Donnerstag, 25. Dezember 2014

Sollen Pützchens Markt und das Oktoberfest demnächst nach drinnen verlegt werden - wegen der Schallwellen?

Ich bin ehrlich, den Wolfgang Grießl kann ich schon verstehen. Klar, die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs ist da einfach auf der sicheren Seite - jetzt aber wieder metaphorisch gesehen. Weil, die Baustelle auf der Nordbrücke ist ja erst mal Vergangenheit.

Also wenn der Trend sich fortsetzt, dann kann sich sogar der Häuslebauer Chancen ausrechnen. Der Häuslebauer, der für kleines Geld ein Baugrundstück neben dem Flughafen erwirbt und dem beim Einzug plötzlich auffällt, dass da ab und an Flugzeuge starten und landen. Der vergisst, dass das Grundstück ja deshalb auch sehr günstig war. Der Häuslebauer, der ab jetzt alles daran setzen wird, dass der Flughafen nicht ausgebaut wird. Da ist die Kröte, also deren Wanderung, ja oftmals eine sichere Bank. Dass der Flughafen stillgelegt wird wegen des Herrn Häuslebauer - das würde der sich selbstredend nie träumen lassen. Wobei, wenn der Trend so weiter geht, hat er gute Chancen.
Wo war ich? Ach ja, beim Herrn Grießl. Als ich im Schaufenster die Überschrift las, wurde mir mal wieder so was von bewusst: Ein guter Eyecatcher ist alles. Wenn du die Leute nicht mit den ersten Sätzen bei der Stange hältst, vorbei. Aber "Die Klangwelle ist schließlich kein Tsunami" - einfach genial. Und das ist nicht nur eine Überschrift, das hat der Herr Grießl, der ehrenamtliche Präsident der IHK Bonn/Rhein-Sieg, genau so gesagt. Und da hat er Recht, der Herr Grießl. Da soll es ja Beschwerden wegen Schallwellen gegeben haben, die bis nach Beuel gedrungen sein sollen. Und dass den Veranstaltern des Bonner Kunst!Rasens das Leben schwer gemacht wird, ist ja auch bekannt. Gut, ich bin ehrlich, ich kann da nicht mitreden, weil ich wohne ja im Auerberg. Aber Gedanken darüber darf ich mir ja trotzdem machen. Denken verursacht ja keine Schallwellen.

Also ich denke, jetzt ist die Zeit, dass alles mal auf den Tisch kommt. Pützchens Markt, zum Beispiel - ist laut. Wäre es nicht um einiges leiser, wenn einfach alle zuhause blieben und am Computer simulierten - jetzt nicht Krankheit, sondern Achterbahn, Labyrinth und so? Die Vorteile für die Anwohner liegen auf der Hand: Ruhe im Karton, die Nachtruhe wird nicht gestört. Und beim Amt gehen keine Beschwerden ein - da wird dann auch nicht gestört. Und für die Daheimgebliebenen liegen doch die Vorteile auch auf der Hand: kein Im-Stau-Stehen auf irgendeiner Brücke und kein Schlange Stehen vor den Fahrgeschäften. Und ich bin ehrlich, wenn hinter mir im Gedränge ein Kleinkind mit einer Zuckerwatte steht, die um einiges größer ist als das Kind selbst, bin ich schon immer ein wenig angespannt. Und wo wir schon mal dabei sind, Reibekuchen bei Regen und Wind oder Senf auf dem Revers - letztens hat mir eine Windböe die öltriefende Serviette auf meine neue Handtasche getackert. Brauch ich nicht! Da ist es doch zuhause einfach gemütlicher und bequemer. Ganz abgesehen davon, dass ich einfach schneller auf dem Klo bin.
Ich hab von mehreren Seiten gehört, dass die in München auch längst überlegen, das Oktoberfest nach drinnen zu verlegen - also drinnen im Sinne von jeder bei sich zuhause. Macht ja auch Sinn. Das hört man ja auch immer wieder, dass dort die Anwohner in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Besucher strömen ja da von überall her aus dem In- und Ausland herbei, um da zu feiern. Wer will das denn? Also wir in Bonn jedenfalls nicht!

Und diesem durchaus klugen Trend, also dass wir, und der Münchner sowieso, demnächst alle Großveranstaltungen zuhause im Stillen veranstalten, trägt jetzt auch mein Lieblingsdiscounter Rechnung. Das Werbeprospekt bewirbt alles Erdenkliche, was ich zum Gelingen für mein privates Wiesnfest benötige. Von der Schweinshaxe bis zur Leberknödelsuppe, vom Germknödel bis zum Sauerkraut - und "Eisbeinfleisch, stückig in Aspik". Darauf wollte ich persönlich jetzt verzichten. Bierstengel und Riesen-Brezeln sind natürlich immer eine sichere Bank. Wobei ich da natürlich schon aufpassen muss, dass ich die Fenster geschlossen halte. Weil, das Verzehren einer Brezel ist schon mit einer unangenehmen Geräuschentwicklung verbunden. Nicht dass man das noch in Beuel hört! Da ist ja dann der Witz weg: Keine Lärmbelästigung durch Großveranstaltung, dafür aber in jedem Haus lautes Brezel-Knabbern. Das Löffeln einer Speckknödelsuppe geht da sicher leiser vonstatten. Ich hätte dann auch einen triftigen Grund, so eine ungemein dekorative Löwenkopfterrine zu erwerben. Da ist es nämlich wieder, das Phänomen: Bedürfnisse werden gemacht. Bevor ich dieses Werbeblättchen in Händen hielt, wusste ich gar nicht, dass es sie gibt. Das muss man sich mal vorstellen: 54 Jahre alt und bis dahin ohne Löwenkopfterrine gelebt. Klar, dass ich gar kein Bedürfnis hatte, solch eine Löwenkopfterrine zu besitzen. Ich wusste ja gar nicht, dass es sie gibt - ich Ahnungslose! Dank des Werbeblättchens weiß ich es jetzt und, schwupp, habe ich sofort eine Verwendung für sie. Ich überlege noch, ob ich in dieser Terrine meinen Gästen Suppe oder Weißwürste anbiete. Weil, beim Zuzeln kann es ja auch ganz schön laut zugehen und nachher hab ich vor der Haustür das Ordnungsamt stehen.
 
Da passt es grad, dass mir neben dem flotten "Topflappenset - Oktoberfest" und der ebenso adretten Küchenschürze die "Bettwäsche, Mako-Satin - Oktoberfest" ausnehmend gut gefällt. Ich lass das besser mit dem Leute-Einladen und leg mich einfach früh ins Bett. Da bin ich auf der sicheren Seite - wie die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs: Tote liegen ja bekanntlich auch recht still in ihrem Grab.

Ich hoffe nur zutiefst, dass die Amis nun nicht gerade von diesem Werbeprospekt Wind bekommen. Sonst kriegen die wieder einen ganz falschen Eindruck von uns - von wegen Lederhose und Sauerkraut und so. Wobei, wenn die bei der NSA mal Langeweile haben, schauen die sich bestimmt die deutschen Werbeprospekte online an. Die sind für die ja genau so spannend wie meine Telefonate.