich an einen Elternabend, an dem ich an der Reihe war, was meinem Traummann recht gelegen kam. Wurde doch gleichzeitig ein Fußballländerspiel übertragen. Während ich mich, je später der Abend, so was von selbst bemitleidete, sah ich am anderen Ende des Saals einen Mann!, einen Vater!, in so was von  Aufmerksamkeitshaltung. Schon im Begriff, mich tüchtig zu schämen, nahm ich den Quotenpapa einmal genauer ins Visier: Und siehe da, schaute der doch ganz aufmerksam ein klitzeklein wenig diagonal nach unten - aufs Tablet, aufs Fußballspiel! Was ich aber eigentlich sagen wollte, zu diesen Elternabenden kamen meist nicht die Eltern, respektive Mütter, deren Kinder unter Punkt "Verschiedenes" abgehandelt wurden. Oft waren gerade die Mütter, deren Anwesenheit dringend notwendig gewesen wäre, abwesend. Das Angebot der VHS für Hundehalter ist zwar toll, aber auf den zweiten Blick weiß ich natürlich, dass die Hundehalter, die diesen Kurs so was von dringend nötig hätten, sich ja gerade nicht angesprochen fühlen. Ich habe mir wirklich ernsthaft überlegt, ob ich nicht daran teilnehme, um demnächst ganz praktisch an der Front Aufklärungsarbeit leisten zu können

Und dann las es sich unter den Lettern "Rollator-Kurs in Buschdorf": Der Rollator könne als Sportgerät zur Erhaltung der allgemeinen Fitness, Gesundheit und Mobilität eingesetzt werden. Er fördere die aufrechte Haltung, stärke das Herz-Kreislauf-System, kräftige die Arm- und Beinmuskulatur, verbessere die Koordination und schule das Gleichgewicht. In diesem Kurs werden Strategien für die Nutzung im Alltag geübt und trainiert: Wie überwinde ich Hindernisse und Stufen, wie verhalte ich mich auf abschüssigem Gelände, wie gelingt das Hinsetzen und Aufstehen ohne Probleme, wie setze ich die Bremsen richtig ein und was haben die Bremsen mit Kurven zu tun. Eigener Rollator und festes Schuhwerk ist mitzubringen. Anmeldung unter ... oder vorbeikommen.   

Also ich persönlich, da bin ich ehrlich, habe in meinem Alter jetzt noch nicht über einen Rollator nachgedacht. Aber nachdem ich diesen Beitrag in meinem SCHAUFENSTER gelesen hatte, habe ich spontan der erstbesten mir unbekannten älteren Dame den Rollator entrissen (weil kaufen, ich musste ja erst einmal schauen, ob das wirklich etwas für mich ist) und bin direkt mit dem Rollator zwecks Anmeldung vorbeigekommen.  
Was mir im Zusammenhang  mit diesen beiden Vorträgen aber durch den Kopf ging. Weil, was ist bitteschön, wenn die ältere Herrschaft sowohl Hundehalterin als auch Rollatorin ist? Das will doch so was von geübt sein. Ich meine, da müsste dringend in Zukunft eine Vortragsreihe "Unterwegs mit Hund und Rollator" angeboten werden. Mit Themen wie: Was mache ich, wenn mein Hundi immer um den Rollator gekreist ist und dann ob der Hundeleine für uns beide kein Fortkommen mehr ist? Oder, wie verändert sich der Bremsweg, wenn mein dicker Mops im Rollatorkörbchen sitzt. Gerade wenn es steil bergab geht, wichtig zu wissen. Und wie ist die Rechtslage: Muss ich das Häufchen meines treuen Freundes entsorgen, wenn ich meine Hände für den Rollator brauche? Oder besser gleich ins Körbchen? Vorträge über Vorträge drängen sich da auf.

Apropos Vortrag. Neulich las es sich in meinem SCHAUFENSTER unter den Lettern "Nachtrag" folgendermaßen: In unserer Ausgabe in der vergangenen Woche hatten wir unter der Überschrift "Der Engel von Sibirien - Übertrag ins Hier und Jetzt" über eine aktuelle Ausstellung im Bonner Frauenmuseum berichtet. In diesem Zusammenhang haben wir Fotos und Reproduktionen von Exponaten gezeigt, unter anderem das Werk "Elsa Brandström - Retterin der Kriegswaisen", ein fotografisches Portrait von der Kölner Künstlerin  Ingrid  Sche... Die Nennung der Künstlerin holen wir hiermit nach und bedauern unseren Fehler. Blöde aber auch, dass ich aus Versehen den Artikel mitten durch den Nachnamen der Kunstschaffenden aus meinem SCHAUFENSTER herausgerissen habe.

Mal abgesehen davon, dass ich nicht etwa ins Frauenmuseum gehe, um mir solch eine sicherlich wertvolle Ausstellung anzusehen, sondern nur, wenn dort die DesignerINNENmesse stattfindet. Und ganz davon abgesehen, dass schon das bloße Lesen des Titels der Ausstellung für meinen Intellekt eine Herausforderung darstellt. Ich frag mich, liest da jetzt die Frau Sche... jeden Tag alle Zeitungen, um zu kontrollieren, ob ihr Name auch erwähnt ist? Was ich zutiefst hoffe ist, dass die sonst keine anderen Probleme hat. Und dass das bei uns alles so schön geregelt ist, das mit dem Nachtrag - da freu ich mich!

Mittwoch, 25. April 2018

Durchgang oder Durchblick?


"Bonn weiter auf Rekordkurs", so las es sich in meinem SCHAUFENSTER: Die Region Bonn erzielte im vergangenen Jahr zum achten Mal in Folge einen Übernachtungsrekord seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1986. Die Stadt Bonn verzeichnete 2017 einen Anstieg auf knapp 1,6 Millionen Übernachtungen, ebenfalls zugelegt hat der Rhein-Sieg-Kreis mit über 1,3 Millionen Übernachtungen. Gemeinsam verzeichneten Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis 79.476 Übernachtungen mehr als im Vorjahreszeitraum. Das ist ein Plus von 2,7 Prozent gegenüber 2016.
Wenn ich ehrlich bin, ich weiß gar nicht, warum so viele Menschen nach Bonn kommen, was die sich hier anschauen wollen. Weil, die Gurlitt-Ausstellung in der Bundeskunsthalle ist ja vorbei und das Bonner Münster geschlossen. Gut, vielleicht wollen die gucken, ob wir es nun endlich geschafft haben, dass es ins Haus der Geschichte nicht von oben reinregnet.
Allein schon das Ankommen am Bonner Bahnhof - schön ist anders. Du landest mitten in einer Baustelle und weil Gleis 1 fehlt, ist es notgedrungenermaßen kuschelig eng. Und dann schreitest du zwischen meterhohen Bauzäunen. Also, da bist du echt froh, wenn du da durch bist. Wenn du es als Tourist dann geschafft hast, das Bahnhofsgelände hinter dir zu lassen, kann ich persönlich dir nur die Oase der Ruhe, der Stille empfehlen. Directement ums Eck, und so was von ein Geheimtipp. Das ist so was von ein Geheimtipp, dass da kein Schwein ist - in der Kaiserpassage: die Kaiserpassage, die Oase des Scheiterns. Da stehen so viele Ladenlokale leer. Es bricht mir jedes Mal das Herz. Apropos Oase des Scheiterns. Wer "Das Institut – Oase des Scheiterns" noch nicht gesehen hat, selbst schuld! Das ist eine deutsche Sitcom über die Arbeit eines deutschen Kulturinstituts im zentralasiatischen Phantasiestaat Kisbekistan. Weitgehend am Interesse der Einheimischen vorbei versuchen dort die sechs Mitarbeiter, mit Sprachkursen und Veranstaltungen ein positives Deutschlandbild zu vermitteln. Ich habe selten so politisch unkorrekt gelacht!

Apropos Passage. Es kann natürlich sein, dass die alle zuhauf  hier nach Bonn wegen der Welckerpassage strömen. Dieser Durchgang von der Karl-Carstens-Straße/Welckerstraße durch das WorldCCBonn-Ensemble hindurch zum Platz der Vereinten Nationen ist mit einer 624 Quadratmeter großen Unterhangdecke versehen worden. Und da hieß es in meinem SCHAUFENSTER, der Rat der Stadt Bonn habe diesen baulichen Abschluss in erster Linie mit optischen Aspekten begründet, da der UN Campus mit seinen jährlich vielen Tausend Tagungsgästen, Spaziergängern und Touristen ein städtebaulich exponierter Bereich sei, der erhöhte architektonische Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild dieses Ortes stelle. Das unter der Decke angebrachte und bisher unverhüllt sichtbare Lüftungssystem mit seinen zahlreichen großformatigen Rohren sei mit einem feinmaschigen Stahlnetz versehen worden. Die geschwungene Form des Netzes sei den unterschiedlichen Höhenlagen der Lüftungstechnik des Konferenzzentrums angepasst. Ein positiver Nebeneffekt sei der mit dem engmaschigen Stahlnetz verbundene Taubenschutz, der verhindere, dass die Vögel rund um das Lüftungssystem Unterschlupf finden, dort nisten, es dabei beschädigen und die Passage verschmutzen. Zusätzlich habe man an der Unterhangdecke ein besonderes optisches Merkmal mit Hilfe von 2.640 LED-Dots installiert. Die Lichtpunkte werden über eine spezielle Software gesteuert, mit deren Hilfe unterschiedliche - auch farbige - Lichtszenarien programmiert werden können.

Was aber ja auch noch an dieser Passage bemerkenswert ist, und da kann ich nur sagen, wenn man's weiß. Weil, als mein Traummann und ich da so unbedarft durchgegangen sind. Wäre ich mal besser erst in die Passage gegangen, nachdem mich mein SCHAUFENSTER aufgeklärt hat. Da hieß es nämlich unter den Lettern "Nachrichtenkanal, Stadt-Klangkunst in der Welckerpassage": Wer Ohren hat, zu hören, dem sei in diesen Tagen besonders die Welckerpassage empfohlen. Die Stadtklangkünstlerin Maria Urstad hat aus dem Fußgängertunnel eine interessante, sprechende Erlebnisumgebung gemacht. Mit ihrer Raum-Ton-Installation wolle sie die Radio-Atmosphäre einfangen. Sie habe im Tonarchiv der Deutschen Welle etliche Beispiele gehört, die die Geschichte des Hörfunks erzählen. Außerdem sei es für sie interessant gewesen, ausgerechnet in Deutschland die Deutsche Welle erlebbar zu machen. Die ist ansonsten bekanntlich ja ausschließlich im Ausland zu hören. Also tönen Wortfetzen von links und rechts und auch von der Decke. Nachrichtenreste in 31 Sprachen aus 31 Lautsprechern. Dazu ein originalgetreues Knistern und Rauschen wie beim guten alten Analogradio üblich. Ein Stück Zeitgeschichte. Ein Kosmos aus Geräuschen, ein Weltall aus Wörtern. "Ich habe versucht, einen eigenen Zugang zu dieser mir fremden Welt zu finden", sagt Maria. "Die verschiedenen Stücke schaffen eine eigene Wirklichkeit, eine Präsenz von Rundfunk. Sie zeigen außerdem die Veränderung in der Welt der Medien. Und zugleich ihre Fremdheit, ihre Anonymität." Es ist dieser "mix by passing", wie Maria es ausdrückt, die die gesamte Installation interessant und unverwechselbar macht. Im Stundenabstand erfolgt ein Neustart der Tonsequenz. Und von oben gibt es eine Morgen-, eine Mittags- und eine Abendstimmung. Die Abendstimmung, lächelt Maria, "is darker", was in diesem Zusammenhang geheimnisvoller, vielleicht auch unheimlicher heißt. Das Ganze ist zu hören bis Silvester 2018. Und es ist, darauf lege die Klangkünstlerin Wert, "es ist ein Kunstwerk, keine Dokumentation."   
Wieder so ein Artikel meines SCHAUFENSTERS, wo ich keinen Satz kürzen wollte. Weil ich dachte, je mehr man's mir erklärt, desto besser gefällt's mir, das Kunstwerk. Aber leider, es fehlt mir der Zugang. Wahrscheinlich werde ich einfach mal 24 Stunden im Schlafsack im zugigen Durchgang verbringen. Immerhin, Tauben werden ja wohl nicht auf mich kacken. Ich hab ja noch bis zum 31. Dezember Zeit.